Alle Beiträge2021-03-26T10:50:09+01:00

Aktuelles

Weniger Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit Null

Der Urlaubsanspruch eines Mitarbeiters darf für jeden vollen Kalendermonat, in welchem er wegen Kurzarbeit Null keine Arbeitsleistung erbringt, um 1/12 des Jahresurlaubs gekürzt werden.
LAG Düsseldorf 12.03.2021 – 6 Sa 824/20

Wann ist Rufbereitschaft als volle Arbeitszeit zu werten?

Nur wenn ein Mitarbeiter durch die Rufbereitschaft im Hinblick auf seine Freizeitgestaltung ganz erheblich beeinträchtigt ist, ist diese in vollem Umfang als Arbeitszeit zu werten. Organisatorische Schwierigkeiten bzgl. der freien Entscheidungsgewalt des Mitarbeiters, die für einen solchen Bereitschaftsdienst normal sind, reichen hierfür nicht aus.
EuGH 09.03.2021 – C-344/19

Keine Verwirkung des Anspruchs auf Überprüfung der Berechnung einer Ausgangsbetriebsrente

Begehrt ein Versorgungsempfänger die Neuberechnung und Zahlung einer höheren Ausgangsbetriebsrente, kann ihm nicht der Einwand der Verwirkung entgegengehalten werden.
BAG 13.10.2020 – 3 AZR 246/20

Unterliegen Urlaubsansprüche der Verjährung?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat den EuGH aufgefordert, vorab darüber zu entscheiden, ob der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nach den §§ 194 ff. BGB verjährt.
BAG 29.09.2020 – 9 AZR 266/20 (A)

Auslegung einer Versorgungsordnung bei einer Altersgrenze und Ausschluss befristet Beschäftigter

Sieht eine Versorgungsordnung vor, dass lediglich unbefristet Beschäftigte, die noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben, anspruchsberechtigt sind, ist bezüglich eines vorab (nahtlos) befristet Beschäftigten das Lebensalter bei dem ursprünglichen Beginn des Arbeitsverhältnisses entscheidend. Er ist also auch dann anspruchsberechtigt, wenn er als unter 55-Jähriger seine Tätigkeit zunächst befristet aufgenommen hat und bei dem Übergang in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis das 55. Lebensjahr bereits vollendet hatte.
BAG 22.09.2020 – 3 AZR 433/19

24-Stunden-Pflegekräfte sind umfassend zu vergüten

Erbringt eine Pflegekraft im Rahmen einer 24-stündigen dauerhaften Eingliederung in den Haushalt ihren Dienst, hat sie bei voller Auslastung von 6 Uhr bis 22/23 Uhr und Nachtbereitschaft für eine tägliche Arbeitszeit von 21 Stunden Anspruch auf den geltenden Mindestlohn.
LAG Berlin-Brandenburg 17.08.2020 – 21 Sa 1900/19

Anforderungen an eine Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung

Zeigt ein Mitarbeiter, dass er eine ihm zugewiesene Arbeit bewusst und nachdrücklich nicht leisten will, kann dies sogar eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies gilt erst recht, wenn der Mitarbeiter zuvor (hier: am selben Tag) wegen Verweigerung der Bearbeitung einer bestimmten Sache abgemahnt wurde. Auf die subjektive Annahme des Mitarbeiters, dass er zu der Arbeit nicht (mehr) verpflichtet war, kommt es nicht an. Entscheidend ist die objektive Rechtlage. Das Risiko eines Irrtums über die eigene Rechtsauffassung hat der Mitarbeiter zu tragen.
LAG Sachsen 31.07.2020 – 2 Sa 398/19

Betriebsvereinbarung kann nicht an Willen der Mitarbeitenden gekoppelt werden

Das In-Kraft-Treten einer Betriebsvereinbarung kann nicht daran gekoppelt werden, dass die Mitarbeitenden mit deren Geltung einverstanden sind.
BAG 28.07.2020 – 1 ABR 4/19

Beschränkte Befugnisse des Betriebsrates bzgl. Entgelttransparenzgesetz

Ein sich aus § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG ergebendes Einsichtsrecht des Betriebsrates in Bruttoentgeltlisten der Mitarbeitenden besteht nicht, wenn der Arbeitgeber den Anspruch der Mitarbeitenden auf Auskunft nach dem Entgelttransparenzgesetz berechtigterweise selbst erfüllt.
BAG 28.07.2020 – 1 ABR 6/19

Noch ungeklärt: Verfällt der Urlaubsanspruch bei Dauerkranken trotz fehlender AG-Mitwirkung bereits nach 15 Monaten?

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob der Urlaubsanspruch eines Dauerkranken auch dann bereits 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt, wenn ihn der Arbeitgeber zuvor nicht rechtzeitig auf diesen Umstand hingewiesen und seine Mitwirkungspflichten verletzt hat. Mit dieser Thematik wird sich nach einem Vorabentscheidungsersuchen des BAG nunmehr der EuGH befassen.
BAG 07.07.2020 – 9 AZR 245/19 und 9 AZR 401/19

Beweislast bei beanspruchter Sonderzahlung

Begehrt ein bereits mehrere Jahre arbeitsunfähiger Mitarbeiter eine Sonderzahlung aufgrund vertraglicher Vereinbarung bzw. betrieblicher Übung, obliegt ihm die Beweislast dafür, dass ihm der Anspruch auch ohne Entgeltfortzahlung zusteht, weil es sich um eine Vergütung mit Mischcharakter handelt.
LAG Baden-Württemberg 30.06.2020 – 9 Sa 13/20

Auch bei interner Stellenausschreibung sind Schwerbehinderte zu berücksichtigen

Öffentliche Arbeitgeber haben auch bei internen Stellenausschreibungen schwerbehinderte Bewerber, wenn sie nicht offensichtlich ungeeignet sind, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.
BAG 25.06.2020 – 8 AZR 75/19

Anspruchsberechtigung im Sinne des Entgelttransparenzgesetzes

Der Begriff der Beschäftigten, welche nach § 10 Abs. 1 Entgelttransparenzgesetz einen Anspruch auf Auskunft nach §§ 11 bis 16 zur Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebotes haben, ist weit auszulegen. Folglich können ggf. auch arbeitnehmerähnliche Personen anspruchsberechtigt sein.
BAG 25.06.2020 – 8 AZR 145/19

Urlaubsanspruch auch für Zeitraum zwischen rechtswidriger Entlassung und anschließender Rückkehr

Nimmt ein Arbeitnehmer nach Feststellung einer rechtswidrigen Entlassung die Tätigkeit bei seinem bisherigen Arbeitgeber wieder auf, hat er auch für den Zwischenzeitraum einen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub. Der Fall ist dem einer Erkrankung, in welchem der Arbeitnehmer auch gegen seinen Willen gehindert ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, gleichzustellen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn er in dem Zeitraum für einen anderen Arbeitgeber tätig war.
EuGH 25.06.2020 – C-762/18 und C-37/19

Umfassendes Einsichtsrechts des Betriebsrates in elektronische Personalakte nicht gerechtfertigt

Gestattet eine Betriebsvereinbarung dem Betriebsrat ein dauerhaftes und uneingeschränktes Einsichtsrecht in die elektronische Personalakte, ohne dass die Mitarbeitenden zustimmen müssen, wird hierdurch deren durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG garantiertes allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt.
LAG Düsseldorf 23.06.2020 – 3 TaBV 65/19

Anforderungen an fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung

Auch ohne Abmahnung ist eine fristlose Kündigung in einem langjährigen bislang beanstandungsfreien Beschäftigungsverhältnis gerechtfertigt, wenn ein Mitarbeiter zunächst einer Kollegin und anschließend sich selbst in den Schritt fasst und dem folgend kundtut, dass sich da etwas tue. § 12 Abs. 3 AGG steht der Kündigung ebenfalls nicht entgegen.
LAG Köln 19.06.2020 – 4 Sa 644/19

Noch ungeklärt: Müssen Urlaubszeiten für die Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen berücksichtigt werden?

Die Regelung in einem Tarifvertrag, wonach für die Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen nur die tatsächlich geleisteten Stunden von Bedeutung sind und Stunden, in denen der Arbeitnehmer seinen bezahlten Mindestjahresurlaub antritt, unbeachtet bleiben, könnte mit Art. 31 Abs. 2 der Grundrechtecharta der EU und Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG unvereinbar sein, weil ein unzulässiger Anreiz bestehen könnte, auf Urlaub zu verzichten. Mit dieser Thematik wird sich nach einem Vorabentscheidungsersuchen des BAG nunmehr der EuGH befassen.
BAG 17.06.2020 – 10 AZR 210/19

Welche Kündigungsfrist gilt für Geschäftsführerdienstverträge?

Geschäftsführerdienstverträge, die keine Arbeitsverträge sind, sind bei Geltung der gesetzlichen Bestimmungen nach § 621 BGB zu kündigen.
BAG 11.06.2020 – 2 AZR 374/19

Zeiterfassung per Fingerabdruck nicht rechtens

Zu einer Zeiterfassung per Fingerabdruck kann ein Mitarbeiter nicht gezwungen werden. Eine Verarbeitung von derartigen biometrischen Daten gestattet Art. 9 Abs. 2 DSGVO nur in Ausnahmefällen.
LAG Berlin-Brandenburg 04.06.2020 – 10 Sa 2130/19

Selbstbeurlaubung an nur einem Arbeitstag rechtfertigt keine fristlose Kündigung

Fehlt ein Mitarbeiter nur an einem einzigen Arbeitstag unentschuldigt, rechtfertigt dies noch keine fristlose Kündigung. Vielmehr ist zunächst eine Abmahnung erforderlich. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis erst wenige Tage zuvor begonnen hat.
LAG Schleswig-Holstein 03.06.2020 – 1 Sa 72/20

Auskunftsanspruch: Konter bei Forderung von Annahmeverzugslohn

Macht ein Arbeitnehmer aufgrund eines gewonnenen Kündigungsrechtsstreits Annahmeverzugslohnansprüche geltend, kann der Arbeitgeber ihm einen auf § 242 BGB gestützten Anspruch auf schriftliche Auskunft über die ihm von dem Jobcenter bzw. der Arbeitsagentur aufgezeigten Vermittlungsvorschläge hinsichtlich Tätigkeit, Arbeitsort, Arbeitszeit und Verdienst geltend machen.
BAG 27.05.2020 – 5 AZR 387/19

Altersdiskriminierende Stellenausschreibung

Sucht eine Firma jemanden für eine “zukunftsorientierte, kreative Mitarbeit in einem jungen, hochmotivierten Team”, wird ein 61-jähriger Bewerber hierdurch unangemessen benachteiligt.
LAG Nürnberg 27.05.2020 – 2 Sa 1/20

Achtung: Gebot des fairen Verhandelns bei Aufhebungsverträgen

Nachdem sich das BAG (6 AZR 75/18) im letzten Jahr (07.02.2019) ausführlich mit dem Gebot des fairen Verhandelns beschäftigt hatte, hat zuletzt auch das LAG Mecklenburg-Vorpommern hierzu Stellung genommen und explizit das hiermit einhergehende Risiko für die Arbeitgeberseite aufgezeigt. Insbesondere erklärte es einen Aufhebungsvertrag nach §§ 331 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB u.a. deshalb für unwirksam, weil die Arbeitgeberseite für den Mitarbeitenden mit Wortphrasen eine massive psychische Drucksituation geschaffen habe.
LAG Mecklenburg-Vorpommern 19.05.2020 – 5 Sa 173/19

Mitarbeiter dürfen nicht zur Krankmeldung per WhatsApp verpflichtet werden

Es ist datenschutzrechtlich unzulässig, die Mitarbeiter dazu zu verpflichten, ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen per WhatsApp an den Arbeitgeber zu übersenden.
25. Datenschutzbericht der LDI NRW 12.05.2020

Was gehört zur ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung?

Nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG hat der Arbeitgeber seinem Betriebsrat vor dem Ausspruch einer (außerordentlichen) Kündigung (nur) die Gründe für die beabsichtigte Kündigung mitzuteilen. Hierzu gehört es nicht, den Betriebsrat auch über das Bestehen eines etwaigen Sonderkündigungsschutzes in Kenntnis zu setzen. Zudem muss der Arbeitgeber, um seine Anhörungspflicht zu erfüllen, auch keine weiteren Ausführungen zur Einhaltung der in § 626 Abs. 2 BGB normierten zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist tätigen.
BAG 07.05.2020 – 2 AZR 678/19

Auch in Pandemiezeiten kein Anspruch auf Einzelbüro oder Homeoffice

Ein Mitarbeiter hat auch in Pandemiezeiten keinen Anspruch darauf, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung in einem Einzelbüro oder dem Homeoffice zu erbringen. Vielmehr kann der Arbeitgeber unter Berücksichtigung billigen Ermessens selbst entscheiden, wie er die von ihm nach § 618 BGB einzuhaltende Pflicht zu Schutzmaßnahmen umsetzt. Wurden die notwendigen Schutzvorkehrungen getroffen, ist es dem Mitarbeiter grundsätzlich auch zumutbar, mit anderen Personen im selben Raum zu arbeiten.
ArbG Augsburg 07.05.2020 – 3 Ga 9/20

Wann besteht ein Anspruch auf eine unverfallbare Betriebsrente?

Seit 01. Januar 2018 muss eine Versorgungszusage nur noch drei Jahre bestanden haben, damit eine unverfallbare Anwartschaft erworben wird. Hierfür ist es nicht ausreichend, wenn der Mitarbeitende nur nach dem 31. Dezember 2017 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist (dann gilt ggf. noch die alte Unverfallbarkeitsfrist von fünf Jahren). Vielmehr ist zwingend erforderlich, dass die Rentenzusage ab dem 01. Januar 2018 schon drei Jahre bestanden hat.
LAG Baden-Württemberg 06.05.2020 – 4 Sa 51/19

Leistungsklage erfordert vorherige außergerichtliche Aufforderung

Wird die Gegenseite vor Erhebung einer Leistungsklage nicht erfolglos außergerichtlich zum Ausgleich der geschuldeten Leistung aufgefordert, ist die Klage grundsätzlich als mutwillig im Sinne des § 114 Abs. 2 ZPO anzusehen.
LAG Köln 06.05.2020 – 9 Ta 48/20

Arbeitgeberhaftung bei Nachteilen durch verspätete Lohnzahlung

Erhält ein Arbeitnehmer aufgrund verspäteter Lohnzahlung ein geringeres Elterngeld, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ihm den Differenzbetrag auszugleichen.
LAG Düsseldorf 27.04.2020 – 12 Sa 716/19

Richtiges Datum für Beendigungszeugnis

Ein Beendigungszeugnis ist zwingend unter dem Datum des Tages der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszustellen. Dies gilt auch dann, wenn es tatsächlich erst später ausgefertigt wurde.
LAG Köln 27.03.2020 – 7 Ta 200/19

An- und Abreisezeit von Außendienstlern ist vergütungspflichtig

Ist in einem Tarifvertrag festgelegt, dass auch die Fahrtzeit von Vertriebsmitarbeitern ausnahmslos zu der zu vergütenden Arbeitszeit gehört, darf hiervon nicht durch Betriebsvereinbarung abgewichen werden (§ 77 Abs. 3 BetrVG).
BAG 18.03.2020 – 5 AZR 36/19

Konkludente Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages bei einvernehmlicher Abberufung nicht ausgeschlossen

Auch wenn der Geschäftsführeranstellungsvertrag durch die Abberufung als Geschäftsführer nicht automatisch endet, kann ausnahmsweise von einer konkludenten Beendigung (hier durch Erreichen der Regelaltersgrenze) auszugehen sein. Erforderlich ist hierfür, dass das Verhalten des Geschäftsführers unzweifelhaft darauf hindeutete (hier durch Organisation einer Abschiedsfeier, Inhalt einer Abschiedsrede, Verabschiedung aus dem Fachverband mit dem Hinweis auf den bevorstehenden Ruhestand, etc.), dass er selbst eine Beendigung mit Vollendung der Regelaltersgrenze anstrebte.
LG Osnabrück 18.03.2020 – 18 O 428/18

Arbeitsvertragliche Bestätigung zum Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unwirksam

Eine arbeitsvertragliche Klausel mit Hilfe derer der zukünftige Mitarbeiter bestätigen soll, nicht bereits zuvor in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Arbeitgeber gestanden zu haben, ist nicht geeignet, die Beweislast zu Gunsten des Arbeitgebers zu ändern und nach § 309 Nr. 12b BGB unwirksam.
LAG Baden-Württemberg 11.03.2020 – 4 Sa 44/19

Abmahnung bei Tätigkeit für anderen Arbeitsgeber während der Elternzeit ohne Zustimmungserklärung

§ 15 Abs. 4 BEEG sieht zwar vor, dass ein Mitarbeiter während der Elternzeit auch für einen anderen Arbeitgeber tätig werden darf. Hierfür bedarf es allerdings nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BEEG der Zustimmung des “Stammarbeitgebers”. Eine bloße Anzeige der anderweitigen Tätigkeit ist nicht ausreichend und rechtfertigt eine Abmahnung.
LAG Köln 28.02.2020 – 4 Sa 326/19

Anforderungen an die Gleichwertigkeit und Billigkeit bei Versetzungen

Die Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes ist mangels Gleichwertigkeit rechtswidrig, wenn der Mitarbeiter in der Vergangenheit Provisionsansprüche erlangt hat, die dem Doppelten seines Grundgehaltes entsprachen und zukünftig keine Provisionsansprüche mehr erworben werden können. Zudem ist es unbillig, wenn ein Mitarbeiter ohne Berücksichtigung seiner familiären Verhältnisse an einen 600 km entfernten Standort versetzt wird und dort eine ernsthafte Beschäftigung zweifelhaft ist, weil der Mitarbeiter zuvor als “aufbrausende Persönlichkeit”, “Pulverfass” oder ähnliches bezeichnet wurde.
LAG Köln 28.02.2020 – 4 Sa 326/19

Sonderkündigungsschutz für den Datenschutzbeauftragten

Nach §§ 38 Abs. 2 i.V.m. 6 Abs. 4 BDSG; Art. 38 Abs. 3 Satz 2 EU-DSGVO darf ein interner Datenschutzbeauftragter nur aus wichtigem Grund gekündigt bzw. von seinem Amt abberufen werden. Dies gilt auch dann, wenn das Amt zukünftig extern besetzt werden soll.
LAG Nürnberg 19.02.2020 – 2 Sa 274/19

Haftung des Arbeitgebers bei unrichtigen und/oder unvollständigen Auskünften

Erteilt ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern, obwohl er gesetzlich hierzu nicht verpflichtet ist, Auskünfte, die Einfluss auf das Vermögen der Mitarbeiter haben können, müssen diese zutreffend, vollständig und eindeutig sein. Ist dies nicht der Fall, haftet der Arbeitgeber für Schäden, welche den Mitarbeitern durch seine Aussagen entstehen.
BAG 18.02.2020 – 3 AZR 206/18

Unrichtige Massenentlassungsanzeige bei Wahl der unzuständigen Agentur für Arbeit

Reicht ein Arbeitgeber eine nach § 17 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige bei der örtlich unzuständigen Agentur für Arbeit ein, führt dies zur Unwirksamkeit der auf dieser Grundlage ausgesprochenen Kündigungen.
BAG 13.02.2020 – 6 AZR 146/19

Rechtsmissbräuchliches Verhalten zur Erzwingung eines Aufhebungsvertrages

Stellt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nach Wiedergenesung direkt frei, um einen Aufhebungsvertrag zu erzwingen, verhält er sich rechtsmissbräuchlich. Ein entsprechender Beschäftigungsanspruch kann im einstweiligen Verfügungsverfahren durchgesetzt werden.
LAG Schleswig-Holstein 06.02.2020 – 3 SaGa 7/19

Kein zwingender Entschädigungsanspruch bei Nichteinladung eines Schwerbehinderten zum Vorstellungsgespräch

Das SGB IX sieht (jetzt in § 165 Satz 3 SGB IX) zwar vor, dass schwerbehinderte Bewerber von einem öffentlichen Arbeitgeber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen sind. Kommt der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nach, droht ihm jedoch nicht in jedem Fall ein Entschädigungsanspruch im Sinne des § 15 Abs. 2 AGG. Vielmehr kann die Vermutung, dass der schwerbehinderte/einem Schwerbehinderten gleichgestellte Bewerber nur wegen seiner Behinderung nicht eingeladen wurde, nach § 22 AGG widerlegt werden.
BAG 23.01.2020 – 8 AZR 484/18

Arbeit in agilen Projektteams führt nicht zu identischem Zeugnisanspruch

Mitarbeitende, die zusammen in agilen Projektteams arbeiten (Scrum-Methode), haben grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass ihnen ebenfalls ein Zeugnis mit dem Inhalt erteilt wird, welches ein anderes Teammitglied erhalten hat.
ArbG Lübeck 22.01.2020 – 4 Ca 2222/19

Keine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bei noch nicht beschiedenem Gleichstellungsantrag

Will ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter mit einem GdB 30, der einen Gleichstellungsantrag gestellt hat, versetzen, muss die Schwerbehindertenvertretung nicht beteiligt werden, wenn über den Antrag noch nicht entschieden wurde.
BAG 22.01.2020 – 7 ABR 18/18

Kein Recht auf Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Tarifvertrages

Art. 9 Abs. 3 GG begründet keinen Anspruch darauf, dass ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird.
BVerfG 10.01.2020 – 1 BvR 4/17

Rechtsprechung zur Einheit des Verhinderungsfalles bestätigt

Es bleibt dabei, dass der Entgeltfortzahlungszeitraum auch dann auf sechs Wochen beschränkt ist, wenn während dieses Zeitraumes neben die bereits bestehende Arbeitsunfähigkeit gleichzeitig eine weitere Erkrankung tritt.
BAG 11.12.2019 – 5 AZR 505/18

Arbeitgeber trägt Beweislast für fehlenden Zusammenhang zwischen Kündigung und Arbeitsunfähigkeit

Kündigt der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis kurz nach Beginn einer Arbeitsunfähigkeit wird im Sinne des § 8 EFZG zunächst vermutet, dass die Kündigung wegen der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen wurde. Der Arbeitgeber kann sich etwa dadurch entlasten, wenn er darlegt, dass dem Mitarbeitenden die Kündigung bereits zuvor wegen Schlechtleistung angedroht wurde.
LAG Nürnberg 10.12.2019 – 7 Sa 364/18

Wann muss keine Betriebsrentenanpassung durchgeführt werden?

Die grundsätzlich alles drei Jahre durchzuführende Anpassung der Betriebsrente im Sinne des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG ist obsolet, wenn die Absicherung über eine Pensionskasse erfolgt sowie ab dem Bezugsbeginn alle auf den Rentenbestand entfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Rentenleistungen dienen. Darüber hinaus muss garantiert sein, dass etwaige Überschussanteile bei Eintritt des Versorgungsfalls weder dem Arbeitgeber noch der Pensionskasse zustehen.
BAG 10.12.2019 – 3 AZR 122/18

Vorsicht bei zweistufigen Ausschlussfristen

Erweckt die zweite Stufe einer Ausschlussklausel den Anschein, dass der Arbeitnehmer ihm zustehende Ansprüche ohne jegliche Einschränkung auch dann beim Arbeitsgericht einklagen muss, wenn ihm der Arbeitgeber deren Erfüllung zuvor bestätigt hat oder diese unstrittig sind, ist die Klausel wegen Intransparenz unwirksam.
BAG 03.12.2019 – 9 AZR 44/19

Leasingkosten für Dienstfahrrad nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraumes

Eine Vereinbarung, wonach der Mitarbeiter nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraumes die Leasingkosten für ein von ihm genutztes Dienstfahrrad zu tragen hat, ist wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 BGB unwirksam.
ArbG Osnabrück 02.12.2019 – 3 Ca 229/19

Schadensersatz für private Pkw-Nutzung bei unberechtigter Versetzung

Ist die Versetzung eines Mitarbeiters an einen anderen Arbeitsort unwirksam, kann der Mitarbeiter für seine Fahrten zwischen seinem Hauptwohnsitz und seiner, bedingt durch die Versetzung, erforderlichen Zweitwohnung von dem Arbeitgeber Schadensersatz verlangen. Entsprechend des JVEG beläuft sich der Anspruch auf 0,30 EUR für jeden gefahrenen Kilometer.
BAG 28.11.2019 – 8 AZR 125/18

Wer ist Arbeitgeber von international tätigen Mitarbeitern?

Tatsächlicher Arbeitgeber eines länderübergreifend eingesetzten Mitarbeiters ist derjenige, dem die Weisungsbefugnis obliegt, der letztlich das Arbeitsentgelt schuldet und den Mitarbeiter eingestellt hat. Nicht entscheidend ist im Zweifelsfall hingegen, wer im Arbeitsvertrag formal als Arbeitgeber eingetragen ist.
EuGH 26.11.2019 – C-610/18

Verfall der Zeitguthaben muss bei Freistellung explizit vereinbart werden

Wird ein Arbeitnehmer in Folge eines Vergleichsabschlusses bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt, verfallen etwaige noch bestehende Zeitguthaben hiermit nicht automatisch. Vielmehr muss ein mit der Freistellung einhergehender Ausgleich des Arbeitszeitkontos explizit geregelt werden, um einen finanziellen Abgeltungsanspruch am Ende des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden.
BAG 20.11.2019 – 5 AZR 578/18

Saisonarbeit im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses

Es ist nicht von einer unzulässigen Kettenbefristung auszugehen, wenn für einen Saisonarbeiter (hier: Bademeister) nicht das komplette Jahr Beschäftigungsbedarf besteht, und er außerhalb der Saison nicht vergütet wird. Vielmehr ist ein unbefristetes Arbeitsverhältnis anzunehmen, im Rahmen dessen die Hauptleistungspflichten nur auf die Saison begrenzt sind. Eine unangemessene Benachteiligung des Mitarbeiters besteht nicht, da der begrenzte Beschäftigungsbedarf von vornherein zu erkennen war.
BAG 19.11.2019 – 7 AZR 582/17

Nachträgliche Klagezulassung auch noch nach sechs Monaten denkbar

Hat das Arbeitsgericht, obwohl die Klagefrist klar versäumt wurde, das Verfahren fortgeführt und erkennen lassen, dass es in der Sache entscheiden will, ist eine nachträgliche Klagezulassung, anders als von § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG vorgesehen, auch noch nach Ablauf des Sechs-Monats-Zeitraums möglich.
LAG Berlin-Brandenburg 07.11.2019 – 5 Sa 134/19

Nachweisgesetz stellt hohe Anforderungen an wirksame Vereinbarung einer Ausschlussfrist

Eine Ausschlussfrist ist als wesentliche Arbeitsbedingung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG einzustufen. Von daher reicht die bloße allgemeine arbeitsvertragliche Inbezugnahme einer Mitarbeiterordnung, in welcher eine Ausschlussfrist geregelt ist, nicht aus, um die Anforderungen des Nachweisgesetzes zu erfüllen. Kann der Arbeitgeber die Vereinbarung der Ausschlussfrist im Volltext nicht nachweisen, ist der Mitarbeiter so zu stellen, als ob es keine Ausschlussfristen geben würde.
BAG 30.10.2019 – 6 AZR 465/18

Vorsicht bei Abänderung von Modellen der betrieblichen Altersversorgung

Will ein Arbeitgeber die bisherige Praxis der betrieblichen Altersversorgung ändern, hat er die durch das sog. dreistufige Prüfungsschema präzisierten Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dies gilt auch bei der Ablösung von Versorgungsmodellen im Rahmen eines Betriebsübergangs.
BAG 22.10.2019 – 3 AZR 429/18

Keine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung per Fingerabdruck

Ein Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, seine Einwilligung zur Nutzung des nur mittels Fingerabdruck funktionierenden Arbeitszeiterfassungssystems zu erteilen. Insbesondere fehlt es hierfür an der von § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG vorgesehenen Erforderlichkeit.
ArbG Berlin 16.10.2019 – 29 Ca 5451/19

Entlohnung auch bei fehlendem Arbeitseinsatz an Feiertagen

Zeitungszusteller sind auch an Feiertagen, die auf einen Werktag fallen, zu vergüten, wenn sie an diesem Tag ohne Feiertag zur Zustellung von Zeitungen verpflichtet gewesen wären. Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltzahlung an Feiertagen kann nicht wirksam ausgeschlossen werden.
BAG 16.10.2019 – 5 AZR 352/18

Abweichung von Equal-Pay nur bei umfassender Inbezugnahme eines Tarifvertrages

Will ein Verleiher die von ihm eingesetzten Leiharbeitnehmer nicht nach dem Equal-Pay-Grundsatz vergüten, muss er mit ihnen die vollständige Anwendbarkeit eines Tarifvertrages vereinbart haben. Ansonsten kann der verliehene Arbeitnehmer verlangen, dass er wie ein Stammarbeitnehmer des Entleihers vergütet wird.
BAG 16.10.2019 – 4 AZR 66/18

Gleiche Befristungsdauer für Vollzeit- und Teilzeitkräfte

Eine Regelung, die für Teilzeitbeschäftigte eine längere maximal zulässige Befristungsdauer als für Vollzeitbeschäftigte vorsieht, benachteiligt Teilzeitbeschäftigte grundsätzlich unangemessen im Sinne des § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit und ist unwirksam. Der Pro-rata-temporis-Grundsatz findet keine Anwendung.
EuGH 03.10.2019 – C.274/18

Kein Anspruch eines Vorstandsmitgliedes auf variable Vergütung bei offener Ermessensentscheidung

Findet sich in einem Vorstandsdienstvertrag eine Regelung, wonach der Aufsichtsrat nach billigem Ermessen festlegen kann, ob eine variable Vergütung bezahlt wird und es sich bei entsprechenden Zahlungen auf jeden Fall um freiwillige Zuwendungen handelt, kann hieraus kein Anspruch unter Verweis auf § 307 BGB hergeleitet werden.
BGH 24.09.2019 – II ZR 192/18

Umfang des Urlaubsanspruch beim Wechsel in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell

Hat ein Mitarbeiter aufgrund der Freistellung im Rahmen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses für das komplette Kalenderjahr keine Arbeitsleistung zu erbringen, steht ihm wegen fehlender Arbeitspflicht auch kein Erholungsurlaub zu. Erfolgt der Wechsel von der Arbeits- in die Freistellungsphase unterjährig, ist der Urlaubsanspruch nach Zeitabschnitten entsprechend der Anzahl der arbeitspflichtigen Tage zu ermitteln.
BAG 24.09.2019 – 9 AZR 481/18

Kein einstweiliger Rechtsschutz bei begehrter Urlaubsgewährung nach Ablauf der Kündigungsfrist

Streiten die Arbeitsvertragsparteien noch über die Wirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung, kann der Arbeitnehmer nicht mittels einstweiliger Verfügung einen Urlaubsanspruch für einen Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist erfolgreich geltend machen.
LAG Mecklenburg-Vorpommern 12.09.2019 – 5 SaGa 6/19

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aufgrund von Ferndiagnosen verstoßen gegen die ärztliche Sorgfaltspflicht

Verschafft sich ein Arzt keinen unmittelbaren persönlichen Eindruck von einem Patienten, entspricht eine von ihm dennoch ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht der ärztlichen Sorgfalt. Dies gilt auch bei weniger schwerwiegenden Symptomen.
LG Hamburg 03.09.2019 – 406 HK O 56/19 u.a.

Kein Dauerurlaub im August?

Basiert der Teilzeitwunsch eines Mitarbeiters darauf, jeweils im August von der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung befreit zu sein, obwohl dieser zu den arbeitsintensivsten zählt und damit die Urlaubsplanung anderer Mitarbeiter nicht mehr ausreichend berücksichtigt werden kann, kann der Arbeitgeber diesen nicht nur mit Hinweis auf § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG ablehnen, sondern sich auch auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs stützen.
LAG Nürnberg 27.08.2019 – 6 Sa 110/19

Wann geht eine Kündigung bei Einwurf in den Briefkasten zu?

Von einem Zugang des Kündigungsschreibens ist auszugehen, wenn nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Leerung des Briefkastens zu rechnen ist. Insoweit ist keine individuelle, sondern eine generalisierende Betrachtung vorzunehmen.
BAG 22.08.2019 – 2 AZR 111/19

Aushebelung des Vorbeschäftigungsverbotes nach 22 Jahren

Liegt die frühere Tätigkeit bereits 22 Jahre zurück, kann ein Unternehmen den seinerzeit Beschäftigten erneut einstellen und zwar auch mittels eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages. Die Gefahr einer Kettenbefristung ist in einem solchen Fall nicht ersichtlich. Der Verweis auf das Vorbeschäftigungsverbot ist in einem solchen Fall unzumutbar.
BAG 21.08.2019 – 7 AZR 452/17

Urlaubsbewilligung impliziert Zahlung von Urlaubsentgelt

Bewilligt der Arbeitgeber einem Mitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum Urlaub, ist hierin zugleich die Zusage zu sehen, dem Arbeitnehmer für diesen Zeitraum vorbehaltlos Urlaubsentgelt zahlen zu wollen.
BAG 20.08.2019 – 9 AZR 468/18

Probearbeitstag beinhaltet Unfallversicherungsschutz

Aufgrund der Tatsache, dass ein Probearbeitstag dem Arbeitgeber Klarheit darüber verschaffen soll, ob ein Bewerber für die zu besetzende Position geeignet ist, hat dieser für das Unternehmen einen wirtschaftlichen Wert. Von daher ist es auch gerechtfertigt, den Bewerber bzgl. der Unfallversicherung mit den bereits Beschäftigten bezüglich der gesetzlichen Unfallversicherung gleichzustellen.
BSG 20.08.2019 – B 2 U 1/18 R

Rechte von Heimarbeitern

Auch wenn sog. Heimarbeiter keine Übertragung von Arbeiten in einem bestimmten Umfang fordern können, steht ihnen nach Ausspruch einer Kündigung ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung (§ 12 Abs. 1 BUrlG) und Entgeltsicherung zu (§ 29 Abs. 7 bzw. 8 HAG).
BAG 20.08.2019 – 9 AZR 41/19

Kein Arbeitsvertrag bei fehlender Leistungserbringungspflicht

Schließen zwei Parteien einen mit “Arbeitsvertrag” überschriebene Vereinbarung, in welcher ausdrücklich festgelegt, dass für die zu zahlende Vergütung keine Leistung zu erbringen ist, handelt es sich um ein nach § 117 Abs. 1 BGB nichtiges Scheingeschäft.
LAG Düsseldorf 02.08.2019 – 10 Sa 1139/18

Konfliktlösung durch Versetzung

Der Arbeitgeber ist berechtigt, einen Mitarbeiter bei zwischenmenschlichen Problemen im Arbeitsverhältnis zu versetzen. Er muss zuvor weder Ursachenforschung betreiben noch die Verantwortung für das streitauslösende Ereignis klären.
LAG Mecklenburg-Vorpommern 30.07.2019 – 5 Sa 233/18

 

Dauerkranke müssen über Urlaubsverfall nicht belehrt werden

Dauerkranke müssen von ihrem Arbeitgeber nicht darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass ihre Urlaubsansprüche bei nicht rechtzeitiger Inanspruchnahme verfallen. Vielmehr besteht eine entsprechende Verpflichtung erst, wenn der betroffene Mitarbeiter an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt und zwar allein bezogen auf den dann noch konkret bestehenden Urlaubsanspruch.
LAG Hamm 24.07.2019 – 5 Sa 676/19

Kündigung mit sozialer Auslauffrist aufgrund Alkoholerkrankung

Besteht eine negative Zukunftsprognose dahingehend, dass eine alkoholkranke Person aufgrund des Abbruchs diverser gescheiterter Entziehungskuren auch zukünftig erhebliche Fehlzeiten hat, kann eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist trotz Schwerbehinderung, hohem Lebensalter und langer Betriebszugehörigkeit wirksam sein.
LAG Berlin-Brandenburg 24.07.2019 – 15 Sa 2498/18

Verzugspauschale des § 288 Abs. 5 BGB gilt auch im Arbeitsrecht

Entgegen dem Urteil des BAG vom 25.08 2018 (8 AZR 26/18) gilt die in § 288 Abs. 5 BGB normierte Verzugspauschale auch im Arbeitsrecht. Für die vom BAG vorgenommene Entfernung vom Gesetzeswortlaut besteht kein Grund.
LAG Sachsen 17.07.2019 – 2 Sa 364/18

Wegfall der Versorgungsansprüche eines Ex-Geschäftsführers nur in sehr engen Grenzen

Nur wenn ein Geschäftsführer die Gesellschaft, für die er tätig war, durch grobes Fehlverhalten in eine tatsächlich existenzbedrohende Lage gebracht hat, kann ihm von der GmbH bei Geltendmachung von Versorgungsansprüchen der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegengehalten werden.
BGH 02.07.2019 – II ZR 252/16

Arbeitgeberhinweis auf Urlaubsverfall erforderlich

Urlaubsansprüche können nur dann verfallen, wenn der Arbeitgeber seine Mitarbeiter zuvor auf den noch bestehenden Urlaubsanspruch und drohende Verfallsfristen hingewiesen und sie zugleich aufgefordert hat, den Urlaub vor Fristablauf zu nehmen. Die entsprechende unternehmensseitige Initiativlast gilt auch für noch offene Urlaubsansprüche aus vorangegangenen Jahren.
LAG Köln 01.07.2019 – 4 Sa 242/18

Fristlose Kündigung wegen Unterschlagung

Auch ein bereits seit mehr als 30 Jahren bestehendes Arbeitsverhältnis kann fristlos gekündigt werden, wenn ein Mitarbeiter Geld (hier: einen 100-Euro-Schein, den ihm eine Finderin in seiner Funktion als Polizist übergeben hat) unterschlägt oder hierfür der dringende Verdacht besteht.
LAG Düsseldorf 28.06.2019 – 6 Sa 994/18

Kein Arbeitsunfall bei Verletzung in der Pause außerhalb des Firmengeländes

Verbringt ein Mitarbeiter eine nicht festgelegte Pause außerhalb des Firmengeländes und verletzt sich dabei infolge eines Sturzes, ist nicht von einem Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB VII auszugehen.
LSG Hessen 14.06.2019 – L 9 U 208/17

(Keine) Überstundenzuschläge für Teilzeitbeschäftigte

Soweit Überstundenzuschläge dazu dienen, eine regelmäßig zu vermeidende außergewöhnliche Arbeitsbelastung durch ein zusätzliches Arbeitsentgelt zu kompensieren und nicht den Eingriff in den individuellen Freizeitanteil auszugleichen, muss ein Überstundenzuschlag für Teilzeitbeschäftigte nur dann gewährt werden, wenn diese die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschreiten. Die Erfüllung dieses Zwecks führt nicht zu einer Ungleichbehandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 TzBfG (anders: BAG 23.03.2017 – 6 AZR 161/16).
LAG Nürnberg 13.06.2019 – 3 Sa 348/18

Ab wann liegt ein zuvor bestehendes Arbeitsverhältnis im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG vor?

Von einem zuvor bestehenden Arbeitsverhältnis ist ab dem Zeitpunkt auszugehen, ab dem die gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen den Arbeitsvertragsparteien begründet werden sollten, d.h. grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der vereinbarten Arbeitsaufnahme. Auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses kommt es nicht an. Auch auf die etwa aufgrund einer Erkrankung bei geplantem Arbeitsbeginn spätere Invollzugsetzung des Arbeitsverhältnisses kommt es nicht an.
BAG 12.06.2019 – 7 AZR 548/17

Einschränkung des Vorbeschäftigungsverbots bei befristeten Arbeitsverhältnissen

Das für die sachgrundlose Befristung grundsätzlich geltende Vorbeschäftigungsverbot findet über den Weg der verfassungskonformen Auslegung keine Anwendung, wenn es unzumutbar und nicht notwendig ist, um den Fortbestand des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regelbeschäftigungsform zu sichern. Hiervon kann ausnahmsweise bei einem extrem lang zurückliegenden, bei einem sehr kurzen oder einem andersartigen Arbeitsverhältnis (z.B. bei einer geringfügigen Nebenbeschäftigung während des Studiums) auszugehen sein.
BAG 12.06.2019 – 7 AZR 429/17

Kein Beschäftigungsanspruch nach § 164 Abs. 4 SGB IX bei fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Der Arbeitgeber ist auch nach den Vorschriften des SGB IX im Verhältnis zu einem Schwerbehinderten nicht zu einer Weiterbeschäftigung verpflichtet, wenn der Arbeitsplatz aufgrund eines neuen Organisationskonzeptes entfallen ist.
BAG 16.05.2019 – 6 AZR 329/18

Keine zwingende Verpflichtung zur Wiedereingliederung Schwerbehinderter

Auch Schwerbehinderte haben nicht in jedem Fall und ausnahmslos einen Anspruch auf Wiedereingliederung im Sinne des SGB IX. Bestehen schwerwiegende Gründe dafür, dass der vorgelegte Wiedereingliederungsplan aufgrund des Gesundheitszustandes des Mitarbeiters nicht umsetzbar ist, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Schwerbehinderten entsprechend zu beschäftigen.
BAG 16.05.2019 – 8 AZR 530/17

Verpflichtung zur vollständigen Erfassung der Arbeitszeit

Alle zur EU gehörenden Staaten sind verpflichtet, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, die sicherstellen, dass Arbeitgeber die Arbeitszeiten zukünftig vollständig erfassen.
EuGH 14.05.2019 – C-55/18

Drohende Entschädigung bei fingierten Kündigungen

Soll ein Mitarbeiter (hier: Betriebsratsmitglied) mit Hilfe eines Lockspitzels in Verruf gebracht werden bzw. dazu gebracht werden, vermeintliche Kündigungsgründe zu liefern, kann hierin eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung zu sehen sein, welche einen Entschädigungsanspruch begründet.
ArbG Gießen 10.05.2019 – 3 Ca 433/17

Tatsächliche Vertragsdurchführung für Beurteilung eines Vertragsverhältnisses maßgeblich

Wird eine vertraglich als selbstständiger Dienstleister auftretende Person unter Einsatz von Visitenkarten, Mobilnummer, E-Mail-Adresse des Auftraggebers in dessen Betrieb wie ein normaler Mitarbeiter mit betrieblichen Daueraufgaben beschäftigt, ist von einem Arbeitsverhältnis auszugehen. Auf die vertraglichen Vereinbarungen kommt es nicht an, wenn gelebte Praxis etwas anderes ist.
LAG Köln 08.05.2019 – 9 Ta 31/19

Arbeitszeitreduzierung während der Elternzeit bleibt für Berechnung eines Abfindungsanspruchs unberücksichtigt

Reduziert ein Mitarbeiter aufgrund von Elternzeit vorübergehend seine Arbeitszeit und wird das mit ihm bestehende Arbeitsverhältnis in diesem Zeitraum gekündigt, ist die Höhe einer ihm zustehenden Abfindungszahlung auf Basis des Vollzeitgehaltes zu ermitteln.
EuGH 08.05.2019 – C-486/18

Keine rechtsmissbräuchliche Zustimmungsverweigerung i.S.d. § 99 BetrVG bei fehlender innerbetrieblicher Ausschreibung

Nach § 99 BetrVG muss ein Arbeitgeber vor jeder Neueinstellung die Zustimmung eines bei ihm gewählten Betriebsrates einholen. Der Betriebsrat kann die Zustimmung bei Vorliegen eines der in § 99 Abs. 2 BetrVG geregelten Gründe verweigern. Insoweit ist es nichts rechtsmissbräuchlich, wenn sich der Betriebsrat darauf stützt, dass eine innerbetriebliche Ausschreibung der neu zu besetzenden Stelle unterblieben ist (§ 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG), auch wenn nicht mit einem internen Bewerber zu rechnen ist.
LAG Düsseldorf 12.04.2019 – 10 TaBV 46/18

Yoga-Bildungsurlaub?

Nach dem für Berlin geltenden Bildungsurlaubsgesetz ist der Begriff der beruflichen Weiterbildung weit gefasst. Folglich kann hierunter auch ein Yoga-Kurs fallen, wenn es dessen offizielles Ziel und didaktisches Konzept ist, die Teilnehmer für das Berufsleben zu stärken.
LAG Berlin-Brandenburg 11.04.2019 – 10 Sa 2076/18

Dienstreise zum Befristungsende kann Entfristung herbeiführen

Nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist eine sachgrundlose Befristung maximal für einen Zeitraum von zwei Jahren zulässig. Kehrt ein Mitarbeiter von einer Dienstreise erst einen Tag nach Ablauf des Zwei-Jahres-Zeitraumes zurück, führt dies dazu, dass zwischen den Arbeitsvertragsparteien automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht.
LAG Düsseldorf 09.04.2019 – 3 Sa 1126/18

Hinweispflicht auch für Resturlaubsansprüche

Nach der europäischen RL 2003/88/EG und der Entscheidung des EuGH vom 06.11.2018 (C-569/16)  ist § 7 BUrlG so zu interpretieren, dass der Arbeitgeber auch verpflichtet ist, die Mitarbeiter auf noch offene Urlaubsansprüche für vorangegangene Kalenderjahre hinzuweisen und sie aufzufordern, diese in Anspruch zu nehmen. Ansonsten verfallen die Urlaubsansprüche nicht.
LAG Köln 09.04.2019 – 4 Sa 242/18

Keine Zustimmung bei Schweigen eines Mitarbeiters

Die Tatsache, dass ein Mitarbeiter gegen eine ihm mitgeteilte Kürzung des Arbeitsentgelts zunächst keine Einwände erhebt, kann nicht als Einverständnis bewertet werden. Bei einer Mitteilung der Änderung der Hauptleistungspflichten zu Lasten des Mitarbeiters kann keine stillschweigende Annahmeerklärung unterstellt werden.
LAG Mecklenburg-Vorpommern 02.04.2019 – 5 Sa 221/18

Verfehlungen in der Freizeit können keine Kündigung rechtfertigen

Äußert ein Mitarbeiter in seiner Freizeit mehrfach ausländerfeindliche Parolen kann hierauf mangels Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis keine Kündigung gestützt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei dem Kündigungswilligen nicht um einen öffentlichen Arbeitgeber und auch nicht um ein Unternehmen handelt, welches politische Tendenzen verfolgt.
LAG Niedersachsen 21.03.2019 – 13 Sa 371/18

Beleg eines Einwurfeinschreibens reicht für Nachweis des Kündigungszugangs nicht aus

Der Nachweis, dass den Mitarbeiter ein Kündigungsschreiben tatsächlich erreicht hat, kann nicht durch die bloße Vorlage des Ein- bzw. Auslieferungsbeleges eines Einwurfeinschreibens geführt werden.
ArbG Reutlingen 19.03.2019 – 7 Ca 89/19

Unbezahlter Sonderurlaub verhindert gesetzlichen Urlaubsanspruch

Nimmt ein Mitarbeiter unbezahlten Sonderurlaub in Anspruch, entsteht für diesen Zeitraum aufgrund fehlender Pflicht zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung auch kein gesetzlicher Urlaubsanspruch.
BAG 19.03.2019 – 9 AZR 315/17

Urlaubsanspruch darf bei Elternzeit nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG gekürzt werden

Es ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden, den Urlaubsanspruch für Zeiten, in denen Elternzeit in Anspruch genommen wird, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG zu kürzen.
BAG 19.03.2019 – 9 AZR 362/18

Fristlose Kündigung aufgrund übler Nachrede via WhatsApp

Veröffentlicht ein Mitarbeiter per WhatsApp hinsichtlich eines Kollegen unwahre Behauptungen (hier: er sei ein verurteilter Vergewaltiger) kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
LAG Baden-Württemberg 14.03.2019 – 17 Sa 52/18

Auskunftsanspruch des Betriebsrates bei Arbeitsunfällen von Fremdpersonal

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seinen Betriebsrat auch über Arbeitsunfälle zu informieren, die nicht betriebszugehörige Personen, die etwa im Rahmen von Werkverträgen Vorort tätig werden, auf dem Werksgelände erleiden. Nur so ist sichergestellt, dass sämtliche für den Arbeitsschutz erforderliche Erkenntnisse auch für die betriebszugehörigen Mitarbeiter gewonnen werden können.
BAG 12.03.2019 – 1 ABR 48/17

Zerstückelter Urlaub kann abgelehnt werden

§ 7 Abs. 2 BUrlG legt fest, dass der Urlaub zusammenhängend zu gewähren ist, und dass ein Urlaubsteil mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen muss. Begehrt ein Mitarbeiter die Teilung seines ganzen Urlaubes in kleinste Einheiten, muss der Arbeitgeber diesen Wunsch nicht erfüllen. Das Bundesurlaubsgesetz sieht insbesondere auch keinen Anspruch auf halbe Urlaubstage vor.
LAG Baden-Württemberg 06.03.2019 – 4 Sa 73/18

Zuschläge – Feiertag schlägt Sonntag

Bei der Frage, welcher Zuschlag zu gewähren ist, ist davon auszugehen, dass jedenfalls an hohen Feiertagen wie Ostersonntag oder Pfingstsonntag statt des Sonntagszuschlags ein Anspruch auf den höheren Feiertagszuschlag besteht.
LAG Düsseldorf 22.02.2019 – 6 Sa 996/18

Hinterbliebenenversorgung darf nicht an langjährige Ehedauer gekoppelt werden

Eine Regelung in Form von AGBs, wonach einem hinterbliebenen Ehepartner eine Betriebsrente nur dann zusteht, wenn die Ehe bei Todeseintritt mindestens zehn Jahre bestanden hat, ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
BAG 19.02.2019 – 3 AZR 150/18

Initiativlast für Urlaubsgewährung liegt beim Arbeitgeber

Urlaubsansprüche können nur dann zum Ende eines Kalenderjahres verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor – ggf. förmlich – über den Verfall belehrt hat sowie den Arbeitnehmer aufgefordert hat, seinen Resturlaub zu nehmen und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch nicht antritt.
BAG 19.02.2019 – 9 AZR 541/15

Eingang der Massenentlassungsanzeige vor Kündigungszugang

Dass sich ein Arbeitgeber bereits zum Ausspruch von Kündigungen entschlossen hat, bevor er die erforderliche Massenentlassungsanzeige erstattet hat, ist für die Wirksamkeit der Kündigungen ohne Belang. Eine Kündigung darf dem Mitarbeiter jedoch erst dann zugehen, wenn die Massenentlassungsanzeige schon bei der zuständigen Agentur für Arbeit eingegangen ist.
BAG 19.02.2019 – 3 AZR 150/18

Verrechenbarkeit von Nachteilsausgleichs- und Sozialplanabfindungsanspruch

Hat ein Mitarbeiter Anspruch auf einen Nachteilsausgleich im Sinne des § 113 BetrVG kann ein ihm nach dem Sozialplan zustehender Abfindungsanspruch hierauf angerechnet werden.
BAG 12.02.2019 – 1 AZR 279/17

Widerruf eines Aufhebungsvertrages nach §§ 312 ff. BGB nicht möglich

Der Widerruf eines Aufhebungsvertrages nach §§ 312 ff. BGB, den die Arbeitsvertragsparteien in der Privatwohnung des Arbeitnehmers geschlossen haben, ist nicht möglich. Verletzt der Arbeitgeber jedoch das Gebot des fairen Verhandelns ist der Arbeitnehmer ggf. im Sinne der Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, als ob der Vertrag nicht zustande gekommen wäre.
BAG 07.02.2019 – 6 AZR 75/18

Unzulässige Umgehung des Befristungsrechts

Wechselt ein zeitbefristet beschäftigter Mitarbeiter von einem Arbeitgeber zu einem anderen, mit diesem verbundenen Arbeitgeber und erhält dort einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag zu ansonsten ungeänderten Bedingungen, ist hierin eine unzulässige Umgehung des § 14 Abs. 2 TzBfG zu sehen.
LAG Berlin-Brandenburg 31.01.2019 – 21 Sa 936/18

Unterbrechung eines Praktikums führt nicht zu Vergütung nach dem MiLoG

Praktikanten haben keinen Anspruch auf eine Vergütung nach dem MiLoG, wenn das Praktikum die Dauer von drei Monaten nicht überschreitet und der Vorbereitung für eine Ausbildung oder ein Studium dient. Unterbrechungen sind unschädlich, wenn zwischen den einzelnen Teilen ein Zusammenhang in tatsächlicher und zeitlicher Hinsicht besteht. Die einzelnen Teile werden zusammengerechnet, um die Gesamtdauer des Praktikums zu ermitteln.
BAG 30.01.2019 – 5 AZR 556/17

Welche Anforderungen sind an die Vollstreckbarkeit von Zeugnisverpflichtungen zu stellen?

Die alleinige Verpflichtung des Arbeitgebers in einem Vergleich, bezogen auf Führung und Leistung ein “gutes” Zeugnis zu erteilen, reicht nicht aus, um die Erteilung eines geänderten Arbeitszeugnisses im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Anders ist die Rechtslage allerdings dann zu beurteilen, wenn der Mitarbeiter nach dem Vergleich berechtigt ist, für das Zeugnis einen eigenen Entwurf vorzulegen, von deren Inhalt der Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund abweichen darf.
LAG Hessen 28.01.2019 – 8 Ta 396/18

Auch 8 Jahre zurückliegende Vorbeschäftigung steht sachgrundloser Befristung entgegen

Selbst wenn eine Vorbeschäftigung bereits acht Jahre zurückliegt und das Arbeitsverhältnis seinerzeit nur rund anderthalb Jahre bestand, ist eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht mehr möglich. Eine sachgrundlose Befristung kann jedoch trotz des generell bestehenden Vorbeschäftigungsverbotes in Betracht kommen, wenn die Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet oder nur von sehr kurzer Dauer war.
BAG 23.01.2019 – 7 AZR 733/16

Gehaltslisten müssen dem Betriebsrat auch nach In-Kraft-Treten des EntgTranspG nicht dauerhaft vorliegen

Auch nach dem In-Kraft-Treten des EntgTranspG hat der Betriebsrat gegenüber dem Unternehmen lediglich ein Recht auf Einsicht in Gehaltslisten.
LAG Düsseldorf 23.01.2019 – 8 TaBV 42/18

Feiertagsvergütung darf nicht an Konfession gekoppelt werden

Es ist von einer Diskriminierung wegen der Religion auszugehen, wenn die bezahlte Freistellung an kirchlichen Feiertagen von einer bestimmte Konfession des Mitarbeiters abhängig gemacht wird.
EuGH 22.01.2019 – C-193/17

Urlaubsabgeltungsanspruch der Erben

Verstirbt ein Mitarbeiter haben dessen Erben einen Urlaubsabgeltungsanspruch. Dieser bezieht sich nicht nur auf den von dem Verstorbenen im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes nicht genommenen Urlaub, sondern auch auf einen etwaigen zusätzlichen Urlaubsanspruch für Schwerbehinderte nach dem SGB IX oder einen solchen nach § 26 TVöD.
BAG 22.01.2019 – 9 AZR 45/16

GmbH-Fremdgeschäftsführer können nicht vor den Arbeitsgerichten klagen

Fremdgeschäftsführer nehmen Arbeitgeberfunktionen wahr. Sie gelten daher als arbeitgeberähnliche und nicht als arbeitnehmerähnliche Personen mit der Folge, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für sie nicht eröffnet ist.
BAG 21.01.2019 – 9 AZB 23/18

Wie wirkt sich eine Jahressonderzahlung bei Pfändungen aus?

Wird eine Jahressonderzahlung mit Mischcharakter gewährt, ist diese pfändungsrechtlich lediglich dem Auszahlungsmonat zuzuordnen, und nicht fiktiv auf den sich auf das ganze Jahr erstreckenden Bezugszeitraum monatsanteilig aufzuteilen.
LAG Sachsen-Anhalt 17.01.2019 – 2 Sa 354/16

Arbeitszeugnis auch auf gelochtem Papier zulässig

Wird in einem Unternehmen stets gelochtes Geschäftspapier verwendet und ausschließlich solches angeschafft, ist es dem Arbeitgeber gestattet, ein Arbeitszeugnis auch hierauf auszufertigen. Ein Anspruch auf die Erteilung eines Zeugnisses auf ungelochtem Geschäftspapier besteht dann nicht.
ArbG Weiden 09.01.2019 – 3 Ca 615/18

Anspruch auf eine Kopie der personenbezogenen Leistungs- und Verhaltensdaten

Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO hat ein Unternehmen seinen Mitarbeitern auf deren Wunsch hin eine Kopie ihrer personenbezogenen Leistungs- und Verhaltensdaten, die Gegenstand der von dem Arbeitgeber vorgenommenen Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen. Hierzu können nach dem Wortlaut der Vorschrift sämtliche Nachrichten gehören, die der Mitarbeiter jemals verfasst oder bekommen hat bzw. die sich auf ihn beziehen.
LAG Baden-Württemberg   20.12.2018 – 17 Sa 11/18

Hinausschieben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Regelaltersgrenze

§ 41 Satz 3 SGB VI, der vorsieht, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Regelaltersgrenze einvernehmlich hinausgeschoben werden kann, ist nicht zu beanstanden.
BAG 19.12.2018 – 7 AZR 70/17

Wann haben Teilzeitbeschäftigte einen Anspruch auf einen Zuschlag für Mehrarbeit?

Eine tarifliche Regelung, die Mehrarbeitszuschläge vorsieht, kann mit Blick auf § 4 Abs. 1 TzBfG dahingehend zu interpretieren sein, dass Teilzeitbeschäftigte dann, wenn sie über ihre individuell festgelegte Arbeitszeit hinaus eine Arbeitsleistung erbringen, einen Anspruch auf einen Zuschlag für Mehrarbeit haben. Im Vergleich zu Vollzeitbeschäftigten würden Teilzeitbeschäftigte schlechter stehen, wenn die Zahl der Arbeitsstunden, ab der ein Anspruch auf einen Zuschlag besteht, nicht proportional zu der individuell vereinbarten Arbeitszeit ermittelt würde.
BAG 19.12.2018 – 10 AZR 231/18

Fristlose Kündigung aufgrund Arbeitszeitbetrugs

Wirken Mitarbeiter kollusiv zusammen, um den Arbeitgeber mit dem vorsätzlichen Ausfüllen von Formularen zur Erfassung von Überstunden zu schädigen, rechtfertigt dies grundsätzlich eine fristlose Kündigung.
BAG 13.12.2018 – 2 AZR 370/18

Wirksamkeit der Kündigung eines Schwerbehinderten erfordert Anhörung der Schwerbehindertenvertretung

Will der Arbeitgeber das mit einem schwerbehinderten Mitarbeiter bestehende Arbeitsverhältnis beenden, muss er vor Kündigungsausspruch auch die Schwerbehindertenvertretung anhören (§ 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX). Für das diesbezügliche Verfahren gelten die für die Anhörung des Betriebsrates entwickelten Grundsätze (§ 102 BetrVG).
BAG 13.12.2018 – 2 AZR 378/18

Kurzarbeitszeiten haben keinen Einfluss auf Urlaubsentgelt

Für die einem Arbeitnehmer für die Zeit seines Erholungsurlaubs zustehende Vergütung (Urlaubsentgelt) dürfen etwaige Kurzarbeitszeiten im Referenzzeitraum nicht berücksichtigt werden.
EuGH 13.12.2018 – C-385/17

Großer Altersunterschied rechtfertigt Kürzung der Hinterbliebenenversorgung

Ist der hinterbliebene Ehepartner mehr als zehn Jahre jünger, ist grundsätzlich nicht von einer Altersdiskriminierung im Sinne des AGG auszugehen, wenn eine Versorgungsregelung für diesen Fall eine Kürzung der Hinterbliebenenversorgung vorsieht. Die Altersabstandsregelung muss allerdings jedenfalls angemessen und erforderlich sein sowie ein legitimes Ziel (Begrenzung des finanziellen Risikos für den Arbeitgeber) verfolgen.
BAG 11.12.2018 – 3 AZR 400/17

Neueinstellung erfordert vorherige Unterrichtung des Betriebsrats

Beabsichtigt der Arbeitgeber einen neuen Mitarbeiter einzustellen, muss er seinen Betriebsrat hierüber zuvor im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG unterrichten. Erfolgt die Unterrichtung erst nach Beschäftigungsbeginn kann eine Zustimmung im Sinne des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht fingiert werden. Der Arbeitgeber muss die Einstellung des Mitarbeiters gemäß § 101 BetrVG aufheben.
BAG 21.11.2018 – 7 ABR 16/17

Unterschiedliche Behandlung zwischen Gewerkschaftsmitgliedern/Nichtgewerkschaftsmitgliedern möglich

Die Unterscheidung in einem Tarifvertrag zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Nichtgewerkschaftsmitgliedern verletzt grundsätzlich nicht die grundgesetzlich garantierte Koalitionsfreiheit. Gewährleistet sein muss jedoch, dass die Ungleichbehandlung die nicht organisierten Arbeitnehmer nicht dazu zwingt, in eine Gewerkschaft einzutreten bzw. erhöhten Druck im Hinblick auf die Entscheidung über einen Beitritt auslöst.
BVerfG 14.11.2018 – 1 BvR 1278/16

DSGVO steht Einsichtnahme des Betriebsrats in Gehaltslisten nicht entgegen

Auch nach In-Kraft-Treten der DSGVO hat der Betriebsrat nach § 80 Abs. 2 BetrVG das Recht, in nicht anonymisierte Gehaltslisten Einsicht nehmen zu können.
LAG Niedersachsen 22.10.2018 – 12 TaBV 23/18

Sechs Befristungen innerhalb von 25 Monaten noch nicht rechtsmissbräuchlich

Wird ein Arbeitnehmer innerhalb von 25 Monaten insgesamt sechsmal befristet zur Vertretung beschäftigt bzw. werden die Befristungen verlängert, stellt dies grundsätzlich noch keinen sog. institutionellen Rechtsmissbrauch dar.
LAG Berlin-Brandenburg 19.10.2018 – 2 Sa 683/18

Direktionsrecht erfasst keine Zuweisung von Telearbeit

Ist in einem Arbeitsvertrag keine Befugnis des Arbeitgebers zu Änderung des Arbeitsortes enthalten, ist es ihm verwehrt, dem Mitarbeiter einen Telearbeitsplatz zuzuweisen. Dies gilt auch dann, wenn eine diesbezügliche Weisung etwa vor dem Hintergrund der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie für den Arbeitnehmer vorteilhaft sein könnte.
LAG Berlin-Brandenburg 10.10.2018 – 17 Sa 562/18

Verzugspauschale des § 288 Abs. 5 BGB kann erstinstanzlich nicht geltend gemacht werden

Vor den Arbeitsgerichten kann erstinstanzlich keine Verzugspauschale bei verspäteten Arbeitsentgeltzahlungen verlangt werden. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schließt dies als gegenüber § 288 Abs. 5 BGB speziellere Regelung aus.
BAG 25.09.2018 – 8 AZR 26/18

Verlängerung der Elternzeit bedarf keiner Zustimmung

Will ein Mitarbeiter/-in im Anschluss an die bereits genommene Elternzeit auch für das dritte Lebensjahr des Kindes Elternzeit in Anspruch nehmen, bedarf es hierfür keiner Zustimmung des Arbeitgebers. § 16 BEEG spricht nicht davon, dass nur für die erstmalige Inanspruchnahme der Elternzeit keine Zustimmung notwendig ist. Es sind lediglich die in § 16 Abs. 1 BEEG geregelten Anzeigefristen zu beachten.
LAG Berlin-Brandenburg 20.09.2018 – 21 Sa 390/18

Wann liegt Nachtarbeit im Sinne der Mutterschutzrichtlinie vor?

Von Nachtarbeit im Sinne der Mutterschutzrichtlinie ist bereits dann auszugehen, wenn nur ein Teil der zu erbringenden Arbeitsleistung in der Zeit zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens zu erbringen ist. Folge ist, dass Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft und innerhalb der Schutzzeiträume nicht zur Erbringung von Nachtarbeit verpflichtet werden dürfen.
EuGH 19.09.2018 – C-41/17 Gonzalez Castro

Ausschlussfristen müssen Mindestlohneinschränkung enthalten

Ausschlussfristen in vorformulierten Arbeitsverträgen, die nach dem 31.12.2014 geschlossen wurden, sind nur noch dann wirksam, wenn ausdrücklich geregelt ist, dass der Anspruch auf den gesetzlich vorgesehenen Mindestlohn nicht verfallen kann.
BAG 18.09.2018 – 9 AZR 162/18

Arbeitslosengeld errechnet sich auch aus Verdienst während eines Freistellungszeitraums

Stellt der Arbeitgeber einen Mitarbeiter vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung frei, ist für die Bemessung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld auch der Verdienst während des Freistellungszeitraums entscheidend.
BSG 30.08.2018 – B 11 AL 15/17 R

Wie lange dürfen Videoaufzeichnungen gespeichert werden?

Zeichnet ein Unternehmer im öffentlich zugänglichen Bereich rechtmäßig Videos auf, muss er maßgebliche Bildsequenzen solange nicht löschen, wie darauf ersichtliche Pflichtverletzungen eines Mitarbeiters noch arbeitsrechtlich verfolgt werden können.
BAG 23.08.2018 – 2 AZR 133/18

Massenentlassungsanzeige muss Kündigungserklärung vorausgehen

Erklärt ein Arbeitgeber eine Kündigung bevor die erforderliche Masseentlassungsanzeige bei der Arbeitsagentur eingeht, ist die Kündigung nach § 134 BGB i.V. mit § 17 Abs. 1 KSchG unwirksam. Für die Kündigungserklärung ist die Unterzeichnung der Kündigung ausreichend, ob das Schreiben bereits zugegangen ist, ist nicht relevant.
LAG Baden-Württemberg 21.08.2018 – 12 Sa 17/18

Keine unzulässige Ungleichbehandlung bei Gewährung einer Streikbruchprämie

Gewährt ein Arbeitgeber streikenden Mitarbeitern eine Prämie, um sie von einem weiteren Streik abzuhalten, liegt hierin aufgrund arbeitskampfrechtlicher Gründe keine unzulässige Ungleichbehandlung gegenüber nicht streikenden Arbeitnehmern. Die Prämie darf den Tagesverdienst um ein Mehrfaches übersteigen.
BAG 14.08.2018 – 1 AZR 287/17

Anforderungen an ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bei Geschäftsführern

Eine Klausel, welche einen Geschäftsführer verpflichtet, für eine bestimmte Dauer nach Beendigung des Dienstverhältnisses weder in selbstständiger noch unselbstständiger Stellung oder in sonstiger Weise für ein konkurrierendes Unternehmen tätig zu werden ist, ist nicht präzise genug formuliert und deshalb wegen Verstoßes gegen das in § 305c Abs. 2 BGB normierte Transparenzgebot unwirksam.
OLG München 02.08.2018 – 7 U 2107/18

Folgen regelmäßig überlassener Stundenaufstellungen

Überlässt ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern in regelmäßigen Zeitabständen eine Übersicht über die geleistete Arbeitszeit, ist davon auszugehen, dass zwischen den Arbeitsvertragsparteien konkludent der Bestand eines Arbeitszeitkontos vereinbart wurde. Dementsprechend muss der Arbeitgeber ein vorhandenes Guthaben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszahlen. Der Arbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast, wenn er auf die konkludente Vereinbarung und das bestehende Guthaben hinweist.
LAG Schleswig-Holstein 10.07.2018 – 2 Sa 33/18

Stichtagsregelung im Folgejahr für jährliche tarifliche Sonderzahlung möglich

Der Anspruch auf eine tarifliche jährliche Sonderzahlung kann davon abhängig gemacht werden, dass das Arbeitsverhältnis auch über den Bezugszeitraum hinaus (hier bis zum 31.03. des Folgejahres) fortbesteht. Die Einschränkung der in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsfreiheit ist noch verhältnismäßig.
BAG 27.06.2018 – 10 AZR 290/17

Auswirkungen auf Ausschlussfristen bei außergerichtlichen Verhandlungen

Macht eine Arbeitsvertragspartei nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses seine Ansprüche im Rahmen der ersten Stufe einer Ausschlussfrist ordnungsgemäß gelten und treten die Parteien daraufhin in Verhandlungen ein, ist der Beginn der zweiten Stufe der Ausschlussfrist (gerichtliche Geltendmachung) unter Berücksichtigung von § 203 Satz 1 BGB solange gehemmt, bis die Verhandlungen endgültig gescheitert sind.
BAG 20.06.2018 – 5 AZR 262/17

Tarifliche Verfallsfristen tangieren Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe des Mindestlohnes nicht

Selbst wenn in einem Arbeitsverhältnis tarifliche Ausschlussfristen Anwendung finden, kann der Entgeltfortzahlungsanspruch in Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes auch noch nach Fristablauf geltend gemacht werden. Im Übrigen gelten die Ausschlussfristen, sofern sie wirksam sind, trotz der sich in § 12 EFZG befindlichen Unabdingbarkeitsregelung.
BAG 20.06.2018 – 5 AZR 377/17

Keine fristlose Kündigung bei Angebot auf Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist

Bietet ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung an, ihn bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen, kann die außerordentliche Kündigung keinen Erfolg haben.
LAG Berlin-Brandenburg 14.06.2018 – 15 Sa 214/18

Vorbeschäftigungsverbot gilt bei sachgrundloser Befristung vollumfänglich

Das in § 14 Abs. 2 TzBfG normierte Vorbeschäftigungsverbot kann – anders als es das BAG zuletzt getan hat – nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der wirksame Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages wieder möglich ist, wenn zwischen den Arbeitsvertragsparteien in den letzten drei Jahren kein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Eine derartige Interpretation verstößt gegen Art. 12 GG.
BVerfG 06.06.2018 – 1 BvR 1375/14 u.a.

Unvorhersehbarkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt Ungleichbehandlung von unbefristet und befristet Beschäftigten

Es ist nicht von einer Diskriminierung auszugehen, wenn für befristet beschäftigte Arbeitnehmer eine andere Abfindungsberechnung als für Dauerbeschäftigte, deren Arbeitsverhältnis nur bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes sein Ende finden kann, gilt. Insbesondere rechtfertigt die Unvorhersehbarkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die unterschiedliche Behandlung der Beschäftigungsgruppen.
EuGH 05.06.2018 – C-574/16 Grupo Norte Facility

Erben haben Anspruch auf Urlaubsabgeltung

Verstirbt ein Mitarbeiter haben seine Erben (anders als es nach der aktuellen Rechtsprechung des BAG der Fall ist) Anspruch auf Abgeltung des von dem Verstorbenen nicht genommenen Urlaubs.
EuGH 29.05.2018 – C-569/16 und C-570/16 (Schlussanträge des Generalanwalts)

Mitwirkungspflicht beim Urlaubsabgeltungsanspruch?

Begehrt ein Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch die Zahlung von Urlaubsabgeltung ist es zwar nicht erforderlich, dass er die Inanspruchnahme des Urlaubs zuvor erfolglos beantragt hat. Kann der Arbeitgeber jedoch darlegen und beweisen, dass er für den Mitarbeiter die Möglichkeit geschaffen hat, den Urlaub zu nehmen, und verzichtet der Arbeitnehmer dennoch hierauf, besteht kein Anspruch mehr auf Abgeltung.
EuGH 29.05.2018 – C-619/16 und C-684/16 (Schlussanträge des Generalanwalts)

Auflösungsantrag kann auf Gründe aus erfolglosem Kündigungsschutzprozess gestützt werden

Ein Arbeitgeber kann zur Rechtfertigung des von ihm gestellten Auflösungsantrages auch Gründe heranziehen, mit denen er in einem zuvor geführten Kündigungsschutzprozess erfolglos war. Darlegen muss er jedoch jedenfalls, warum eine den Betriebszwecken dienenden Zusammenarbeit für ihn unzumutbar geworden ist.
BAG 24.05.2018 – 2 AZR 73/18

Arbeitsvertragliche Abweichung von kirchengesetzlichen Regeln durch kirchlichen Arbeitgeber denkbar

Ein kirchlicher Arbeitgeber kann in einem Arbeitsvertrag ggf. auch zu Lasten des Mitarbeiters in einem Arbeitsvertrag von kirchengesetzlichen Vorgaben abweichen. Insbesondere ist es möglich, dass ein Arbeitsentgelt vereinbart wird, welches für den Mitarbeiter schlechter ist als es etwa in Arbeitsvertragsrichtlinien der Kirche vorgesehen ist.
BAG 24.05.2018 – 6 AZR 308/17

Bei verspäteter Wiedereingliederung eines Schwerbehinderten droht Schadensersatzforderung

Unterlässt bzw. verzögert es der Arbeitgeber einen schwerbehinderten Menschen wiedereinzugliedern und ihm ggf. auch eine für ihn geeignete Tätigkeit zuzuweisen, kann anstelle des entgangenen Gewinns  Schadensersatz gefordert werden.
LAG Berlin-Brandenburg 23.05.2018 – 15 Sa 1700/17

Kein Anspruch auf private Mobilfunknummer

Arbeitgeber können grundsätzlich nicht verlangen, dass ihnen die Mitarbeiter ihre private Mobilfunknummer mitteilen. Tun sie dies dennoch, ist von einem erheblichen Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Persönlichkeitsrecht auszugehen, der nur unter ganz engen Voraussetzungen gerechtfertigt ist. Dies gilt etwa dann, wenn es nicht möglich ist, die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer anderweitig zu organisieren.
LAG Thüringen 16.05.2018 – 6 Sa 442/17 und 6 Sa 444/17

Bloße Regelung der “Arbeitszeit gemäß Einsatzplan” unwirksam

Eine Regelung zwischen den Arbeitsvertragsparteien zum Thema Arbeitszeit die lediglich vorsieht, dass sich diese nach dem jeweiligen Einsatzplan richtet, ist unwirksam. Insoweit hätte es der Arbeitgeber in der Hand, eine wöchentliche Arbeitszeit zwischen 0 und 48 Stunden anzuordnen. Er könnte somit das Betriebsrisiko vollständig auf den Arbeitnehmer übertragen.
LAG Düsseldorf 09.05.2018 – 7 Sa 278/17

Urlaubs- und Feiertage können Überschreitung der Höchstarbeitszeit nicht kompensieren

Überschreitet ein Mitarbeiter die im Arbeitszeitgesetz vorgesehenen regelmäßigen Höchstarbeitszeiten, können die Gewährung von Urlaubstagen oder die Tatsache, dass Feiertage anfallen, nicht die gesetzlich vorgesehenen Ausgleichstage ersetzen.
BVerwG 09.05.2018 – 8 C 13.17

Darlegungs- und Beweislast bei der Geltendmachung von Überstundenvergütung

Will ein Mitarbeiter einen Anspruch auf Überstundenvergütung durchsetzen, muss er unter anderem darlegen und beweisen, dass die Überstunden angeordnet, gebilligt oder zumindest zwingend erforderlich waren, um die geforderte Arbeitsleistung zu erbringen.
LAG Rheinland-Pfalz 08.05.2018 – 8 Sa 14/18

Wann kann ein Mitarbeiter durch die Übernahme von Ausbildungskosten gebunden werden?

Die Rückzahlung von Ausbildungskosten und die damit einhergehende Bindung an den Arbeitgeber ist unter anderen daran gekoppelt, dass der Mitarbeiter die durch die Fortbildung erlangte Qualifikation bei dem Arbeitgeber auch beruflich nutzen kann und dadurch beruflich aufsteigen oder eine höhere Vergütung erzielen kann.
LAG Mecklenburg-Vorpommern 08.05.2018 – 2 Sa 215/17

Spielregeln für die Urlaubsabgeltung

Begehrt ein Arbeitnehmer Urlaubsabgeltung für mehrere Kalenderjahre, ist der Abgeltungsanspruch für jedes einzelne Kalenderjahr als eigener Streitgegenstand anzusehen. Urlaub, welcher weniger als einen Tag beträgt, ist weder auf- noch abzurunden. Vielmehr ist genau der anteilige Urlaubstag abzugelten, es sei denn es gelten abweichende gesetzliche, tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Regelungen.
BAG 08.05.2018 – 9 AZR 578/17

Eingeschränkte Kompetenz der Einigungsstelle

Die Einigungsstelle überschreitet ihre Kompetenzen, wenn sie dem Arbeitgeber vor dem Hintergrund des Gesundheitsschutzes (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) vorschreiben will, mit wie vielen Mitarbeitern er bestimmte Tätigkeiten zu erledigen hat.
LAG Schleswig-Holstein 26.04.2018 – 6 TaBV 21/17

Anforderung an eine außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung

Einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer kann – unter Berücksichtigung einer ordnungsgemäßen Interessenabwägung – grundsätzlich dann aus krankheitsbedingten Gründen mit sozialer Auslauffrist gekündigt werden, wenn unter anderem davon auszugehen ist, dass der Arbeitgeber für mehr als ein Drittel der jährlichen Arbeitstage Entgeltfortzahlung zu leisten hat.
BAG 25.04.2018 – 2 AZR 6/18

Kein arbeitsvertraglicher Zahlungsanspruch gegen Entleiher bei wirksamer Arbeitnehmerüberlassung

Ein Leiharbeitnehmer kann gegenüber einem Entleiher vor den Arbeitsgerichten keine Zahlungsansprüche durchsetzen, wenn von einer wirksamen Arbeitnehmerüberlassung auszugehen ist. Arbeitsvertragspartner eines Leiharbeitnehmers ist in einem solchen Fall ausschließlich der Verleiher. Mithin können auch nur zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit Hilfe des Arbeitsgerichts durchgesetzt werden.
BAG 24.04.2018 – 9 AZB 62/17

Pauschale Ablehnung konfessionsloser Bewerber durch kirchliche Arbeitgeber unzulässig

Anders als bislang dürfen kirchlicher Arbeitgeber konfessionslose Bewerber oder Bewerber mit einer anderen Religionszugehörigkeit nicht mehr pauschal ablehnen. Vielmehr ist jeweils eine Einzelfallentscheidung zu treffen. Dabei muss nachvollziehbar sein, warum die Religionszugehörigkeit für eine bestimmte Tätigkeit von besonderer Bedeutung ist. Die Entscheidung des Arbeitgebers muss mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar sein.
EuGH 17.04.2018 – C-414/16

Tarifliche Vergütung nicht durch Betriebsvereinbarung abänderbar

Ist zwischen den Arbeitsvertragsparteien vertraglich vereinbart, dass sich die Vergütung des Mitarbeiters nach tariflichen Grundsätzen richtet, kann dies nicht zu Lasten des Mitarbeiters mittels Betriebsvereinbarung geändert werden.
BAG 11.04.2018 – 4 AZR 119/17

Keine starre Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers bei Ablehnung schwerbehinderter Bewerber

Nach § 164 Abs. 1 Satz 9 SGB IX sind grundsätzlich alle Beteiligten vom Arbeitgeber bei Nichtberücksichtigung der Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Diese Unterrichtungspflicht entfällt jedoch vollständig, wenn es zuvor mangels Vorhandenseins einer Schwerbehindertenvertretung und/oder eines Betriebsrates bzw. Personalrates oder sonstigen Arbeitnehmervertretung gar kein Erörterungsverfahren gegeben haben kann. Insbesondere hat dann auch der schwerbehinderte Bewerber keinen Informationsanspruch. Im Übrigen gilt die Unterrichtungspflicht von vornherein nur für Unternehmen, welche die Schwerbehindertenbeschäftigungsquote nicht erfüllen bzw. keine Ausgleichabgabe zahlen.
LAG München 11.04.2018 – 10 Sa 820/17

Anforderungen an Widerruf der Dienstwagennutzung

Eine Regelung, wonach die Dienstwagennutzung (pauschal) aus wirtschaftlichen Gründen widerrufen werden kann, ist unwirksam. Vielmehr bedarf es einer umfassenden Beschreibung, was genau unter wirtschaftlichen Gründen zu verstehen ist. Der Mitarbeiter muss in der Lage sein, eine eventuelle Leistungsänderung zu erkennen.
LAG Niedersachsen 28.03.2018 – 13 Sa 304/17

Nachtarbeitszuschlag muss betriebsintern einheitlich geregelt sein

Eine Regelung, die Arbeitnehmern, die im Schichtbetrieb Nachtarbeit leisten einen niedrigeren Zuschlag zugesteht als Arbeitnehmern, die außerhalb von Schichtsystemen nachts arbeiten, ist wegen gleichheitswidriger Schlechterstellung unwirksam.
BAG 21.03.2018 – 10 AZR 34/17

Anforderungen an einer Anhörung vor Ausspruch einer Verdachtskündigung

Will der Arbeitgeber gegenüber einem Mitarbeiter eine Verdachtskündigung aussprechen, muss er diesen vor Kündigungsausspruch anhören. Hierzu gehört es auch, dem Mitarbeiter eine angemessene Frist zur Stellungnahme für die gegen ihn erhobenen Vorwürfe einzuräumen. Ist diese zu kurz bemessen (hier nicht einmal zwei volle Arbeitstage) ist die ohne Abwarten der Stellungnahme ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam.
LAG Schleswig-Holstein 21.03.2018 – 3 Sa 398/17

Betriebsratsmitglied wird durch Abfindungszahlung nicht unzulässig begünstigt

Schließt der Arbeitgeber mit einem Betriebsratsmitglied nach Einleitung eines Zustimmungsverfahrens zu einer beabsichtigten außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungszahlung, ist nicht von einer unzulässigen Begünstigung im Sinne des § 78 Satz 2 BetrVG auszugehen. Die günstige Verhandlungsposition beruht allein auf § 15 KSchG bzw. § 103 BetrVG.
BAG 21.03.2018 – 7 AZR 590/16

Reichweite eines Beschäftigungsanspruchs nach obsiegendem Urteil

Gewinnt ein Arbeitnehmer mit seiner Beschäftigungsklage, kann der Arbeitgeber im Rahmen eines sog. Vollstreckungsabwehrklageverfahrens nicht lediglich geltend machen, dass ihm eine Beschäftigung unmöglich sei, weil der konkrete Arbeitsplatz weggefallen sei. Vielmehr muss er dem Arbeitnehmer dann eine andere vertragsgemäße Tätigkeit zuweisen.
BAG 21.03.2018 – 10 AZR 560/18

Resturlaub aus dem Vollzeitarbeitsverhältnis ist auch nach Reduzierung der Arbeitszeit weiter vollwertig zu vergüten

Wechselt ein Arbeitnehmer von einem Vollzeitarbeitsverhältnis in ein Teilzeitarbeitsverhältnis und nimmt dabei noch offenen Urlaub mit, ist er während der Inanspruchnahme dieses Urlaubs wie ein Vollzeitmitarbeiter zu vergüten.
BAG 20.03.2018 – 9 AZR 486/17

Vorsicht: Folgen der Weiterbeschäftigung von Auszubildenden

Beschäftigt der Arbeitgeber einen Auszubildenden nach Bestehen der Abschlussprüfung weiter, entsteht nach § 24 BBiG kraft Gesetzes ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Voraussetzung ist allerdings, dass dem Ausbilder oder einem zum Abschlüssen von Arbeitsverträgen berechtigten Vertreter des Unternehmens bekannt ist, dass das Ausbildungsverhältnis bereits beendet ist und der bisherige Auszubildende weiterbeschäftigt wird.
Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung vorzeitig im Sinne des § 21 Abs. 2 BBiG und endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss, reicht es für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses aus, wenn das Unternehmen weiß, dass die erreichten Prüfungsergebnisse genügen, um die Abschlussprüfung zu bestehen und den Auszubildenden weiterbeschäftigt.
BAG 20.03.2018 – 9 AZR 479/17

 

Einstellung einer Vertretungskraft rechtfertigt Ablehnung eines Teilzeitwunsches nicht immer

Ist dem Arbeitgeber von vornherein bekannt, dass ein Mitarbeiter während der Elternzeit in Teilzeit an seinen Arbeitsplatz zurückkehren will, kann er den entsprechenden Wunsch des Arbeitnehmers nicht mit dem Hinweis darauf ablehnen, dass er bereits eine Vertretungskraft für ihn eingestellt hat. Vielmehr hat er den Elternzeitantrag des Arbeitnehmers und die darin enthaltenen Erklärungen abzuwarten.
ArbG Köln 15.03.2018 – 11 Ca 7300/17

Ermäßigter Steuersatz für Abfindungszahlungen

Erhält ein Arbeitnehmer auf der Grundlage eines Auflösungsvertrages eine Abfindungszahlung wird vermutet, dass hierfür auch eine rechtliche Veranlassung bestand. Die Abfindung stellt insoweit eine Entschädigung für entgehende Einnahmen gemäß § 24 Nr. 1a EStG dar. Mithin gilt sie als außerordentliche Einnahme, so dass der ermäßigte Steuersatz Anwendung findet.
BFH 13.03.2018 – IX R 16/17

Bloße Zugehörigkeit zu radikaler Vereinigung und Reisepassentzug für Kündigung nicht ausreichend

Die wirksame Kündigung eines Mitarbeiters, der einer radikal militanten Bewegung angehört und dem deshalb der Reisepass entzogen wurde, setzt voraus, dass von diesem Mitarbeiter auch eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses bzw. der Sicherheit des Betriebes ausgeht.
LAG Niedersachsen 12.03.2018 – 8 Ca 507/16

Folgen einer unrichtigen Anhörung der Schwerbehindertenvertretung

Beabsichtigt ein Arbeitgeber das mit einem schwerbehinderten Menschen bestehende Arbeitsverhältnis zu kündigen und versäumt er es, die Schwerbehindertenvertretung vor Stellung des Zustimmungsantrags bei dem Integrationsamt anzuhören, ist die spätere Kündigung unwirksam. § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX n.F. sieht vor, dass die Scherbehindertenvertretung unverzüglich zu beteiligen ist.
ArbG Hagen 06.03.2018 – 5 Ca 1902/17

Arbeitgeber trägt Beweislast für fehlenden Zusammenhang zwischen Arbeitsunfähigkeit und Kündigung

Begehrt ein Arbeitnehmer nach § 8 Abs. 1 EFZG die Fortzahlung des Arbeitsentgelts über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus, muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass er die Kündigung nicht wegen der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers ausgesprochen hat, um dem Anspruch zu entgehen.
LAG Berlin-Brandenburg – 01.03.2018 – 10 Sa 1507/17

Nach Erreichen der Regelaltersgrenze Befristungen auch mehrfach möglich

Hat der Mitarbeiter die Regelaltersgrenze erreicht, kann ein mit ihm bestehendes Arbeitsverhältnis ggf. auch mehrfach durch eine Befristungsabrede verlängert werden. Insoweit ist nicht von einer Benachteiligung wegen des Alters auszugehen.
EuGH 28.02.2018 – C-46/17 John

Azubi kann auch mit Frist von mehr als vier Wochen kündigen

Beabsichtigt ein Auszubildender das Ausbildungsverhältnis zu kündigen, weil er sich für einen anderen Ausbildungsberuf entschieden hat, kann er dies auch mit einer längeren als der in § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG normierten Kündigungsfrist tun.
BAG 22.02.2018 – 6 AZR 50/17

Zu Hause verbrachte Bereitschaftszeit ist Arbeitszeit

Besteht für einen Mitarbeiter während der Zeit, die er zu Hause verbringt, die Verpflichtung, einem Ruf des Arbeitgebers zum Einsatz innerhalb von acht Minuten zu entsprechen, ist diese Zeit als Arbeitszeit anzusehen. Insbesondere ist der Mitarbeiter während dieser Zeit erheblich darin eingeschränkt, eine anderweitige Tätigkeit auszuüben.
EuGH 21.02.2018 – C-518/15 Matzak

Sog. Abstandsklausel bei Hinterbliebenenversorgung zulässig

Eine Versorgungsregelung zur Absicherung des überlebenden Ehegatten, die eine Einschränkung dahingehend enthält, dass dieser nur dann einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung hat, wenn der Altersabstand zwischen den Ehegatten nicht mehr als 15 Jahre beträgt, ist AGG-konform.
BAG 20.02.2018 – 3 AZR 43/17

Muss der Arbeitgeber die Zeit des Arztbesuches vergüten?

Ein Vergütungsanspruch besteht nur dann, wenn der Arbeitnehmer zuvor alles versucht hat, um einen Arztbesuch während der Arbeitszeit zu vermeiden. Das heißt, wenn der Arzt Sprechstunden anbietet, die außerhalb der Arbeitszeit liegen und keine medizinische Notwendigkeit für eine sofortige Untersuchung bestehen, muss der Arbeitnehmer den Arztbesuch vor oder nach Beendigung seiner regulären Arbeitszeit einplanen. Stellt der Arzt klar, dass er auf Terminwünsche keine Rücksicht nehmen kann oder will, hat der Arbeitnehmer alles Erforderliche getan, um von einer unverschuldeten Arbeitssäumnis auszugehen.
LAG Niedersachsen 08.02.2018 – 7 Sa 256/17

Rücktritt vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot wirkt nur ex-nunc

Hält sich eine Partei nicht an die im Rahmen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes vereinbarten Bedingungen, kann die andere Partei vom Wettbewerbsverbot nach §§ 323 ff. BGB zurücktreten. Die damit einhergehenden rechtlichen Folgen treten jedoch erst ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Rücktrittserklärung ein.
BAG 31.01.2018 – 10 AZR 392/17

Urlaubsbestätigung darf nicht ewig herausgezögert werden

Sind die Mitarbeiter aufgefordert, ihre Urlaubswünsche zu Beginn eines Jahres anzugeben, muss der Arbeitgeber in einem angemessenen Zeitraum (hier: ein Monat) widersprechen, wenn er den Urlaub nicht gewähren will. Eine Regelung, nach der sich der Arbeitgeber vorbehält, den Urlaub bis zu einer Woche vor dem geplanten Antritt abzulehnen, ist unwirksam.
ArbG Chemnitz 29.01.2018 – 11 Ca 1751/17

Bloßer Betriebsführervertrag führt nicht zum Betriebsübergang

Von einem Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB ist nur dann auszugehen, wenn auch die natürliche oder juristische Person, welche die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern wahrnimmt, im Rahmen vertraglicher Beziehungen wechselt. Dies ist nicht der Fall, wenn mit dem vermeintlichen Betriebsübernehmer in einen sog. echten Betriebsführungsvertrag festgelegt wird, dass er nach außen gegenüber Kunden und Lieferanten nicht als neuer Betriebsinhaber in Erscheinung tritt und stattdessen ein Dritter mit Generalvollmacht des bisherigen Arbeitgebers handelt.
BAG 25.01.2018 – 8 AZR 338/16

Diskriminierung bei Ausschluss befristet Beschäftigter von Wiedereinstellungsanspruch

Soweit dauerhaft Beschäftigten nach Ausspruch einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung ein gesetzlicher Anspruch auf Wiedereinstellung zusteht, muss dieser auch befristet Beschäftigten gewährt werden. Ist dies nicht der Fall, ist von einer Diskriminierung im Sinne des § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Sinne der Richtlinie 1999/70/EG (in Deutschland umgesetzt durch § 4 Abs. 2 TzBfG) auszugehen.
EuGH 25.01.2018 – C-96/17

Kein Unfallversicherungsschutz bei Glatteistest vor Abfahrt zur Arbeit

Testet ein Arbeitnehmer die Fahrbahn bevor er sich in sein Auto setzt, um an seinen Arbeitsplatz zu fahren, und verletzt er sich dabei, ist nicht von einem versicherten Arbeitsunfall auszugehen.
BSG 23.01.2018 – B 2 U 3/16 R

Beschäftigung als Fußball-Bundesligaprofi rechtfertigt Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG

Bei Beschäftigung eines Fußball-Bundesligaprofis ist eine Befristung des Arbeitsvertrages wegen der Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt.
BAG 16.01.2018 – 7 AZR 312/16

Anspruch auf Tagesarbeitsplatz

Wird einem Arbeitnehmer im Rahmen einer Untersuchung nach § 6 Abs. 3 ArbZG attestiert, dass er dauerhaft nachtdienstuntauglich ist, kann er von seinem Arbeitgeber nach § 6 Abs. 4 ArbZG die Umsetzung auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz verlangen.
LAG Baden-Württemberg 09.01.2018 – 19 TaBV 2/17

Keine Arbeitgeberhaftung für Schäden nach Impfung durch den Betriebsarzt

Erleidet ein Arbeitnehmer infolge einer Impfung Schäden, kann er insoweit nicht den Arbeitgeber in Anspruch nehmen. Zwischen den Arbeitsvertragsparteien besteht kein Behandlungsvertrag. Verletzt der Betriebsarzt Aufklärungspflichten, muss sich dies der Arbeitgeber nicht zurechnen lassen.
BAG 21.12.2017 – 8 AZR 853/16

Bei Befristung keine Abstriche beim Sonderurlaub

Befristet Beschäftigten muss zur Ausübung eines politischen Amtes derselbe Sonderurlaubsanspruchs gewährt werden wie einem unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer (vgl. § 4 Abs. 2 TzBfG).
EuGH 20.12.2017 – C-158/16

Kein AGG-Verstoß bei Bevorzugung eines internen Bewerbers gegenüber einem externen behinderten Bewerber

Ein öffentlicher Arbeitgeber verstößt nicht gegen § 165 Satz 2 SGB IX n.F. und die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), wenn er anstatt eines externen behinderten Bewerbers einem internen Bewerber eine offene Stelle überlässt. Dies gilt insbesondere dann, wenn es mit allen externen Bewerbern kein Auswahlverfahren gab.
ArbG Lübeck 19.12.2017 – 3 Ca 2041b/17

Auflösungsantrag selbst tangiert Arbeitspflicht nicht

Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer einen Auflösungsantrag im Sinne des § 9 KSchG stellt, führt noch nicht dazu, dass er die von ihm geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen muss. Dies ist erst dann der Fall, wenn über seinen Antrag rechtskräftig zu seinen Gunsten entschieden wurde.
BAG 14.12.2017 – 2 AZR 86/17

Künstlerische Tätigkeit als Maskenbildnerin rechtfertigt Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG

Wird eine Mitarbeiterin überwiegend als künstlerisch tätige Maskenbildnerin eingesetzt, ist eine Befristung des Arbeitsvertrages wegen der Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt.
BAG 13.12.2017 – 7 AZR 369/16

Nachträgliches Formular über nicht bestehende Schwerbehinderung verstößt gegen AGG

Wird einem Bewerber im Anschluss ein Bewerbungsgespräch ein Formular vorgelegt, mit dessen Unterzeichnung er erklären soll, dass er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht schwerbehindert ist, ist hierin grundsätzlich eine Benachteiligung im Sinne des § 3 Satz 1 AGG zu sehen. Etwas anders könnte nur dann gelten, wenn eine Schwerbehinderung Einfluss auf die zu erbringende Tätigkeit haben könnte.
LAG Hamburg 30.11.2017 – 7 Sa 90/17

Kein Zeugnisergänzungsanspruch um „selbstständige Arbeitsweise“

Ein Arbeitnehmer (hier: Anwaltsassistenz in einer internationalen Sozietät) hat keinen Anspruch darauf, dass das erteilte Zeugnis um den Passus einer selbstständigen Arbeitsweise ergänzt wird, wenn dies in der betreffenden Branche nicht üblich ist.
LAG Düsseldorf 29.11.2017 – 12 Sa 936/16

Bei Ablehnung der Zahlung von Urlaubsentgelt besteht Urlaubsanspruch fort

Lehnt es der Arbeitgeber ab, einen Mitarbeiter während seines Erholungsurlaubs zu vergüten, besteht der Urlaubsanspruch fort und kann nicht verfallen. Das heißt, der Mitarbeiter muss keinen Urlaub machen, wenn nicht vorab feststeht, dass er in dieser Zeit auch das ihm zustehende Arbeitsentgelt erhält.
EuGH 29.11.2017 – C-214/16 „King“

d’Hondtsches Höchstzahlverfahren verfassungsgemäß

Die Verteilung der Betriebsratssitze nach dem sog. d’Hondtschen Höchstzahlverfahren ist nicht zu beanstanden.
BAG 22.11.2017 – 7 ABR 35/16

Haftstrafe von mehr als zwei Jahren ist Kündigungsgrund

Muss ein Mitarbeiter eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verbüßen und ist eine vorzeitige Entlassung nicht sicher, ist der Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitsverhältnis aus personenbedingten Gründen zu kündigen.
LAG Hessen 21.11.2017 – 8 Sa 146/16

 

Aufforderung zur Arbeitsleistung 170 km entfernt am nächsten Morgen ist unzulässig

Es ist unzumutbar, einen Mitarbeiter nach “Rücknahme” der Kündigung aufzufordern, am nächsten Morgen um 7 Uhr zur Erbringung der Arbeitsleistung an einem Ort zu erscheinen, der sich 170 km entfernt befindet.
LAG Berlin-Brandenburg 17.11.2017 – 2 Sa 965/17

Ungleichbehandlung von Versorgungsempfängern und -anwärtern bei Betriebsrente möglich

Die unterschiedliche Anrechnung von Beschäftigungszeiten für Versorgungsanwärter und -empfänger für die Berechnung der Betriebsrente verstößt nicht zwingend gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
BAG 14.11.2017 – 3 AZR 545/16

Ausstrahlungswirkung eines inländischen Betriebs auf Auslandsbeschäftigte

Ist ein in Deutschland ansässiger Betrieb gegenüber einem im Ausland beschäftigten Mitarbeiter weisungsbefugt und dient dessen Tätigkeit dem Betriebszweck ist der dort gewählte Betriebsrat im Rahmen der sog. Ausstrahlungswirkung auch für diesen Mitarbeiter zuständig. Dass der Mitarbeiter schon jahrelang nur im Ausland beschäftigt wird, spielt keine Rolle.
LAG Niedersachsen 09.11.2017 – 5 Sa 1006/16

Ruhetag kann erst nach 12 Arbeitstagen gewährt werden

Die wöchentliche Mindestruhezeit für einen Mitarbeiter ist nicht zwingend spätestens an dem Tag zu gewähren, welcher auf einen Zeitraum von sechs aufeinanderfolgenden Arbeitstagen folgt. Es ist ausreichend, wenn der Ruhetag innerhalb eines Siebentageszeitraums seit dem letzten der sechs zusammenhängenden Arbeitstage eingeräumt wird. Im Ergebnis kann es somit zulässig sein, wenn ein Mitarbeiter zwölf Tage am Stück beschäftigt wird.
EuGH 09.11.2017 – C-306/16

Keine zwingende Zeugnisversendung im verstärkten Umschlag

Kann der Arbeitgeber sicherstellen, dass ein erteiltes Zeugnis, obwohl es gefaltet wurde, so kopiert werden kann, dass keine Knicke ersichtlich sind, ist es möglich, dieses auch in einem üblichen DIN lang 110x220mm Briefumschlag zu versenden.
LAG Rheinland-Pfalz 09.11.2017 – 5 Sa 314/17

Prämien zählen beim Mindestlohn

Erhält ein Mitarbeiter eine Prämie (hier: u.a. als Anerkennung für durchgängige Arbeitsfähigkeit) kann diese für die Ermittlung, ob der Mindestlohn bezahlt wurde, relevant sein. Nicht mindestlohnrelevant sind hingegen solche Zahlungen, welche ein Mitarbeiter unabhängig von seiner tatsächlichen Arbeitsleistung erhält bzw. die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckrichtung basieren.
BAG 08.11.2017 – 5 AZR 692/16

Suche nach weiblicher Gleichstellungsbeauftragten in S-H AGG-konform

Die Suche nach einer ausschließlich weiblichen Gleichstellungsbeauftragten ist nicht zu beanstanden, wenn sich in einem Landesgesetz (hier: Gleichstellungsgesetz Schleswig-Holstein) eine entsprechende Ermächtigungsnorm befindet, nach welcher sie Stelle mit einer weiblichen Person zu besetzen ist.
LAG Schleswig-Holstein 02.11.2017 – 2 Sa 262d/17

Erhebliche Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfrist kann unwirksam sein

Wird die für einen Arbeitnehmer geltende gesetzliche Kündigungsfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erheblich verlängert (hier: auf drei Jahre zum Monatsende) kann darin eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu sehen sein. Dies gilt auch dann, wenn die verlängerte Kündigungsfrist zugleich für den Arbeitgeber gelten soll.
BAG 26.10.2017 – 6 AZR 158/16

Übernahme der notwendigen Ausrüstung für eine Dienstleistung begründet Betriebsübergang

Übernimmt ein neuer Dienstleister (hier: für die Erbringung von Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen) nach der Kündigung des bisherigen Dienstleisters in den Anlagen des Auftraggebers die anfallenden Tätigkeiten, ist von einem Betriebsübergang auszugehen, wenn auch die für die Erbringung der Tätigkeit unabdingbare Ausrüstung von ihm übernommen wird.
EuGH 19.10.2017 – C-200/16

Grundsätzlich kein Wiedereinstellungsanspruch bei Übergang eines Kleinbetriebes

Grundsätzlich können nach einem Betriebsübergang nur solche Mitarbeiter einen Wiedereinstellungsanspruch geltend machen, für welche das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist. Für Mitarbeiter, die in einem Kleinbetrieb beschäftigt waren, kann sich ein entsprechender Anspruch nur ganz ausnahmsweise unter Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben.
BAG 19.10.2017 – 8 AZR 845/15

BEM keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Versetzung

Die wirksame Versetzung eines Mitarbeiters (hier: zukünftige Erbringung der Arbeitsleistung in Wechselschicht statt Nachtschicht) erfordert nicht die vorherige Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM), welches den Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 SGB IX entspricht. Dies gilt auch dann, wenn die Versetzung mit dem Gesundheitszustand des Mitarbeiters begründet wird. Erforderlich ist nur, dass die Versetzung billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) entspricht.
BAG 18.10.2017 – 10 AZR 47/17

Mitteilung der Schwangerschaft gegenüber dem Betriebsrat

Auch wenn eine Mitarbeiterin der Mitteilung ihrer Schwangerschaft gegenüber dem Betriebsrat ausdrücklich widersprochen hat, muss der Arbeitgeber diesen hierüber explizit unterrichten. Dabei ist auch der Name der betroffenen Mitarbeiterin anzugeben. Das Datenschutzrecht oder das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiterin werden insoweit nicht verletzt.
LAG München 27.09.2017 – 11 TaBV 36/17

Altersgrenzen bei Betriebsrente grundsätzlich AGG-konform

Soweit diese angemessen und erforderlich sind sowie ein legitimes Ziel erfüllen sind Altersgrenzen nach § 10 AGG im Rahmen von Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung nicht zu beanstanden.
BAG 26.09.2017 – 3 AZR 72/16

Fristen des KSchG gelten nur für Arbeitgeberkündigungen

Für eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers gilt weder die in § 4 Satz 1 KSchG normierte dreiwöchige Klagefrist noch die Fiktionswirkung des § 7 KSchG.
BAG 21.09.2017 – 2 AZR 57/17

Grundsätze für die Berechnung von Urlaubs-, Feiertags- und Nachtarbeitsvergütung im Mindestlohnbereich

Für die Berechnung  des Arbeitsentgeltes, welches einem Arbeitnehmer für Urlaubs- und Feiertage bzw. für die Nachtarbeit (einschließlich Zuschlägen) zu zahlen ist, ist auch dann, wenn ein niedrigerer Stundenlohn vereinbart ist und die Mindestanforderungen des Mindestlohngesetzes nur durch Sonderzahlungen erreicht werden, mindestens der Stundenlohn zu Grunde zu legen, der sich aus dem Mindestlohngesetz als Untergrenze ergibt.
BAG 20.09.2017 – 10 AZR 171/16

Betriebsrat hat Anspruch auf Bruttoentgeltlisten mit vollständigen Namen

Benötigt der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG) eine Bruttoentgeltliste für alle Beschäftigten, ist ihm diese mit den vollständigen Namen zur Verfügung zu stellen, so dass eine Zuordnung möglich ist. Auch § 13 Abs. 2 und 3 i.V. mit §§ 11, 12 Abs. 3 EntgTranspG sieht keine Anonymisierung vor.
LAG Hamm 19.09.2017 – 7 TaBV 43/17

Keine (vorübergehende) Verbindlichkeit unbilliger Weisungen des Arbeitgebers

Nachdem der Fünfte Senat des BAG (zuletzt mit Urteil vom 22.02.2012) zu der Entscheidung gekommen war, dass ein Arbeitnehmer eine unbillige Weisung seines Arbeitgebers zunächst akzeptieren müsse bis das Arbeitsgericht etwas anderes festgestellt habe, hat er nun erklärt, an dieser Auffassung nicht mehr festhalten zu wollen. Das heißt, hält ein Arbeitnehmer eine Weisung seines Arbeitgebers für nicht gerechtfertigt, kann er sich dieser nunmehr direkt widersetzen. Er hat dann jedoch das Risiko und damit einhergehender negativer Folgen einer unzutreffenden Bewertung der Rechtslage zu tragen.
BAG 14.09.2017 – 5 AS 7/17

Umfang des Sonderkündigungsschutzes werdender Mütter bei Massenentlassung

Wird in dem Beschäftigungsbetrieb eine Massenentlassung durchgeführt, ist die Kündigung einer Schwangeren nur dann möglich, wenn diese auf keinem anderen geeigneten Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Das heißt, der Arbeitgeber muss freie Stellen prüfen bzw. prüfen, ob für die Schwangere ein freier Arbeitsplatz geschaffen werden kann. Anspruch auf einen vorrangigen Verbleib in dem Betrieb hat die Schwangere allerdings nicht.
EuGH 14.09.2017 – C-103/16

Arbeitslosengeld nach Altersteilzeit ohne Sperrfrist

Ändert ein Arbeitnehmer seine persönliche Planung dahingehend, dass er nach Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nicht direkt (gekürzte) Altersrente in Anspruch nimmt, sondern zunächst Arbeitslosengeld bezieht, um später eine ungekürzte Altersrente zu erlangen, hat er sofort Anspruch auf Arbeitslosengeld. Insbesondere liegt in dem Abschluss eines Altersteilzeitvertrages ein wichtiger Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
BSG 12.09.2017 – B 11 AL 25/16 R

Sturmschäden auf dem Firmengelände – Haftung des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber trägt die Verantwortung dafür, dass Leib und Leben sowie die Vermögensgegenstände der Mitarbeiter auf dem Firmengelände vor Sturmschäden geschützt werden. Er hat insoweit bestehende Gefahrenquellen zu beseitigen. Verletzt er seine diesbezügliche Verkehrssicherungspflicht, hafte er im Hinblick auf hieraus entstehende Schäden (hier: Beschädigung des Privatfahrzeuges eines Arbeitnehmers).
LAG Düsseldorf 11.09.2017 – 9 Sa 42/17

Auch wiederholtes „nur“ wörtliches Angebot der Arbeitsleistung nicht ausreichend

Will ein Arbeitnehmer Ansprüche auf Zahlung von Arbeitsentgelt aufgrund Annahmeverzugs des Arbeitgebers geltend machen, muss er dem Arbeitgeber seine Arbeitsleistung im ungekündigten Arbeitsverhältnis tatsächlich anbieten. Ein bloßes wörtliches Angebot reicht nicht aus.
LAG Köln 08.09.2017 – 4 Sa 62/17

Uneingeschränkte Überwachung des E-Mail-Verkehrs unzulässig

Auch wenn es den Mitarbeitern verboten ist, das Internet zu privaten Zwecken zu nutzen, besteht für den Arbeitgeber nur eine eingeschränkte Kontrollmöglichkeit. Der sich aus Art. 8 EMRK ergebende Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens darf zwar eingeschränkt werden, der Arbeitnehmer muss allerdings zuvor über die Möglichkeit und den Umfang einer Observation in Kenntnis gesetzt werden. Zudem muss für die Überwachung ein legitimer Grund bestehen.
EuGH 05.09.2017 – Beschwerdenummer 61496/08

Betriebsübergang berührt dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag grds. nicht

War zwischen den bisherigen Arbeitsvertragsparteien eine dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag vereinbart, ändert sich an dieser Dynamik auch nach einem Betriebsübergang grundsätzlich nichts. Dem Betriebserwerber bleibt die Möglichkeit des Ausspruches einer Änderungskündigung oder des Abschlusses einer Änderungsvereinbarung.
BAG 30.08.2017 – 4 AZR 95/14

Auch unwirksame Tarifverträge können in Bezug genommen werden

Im Arbeitsvertrag ist auch der Verweis auf einen unwirksamen Tarifvertrag möglich. Soweit zwischen den Parteien nur ein wirksamer Tarifvertrag vereinbart werden sollte, müssen besondere Anhaltspunkte hierfür vorliegen.
BAG 30.08.2017 – 4 AZR 443/15

Widerspruchsrecht verwirkt bei 7jähriger Weiterarbeit

Ist ein Arbeitnehmer nach einem Betriebsübergang, über den er nicht ordnungsgemäß belehrt wurde, sieben Jahre lang widerspruchslos für den neuen Inhaber tätig, ist sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB grundsätzlich verwirkt.
BAG 24.08.2017 – 8 AZR 265/16

Umfang des Pfändungsschutzes

Im Gegensatz zu Schicht-, Samstags- und Vorfestarbeitszulagen unterliegen Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszulagen als Erschwerniszulagen dem Pfändungsschutz. Bezüglich der Höhe der Unpfändbarkeit im Sinne des § 850a Nr. ZPO kann an den Kontext des § 3b EStG angeknüpft werden.
BAG 23.08.2017 – 10 AZR 859/16

Jahrelange Einheitlichkeit hindert Arbeitgeber nicht immer an abweichender Weihnachtsgeldzahlung

Ist arbeitsvertraglich wirksam festgelegt, dass der Umfang des Weihnachtsgeldes durch den Arbeitgeber jährlich neu festgelegt werden kann, kann er auch von einem über Jahre hinweg einheitlich gezahlten Umfang des Weihnachtsgeldes zu Ungunsten der Mitarbeiter abweichen.
BAG 23.08.2017 – 10 AZR 376/16

Außerordentliche Kündigung bei heimlicher Aufnahme eines Personalgesprächs

Schneidet ein Arbeitnehmer ein Personalgespräch heimlich auf seinem Smartphone mit, kann dies eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen.
LAG Hessen 23.08.2017 – 6 Sa 137/17

Was ist unter politischer Weiterbildung im Sinne des BzG BW zu verstehen?

Der in § 1 Abs. 4 Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg verankerte Begriff der “politischen Weiterbildung” ist weit auszulegen (hier: Erlaubnis der Teilnahme einer von der IG Metall veranstalteten fünftägigen Bildungsmaßnahme mit dem Titel “Arbeitnehmer(innen) in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft”).
LAG Baden-Württemberg 09.08.2017 – 2 Sa 4/17

Verjährung des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszuges

Die dreijährige Verjährungsfrist des sich aus § 87c Abs. 2 HGB ergebenden Anspruchs eines Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszuges beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Handelsvertreter die abschließende Provisionsabrechnung erhalten hat bzw. seitens des Unternehmens erklärt wurde, dass im Abrechnungszeitraum kein Provisionsanspruch entstanden ist. Verweigert es das Unternehmen, dem Handelsvertreter eine entsprechende Abrechnung zu erteilen, ist der Handelsvertreter berechtigt, die Vorlage eines Buchauszuges zusammen mit der Provisionsabrechnung mit Hilfe des Landgerichts durchzusetzen.
BGH 03.08.2017 – VII ZR 32/17

Leiharbeitnehmer zählen mit

Die Anzahl der nach § 38 Abs. 1 BetrVG freizustellenden Betriebsratsmitglieder richtet sich danach, wieviel Arbeitnehmer in dem Betrieb beschäftigt werden. Leiharbeitnehmer sind insoweit zu berücksichtigen, wenn sie zu dem regelmäßigen Personalbestand gehören. Insoweit ist sowohl eine Zukunftsprognose als auch eine Rückbetrachtung vorzunehmen.
BAG 02.08.2017 – 7 ABR 51/15

Software-Keylogger helfen nicht weiter

Auch wenn der Arbeitgeber mit Hilfe eines Software-Keyloggers konkrete Tatsachen feststellt, die den Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung eines Mitarbeiters begründen können, hilft ihm dies in der Regel nicht weiter. Der Einsatz eines derartigen Überwachungs- und Kontrollmittels, mit welchem alle Tastatureingaben aufgezeichnet werden können, ist nach § 32 Abs. 1 BDSG unzulässig und verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht.
BAG 27.07.2017 – 2 AZR 681/16

Alle Datenschutzbeauftragten genießen Sonderkündigungsschutz

Beruft ein Arbeitgeber mehrere interne Datenschutzbeauftragte im Sinne des § 4f Abs. 1 BDSG genießen diese alle Sonderkündigungsschutz im Sinne des § 4f Abs. 3 Satz 5, 6 BDSG.
BAG 27.07.2017 – 2 AZR 812/16

Keine Abweichung von vereinbartem Zeugnistext zulässig

Haben sich die Arbeitsvertragsparteien in einem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich auf einen expliziten Text für ein Zeugnis geeinigt, muss der Arbeitgeber diesen wortwörtlich ausfertigen. Eine Abweichung (hier: hinsichtlich der Zeitform) ist nicht zulässig. Verstößt der Arbeitgeber gegen die Vereinbarung droht ihm ein Zwangsgeld, ersatzweise Ordnungshaft.
LAG Schleswig-Holstein 25.07.2017 – 1 Ta 78/17

Keine zeitliche Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbotes bei der sachgrundlosen Befristung

Nach dem LAG Baden-Württemberg (zuletzt: 3 Sa 8/16 vom 11.08.2016) steht nunmehr auch das LAG Niedersachsen (in Abweichung zur aktuellen Auffassung des BAG) auf dem Standpunkt, dass eine sachgrundlose Befristung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Mitarbeiter schon länger als drei Jahre nicht mehr für denselben Arbeitgeber tätig war.
LAG Niedersachsen 20.07.2017 – 6 Sa 1125/16 / LAG Niedersachsen 23.05.2017 – 9 Sa 1304/16

Vorsicht bei Aufstockungsverlangen eines teilzeitbeschäftigten Mitarbeiters

Verlangt ein in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer die Verlängerung seiner Arbeitszeit nach § 9 TzBfG, muss ihn der Arbeitgeber bei der Besetzung eines freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung grundsätzlich bevorzugt berücksichtigen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dingende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer Teilzeitbeschäftigter dem entgegenstehen. Verstößt der Arbeitgeber gegen diesen Grundsatz macht er sich schadensersatzpflichtig. Der Schadensersatzanspruch ist (nur) auf einen finanziellen Ausgleich gerichtet. Insoweit ist der Arbeitnehmer so zu stellen, wie er stehen würde, wenn seine Arbeitszeit entsprechend aufgestockt wurden wäre.
BAG 18.07.2017 – 9 AZR 259/16

Berücksichtigung einer Teilzeittätigkeit bei der betrieblichen Altersversorgung

§ 4 Nr. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung und Art. 4 RL 2006/54, die in Deutschland durch § 4 TzBfG umgesetzt wurden, stehen einer Regelung nicht entgegen, die bei der Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung einer Beschäftigten, die teilweise in Vollzeit, teilweise in Teilzeit gearbeitet hat, einen einheitlichen Beschäftigungsgrad für die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zu Grunde legt, sofern diese Berechnungsmethode den Pro-rata-temporis-Grundsatz nicht verletzt. Zudem darf eine entsprechende Regelung bei der Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung zwischen Arbeitseinkommen unterscheiden, das unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegt, und solchem, welches darüber liegt. Die Regelung muss nicht vorsehen, dass zunächst das für eine entsprechende Vollzeitbeschäftigung zu zahlende Einkommen ermittelt, hieraus der Anteil oberhalb und unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze ermittelt und dieses Verhältnis schließlich auf das reduzierte Einkommen aus der Teilzeittätigkeit übertragen wird.
EuGH 13.07.2017 – C-354/16 “Kleinsteuber”

Fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit

Hält ein Arbeitnehmer ohne Wissen seines Arbeitgebers 50% der Anteile eines mit diesem in Konkurrenz stehenden Unternehmens, kann eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer entscheidenden Einfluss auf den Betrieb seines Unternehmens ausübt.
LAG Schleswig-Holstein 12.07.2017 – 3 Sa 202/16

Einschränkung des Befristungsgrundes der Erprobung

Der in § 14 Abs. 1 TzBfG normierte Befristungsgrund der Erprobung kann dann nicht wirksam vereinbart werden, wenn der betroffene Arbeitnehmer bereits seit einigen Monaten (hier: knapp sechs Monate) identische Tätigkeiten für den Arbeitgeber erbracht hat. Es ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber dann auch bei besonders anspruchsvollen Aufgaben schon genügend Zeit hatte, sich über die Kenntnisse und Fähigkeiten des Mitarbeiters ein umfassendes Bild zu machen.
LAG Köln 30.06.2017 – 4 Sa 939/16

Sexuelle Motivation für Kündigung aufgrund sexueller Belästigung unerheblich

Von einer sexuellen Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 4 AGG ist bereits dann auszugehen, wenn die Würde des Opfers aufgrund eines unerwünschten Verhaltens, das auch sexuell bestimmte Berührungen bzw. Äußerungen sexuellen Inhalts umfasst, verletzt wird. Das heißt, ob das Verhalten des Handelnden sexuell bestimmt ist, entscheidet nicht allein sein subjektiv erstrebtes Ziel.
BAG 29.06.2017 – 2 AZR 302/16

Anforderungen an rechtmäßige verdeckte Überwachungsmaßnahme

Grundvoraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer verdeckten Überwachungsmaßnahme ist nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG, dass diese zur Aufdeckung eines auf Tatsachen basierenden konkreten Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung erfolgt.
BAG 29.06.2017 – 2 AZR 597/16

Androhung eines Suizids kann außerordentliche Kündigung rechtfertigen

Will ein Arbeitnehmer mit der Androhung eines Suizids Druck auf seinen Arbeitgeber ausüben, um eigene Interessen durchzusetzen, kann dies eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen.
BAG 29.06.2017 – 2 AZR 47/16

Ablehnung erfordert mehr als Schweigen oder Nichtstun

Begehrt ein Stellenbewerber eine Entschädigung oder Schadensersatz, weil seine Bewerbung wegen einer vermeintlichen Diskriminierung nicht berücksichtigt wurde, wird die in § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG normierte Frist zur Geltendmachung des Anspruchs erst dann in Lauf gesetzt, wenn seine Bewerbung von dem Arbeitgeber ausdrücklich oder konkludent abgelehnt wurde. Durch bloßes Schweigen oder Nichtstun wird die Frist nicht in Gang gesetzt.
BAG 29.06.2017 – 8 AZR 402/15

Überstundenkenntnis impliziert deren Duldung

In Abweichung zu der Rechtsprechung des BAG ist davon auszugehen, dass allein die Tatsache, dass der Arbeitgeber Kenntnis von geleisteten Überstunden hat, dazu führt, dass diese von ihm geduldet werden und daher entsprechend zu kompensieren sind.
LAG Berlin-Brandenburg 28.06.2017 – 15 Sa 66/17

Freier Dienstvertrag und Arbeitsverhältnis können nebeneinander bestehen

Grundsätzlich ist es möglich, dass ein Unternehmen mit derselben Person gleichzeitig ein Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Teilzeitvertrages und ein freies Dienstverhältnis begründet. Erforderlich ist dann, dass sich das Weisungsrecht, welches dem Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zusteht, nicht auch auf die Tätigkeiten erstreckt, welche nach dem Dienstvertrag geschuldet sind.
BAG 27.06.2017 – 9 AZR 851/16

Anspruch auf Teilnahme am Betriebsausflug auch nach Freistellung

Aufgrund des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes haben auch einvernehmlich freigestellte Mitarbeiter einen Anspruch darauf, während des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses an Betriebsausflügen, Weihnachtsfeiern, etc. teilzunehmen. Für den wirksamen Ausschluss des betreffenden Mitarbeiters benötigt der Arbeitgeber einen Sachgrund. Die vereinbarte Freistellung selbst reicht hierfür nicht.
LAG Köln 22.06.2017 – 8 Ca 5233/16

Kündigung wegen erlaubter Nebentätigkeit erfordert vorherige Abmahnung

Übt ein Arbeitnehmer – für den Arbeitgeber transparent – in großem Umfang Nebentätigkeiten aus, muss der Arbeitgeber ihn dann, wenn er deswegen fristlos kündigen will, vorab abmahnen.
LAG Düsseldorf 21.06.2017 – 4 Sa 869/16

Erreichen des 60. Lebensjahres als Kündigungsgrund für Geschäftsführer

In einem Geschäftsführer-Dienstvertrag kann wirksam vereinbart werden, dass das Dienstverhältnis mit Erreichen des 60. Lebensjahres des Geschäftsführers endet, wenn sichergestellt ist, dass dem Geschäftsführer anschließend eine betriebliche Altersversorgung zusteht. In diesem Fall ist nicht von einem Verstoß gegen das AGG auszugehen.
OLG Hamm 19.06.2017 – 8 U 18/17

Was muss ein Arbeitnehmer bei einer unbilligen Weisung des Arbeitgebers tun?

Nach der bislang geltenden Rechtsprechung des BAG (5 AZR 249/11) muss ein Beschäftigter auch dann, wenn er die Weisung seines Arbeitgebers für unbillig erachtet, diese solange befolgen, bis gerichtlich etwas anders entschieden wurde. Der Zehnte Senat des BAG ist hingegen der Ansicht, dass es keiner entsprechenden rechtskräftigen Entscheidung eines Arbeitsgerichtes bedarf.
BAG 14.06.2017 – 10 AZR 330/16
Hält der Fünfte Senat an seiner bisherigen Auffassung fest, wird der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts eine (einheitliche) Entscheidung treffen.

Arbeitnehmerüberlassung contra Tätigkeit im Gemeinschaftsbetrieb

Zwischen der Tätigkeit eines Mitarbeiters in einem Gemeinschaftsbetrieb und der als Leiharbeitnehmer auf der Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages ist strikt zu differenzieren. Von einer Arbeitnehmerüberlassung ist nicht auszugehen, wenn ein Arbeitnehmer in einem Gemeinschaftsbetrieb entsandt wird, zu dessen gemeinsamer Führung sich sein Vertragsarbeitgeber und ein Dritter rechtlich verbunden haben. Der Gemeinschaftsbetrieb zeichnet sich zudem dadurch aus, dass die in einer Betriebsstätte vorhandenen materielle und immateriellen Betriebsmittel mehrerer Unternehmen für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird.
Die beteiligten Unternehmen müssen sich jedenfalls stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben.
LAG Mecklenburg-Vorpommern 13.06.2017 – 5 Sa 209/16

Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub muss vorab geregelt sein

Mit dem Unionsrecht ist es nicht vereinbar, wenn von einem Arbeitnehmer verlangt wird, dass er seinen Jahresurlaub antritt ohne zu wissen, ob er während dieser Zeit einen Anspruch auf Entgelt hat. Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber eine finanzielle Abgeltung des Jahresurlaubs verlangen, welchen er bis zu dem Tag, an dem ihm der Arbeitgeber die Inanspruchnahme eines bezahlten Urlaubes geschaffen hat, nicht genommen hat. Wurde dem Arbeitnehmer zu keinem Zeitpunkt bestätigt, dass er während seines Urlaubes weiterhin die vertraglich geschuldete Vergütung erhält und hat er deswegen keinen Urlaub angetreten, schuldet der Arbeitgeber für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses eine finanzielle Vergütung.
EuGH-Generalanwalt 08.06.2017 – C-214/16

Fristlose Kündigung bei illoyalem Verhalten

Versucht der Geschäftsführer eines Vereins auf intrigante Weise zielgerichtet die Abwahl des Vereinsvorsitzenden zu erreichen, kann dies seine fristlose Kündigung rechtfertigen, weil dann die für eine Zusammenarbeit erforderliche Vertrauensbasis zerstört und der Betriebsfrieden erheblich gestört ist.
BAG 01.06.2017 – 6 AZR 720/15

Stellenanzeige „Frauen an die Macht“ kann AGG-konform sein

Soll an der Situation, dass in einem Autohaus ausschließlich Männer im Verkaufs- und Servicebereich beschäftigt werden, im Einverständnis mit dem Betriebsrat und um mehr weibliche Kunden anzusprechen, etwas geändert werden, kann eine Stellenanzeige mit dem genannten Inhalt gerechtfertigt sein.
LAG Köln 18.05.2017 – 7 Sa 913/16

Rechtsmissbrauch bei Sachgrundbefristung revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar

Für die Frage, ob für eine Befristung (noch) ein Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegt, sind primär die Tatsachengerichte zuständig. Das Bundesarbeitsgericht kann deren Würdigung nur noch dahingehend prüfen, ob die Vorinstanz die richtigen Anforderungen für einen Rechtsmissbrauch zu Grunde gelegt hat, ob alle entscheidenden Umstände widerspruchsfrei einbezogen wurden und ob die Bewertung der Gesamtumstände mit den getroffenen tatsächlichen Feststellungen vereinbar ist.
BAG 17.05.2017 – 7 AZR 420/15

Fristlose Kündigung bei Weiterleitung betrieblicher Informationen auf privaten E-Mail Account

Leitet ein Arbeitnehmer E-Mails mit betrieblichem Inhalt zur Vorbereitung der Tätigkeit bei einem neuen Arbeitgeber (hier: Konkurrenzunternehmen) an seinen privaten E-Mail-Account weiter, kann dies eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen. Insbesondere ist hierin eine schwerwiegende Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflichten zu sehen.
LAG Berlin-Brandenburg 16.05.2017 – 7 Sa 38/17

Kein Anspruch auf Schadensersatz in Geld bei fehlender Urlaubsgewährung im laufenden Arbeitsverhältnis

Bewilligt der Arbeitgeber einem Mitarbeiter den von diesem rechtzeitig beantragten Urlaub nicht, hat der Arbeitnehmer (nur) einen Schadensersatzanspruch, der auf die Gewährung von Ersatzurlaub in natura gerichtet ist. Ein auf Geldzahlung gerichteter Schadensersatzanspruch im Sinne des § 251 Abs. 1 BGB besteht nicht. Ein Abgeltungsanspruch kommt erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht.
BAG 16.05.2017 – 9 AZR 572

Ausschlussfrist bei fehlendem Mindestlohnbezug nicht unwirksam

Enthält eine Ausschlussfrist keine Formulierung dahingehend, dass Mindestlohnansprüche von ihr nicht erfasst sind, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Ausschlussfrist. Vielmehr ist die Ausschlussfrist so zu lesen, als ob Mindestlohnansprüche nicht von ihr tangiert sind.
LAG Nürnberg 09.05.2017 – 7 Sa 560/16

Rückzahlungsklausel muss beidseitig ausgestaltet sein

Wird der Arbeitnehmer zur Erstattung der ihm gewährten Ausbildungskosten mit Hilfe von AGBs nur für den Fall verpflichtet, dass er das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet, ist die Regelung wegen Verstoßen gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Ein Anspruch auf Rückzahlung der Ausbildungskosten besteht deshalb nicht.
ArbG Ulm 08.05.2017 – 4 Ca 486/16

Geldentschädigung wegen unrechtmäßiger Observierung

Den Arbeitgeber trifft nach § 823 Abs. 1 BGB i.V. mit Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK die Verpflichtung zur Zahlung einer Geldentschädigung (hier: 10.000 EUR), wenn er einen Arbeitnehmer (hier: zugleich Vorsitzender des Betriebsrates) rechtswidrig durch einen Detektiv überwachen lässt. Für die Frage, ob die Observation rechtmäßig ist, kommt es darauf an, ob ein konkreter Verdacht für eine schwerwiegende Pflichtverletzung bestand, wenn ja, ob die Dauer der Überwachung verhältnismäßig war und ob mildere Maßnahmen (hier: Kontrollbesuche am Arbeitsplatz) hätten in Betracht gezogen werden können.
LAG Rheinland-Pfalz 27.04.2017 – 5 Sa 449/16

Annahmeverzug aufgrund von Betriebsferien

Ist ein Unternehmen wegen Betriebsferien geschlossen, hat der Arbeitgeber einem arbeitsbereiten, noch nicht urlaubsberechtigten Arbeitnehmer während dieser Zeit das Arbeitsentgelt aufgrund Annahmeverzugs fortzuzahlen. Mangels besonderer Vereinbarung besteht kein Recht, den Arbeitnehmer von der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung unbezahlt freizustellen.
LAG Rheinland-Pfalz 27.04.2017 – 5 Sa 497/16

Rentner bei Sozialauswahl geringer schutzbedürftig

Ist ein Mitarbeiter bereits regelaltersrentenberechtigt und hat der Arbeitgeber im Rahmen eines Personalabbaus eine Sozialauswahl durchzuführen, ist dieser bezüglich des Kriteriums “Lebensalter” deutlich weniger schutzbedürftig als ein Mitarbeiter, der noch keine Altersrente beanspruchen kann.
BAG 27.04.2017 – 2 AZR 67/16

Honorarhöhe als Indiz für Selbstständigkeit

Für die Frage, ob die Erbringung von Diensten im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit oder als Scheinselbstständiger mit dem Status eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers erfolgt, kann auch die Höhe des vereinbarten Honorars als eines der Bewertungskriterien herangezogen werden. Insbesondere ist dieses dann als Indiz für eine Selbstständigkeit anzusehen, wenn es signifikant über der Vergütung liegt, die ein vergleichbar eingesetzter sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer erhalten würde und daher eine Eigenversorgung zulässt. Hinzu kommen muss aber in jeden Fall, dass die Erbringung der Dienste weisungsfrei erfolgt.
BSG 31.03.2017 – B 12 R 7/15 R

Entlassungsverlangen des Betriebsrates begründet dringendes betriebliches Erfordernis

Wurde dem Arbeitgeber infolge eines Antrages seines Betriebsrates im Rahmen eines Verfahrens nach § 104 Satz 2 BetrVG rechtskräftig aufgegeben, einen bestimmten Arbeitnehmer wegen Störung des Betriebsfriedens zu entlassen, ist hierin ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu sehen.
BAG 28.03.2017 – 2 AZR 551/16

Bloßer Erwerb von Gesellschaftsanteilen nebst Herrschaftsmacht reicht nicht für Betriebsübergang

Erwirbt eine andere Gesellschaft lediglich Anteile an einem Unternehmen und übt infolgedessen die Herrschaftsmacht aus, ist noch nicht von einem Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB auszugehen.
BAG 23.03.2017 – 8 AZR 91/15

 

Welche Kündigungsfrist gilt in der Probezeit bei unklarer Regelung?

§ 622 Abs. 3 BGB bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis während der Probezeit beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann. Dies gilt auch dann, wenn in dem Arbeitsvertrag nur eine Probezeit an sich und keine weiteren Regelungen zur Kündigungsfrist enthalten sind. Befindet sich jedoch in einem vorformulierten Arbeitsvertrag an anderer Stelle eine Regelung, in der eine längere Kündigungsfrist festgelegt wurde und ist nicht eindeutig, dass diese erst nach Ablauf der Probezeit gelten soll, kann der Arbeitgeber auch in der Probezeit nur mit der verlängerten Frist kündigen.
BAG 23.03.2017 – 6 AZR 705/15

Erwerb von Unternehmensanteilen durch Dritte lässt arbeitsvertragliche dynamische Bezugnahmeklausel unberührt

Ist in einem Arbeitsvertrag die Geltung eines Tarifvertrages mit allen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung geregelt (sog. dynamische Bezugnahme), wird die entsprechende Klausel durch den bloßen Erwerb von Unternehmensanteilen durch Dritte nicht ausgehebelt.
BAG 23.03.2017 – 8 AZR 89

Mindestlohn umfasst Treueprämie und Schichtzulage

Zum Mindestlohnanspruch gehören auch eine für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde bezahlte Treueprämie und/oder Schichtzulage.
BAG 22.03.2017 – 5 AZR 424/16

Salvatorische Klausel kann nichtiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht retten

Wurde ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne die Festlegung einer Karenzentschädigung im Sinne des § 74 Abs. 2 HGB vereinbart, ist dieses nichtig. Eine salvatorische Klausel ändert hieran nichts.
BAG 22.03.2017 – 10 AZR 448/15

Kopftuchverbot am Arbeitsplatz kann zulässig sein

Existiert im Betrieb eine Regelung, aus der sich ergibt, dass das sichtbare Tragen politischer, philosophischer oder religiöser Symbole am Arbeitsplatz verboten ist, kann auch das Tragen eines islamistischen Kopftuches untersagt werden. Eine Diskriminierung wegen der Religionszugehörigkeit kann dann grundsätzlich nicht angenommen werden. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es keine derartige Neutralitätsregelung gibt und der Arbeitgeber deshalb ein Kopftuchverbot ausspricht, weil dies ein Kunde wünscht.
EuGH 14.03.2017 – C-157/17 und C-188/15

Smartphone für den Betriebsrat

Wird in einem Betrieb mit verschiedenen Niederlassungen und Außenstellen in einem Mehrschicht-System gearbeitet, kann der Betriebsrat von dem Arbeitgeber die Bereitstellung eines Smartphones verlangen, wenn nur so die mit den Beschäftigten erforderliche Information und Kommunikation sichergestellt ist.
LAG Hessen 13.03.2017 – 16 TaBV 212/16

Aufeinandertreffen von Teilurlaubsansprüche nach § 5 Abs. 1a und b BUrlG

Existiert ein über den Jahreswechsel bestehendes Arbeitsverhältnis, welches insgesamt kürzer als sechs Monate ist, entsteht ein einheitlicher Urlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1b BUrlG, der unabhängig von § 7 Abs. 3 BUrlG auch nicht teilweise wegen des Jahreswechsels verfällt.
LAG Thüringen 09.03.2017 – 6 Sa 242/15

§ 113 InsO gilt auch bei Kündigung vor Dienstantritt

§ 113 InsO, wonach ein Arbeitsverhältnis vom Insolvenzverwalter auch ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder geltenden Sonderkündigungsschutz unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden kann, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist, findet auch bei Kündigungen vor Arbeitsantritt Anwendung. Die Kündigungsfrist beginnt in diesem Fall mit dem Zugang der Kündigungserklärung.
BAG 23.02.2017 – 6 AZR 665/15

Auch nur überwiegend den Fertigungsprozess eines Katalogbetriebes unterstützende Betriebe unterfallen dem TV BZ ME

Betriebe unterfallen auch dann dem Anwendungsbereich eines Tarifvertrages über Branchenzuschläge in der Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME), wenn sie den Fertigungsprozess der in dem Tarifvertrag genannten Katalogbetriebe (nur) überwiegend unterstützen.
BAG 22.02.2017 – 5 AZR 252/16

Hinterbliebenenversorgung darf sich nicht auf die “jetzige Ehefrau” beschränken

Ist in einer mit Hilfe Allgemeiner Geschäftsbedingungen ausgestalteten Hinterbliebenenversorgung geregelt, dass nur die “jetzige Ehefrau” eines Arbeitnehmers einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung hat, stellt dies eine unangemessene Benachteiligung dar. Die entsprechende Einschränkung ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
BAG 21.02.2017 – 3 AZR 297/15

Indizien für Arbeitnehmerüberlassung

Werden in einem von einem Dritten betriebenen Krankenhaus so genannte DRK-Schwestern eingesetzt, handelt es sich um Arbeitnehmerüberlassung, wenn diese nach Weisung des Krankenhauses gegen Entgelt tätig werden. Der Betriebsrat des Krankenhauses kann die für die Einstellung erforderliche Zustimmung verweigern, wenn ein Einsatz geplant ist, der nicht nur vorübergehend sein soll.
BAG 21.02.2017 – 1 ABR 62/12

Nutzung eines Outlook-Gruppenkalenders erfordert Zustimmung des Betriebsrates

Will der Arbeitgeber seine Mitarbeiter verpflichten, einen Outlook-Gruppenkalender zu nutzen, ist hierfür vorab die Zustimmung des Betriebsrates erforderlich, da es sich insoweit um eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG handelt. Hat es der Arbeitgeber versäumt, die Zustimmung einzuholen, kann er auch nicht wirksam abmahnen, wenn die Mitarbeiter den Kalender nicht benutzen.
LAG Nürnberg 21.02.2017 – 7 Sa 441/16

Befristungsende muss klar geregelt sein

Schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen befristeten Arbeitsvertrag muss in diesem nach § 3 Abs. 1 TzBfG klar, eindeutig und unmissverständlich geregelt sein, dass sich die Parteien über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Fristablaufs oder Zweckerreichung geeinigt haben.
BAG 15.02.2017 – 7 AZR 291/15

Zwangshaft bei ironischer Zeugniserteilung nicht ausgeschlossen

Erteilt der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter ein derart ironisch, unsachlich und polemisch formuliertes Zeugnis, dass sich dieser damit lächerlich machen würde, und ist er nicht bereits dieses zu ändern, droht ihm im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens auch die Festsetzung einer Zwangshaft.
LAG Köln 14.02.2017 – 12 Ta 17/17

Grundsätzlich keine fristlose Kündigung wegen unerlaubter Konkurrenztätigkeit bei unzutreffender Änderung des XING-Profils

Ändert ein Arbeitnehmer vor der bevorstehenden Beendigung seines Arbeitsverhältnisses sein XING-Profil, in dem er seinen beruflichen Status unzutreffend angibt, rechtfertigt dies ohne das Hinzutreten weiterer Umstände noch keine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund.
LAG Köln 07.02.2017-12 Sa 745/16

Kein Mitverschulden des Arbeitgebers bei Falschbetankung des Dienstwagens

Die dem Arbeitgeber obliegende Fürsorgepflicht führt nicht dazu, dass er Maßnahmen ergreifen muss, um die Falschbetankung eines Dienstfahrzeuges durch einen Mitarbeiter zu verhindern. Das heißt, ein von dem Mitarbeiter wegen Falschbetankung zu ersetzender Schaden ist nicht wegen eines Teilverschuldens des Arbeitgebers zu reduzieren.
BVerwG 02.02.2017 – 2 C 22.16

Keine Diskriminierung Schwerbehinderter bei jeglicher Ungleichbehandlung

Die Vermutung einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG normierten Grundes und ein daraus resultierender Schadensersatzanspruch sind nur begründet, wenn Indizien bestehen, nach denen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass einer der in § 1 AGG genannten Gründe tatsächlich ursächlich für die Benachteiligung war. Die bloße Möglichkeit einer Ursächlichkeit reicht nicht aus.
BAG 26.01.2017 – 8 AZR 735/15

Erweiterung des Massen”Entlassungsbegriffs” um Benachteiligungen auszuschließen

Eine Entlassung im Sinne des § 17 Abs. 1 KSchG, welche innerhalb eines 30-Tages-Zeitraums erfolgen muss, ist grundsätzlich mit der Kündigungserklärung des Arbeitgebers gleichzusetzen. Müssen jedoch für von der Massenentlassung betroffene Arbeitnehmer, für die Sonderkündigungsschutz gilt, noch behördliche Zustimmungsverfahren durchgeführt werden, gilt in diesen Fällen der 30-Tages-Zeitraum auch dann als gewahrt, wenn (nur) die Antragstellung auf Zustimmung zu der Kündigung innerhalb dieses Zeitraums erfolgt. Ansonsten könnten sich die besonders geschützten Mitarbeiter (weil sie nicht zum Kreist der innerhalb von 30 Kalendertagen entlassenen Arbeitnehmer gehören würden) beispielsweise nicht darauf berufen, dass die Kündigungen nach § 17 KSchG wegen nicht ordnungsgemäßer Konsultation des Betriebsrates unwirksam sind.
BAG 26.01.2017 – 6 AZR 442/16

Titulierung der Geschäftsführer als “soziale Arschlöcher” rechtfertigt fristlose Kündigung

Bezeichnet ein langjähriger Beschäftigter die Geschäftsführer eines familiengeführten Kleinbetriebes als “soziale Arschlöcher” kann das Arbeitsverhältnis auch ohne vorherige Abmahnung außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden.
LAG Schleswig-Holstein 24.01.2017 – 3 Sa 244/16

Auftragslücken als Wirtschaftsrisiko des Verleihers

Eine betriebsbedingte Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn der Verleiher diese deshalb ausspricht, weil er kurzzeitig (hier: drei Wochen) keine Einsatzmöglichkeit für seinen Arbeitnehmer bei einem Entleiher hat. Vielmehr gehören kurzfristige Auftragslücken zum Wirtschaftsrisiko eines Leiharbeitsunternehmens.
LAG Berlin-Brandenburg 20.01.2017 – 2 Sa 1188/16 u.a.

Wann darf eine Weihnachtsgratifikation bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zurückgefordert werden?

Trotz vereinbarter Rückzahlungsklausel darf eine Weihnachtsgratifikation dann nicht zurückgefordert werden, wenn die Rückforderung auch die Fälle erfassen soll, in denen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in den Verantwortungsbereich des Arbeitgebers fällt. Das Gleiche gilt, wenn sie auch Entgeltcharakter hat, das heißt, beispielsweise als 13. Monatsgehalt ausbezahlt wird.
LAG München 19.01.2017 – 3 Sa 492/16

Betriebsübergang lässt dynamische Wirkung von Tarifverträgen entfallen

Nach einem Betriebsübergang hat die dynamische Bezugnahme auf einen Tarifvertrag keinen dynamischen Charakter mehr. Es gelten stattdessen die in Art. 3 Abs. 3 der Betriebsübergangsrichtlinie festgelegten zeitlichen Grenzen. Nicht relevant ist, ob der Betriebsveräußerer normativ an den Tarifvertrag gebunden war oder allein wegen einer entsprechenden Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag.
EuGH Schlussanträge 19.01.2017 – C-680/15 und C-681/15 “Asklepios”

Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern für Anzahl freizustellender Betriebsratsmitglieder

Die Leiharbeitnehmer, die zum regelmäßigen Personalbestand eines Betriebes gehören, sind bei der Ermittlung der Belegschaftsstärke für die Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder zu berücksichtigen.
BAG 18.01.2017 – 7 ABR 60/15

Auch bei Betriebsratstätigkeit kann Ruhezeit beansprucht werden

Findet eine Betriebsratssitzung zwischen zwei Nachtschichten des Betriebsratsmitglieds statt und könnte das Betriebsratsmitglied deshalb die in § 5 ArbZG geregelte elfstündige Ruhezeit nicht in Anspruch nehmen, ist es berechtigt, die Arbeitszeit in der vorherigen Nachtschicht so vor dem Ende der Schicht abzukürzen, dass eine ununterbrochene Erholungszeit von elf Stunden, in der weder eine Arbeitsleistung noch eine Betriebsratstätigkeit zu erbringen ist, gewährleistet ist. Für die nicht geleistete Arbeitszeit hat das Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf eine Zeitgutschrift.
BAG 18.01.2017 – 7 AZR 224/15

Folgen der Ausnutzung einer Betriebsratsmitgliedschaft

Nutzt ein Betriebsratsmitglied seine Mitgliedschaft aus, um private Interessen durchzusetzen (hier: Forderung einer Zulage), ist hierin eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG zu sehen. Diese rechtfertigt den Ausschluss aus dem Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber einen entsprechenden Antrag stellt.
LAG München 17.01.2017 – 6 TaBV 97/16

Keine Betriebsratsbeteiligung bei Side-by-Side-Coaching

Entscheidet sich der Arbeitgeber die Beschäftigten mittels Side-by-Side Coaching “zu trainieren”, liegt insoweit keine betriebliche Bildungsmaßnahme im Sinne des § 98 Abs. 1 BetrVG vor. Folglich hat der Betriebsrat hinsichtlich der Durchführung einer solchen Maßnahme auch kein Mitbestimmungsrecht.
LAG Köln 16.01.2017 – 9 TaBV 77/16

Was muss der Arbeitnehmer darlegen und beweisen, wenn er Überstundenabgeltung beansprucht?

Ein Arbeitnehmer wird der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess dann gerecht, wenn er ausführt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet hat bzw. sich auf Weisung des Arbeitgebers bereit gehalten hat, um eine Arbeitsleistung zu erbringen.
BAG 21.12.2016 – 5 AZR 362/16

Was gehört zum Mindestlohn?

Der Mindestlohn umfasst alle zwingend und transparent geregelten Leistungen, die der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber für seine Arbeitsleistung erhält. Hierzu gehören auch Zulagen und Prämien. Diese Sichtweise entspricht der Rechtsprechung des EuGH zum Arbeitnehmerentsenderecht.
BAG 21.12.2016 – 5 AZR 374/16

Strenge Anforderungen an Befristungsgrund des vorübergehenden Bedarfs

Allein die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs rechtfertigt noch keine Befristung des Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG. Vielmehr müssen zum Zeitpunkt des Anschlusses des Arbeitsvertrages bereits konkrete Anhaltspunkte für den Bedarf an der vorübergehenden Arbeitsleistung bestehen.
LAG Berlin-Brandenburg 16.12.2016 – 26 Sa 682/16

Anforderungen an eine sog. “echte” Druckkündigung

Für eine sog. echte Druckkündigung, die vorliegt, wenn Mitarbeiter von dem Arbeitgeber die unberechtigte Kündigung eines anderen Mitarbeiters verlangen und die Arbeit verweigern, wenn der Arbeitgeber ihrer Forderung nicht nachkommt, gelten besondere Anforderungen.  Eine solche Kündigung ist jedenfalls nur dann wirksam, wenn der Arbeitgeber den Druck und die deshalb drohenden wirtschaftlichen Nachteile nicht versucht dadurch abzuwehren, dass er die Arbeitsverweigerer auf die Rechtswidrigkeit ihrer Arbeitsniederlegung aufmerksam macht und für ein weiteres derartiges Verhalten arbeitsrechtliche Maßnahmen androht.
BAG 15.12.2016 – 2 AZR 431/15

 

 

 

verhaltensbedingte Kündigung bei haltlosem Strafantrag

Bei einem gegen ihn gerichteten haltlosen Strafantrag eines Mitarbeiters ist der Arbeitgeber berechtigt, das mit diesem bestehende Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen zu kündigen. Insbesondere dann, wenn dem Strafantrag jegliche Grundlage fehlt, ist von einer erheblichen Verletzung der in § 241 Abs. 2 BGB normierten Rücksichtnahmepflicht auszugehen.
BAG 15.12.2016 – 2 AZR 42/16

Befristungsgrund des vorübergehenden Mehrbedarfs kann auch bei Daueraufgaben bestehen

Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages möglich, um einen vorübergehenden Mehrbedarf an einer Arbeitsleistung abzudecken. Diese Voraussetzung kann auch dann erfüllt sein, wenn der zusätzliche Bedarf im Bereich der Daueraufgaben liegt. Der Arbeitgeber muss dann aber darlegen und beweisen können, woher der zusätzliche Bedarf stammt und warum er davon ausgehen kann, die Daueraufgaben zukünftig wieder mit seinem Stammpersonal erledigen zu können. Der Zeitraum des prognostizierten Mehrbedarfs kann dabei über die Befristungsdauer hinausgehen.
BAG 14.12.2016 – 7 AZR 688/14

Wirksame Befristung erfordert vor Beginn arbeitgeberseits unterzeichnete Vertragsurkunde

Das in § 14 Abs. 4 TzBfG normierte Schriftformerfordernis ist nur erfüllt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor Vertragsbeginn einen von ihm unterschriebenen, die Befristungsabrede enthaltenden Vertrag überreicht, und der Arbeitnehmer diese Urkunde vor dem in ihr bezeichneten Vertragsbeginn gegenzeichnen kann. Ansonsten entsteht das Arbeitsverhältnis nicht durch die Unterzeichnung des Vertrages, sondern durch die Entgegennahme der Arbeitsleistung mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis nach § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.
BAG 14.12.2016 – 7 AZR 797/14

Verkürzung einer befristeten Vertragslaufzeit nur mit sachlichem Grund

Soll die Laufzeit eines nach § 14 Abs. 2 TzBfG sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages verkürzt werden, bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG. Dies gilt auch bei einer einvernehmlich getroffenen Regelung.
BAG 14.12.2016 – 7 AZR 49/15

Facebook-Auftritt des Arbeitgebers teilweise mitbestimmungspflichtig

Soweit ein Unternehmen im Rahmen eines Facebook-Auftritts sog. Postings oder Besucher-Beiträge ermöglicht, unterliegt die Ausgestaltung dieser Funktion der Mitbestimmung des Betriebsrats. Dies gilt für alle Unternehmen, die bereits eine Facebook-Präsenz haben oder eine solche noch etablieren wollen.
BAG 13.12.2016 – 1 ABR 7/15

Freie Diensteinteilung spricht gegen Arbeitnehmereigenschaft

Soweit einer bei einer Rundfunkanstalt beschäftigten Systemverwalterin die Möglichkeit eingeräumt ist, ihre Dienstzeiten und ihr Arbeitspensum selbst zu bestimmen, ist sie nicht mehr als Arbeitnehmerin einzustufen. Insbesondere fehlt es dann an einer weisungsgebundenen, fremdbestimmten und in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis stehenden Tätigkeit.
LAG München 05.12.2016 – 3 Sa 619/16

Wann ist ein Dokument formgültig unterzeichnet?

Vor dem Hintergrund, dass bereits die Unterschrift derselben Person variiert, sind zumindest dann, wenn die Urheberschaft zweifelsfrei feststeht, an die Gültigkeit der Unterschrift nur geringe Anforderungen zu stellen. Es kommt weder darauf an, dass die Unterschrift lesbar ist noch muss sie nach ihrem äußeren Erscheinungsbild der Handschrift im Übrigen entsprechen. Erforderlich ist nur, dass erkennbar ist, dass eine vollständige Namensunterschrift und nicht lediglich eine Paraphe gewollt war.
BGH 29.11.2016 – VI ZB 16/16

Anspruch auf Marzipantorte bis ans Lebensende?

Betriebsrentner haben nur dann einen Anspruch darauf, dass ihnen – wie in den Vorjahren – von ihrem ehemaligen Arbeitgeber auch zukünftig in der Weihnachtszeit eine Marzipantorte und ein Weihnachtsgeld zugewendet wird, wenn eine betriebliche Übung entstanden ist. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn in den letzten Jahren nicht alle Betriebsrentner eine Marzipantorte und das Weihnachtsgeld erhalten haben und die Weihnachtsgrüße zudem mit der ausdrücklichen Klarstellung verbunden waren, dass die Leistungen immer nur für das aktuelle Jahr gelten.
ArbG Köln 24.11.2016 – 11 Ca 3589/16

40-Euro-Schadenspauschale bei verspäteter Lohnzahlung

Zahlt der Arbeitgeber den Arbeitslohn verspätet oder unvollständig aus, hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber gemäß § 288 Abs. 5 BGB einen Anspruch auf eine Schadenspauschale in Höhe von 40 EUR. Bei monatlicher Vergütung entsteht der Anspruch jeweils pro Monat.
LAG Köln 22.11.2016 – 12 Sa 524/16
LAG Baden-Württemberg 13.10.2016 – 3 Sa 34/16

Auch Korrektur eines zu positiven Zeugnisses kann verlangt werden

Soweit dem Arbeitnehmer das Recht eingeräumt wurde, für einen Zeugnistext einen Vorschlag zu unterbreiten, von dem der Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund abweichen darf, besteht für den Arbeitnehmer ein Berichtigungsanspruch, wenn der Arbeitgeber Steigerungen dieses Zeugnistextes “nach oben” vornimmt. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Gesamteindruck des Zeugnisses ironisch wirkt.
LAG Hamm 14.11.2016 – 12 Ta 475/16

Keine Pflicht zur Teilnahme am Personalgespräch bei Arbeitsunfähigkeit

Ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, während der Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit an einem vom Arbeitgeber angeordneten Personalgespräch über die Klärung weiterer Beschäftigungsmöglichkeiten teilzunehmen. Ausnahmsweise darf von diesem Grundsatz nur dann abgewichen werden, wenn es aus betrieblichen Gründen unverzichtbar ist, dass ein derartiges Gespräch persönlich im Betreib geführt wird, und der Arbeitnehmer hierzu gesundheitlich in der Lage ist.
BAG 02.11.2016 – 10 AZR 596/15

Kündigung aus wichtigem Grund bei beharrlichem Überschreiten der zulässigen Minusstunden

Überschreitet ein ordentlich nicht mehr kündbarer Arbeitnehmer wiederholt die zulässige Zahl von Minusstunden, kann der Ausspruch einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn weitere Vertragsverstöße des Mitarbeiters vorliegen und Abmahnungen existieren, mit denen die Verstöße gegen die Arbeitszeitbestimmungen gerügt wurden.
LAG Hamburg 02.11.2016 – 5 Sa 19/16

Befristungshöchstdauer darf durch Tarifvertrag dreifach überschritten werden

§ 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG eröffnet den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit zu regeln, dass die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG vorgesehenen Befristungshöchstdauer um das bis zu Dreifache überschritten werden darf. Gleiches gilt für die in diesem Zeitraum denkbaren Verlängerungsmöglichkeiten der Befristung.
BAG 26.10.2016 – 7 AZR 140/15

Kein Entgeltfortzahlungsanspruch bei Arbeitsunfähigkeit wegen In-vitro-Fertilisation

Die beabsichtigte Erfüllung eines Kinderwunsches durch eine In-Vitro-Fertilisation betrifft die individuelle Lebensgestaltung eines Arbeitnehmers. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 EFZG bei entsprechender Arbeitsunfähigkeit kommt daher nicht in Betracht. Der Arbeitgeber  muss im Rahmen seiner allgemeinen Fürsorgepflicht nur das allgemeine Krankheitsrisiko tragen und nicht im Interesse des Arbeitnehmers liegende zusätzliche Ausfallzeiten kompensieren.
BAG 26.10.2016 – 5 AZR 167/16

Woraus ergibt sich der Zahlungsanspruch bei einem Feiertag im Urlaubszeitraum?

Wenn in den Urlaubszeitraum ein gesetzlicher Feiertag fällt, besteht für diesen ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 EFZG.
BAG 26.10.2016 – 6 AZR 456/15

Berufskraftfahrer riskieren bei Drogenkonsum immer fristlose Kündigung

Ein Berufskraftfahrer muss unabhängig davon, ob er während oder außerhalb der Arbeitszeit Drogen konsumiert, immer mit einer außerordentlichen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen. Dies gilt auch dann, wenn die Fahruntüchtigkeit während der Arbeitszeit nicht mehr konkret beeinträchtigt ist.
BAG 20.10.2016 – 6 AZR 471/15

Anfangsverdacht ausreichend für Videoüberwachung eines Arbeitnehmers

§ 32 Abs. 1 BDSG regelt, dass zur Aufdeckung einer Straftat personenbezogene Daten eines Mitarbeiters erhoben, verarbeitet und genutzt werden können. Die Videoüberwachung eines Arbeitnehmers ist daher bereits dann zulässig, wenn ein über Mutmaßungen oder bloße Anhaltspunkte hinausgehender Anfangsverdacht für die Verwirklichung eines Straftatbestandes durch den Mitarbeiter besteht.
BAG 20.10.2016 – 2 AZR 395/15

Keine Benachteiligung bei gekürzter Betriebsrente für Behinderte

Ist in einer Versorgungsordnung festgelegt, dass eine Betriebsrente vor Erreichen der üblichen “festen Altersgrenze” nur mit Abschlägen gewährt wird, ist darin keine unerlaubte Benachteiligung von schwerbehinderten Mitarbeitern zu sehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es keine anderen Arbeitnehmer geben kann, die zum selben Zeitpunkt eine Betriebsrente erhalten.
BAG 13.10.2016 – 3 AZR 439/15

Anforderungen an Heilung des unvollständigen Unterrichtungsschreibens durch Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a BGB

Entspricht das Unterrichtungsschreiben über einen Betriebsübergang nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB wird die in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB normierte Widerspruchsfrist nicht in Lauf gesetzt. Ist der Arbeitnehmer jedoch bereits fast 9 Jahre für den Betriebsübernehmer tätig, kommt eine Verwirkung des Widerspruchsrechts in Betracht. Das Zeitmoment ist insoweit in so schwerwiegender Weise verwirklicht, dass an das Umstandsmoment weniger hohe Anforderungen gestellt werden können. Insoweit ist es ausreichend, wenn der Arbeitnehmer einer Versetzung durch den Übernehmer nachkommt und deswegen sogar einen Umzug in Kauf nimmt.
LAG Hamburg 07.10.2016 – 6 Sa 21/16

Was ist ein “neuer Kunde” im Sinne des § 89b Abs. 1 HGB?

Die von einem Handelsvertreter für Waren geworbenen Kunden, mit deren Vertrieb ihn der Unternehmer beauftragt hat, sind auch dann als neue Kunden im Sinne des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB anzusehen, wenn sie bereits wegen anderer Waren Geschäftsverbindungen mit dem Unternehmer unterhalten, sofern der Verkauf der erstgenannten Waren durch diesen Handelsvertreter die Begründung einer speziellen Geschäftsverbindung erfordert hat.
BGH 06.10.2016 – VII ZR 328/12

Vergütungsanspruch nach § 11 MuSchG auch ohne vorherige Arbeitsleistung

Der in § 11 MuSchG geregelte Vergütungsanspruch besteht auch dann, wenn die Arbeitnehmerin zuvor keinerlei Arbeitsleistung bei dem Arbeitgeber erbracht hat. Voraussetzung ist nur, dass zwischen beiden Parteien ein Arbeitsverhältnis für die Zeit des ärztlichen Beschäftigungsverbotes besteht.
LAG Berlin-Brandenburg 30.09.2016 – 9 Sa 917/16

Vorzeitige Beendigung des Konsultationsverfahrens bei Massenentlassung

Das in § 17 Abs. 2 KSchG normierte, vor Durchführung einer Massenentlassung durchzuführende Konsultationsverfahrens, darf arbeitgeberseits als abgeschlossen betrachtet werden, wenn der Betriebsrat keine weitere Verhandlungsbereitschaft über einschränkende oder die Massenentlassung verhindernde Maßnahmen erkennen lässt.
BAG 22.09.2016 – 2 AZR 276/16

Form der Unterrichtung nach § 17 Abs. 2 KSchG bei Massenentlassungsanzeigen

Der Arbeitgeber kann den Betriebsrat über die Absicht anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, auch in Textform (§ 126b BGB) unterrichten.
BAG 22.09.2016 – 2 AZR 276/16

“Zufallsfund” im Rahmen einer zulässigen verdeckten Videoüberwachung verwertbar

Wird bei Durchführung einer zulässigen verdeckten Videoüberwachung eines Arbeitnehmers der Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften durch einen anderen Arbeitnehmer festgestellt, sind die diesbezüglich gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses gegen den weiteren Arbeitnehmer verwertbar. Dies ergibt sich aus § 32 Abs. 1 BDSG.
BAG 22.09.2016 – 2 AZR 848/15

Verbot der Diskriminierung befristete Beschäftigter

Das Verbot der Diskriminierung befristet beschäftigter Arbeitnehmer gilt auch in Bezug auf Abfindungszahlungen.
EuGH 14.09.2016

Befristung bei dauerhaftem Bedarf nicht gerechtfertigt

Dient eine Vertragsverlängerung nicht zur Deckung eines nur zeitweiligen Personalbedarfs ist sie nicht gerechtfertigt. Erforderlich ist, dass in einer die Befristungsmodalitäten regelnden Rahmenvereinbarung neben sachlichen Gründen, welche die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen, eine zulässige Höchstdauer und Höchstzahl für derartige Befristungen festgelegt ist.
EuGH 14.09.2016 – C-16/15

Anforderungen an eine Druck(änderungs)kündigung

Will der Arbeitgeber eine Druck(änderungs)Kündigung aussprechen, muss er zunächst den Sachverhalt hinreichend aufklären und sich dabei auch schützend vor den zu kündigenden Arbeitnehmer stellen. In welchem Umfang sich der Arbeitgeber insoweit bemühen muss, ist auch davon abhängig, welchen Beitrag der Arbeitnehmer zu dem eingetretenen tiefgreifenden Zerwürfnis mit den anderen Arbeitnehmern und Dritten geleistet hat.
LAG Baden-Württemberg 25.08.2016 – 1 Sa 14/16

Voraussetzungen für einen Betriebs(teil)übergang

Von einem Betriebs(teil)übergang im Sinne des § 613a Abs. 1 BGB ist auszugehen, wenn ein neuer Rechtsträger eine dauerhaft angelegte wirtschaftliche Einheit unter Beibehaltung der bisherigen Identität fortführt. Hierfür ist eine Gesamtbewertung vorzunehmen, bei der sämtliche den Vorgang betreffende und kennzeichnende Aspekte zu berücksichtigen sind. Eine isolierte Betrachtung einzelner Parameter ist nicht vorzunehmen.
BAG 25.08.2016 – 8 AZR 53/15

Verfallsfristen für Mindestentgelte unwirksam

Eine arbeitsvertragliche (AGB-)Regelung, wonach auch der auf einer Mindestlohnverordnung basierende Entgeltanspruch (hier: § 2 PflegeArbbV in Verbindung mit §§ 9 Satz 3; 13 AEntG) verfällt, ist unwirksam. Demgemäß kann der Anspruch auf das Mindestentgelt nicht wegen Versäumung der vertraglichen Ausschlussfrist erlöschen.
BAG 24.08.2016 – 5 AZR 703/15

Vorrang der Individualabrede auch bei vorformulierter Einmalabrede

Eine Individualabrede geht Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor. Dies gilt trotz der fehlenden Verweisung in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf § 305b BGB auch für vorformulierte Einmalbedingungen in einem Arbeitsvertrag.
BAG 24.08.2016 – 5 AZR 129/16

Heimarbeitsverhältnis schließt sachgrundlos befristete Anschlussbeschäftigung nicht aus

Ein Heimarbeitsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 14 Abs. 2 TzBfG. Folglich kann zwischen den Arbeitsvertragsparteien im direkten Anschluss an ein Heimarbeitsverhältnis für die Dauer von zwei Jahren ein sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag geschlossen werden.
BAG 24.08.2016 – 7 AZR 342/14

Kein Entschädigungsanspruch bei AGG-Hopping

Erfolgt die Bewerbung auf eine ausgeschriebene Stelle allein mit dem ausschließlichen Ziel, den formalen Status als Bewerber im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen, um dann eine Entschädigung geltend machen zu können, ist dies rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB). Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG scheidet aus.
BAG 11.08.2016 – 8 AZR 4/15

Entschädigungszahlung wegen Nichtberücksichtigung eines Schwerbehinderten

Wird ein schwerbehinderter Bewerber, dessen erforderliche fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle nicht ausgeschlossen werden kann, von einem öffentlichen Arbeitgeber nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, liegt ein Verstoß gegen § 82 SGB IX vor. Dem Schwerbehinderten steht daher ein Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu.
BAG 11.08.2016 – 8 AZR 375/15

Überprüfung eines Bonusanspruches “nach billigem Ermessen”

Hat sich der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag dazu verpflichtet, dem Mitarbeiter einen Bonusanspruch “nach billigem Ermessen” zu bezahlen, kann das Arbeitsgericht die vom Arbeitgeber zugrunde gelegten Kriterien und die von ihm angegebene Höhe des Bonusanspruches in vollem Umfang prüfen. Faktoren, die der Arbeitgeber nicht offenlegt, können nicht zu Lasten des Arbeitnehmers gehen. Der Arbeitnehmer kann auch nicht auf eine Auskunftsklage verwiesen werden. Stattdessen kann der Leistungsumfang durch das Gericht unter Berücksichtigung der im Verfahren bekannt gewordenen Parameter (wie Höhe des Bonus in der Vergangenheit, Unternehmenskennzahlen, Beurteilungen des Mitarbeiters) festgesetzt werden.
BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14

GmbH-Geschäftsführer kann kein betriebsstörender Arbeitnehmer im Sinne des § 104 BetrVG sein

Der Betriebsrat kann die “Entfernung” des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH nicht nach § 104 BetrVG verlangen. Mangels Arbeitnehmereigenschaft, für die allein die nationalen Anforderungen entscheidend sind, kann der Geschäftsführer kein “betriebsstörender Arbeitnehmer” sein, so dass der Anwendungsbereich nicht eröffnet ist.
LAG Hamm 02.08.2016 – 7 TaBV 11/16

Anforderungen an Entfernung eines betriebsstörenden Arbeitnehmers nach § 104 BetrVG

Bei ernstlicher Störung des Betriebsfriedens kann der Betriebsrat nach § 104 BetrVG die Entfernung des betriebsstörenden Arbeitnehmers verlangen. Erforderlich hierfür ist, dass durch das Verhalten des Arbeitnehmers die physische oder psychische Gesundheit der Belegschaft oder erheblicher Teile der Belegschaft betroffen ist, und dass die Störung noch andauert oder eine Wiederholung unmittelbar bevorsteht.
LAG Berlin-Brandenburg 28.07.2016 – 10 TaBV 367/16

Kein Entschädigungsanspruch für Scheinbewerber

Ein Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung ist von vornherein ausgeschlossen, wenn ein Bewerber den Erhalt der ausgeschriebene Stelle gar nicht anstrebt, sondern allein das Ziel hat, eine Entschädigung wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen die Antidiskriminierungsvorschriften geltend zu machen.
EuGH 28.07.2016 – C-423/15

Vertikale Zeugnisunterschrift verstößt gegen § 102 Abs. 2 Satz 2 GewO

Wird ein Arbeitszeugnis durch den Aussteller mit einer quer zum Zeugnistext verlaufenden Unterschrift versehen, führt dies zu erheblichen Zweifeln an der Ersthaftigkeit des Arbeitszeugnisses und ist als Verstoß gegen § 102 Abs. 2 Satz 2 GewO zu bewerten. Die Unterschrift hat in der Weise zu erfolgen, wie der Unterzeichnende auch sonstige wichtige betriebliche Dokumente auf den Weg bringt.
LAG Hamm 27.07.2016 – 4 Ta 118/16

Voraussetzung für Ausschluss aus einem auf einer Betriebsvereinbarung basierenden Rentensystem

Ein Arbeitnehmer, der bereits individualrechtlich einen Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung hat, kann der Anspruch auf eine Betriebsrente, deren Rechtsgrundlage sich in einer Betriebsvereinbarung befindet, dann versagt werden, wenn die für ihn einzelvertraglich vereinbarte Betriebsrente zumindest annähernd gleichwertig ist.
BAG 19.07.2016 – 3 AZR 134/15

Kein Anspruch auf Anwesenheit eines Anwaltes bei Personalakteneinsicht

Das ist § 83 Abs. 1 BetrVG normierte Recht auf Einsichtnahme in die Personalakte, kann grundsätzlich nicht im Beisein eines Rechtsanwaltes wahrgenommen werden. Hinzugezogen werden kann lediglich ein Mitglied des Betriebsrates. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter gestattet, Kopien von einzelnen Schriftstücken zu fertigen.
BAG 12.07.2016 – 9 AZR 791/14

AÜ-Erlaubnis des Verleihers verhindert fiktives Arbeitsverhältnis bei Scheinwerkverträgen

Auch wenn der Einsatz eines Leiharbeitnehmers bei einem Entleiher als Werkvertrag bezeichnet worden ist, obwohl Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, kommt zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher dann kein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Verleiher eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG besitzt.
BAG 12.07.2016 – 9 AZR 352/15

Kein Unfallversicherungsschutz für Heimarbeiter auf dem Weg zur Mittagspause

Verletzt sich ein in einem Homeoffice tätiger Mitarbeiter auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme innerhalb seiner Wohnung, ist hierin kein Arbeitsunfall zu sehen, so dass er keinen Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung genießt.
BSG 05.07.2016 – B 2 U 5/15 R

Ausschluss der Hinterbliebenenversorgung bei eingetragener Lebenspartnerschaft nach dem 60. Lebensjahr = Diskriminierung

Sieht die betriebliche Altersversorgungsregelung in einem Unternehmen vor, dass eine Hinterbliebenenrente nur dann beansprucht werden kann, wenn die eingetragene Lebenspartnerschaft bereits vor Vollendung des 60. Lebensjahres bestand, obwohl das Eingehen einer derartigen Bindung vor Erreichen dieser Altersgrenze rechtlich unmöglich war, liegt eine unzulässige mittelbare Diskriminierung des Beschäftigten wegen der sexuellen Ausrichtung vor.
EuGH Schlussanträge 30.06.2016 – C-443/15

Mindestlohnanspruch gilt auch für Bereitschaftsdienst

Muss sich der Arbeitnehmer während einer bestimmten Zeit an einem von dem Arbeitgeber festgelegten Ort (innerhalb oder außerhalb der Arbeitsstätte) aufhalten, um ggf. die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst), hat er für diese Zeit einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Ein “zusätzlicher” Vergütungsanspruch besteht jedoch nur dann, wenn die Gesamtvergütung für den Monat den Umfang des gesetzlichen Mindestlohnes nicht erreicht.
BAG 29.06.2016 – 5 AZR 716/15

Zeugnisunterschrift auch durch Personalleiter möglich

Auch in einem nur sehr kleinen Betrieb muss das einem Mitarbeiter ausgestellte Arbeitszeugnis nicht zwingend von dem Geschäftsführer bzw. Inhaber unterzeichnet werden. Vielmehr genügt hier ebenfalls die Unterzeichnung durch den Personalleiter. Soweit sich der Arbeitnehmer darauf stützen will, dass bei der Ausfertigung des Zeugnisses Geheimzeichen im Sinne des § 109 Abs. 2 Stz 2 GewO verwendet wurden, trägt er hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
LAG Schleswig-Holstein 23.06.2016 – 1 Ta 68/16

Kündigung bei Vorgesetztenbeleidigung via Facebook nicht zwingend gerechtfertigt

Eine Kündigung bei grober Beleidigung eines Vorgesetzten durch Verwendung von Emoticons via Facebook ist nicht zwingend gerechtfertigt. Vielmehr kann unter Berücksichtigung der Gesamtumstände auch nur angemahnt werden. Zu beachten ist insoweit, dass in sozialen Netzwerken unter dem Schutz der Anonymität heftiger “vom Leder gezogen wird” als im direkten Zwiegespräch. Zudem sind bei dieser Art der Kommunikation die Folgen einer Beleidigung als nicht so präsent einzustufen.
LAG Baden-Württemberg 22.06.2016 – 4 Sa 5/16

Arbeitgeber muss Reinigungskosten für Hygienekleidung übernehmen

Ist z.B. wie im Lebensmittelbereich (hier: Schlachterei) vorgeschrieben, dass die Mitarbeiter während der Erbringung der geschuldeten Tätigkeit eine bestimmte Hygienekleidung anziehen müssen, hat der Arbeitgeber die insoweit erforderlichen Reinigungskosten zu tragen.
BAG 14.06.2016 – 9 AZR 181/15

Arbeitgeber trägt Reinigungskosten für Hygienekleidung

Soweit Arbeitgeber der Lebensmittelindustrie verpflichtet sind, ihren Mitarbeitern geeignete Hygienekleidung zur Verfügung zur Stellung, müssen sie auch die Kosten für deren Reinigung tragen.
BAG 14.06.2016 – 9 AZR 181/15

Heilung fehlerhaften Konsultationsverfahrens durch Stellungnahme des Betriebsrates

Hat es der Arbeitgeber versäumt, seinen Betriebsrat im Fall einer geplanten Betriebsstilllegung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG ordnungsgemäß über die von einer Massenentlassung betroffenen Berufsgruppen zu unterrichten, kann das fehlerhafte Konsultationsverfahren durch die abschließende Stellungnahme des Betriebsrates geheilt werden. Hiervon ist zumindest dann auszugehen, wenn der Betriebsrat zum Ausdruck gebracht hat, dass er umfassend genug informiert wurde.
BAG 09.06.2016 – 6 AZR 405/15

Massenentlassungsschutz darf durch Sonderkündigungsschutz nach § 18 BEEG nicht ausgehebelt werden

Kann einem sich in Elternzeit befindlichen Mitarbeiter wegen des zunächst nach § 18 BEEG durchzuführenden Zulässigkeitsverfahrens nicht innerhalb des in § 17 Abs.1 KSchG vorgesehenen 30-Tages-Zeitraumes gekündigt werden, so dass er den Massenentlassungsschutz verliert, ist die Kündigung wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG unwirksam.
BVerfG 08.06.2016 – 1 BvR 3634/13

Keine Kürzung einer Sozialplanabfindung wegen möglicher vorgezogener Rente

Die Höhe des Sozialplanabfindungsanspruches darf nicht davon abhängig gemacht werden, dass etwa schwerbehinderte Arbeitnehmer eine vorgezogene Rente mit Abschlägen beantragen könnten. Insoweit würde diese Arbeitnehmergruppe unzulässig benachteiligt. Folge wäre, dass diese schwerbehinderten Arbeitnehmer eine Anpassung der Sozialplanabfindung “nach oben” beantragen können. Voraussetzung ist allerdings, dass der Erhöhungsbetrag im Vergleich zum Gesamtvolumen des Sozialplanes nicht unverhältnismäßig erscheint.
LAG Hamm 02.06.2016 – 11 Sa 1344/15

Kein fixer Anspruch auf Kopftuch am Arbeitsplatz

Das Erscheinen mit einem islamistischen Kopftuch am Arbeitsplatz kann der Arbeitgeber dann verbieten, wenn es in einem Unternehmen generell untersagt ist, erkennbare Zeichen politischer, philosophischer oder religiöser Natur zu tragen. Es ist ein legitimes Ziel, sich allgemein zu religiöser und weltanschaulicher Neutralität zu bekennen.
EuGH Schlussantrag 31.05.2016 – C-157/15

Fristlose Kündigung bei Anfertigung privater Raubkopien während der Arbeitszeit

Fertigt ein Mitarbeiter während seines Dienstes unter Nutzung des ihm an seinem Arbeitsplatz vorhandenen Rechners und dienstlicher CD-Rohlinge private Raubkopien an, kann dies eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen. Ein derartiges Vorgehen stellt nicht nur eine erhebliche Pflichtverletzung dar, sondern kann auch dazu führen, dass das Vertrauensverhältnis der Arbeitsvertragsparteien unwiederbringlich zerstört ist.

LAG Sachsen-Anhalt 26.05.2016 – 6 Sa 23/16

Umfang der Beweislast für einen Entgeltfortzahlungsanspruch

Der Arbeitnehmer hat hinsichtlich des in § 3 EFZG normierten Entgeltfortzahlungsanspruches nicht nur seine Arbeitsunfähigkeit selbst zu beweisen, sondern auch deren Beginn und Ende.
BAG 25.05.2016 – 5 AZR 318/15

Anforderungen an vorzeitigen Abschluss der Betriebsratsanhörung

Von einer vorzeitigen Beendigung des in § 102 BetrVG normierten Anhörungsverfahrens kann nur dann ausgegangen werden, wenn sich der Arbeitgeber aufgrund besonderer Anhaltspunkte darauf verlassen darf, dass der Betriebsrat innerhalb der in § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG bzw. § 102 Abs. 3 BetrVG geregelten Fristen keine Stellung mehr nimmt.
BAG 25.05.2016 – 2 AZR 345/15

Ambulante Kur begründet nicht zwingend Entgeltfortzahlungsanspruch

Nimmt ein Arbeitnehmer eine ambulante Vorsorgekur in Anspruch, hat er in dieser Zeit nicht zwingend einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dieser besteht nur dann, wenn die Kur von einem Sozialleistungsträger genehmigt wurde und in einer Einrichtung im Sinne des § 107 Abs. 2 SGB V stattfindet. Zudem darf die Kur nicht urlaubsmäßig ausgerichtet sein. Ist eine der vorstehenden Voraussetzungen nicht erfüllt (z.B. wenn die Kur in einem Kur- und Wellnesscenter stattfindet und nur aus Massagen, Packungen und Bädern o.ä. besteht), muss der Arbeitnehmer für den Kuraufenthalt Erholungsurlaub beantragen.
BAG 25.05.2016 – 5 AZR 298/15

Einfluss von Jahressonderzahlungen auf den Mindestlohn

Weihnachts- und Urlaubsgeld, das ein Arbeitgeber unwiderruflich und vorbehaltlos in jedem Kalendermonat anteilig  und zusätzlich zu der vereinbarten Vergütung gewährt, ist grundsätzlich auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch anrechenbar.
BAG 25.05.2016 – 5 AZR 135/16

Strenges Schriftformerfordernis für Elternzeitverlangen

Für die Inanspruchnahme von Elternzeit ist es erforderlich, dass der betreffende Arbeitnehmer/in diese unter Einhaltung des in § 126 Abs. 1 BGB normierten Schriftformerfordernisses verlangt. Demzufolge bedarf es einer eigenhändigen Original-Namensunterschrift oder eines notariell beglaubigten Handzeichens. Die Geltendmachung per Telefax oder E-Mail reicht nicht aus. Wird das strenge Schriftformerfordernis missachtet, hat dies die Nichtigkeit der Erklärung zur Folge. Der in § 18 BEEG geregelte Sonderkündigungsschutz wird nicht ausgelöst.
BAG 10.05.2016 – 9 AZR 145/15

Nichtraucherschutz mit Grenzen

Ein ausschließlich rauchfreier Arbeitsplatz kann nicht beansprucht werden, wenn das in dem jeweiligen Bundesland geltende Nichtraucherschutzgesetz in bestimmten Bereichen (hier: Spielbank) das Rauchen ausnahmsweise gestattet. Der Arbeitgeber muss jedoch alle ihm zumutbaren Maßnahmen treffen, um die Gesundheitsgefährdung zu minimieren. Hierzu gehören etwa eine bauliche Trennung des Raucherbereiches sowie dessen ausreichende Be- und Entlüftung.
BAG 10.05.2016 – 9 AZR 347/15

Probezeitkündigung erfordert kein Präventionsverfahren

Es besteht keine Verpflichtung innerhalb der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses ein Präventionsverfahren im Sinne des § 84 Abs. 1 SGB IX durchzuführen. Mithin liegt auch keine Diskriminierung eines Schwerbehinderten vor, wenn ihm der Arbeitgeber innerhalb der Probezeit bzw. Wartezeit, ohne ein derartiges Verfahren vorzuschalten, kündigt.
BAG 21.04.2016 – 8 AZR 402/14

Kein separater Telefon- und Internetanschluss für den Betriebsrat

Der Betriebsrat hat allein aufgrund der abstrakten Gefahr einer missbräuchlichen Ausnutzung der technischen Kontrollmöglichkeiten durch den Arbeitgeber keinen Anspruch darauf, dass ihm ein vom betrieblichen Netzwerk bzw. der entsprechenden Telefonanlage unabhängiger Anschluss eingerichtet wird. Ausreichend ist, wenn innerhalb des bestehenden Kommunikationssystems ein Telefonanschluss ermöglicht bzw. ein Internetzugang eröffnet und eigene E-Mail-Adressen eingerichtet werden.
BAG 20.04.2016 – 7 ABR 50/14

“Windhundprinzip” für Abfindungsprogramm nicht zu beanstanden

Zulässig ist es, ein Abfindungsangebot auf eine limitierte Anzahl von Arbeitnehmern zu beschränken, und die Anspruchsberechtigung an den zeitlichen Eingang der Angebotsannahme zu knüpfen. Da kein Anspruch auf ein Ausscheiden gegen Zahlung einer Abfindung besteht, kann der Arbeitgeber unter Berücksichtigung des AGG grundsätzlich frei darüber entscheiden, wie er die Auswahl der abzufindenden Mitarbeiter gestaltet.
LAG Düsseldorf 12.04.2016 – 14 Sa 1344/15

Auch Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mit deutlich geringerer Entlohnung schließt betriebsbedingte Kündigung aus

Besteht für einen Arbeitnehmer eine objektiv mögliche und zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz, kommt keine betriebsbedingte Kündigung in Betracht. Auch eine um mehrere Entgeltgruppen geringere Entlohnung kann noch zumutbar sein. Lediglich in Extremfällen, in denen das Änderungsangebot einen beleidigenden Charakter hätte oder von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass der Arbeitnehmer die bestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ablehnt, ist das Angebot entbehrlich.
ArbG Bonn 6.4.2016 – 5 Ca 2292/15

AGB-Kontrolle bei Befristung einzelner Arbeitsbedingungen

Werden in einer zwischen den Arbeitsvertragsparteien getroffenen Vereinbarung einzelne Arbeitsbedingungen befristet, ist deren Wirksamkeit nicht an den Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zu messen. Vielmehr ist eine AGB-Kontrolle durchzuführen.
BAG 23.03.2016 – 7 AZR 828

Betriebsänderung auch bei bloßer Optimierung und Rationalisierung von Arbeitsprozessen denkbar

Setzt der Arbeitgeber in seinem Betrieb ein System um, mit welchem Arbeitsprozesse strukturiert, vereinheitlicht, optimiert und rationalisiert werden sollen, kann hierin eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG zu sehen sein.
BAG 22.03.2016 – 1 ABR 12/14

Mitbestimmungsrecht bei Aufstellung von Verfahrensgrundsätzen für das BEM

Dem Betriebsrat steht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Aufstellung von Verfahrensgrundsätzen für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) zu. Dieses umfasst nicht die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen und ihre Ausgestaltung.
BAG 22.03.2016 – 1 ABR 14/14

Anspruch auf Weiterbeschäftigung bei Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente

Die im SGB IX normierten Rechte Schwerbehinderter dürfen durch andere Vorschriften (hier: § 33 TVöD) nicht verkürzt werden. Unter anderem steht einem schwerbehinderten Arbeitnehmer nach § 84 Abs. 4, Abs. 5 Satz 3 SGB IX das Recht auf behinderungsgerechte Beschäftigung zu. Daneben kann jeder Mitarbeiter, während ein Arbeitsverhältnis ruht, vom Arbeitgeber nach § 241 Abs. 2 BGB auch verlangen, dass dieser die Möglichkeiten einer Weiterbeschäftigung unter Beachtung des noch vorhandenen Leistungsvermögens prüft.
BAG 17.03.2016 – 6 AZR 221/15

Ausscheidensangebot “Konzept 60+” nicht altersdiskriminierend

Es liegt keine Altersdiskriminierung vor, wenn allen Führungskräften ein individuelles Angebot auf Abschluss eines Änderungs- bzw. Aufhebungsangebot mit Vollendung des 60. Lebensjahres gegen Zahlung eines Kapitalbetrages (Konzept 60+) unterbreitet wird.
BAG 17.03.2016 – 8 AZR 677/14

Rechtzeitige Klageerhebung erfüllt tarifliche Ausschlussfrist nicht

Sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer (tariflichen) Ausschlussfrist gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend zu machen, reicht es zur Fristwahrung nicht aus, wenn diese Ansprüche innerhalb der Frist lediglich gerichtlich geltend gemacht werden und die Klage der anderen Vertragspartei erst nach Fristablauf zugeht. Entscheidend ist der Zugang beim Anspruchsgegner selbst. Eine Rückwirkung der Zustellung nach § 167 ZPO findet nicht statt.
BAG 16.03.2016 – 4 AZR 421/15

Keine fristlose Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes nach unbezahlter Selbstbeurlaubung

Tritt ein freigestelltes Betriebsratsmitglied eigenmächtig einen unbezahlten Urlaub (hier: zum Besuch einer nicht bewilligten Gewerkschaftsschulung) von zwei Tagen an, rechtfertigt dies nicht zwingend eine fristlose Kündigung. Es bestehen gesteigerte Anforderungen an eine fristlose Kündigung, wenn der Vorwurf die besonders geschützte Betriebsratstätigkeit betrifft.
ArbG Düsseldorf 10.03.2016 – 10 BV 253/15

Gewerkschaftsaustritt darf nicht honoriert werden

Sagt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern eine Prämie für den Fall zu, dass diese aus der Gewerkschaft austreten, verstößt er hiermit gegen die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit. Daneben steht der Gewerkschaft auch ein Unterlassungsanspruch zu, wenn der Arbeitgeber die Mitarbeiter offensiv nach ihrer  Gewerkschaftszugehörigkeit befragt oder Vordrucke für die Kündigung der Gewerkschaftsmitgliedschaft auslegt.
ArbG Gelsenkirchen 09.03.2016 – 3 Ga 3/16

Videoüberwachung eines Lagerraumes zulässig

Die Überwachung eines Lagerraumes kann, auch wenn dort ein kleiner Sozialbereich vorhanden ist, zulässig sein. Dies gilt insbesondere, wenn dort die Gefahr für einen Diebstahl erhöht ist. In einem solchen Fall kann die Wertigkeit des Persönlichkeitsrechts der Mitarbeiter niedriger eingestuft werden als das Interesse des Arbeitgebers an der Aufklärung etwaiger Straftaten.
ArbG Oberhausen 25.02.2016 – 2 Ca 2024/15

Umfang der AGB-Kontrolle für Forderungsverzicht in Aufhebungsvereinbarung

Verzichten die Parteien auf Wunsch des Arbeitnehmers in einer vom Arbeitgeber vorformulierten Aufhebungsvereinbarung auf gegenseitige Forderungen, ist die entsprechende Regelung lediglich dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber die Situation des Arbeitnehmers treuwidrig zur Durchsetzung eigener INteressen ausgenutzt hat.
BAG 24.02.2016 – 5 AZR 258/14

Meldepflicht für Betriebsratsmitglieder

Auch Mitgliedern des Betriebsrates, die für diese Tätigkeit von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt sind, obliegt die Verpflichtung, sich bei dem Arbeitgeber unter Hinweis auf die voraussichtliche Dauer der Abwesenheit abzumelden, wenn sie außerhalb des Betriebes Betriebsratsaufgaben erledigen. Zudem müssen sie sich auch wieder zurückmelden.
BAG 24.02.2016 – 7 ABR 20/14

Annahmeverzugslohn – Umfang der Anrechnung anderweitigen Verdienstes

Anderweitiger Verdienst ist auf Annahmeverzugslohn lediglich in dem Umfang anzurechnen, der dem Verhältnis der bei dem bisherigen Arbeitgeber ausgefallenen Arbeitszeit zu der im neuen Arbeitsverhältnis geleisteten Arbeitszeit entspricht.
BAG 24.02.2016 – 5 AZR 425/15

Wer haftet bei Diebstahl am Arbeitsplatz?

Eine Haftung des Arbeitgebers bei Diebstahl am Arbeitsplatz ist von vornherein nur dann denkbar, wenn dieser pflichtwidrig keine Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter getroffen hat. Zu beachten ist, dass Leiharbeitnehmer einen größeren Schutz genießen können und ggf. der Entleiher einzustehen hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn ihnen nicht bekannt gemacht wurde, dass es abschließbare Spinde gibt.
LAG Düsseldorf 23.02.2016 – 8 Sa 593/15

Keine Altersdifferenzierung bei tariflicher Einkommenssicherungszulage möglich

Ist in einem Tarifvertrag geregelt, dass einem Arbeitnehmer im Fall einer Umstrukturierung eine Einkommenssicherungszulage zusteht, auf die allgemeine Erhöhungen des Arbeitsentgelts anzurechnen sind, muss dies für alle Mitarbeiter gleichermaßen gelten. Die Ausnahme älterer Arbeitnehmer führt zu einer unzulässigen Benachteiligung jüngerer Mitarbeiter.
BAG 18.02.2016 – 6 AZR 700/14

§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG – Befristungsgrund im Profifußball

Der erforderliche Sachgrund für den befristeten Arbeitsvertrag mit einem Profifußballer kann sich aus der in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG geregelten Eigenart der Arbeitsleistung ergeben.
LAG Rheinland-Pfalz 17.02.2016 – 4 Sa 202/15

Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers bei Flugverspätung

Benutzt ein Mitarbeiter für eine Geschäftsreise ein verspätet ankommendes Flugzeug und entsteht dem Arbeitgeber hierdurch ein Schaden, ist die Fluggesellschaft hierfür ersatzpflichtig. Der Umfang der Schadensersatzzahlung ist allerdings auf den Betrag beschränkt, den der betroffene Mitarbeiter erlangt hätte, wenn er für sich geklagt hätte.
EuGH 17.02.2016 – C-429/14

Auslegung von Verfallsklauseln

Soweit Inhalt einer Verfallsklausel abgrenzbare Ausschlussfristenregelungen für verschiedene Anspruchsarten sind, darf ein unwirksamer Teil der Klausel zur Auslegung des verbleibenden Teils herangezogen werden.
BAG 27.01.2016 – 5 AZR 227/14

Wer haftet bei Diebstahl von Wertsachen im Betrieb?

Eine Haftung des Arbeitgebers ist grundsätzlich nur dann denkbar, wenn die vom Arbeitnehmer mitgebrachten Wertsachen zwingend oder zumindest regelmäßig für die von ihm mittelbar oder unmittelbar zu erbringende Arbeitsleistung benötigt werden. Der Arbeitgeber wäre unkalkulierbaren Haftungsrisiken ausgesetzt, wenn er für den Verlust oder die Beschädigung sämtlicher Wertsachen, die keinerlei Bezug zum Arbeitsverhältnis haben und die ohne seine Kenntnis und Einverständnis mitgebracht werden, einstehen müsste.
LAG Hamm 21.01.2016 – 18 Sa 1409/15

Ausgaben für Dienstjubiläumsfeier steuerlich absetzbar

Die Ausgaben für eine Dienstjubiläumsfeier können im Rahmen der Jahressteuererklärung grundsätzlich als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemacht werden. Zum einen handelt es sich bei einem Dienstjubiläum um ein berufsbezogenes Ereignis. Zum anderen gilt dies insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer seine Gäste nach abstrakten berufsbezogenen Merkmalen ausgewählt hat. Auch der Ort und die Zeit für die Durchführung der Feier können neben anderen Kriterien ein Indiz für einen allein beruflich veranlassten Charakter sein.
BFH 20.01.2016 – VI R 24/15

Auswertung des Browserverlaufs zulässig

Besteht der Verdacht einer unerlaubten Internetnutzung, dürfen Arbeitgeber auch ohne Einwilligung des Arbeitnehmers den Browserverlauf eines Dienstrechners kontrollieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Arbeitgeber keine anderen Mittel zur Verfügung stehen, um den Umfang der unerlaubten Internetnutzung nachzuweisen. Ein Beweisverwertungsverbot in einem Kündigungsschutzprozess besteht nicht.
LAG Berlin-Brandenburg 14.01.2016 – 5 Sa 657/15

Sonderzahlungen für gesetzlichen Mindestlohn relevant

Wird einem Arbeitnehmer monatlich eine Sonderzahlung für normale Arbeitsleistung gewährt, kann diese auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden.
LAG Berlin-Brandenburg 12.01.2016 – 19 Sa 1851/15

E-Mail-Kontrolle verstößt nicht gegen Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)

Die Überwachung der Internetnutzung eines Mitarbeiters stellt keinen Verstoß gegen das in Art. 8 EMRK normierte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar. Es ist nicht unbillig, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers während der Arbeitszeit überprüft.
EGMR 12.01.2016 – Beschwerdenummer 61496/08

Prozessuales Vorgehen bei vorsorglicher Änderungskündigung

Spricht der Arbeitgeber nach im Wege des Direktionsrecht angeordneten veränderten Arbeitsbedingungen noch vorsorglich eine Änderungskündigung aus, kann der Arbeitnehmer dann, wenn er gerichtlich auch die einseitige Anweisung überprüfen lässt, den Änderungsschutzantrag (vgl. § 4 Satz 2 KSchG) hilfsweise für den Fall stellen, dass es nach Ansicht des Gerichts für die streitgegenständliche Maßnahme einer Vertragsänderung bedarf.
BAG 17.12.2015 – 2 AZR 304/15

Urlaubs-Sonderregeln für Mutterschutz und Elternzeit beeinflussen nur Urlaubsjahr

Nach § 17 Satz 2 MuSchG bzw. § 17 Abs. 2 BEEG kann der vor Beginn eines Beschäftigungsverbotes bzw. der Elternzeit nicht oder nicht vollständig genommene Erholungsurlaub auch nach dem Ende des Verbotes bzw. der Elternzeit im laufenden oder nächsten Urlaubsjahr genommen werden. Aus diesen Regelungen ergibt sich keine Verlängerung des in § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG normierten Übertragungszeitraumes, sondern nur eine Modifizierung des maßgeblichen Urlaubsjahres.
BAG 15.12.2015 – 9 AZR 52/15

Anforderungen an Umkleidezeit als Arbeitszeit

Muss ein Arbeitnehmer seine Arbeitskleidung im Betrieb an- bzw. ausziehen, gehört die Umkleidezeit zur Arbeitszeit. Ausnahmsweise gilt dies aus auch, wenn sich der Arbeitnehmer zwar theoretisch zu Hause umkleiden könnte, ihm dies aber wegen starker Verschmutzung der Kleidung aus hygienischen Gründen unzumutbar oder unmöglich ist bzw. wenn sich auf der Uniform ein sehr auffälliges Firmenemblem befindet.
LAG Hessen 23.11.2015 – 16 Sa 494/15

Außerordentliche Kündigung bei Freiheitsstrafe

Muss ein Arbeitnehmer eine Freiheitsstrafe von mehr als sieben Jahren verbüßen und gibt es keinerlei Anzeichen für eine vorherige Entlassung, kann das Arbeitsverhältnis (unter Beachtung einer ordnungsgemäßen Interessenabwägung) auch dann außerordentlich mit sozialer Auslauffrist gekündigt werden, wenn dieses mittlerweile tariflich ordentlich unkündbar geworden ist.
BAG 22.10.2015 – 2 AZR 381/14

Für Equal-Pay zählen Bedingungen beim Entleiher

Bei der Ermittlung der Höhe des einem Leiharbeitnehmer zu zahlenden Vergleichsentgelts kommt es bei einem Equal-Pay-Anspruch auf die bei dem Entleiher geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen an. Für die Höhe des Vergleichsentgelts unerheblich sind die zwischen Verleiher und Entleiher vereinbarten Konditionen. Das Vergleichsentgelt im Sinne des § 10 Abs. 4 AÜG ist tätigkeitsbezogen zu ermitteln. Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich das Arbeitsentgelt, welches der Leiharbeitnehmer erhalten würde, wenn er direkt von dem Entleiher für dieselbe Tätigkeit eingestellt worden wäre. Ausnahmsweise können auch andere Kriterien einbezogen werden, wenn diese für Stammarbeiter vergütungsrelevant sind.
BAG 21.10.2015 – 5 AZR 604/14

Schriftformerfordernis für vorzeitiges Ausscheiden aufgrund Abwicklungsvertrages

Will ein Arbeitnehmer von der in einem Abwicklungsvertrag vereinbarten Möglichkeit des vorzeitigen Ausscheidens Gebrauch machen (Sprinterklausel), muss er für die entsprechende Erklärung zwingend die in § 623 BGB geregelte Schriftform beachten.
BAG 17.12.2015 – 6 AZR 709/14

Sozialplan schließt Freiwilligenprogramm zum Personalabbau nicht aus

Der Arbeitgeber kann mit seinem Betriebsrat neben einem Sozialplan eine davon unabhängige Regelung treffen, welche das Ziel hat, Mitarbeiter zum freiwilligen Ausscheiden aus dem Unternehmen zu animieren. Voraussetzung hierfür ist, dass der Sozialplan ebenfalls hinreichend dotiert ist, und das Freiwilligenprogramm auch ansonsten nicht dazu dient, den mit dem Sozialplan verbundenen Zweck zu umgehen.
LAG München 09.12.2015 – 5 Sa 591/15

Umkleidezeit als mitbestimmungspflichtige Arbeitszeit

Bei besonders auffälliger Dienstkleidung kann der Betriebsrat bezüglich der Berücksichtigung von Umkleidezeiten für die Arbeitszeit ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG haben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Arbeitnehmer durch das Tragen der Dienstkleidung im öffentlichen Raum wegen des Designs unschwer als Mitarbeiter zu erkennen sind.
BAG 17.11.2015 – 1 ABR 76/13

Fristlose Kündigung auch bei länger zurückliegender Belästigung

Auch dann, wenn eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz bereits mehrere Monate zurückliegt, kann eine fristlose Kündigung noch hierauf gestützt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitgeber die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von diesem Vorfall ausspricht oder eine bereits zuvor ausgesprochene fristlose Kündigung nachträglich auch mit diesem Sachverhalt begründet (Nachschieben von Kündigungsgründen).
LAG Schleswig-Holstein 10.11.2015 – 2 Sa 235/15

Arbeitszeitkonto auch bei Vertrauensarbeitszeit möglich

Wurde zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart, dass Vertrauensarbeitszeit gelten soll, kann dennoch ein Arbeitszeitkonto geführt werden. Ebenso kann in diesem Fall auch ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung eines Arbeitszeitguthabens bestehen, welches aus Mehrarbeit resultiert.
BAG 23.09.2015 – 5 AZR 767/13

Vorheriges Praktikum für Probezeit bedeutungslos

Ein vorausgegangenes Praktikum verkürzt die Probezeit eines Ausbildungsverhältnisses nicht.
BAG 19.11.2015 – 6 AZR 844/14

Vertretungsbefristung nach § 21 BEEG vor Elternzeitverlangen möglich

Der wirksame Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages gemäß § 21 Abs. 1, 3 BEEG zur Elternzeitvertretung setzt nicht voraus, dass die Stammkraft bei Vertragsabschluss die Elternzeit im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG bereits ordnungsgemäß verlangt hat.
BAG 09.09.2015 – 7 AZR 148/14

Kein Personalgespräch bei Arbeitsunfähigkeit

Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig, muss er der Aufforderung zu einem Personalgespräch grundsätzlich nicht nachkommen. Da Weisungen des Arbeitgebers während der Erkrankung ohnehin nicht erfüllt werden können, kommt es auch nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer gesundheitlich in der Lage wäre, an dem Gespräch teilzunehmen. Etwas anderes kann gelten, wenn ein dringender unaufschiebbarer Gesprächsbedarf besteht.
LAG Nürnberg 01.09.2015 – 7 Sa 592/14

Anspruch auf Nachtarbeitszuschläge

Bestehen in einem Unternehmen keine tariflichen Regelungen, hat der Arbeitnehmer für die während der Nachtzeit (23 Uhr bis 6 Uhr) geleisteten Arbeitsstunden einen Anspruch auf eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt. Angemessen in diesem Sinne ist grundsätzlich ein Zuschlag in Höhe von 25% auf den Bruttostundenlohn bzw. die entsprechende Anzahl freier Tage. Bei Dauernachtarbeit erhöht sich der Zuschlagsanspruch regelmäßig auf 30%. Besteht – wie etwa bei Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst – eine geringere Arbeitsbelastung während der Nachtzeit, kann auch ein Zuschlag unter 25% angemessen sein.
BAG 09.12.2015 – 10 AZR 423/14

Einschränkungen von Sozialplanabfindung und Klageverzichtsprämie

Der sich aus einem Sozialplan ergebende Abfindungsanspruch kann daran geknüpft werden, dass der Arbeitnehmer wegen einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich von Arbeitslosigkeit bedroht ist (vgl. § 112 Abs. 5 Nr. 2 BetrVG). Die Zahlung einer zusätzlichen Prämie, wenn der Arbeitnehmer auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet, darf hingegen nicht daran gekoppelt werden, dass keine Anschlussbeschäftigung besteht. Die Klageverzichtsprämie dient allein der Planungssicherheit des Arbeitgebers.
BAG 08.12.2015 – 1 AZR 595/14 u.a.

Verschlechternde Ablösung einer Versorgungsordnung bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten möglich

Bestehen aus der Perspektive eines vernünftigen Unternehmers berechtigte wirtschaftliche Schwierigkeiten darf eine bestehende Versorgungsordnung durch verschlechternde Regelungen abgelöst werden. Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn die Wettbewerbsfähigkeit wegen einer unzureichenden Eigenkapitalausstattung gefährdet ist. Zu beachten ist, dass die Anpassung der Versorgungsordnung verhältnismäßig sein muss.
LAG Baden-Württemberg 04.12.2015 – 2 Sa 21/14 u.a.

Fehlverhalten des Ehegatten rechtfertigt keine Kündigung

Selbst strafrechtlich relevante Verstöße des Ehegatten gegenüber dem Arbeitgeber rechtfertigen keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Vielmehr sind die Rechtssphären der Ehepartner voneinander getrennt zu bewerten. Eine Zurechnung des Fehlverhaltens scheidet aus.
ArbG Aachen 30.09.2015 – 2 Ca 1170/15

Keine Anrechnung von Praktikumszeiten auf Probezeit eines Berufsausbildungsverhältnisses

Absolviert ein Auszubildender vor Beginn seiner Berufsausbildung ein Praktikum, hat diese Zeit keinen Einfluss auf die in § 20 BBiG normierte Probezeit von maximal vier Monaten.
BAG 19.11.2015 – 6 AZR 844/14

Sozialplanabfindung – Benachteiligung älterer Schwerbehinderter unzulässig

Grundsätzlich ist es möglich, dass unterschiedliche Arbeitnehmergruppen bezüglich der in einem Sozialplan festgelegten Abfindungsregelungen ungleich behandelt werden können. Dies gilt allerdings nur unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Das heißt, unzulässig ist es, rentennahe, schwerbehinderte Mitarbeiter schlechter zu stellen als solche ohne Schwerbehinderung.
BAG 17.11.2015 – 1 AZR 938/13

Schwellenwerte für Massenentlassung können auch Aufhebungsverträge umfassen

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann als Entlassung im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie anzusehen sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Arbeitsverhältnis aus Gründen beendet wird, die nicht in der Sphäre des Mitarbeiters liegen. Hierzu gehört auch, wenn sich der Arbeitnehmer weigert, eine erhebliche Verschlechterung seiner Arbeitsbedingungen zu akzeptieren.
EuGH 11.11.2015 – C.422/14

Betriebsrente für Angestellte und Arbeiter kann unterschiedlich ermittelt werden

Es ist von einer sachlich gerechtfertigten und damit zulässigen Ungleichbehandlung auszugehen, wenn die Höhe der Betriebsrente an die im Betrieb geltenden unterschiedlichen Vergütungssysteme für Arbeiter und Angestellte gekoppelt ist, nach denen sich auch die Versorgungsgruppen richten. Ein Arbeiter hat keinen Anspruch darauf, einer höheren, nur für die Angestellten geltenden Vergütungsgruppe zugeordnet zu werden.
BAG 10.11.2015 – 3 AZR 575/14

Leiharbeitnehmer zählen für die Bestimmung der Art der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder mit

Bezüglich des in § 9 MitbestG geregelten Schwellenwertes, der darüber entscheidet, ob die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer als unmittelbare oder Delegiertenwahl durchzuführen ist, sind wahlberechtigte Leiharbeitnehmer auf Stammarbeitsplätzen mitzuzählen.
BAG 04.11.2015 – 7 ABR 42/13

Ungekürzter Vollurlaub bei abgestimmter kurzfristiger Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses

Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien vor Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses die Fortsetzung nach einer kurzen Unterbrechung, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf ungekürzten Vollurlaub, wenn das zweite Arbeitsverhältnis nach insgesamt erfüllter Wartezeit des § 4 BUrlG in der weiten Hälfte des Kalenderjahres endet.
BAG 20.10.2015 – 9 AZR 224/14

BEM-Konkretisierte Anforderungen

Nach § 84 Abs. 2 SGB IX ist der Arbeitgeber verpflichtet, mit Arbeitnehmern, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein sog. betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen. Insoweit muss geprüft werden, ob und ggf. wie der Arbeitnehmer wieder beschäftigt werden kann. Im Rahmen dieses Suchprozesses ist mit dem Mitarbeiter ggf. im Beisein eines externen Sachverständigen ein Gespräch zu führen, und in möglichen Fällen eine stufenweise Wiedereingliederung zu versuchen. Darüber hinaus ist festzustellen, ob Änderungen an Betriebsmitteln, eine Umgestaltung des Arbeitsumfeldes, des Arbeitsplatzes oder der Arbeitsorganisation bzw. eine Anpassung der Arbeitszeit in Betracht kommen. Beachtet der Arbeitgeber die vorstehenden Anforderungen nicht, kann eine ausgesprochene krankheitsbedingte Kündigung unwirksam sein.
ArbG Berlin 16.10.2015 – 28 Ca 9065/15

Aufforderung an Unterrichtungspflicht beim Betriebsübergang

Eine Unterrichtung im Sinne des § 613a Abs. 5 BGB ist unvollständig, wenn den Mitarbeitern im Rahmen des Übergangs eines Catering-Betriebes lediglich mitgeteilt wird, dass der Betrieb bis auf weiteres unverändert fortgeführt wird, und dabei nicht erwähnt wird, dass der befristete Pachtvertrag zeitnah ausläuft. Folge ist, dass die in § 613a Abs. 4 BGB normierte einmonatige Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt wird.
LAG Düsseldorf 14.10.2015 – 1 Sa 733/15

Keine Briefkastenleerung am Sonntag

Wirft ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer am Sonntag eine Kündigung in seinen Hausbriefkasten, geht diese erst am folgenden Werktag zu. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, seinen Briefkasten am Sonntag zu leeren. Dies gilt auch dann, wenn die Probezeit des Arbeitnehmers am Sonntag abläuft und im Betrieb des Arbeitgebers am Sonntag regelmäßig gearbeitet wird.
LAG Schleswig-Holstein 13.10.2015 – 2 Sa 149/15

Arbeitsplätze im Ausland müssen nicht angeboten werden

Nach § 1 Abs. 2 Satz 2, 3 KSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Beendigungskündigung einen anderen freien Arbeitsplatz anzubieten. Dies gilt grundsätzlich nicht für freie Arbeitsplätze in einem Betrieb oder Betriebsteil des Unternehmens, der sich im Ausland befindet.
BAG 24.09.2015 – 2 AZR 3/14

Einmalige Vorlage der Vollmachtsurkunde ist ausreichend

Erstreckt sich eine Vollmachtsurkunde auch auf spätere, einseitig vorgenommene Rechtsgeschäfte, wie eine Folgekündigung, muss grundsätzlich nicht erneut eine Vollmacht vorgelegt werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Aussteller der Vollmacht den Erklärungsempfänger zwischenzeitlich über das Erlöschen der Vollmacht in Kenntnis gesetzt hat.
BAG 24.09.2015 – 6 AZR 492/14

Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz gilt bei Leistungen, die sich aus einer BV ergeben, grundsätzlich nicht

Erbringt der Arbeitgeber auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung bestimmte Leistungen, ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz grundsätzlich nicht anwendbar. Zudem liegt auch kein Verstoß gegen das in § 612a BGB verankerte Maßregelungsverbot vor.
LAG München 24.09.2015 – 2 Sa 204/15

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot umfasst auch Gewährung eines zinslosen Darlehens

Wurde mit dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer wirksam ein umfassendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, ist es diesem auch nicht gestattet, einem Konkurrenzunternehmen ein zinsloses Darlehen zu gewähren. Hiermit würde er mittelbar in Wettbewerb zu seinem bisherigen Arbeitgeber treten.
BAG 07.07.2015 – 10 AZR 260/14

Verweigerung einer mindestlohnwidrigen Vertragsänderung rechtfertigt keine Kündigung

Lehnt ein Arbeitnehmer eine unter Missachtung des MiLoG angebotenen Änderung seines Arbeitsvertrages ab, rechtfertigt dies keine Kündigung. Vielmehr ist eine solche Kündigung nach § 612a BGB unwirksam, weil der Arbeitnehmer mit der Verweigerung seiner Unterschrift in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat.
LAG Sachsen 24.06.2015 – 2 Sa 156/15

Verlängerte Kündigungsfrist als Bewährungschance

Grundsätzlich ist es möglich, das Arbeitsverhältnis in den ersten sechs Monaten seines Bestehens auch mit einer verlängerten Kündigungsfrist von maximal vier Monaten zu kündigen, wenn dem Arbeitnehmer noch eine Bewährungschance eingeräumt werden soll. Eine Umgehung des Befristungsrechts ist jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn in der Kündigung aufgeführt ist, dass die Probezeit nicht bestanden wurde, dass eine Bewährungschance gewährt werden soll, und dass der Arbeitgeber im Falle der Bewährung bereit ist, über einen anschließenden neuen Arbeitsvertrag zu sprechen. Eine verbindliche Wiedereinstellungszusage ist nicht erforderlich.
LAG Baden-Württemberg 06.05.2015 – 4 Sa 94/14

Keine Hemmung der Verjährung von Vergütungsansprüchen wegen Kündigungsschutzklage

Erhebt ein Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage wird hierdurch die Verjährung von Vergütungsansprüchen des Arbeitnehmers wegen Annahmeverzugs nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
BAG 24.06.2015 – 5 AZR 509/13

Kürzung von Weihnachtsgeld wegen höheren Gehalts aufgrund MiLoG unwirksam

Auch wenn ein Unternehmen seit dem 01. Januar 2015 wegen des MiLoG einen höheren Stundenlohn bezahlen muss, ist eine Änderungskündigung, mit der die Streichung oder Kürzung des bislang zusätzlich gewährten Urlaubs- oder Weihnachtsgeldes bezweckt werden soll, unwirksam.
LAG Berlin-Brandenburg 02.10.2015 – 9 Sa 569/15, 9 Sa 570/15, 9 Sa 591/15 und 9 Sa 1727/15

Keine zwingende fristlose Kündigung bei Gewinnspielteilnahme auf Kosten des Arbeitgebers

Nimmt ein Arbeitnehmer unter Nutzung seines Diensttelefons durch die Wahl einer kostenpflichtigen Sondernummer an einem Gewinnspiel teil, rechtfertigt dies nicht in jedem Fall eine fristlose Kündigung. Insbesondere dann, wenn die Anrufe außerhalb der Arbeitszeit erfolgen und der Umfang der erlaubten Privatnutzung nicht explizit geregelt ist, ist Vorsicht geboten. Der Arbeitgeber muss dann zunächst klare Regelungen schaffen und ggf. abmahnen.
LAG Düsseldorf 16.09.2015 – 12 Sa 630/15

Entschädigungsanspruch bei zweimaliger Kündigung während der Schwangerschaft

Kündigt ein Arbeitgeber einer schwangeren Mitarbeiterin unter Verstoß gegen § 9 MuSchG jeweils ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde mehrmals, ist hierin ein Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 Satz 1 AGG normierte Diskriminierungsverbot zu sehen. Die Arbeitnehmerin hat aufgrund der Benachteiligung wegen ihres Geschlechts einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung.
LAG Berlin-Brandenburg 16.09.2015 – 23 Sa 1045/15

Umfang der Arbeitszeit bei Außendienst-Mitarbeitern

Die Zeiten, die ein Außendienst-Mitarbeiter ohne festen oder gewöhnlichen Arbeitsort für seine Fahrten von seinem Wohnort zum ersten bzw. vom letzten Kunden wieder zurück benötigt, sind Arbeitszeit im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie. Ansonsten wäre der mit der Richtlinie bezweckte Schutz der Sicherheit und Gesundheit des Arbeitnehmers nicht gewährleistet.
EuGH 10.09.2015 – C-266/14

Fristlose Kündigung bei Missachtung der Kontrollpflichten

Verletzt ein Sicherheitsmitarbeiter die ihm obliegenden Ausgangskontrollpflichten, weil er während seiner Arbeitszeit einen besonders zu sichernden Bereich (hier: Ausgang des Produktionsbereiches einer Münzprägeanstalt) für einen längeren Zeitraum grundlos verlässt, kann dies eine fristlose Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.
LAG Berlin-Brandenburg 09.09.2015 – 17 Sa 810/15

Deutschlandweite Versetzung eines Arbeitnehmers nicht problemlos möglich

Auch wenn vertraglich vorgesehen ist, dass der Arbeitgeber einen Mitarbeiter einseitig deutschlandweit einsetzen und ihn entsprechend versetzen kann, ist dies nicht ohne weiteres möglich. Insbesondere muss der Arbeitgeber über die Versetzung unter Beachtung billigen Ermessens entscheiden. Er hat hierbei vor allem die familiären Belange und privaten Interessen des Arbeitnehmers angemessen zu beachten. Sind mehrere Mitarbeiter für die freie Stelle geeignet, muss er denjenigen versetzen, der in sozialer Hinsicht am wenigsten schutzbedürftig ist.
LAG Schleswig-Holstein 26.08.2015 – 3 Sa 157/15

Kein Anspruch auf Annahmeverzugslohn bei rückwirkend begründetem Arbeitsverhältnis

Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn besteht nur dann, wenn ein erfüllbares, tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis existiert. Diese Voraussetzung ist für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum bei einem nachträglich begründeten Arbeitsverhältnis nicht gegeben.
BAG 19.08.2015 – 5 AZR 975/13

Keine betriebliche Übung bezüglich bezahlter Raucherpause

Auch wenn ein Arbeitgeber über Jahre hinweg bezahlte Raucherpausen gewährt hat, können die Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass er hieran festhält. Hiervon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn dem Arbeitgeber die Dauer und Häufigkeit der Raucherpausen jedes einzelnen Mitarbeiters gar nicht bekannt waren. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber mitteilen bzw. in einer Betriebsvereinbarung festgelegt werden, dass sich die Mitarbeiter für Raucherpausen zukünftig ausstempeln müssen.
LAG Nürnberg 05.08.2015 – 2 Sa 132/15

Beschäftigte dürfen für personelle Verstärkung streiken

Der Streik des Pflegepersonals eines Krankenhauses für die Einstellung von mehr Beschäftigten ist zulässig.
Er verstößt insbesondere nicht gegen die Friedenspflicht, wenn die Personalausstattung tarifvertraglich nicht geregelt ist.
BAG Berlin-Brandenburg 24.06.2015 – 26 SaGa 1059/15

Sog. Spätehenklauseln in Versorgungszusagen unwirksam

Eine Versorgungszusage für hinterbliebene Ehepartner, die voraussetzt, dass die Eheschließung vor Vollendung des 60. Lebensjahres erfolgte, ist nach § 7 Abs. 2 AGG wegen Altersdiskriminierung unwirksam.
BAG 04.08.2015 – 3 AZR 137/13

Diskriminierungsschutz auch bei Scheinbewerbungen?

Das Bundesarbeitsgericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Entscheidung u.a. die Frage vorgelegt, ob auch derjenige Entschädigungsansprüche geltend machen kann, dessen Bewerbungsunterlagen zeigen, dass er nicht ernsthaft an einer Einstellung und Beschäftigung interessiert ist, sondern nur den Bewerberstatus erreichen will.
BAG 18.06.2015 – 8 AZR 848/13

Gehören Dusch- und Waschzeiten zur Arbeitszeit?

Im Gegensatz zu Umkleidezeiten, die immer dann zu vergüten sind, wenn die vom Arbeitgeber gestellte Dienstkleidung während der Arbeitszeit getragen werden muss und eine private Nutzung ausgeschlossen ist, ist die Rechtslage bezüglich Dusch- und Waschzeiten höchstrichterlich ungeklärt. Dusch- und Waschzeiten könnten dann vergütungspflichtig sein, wenn sie hygienisch zwingend erforderlich sind.
LAG Düsseldorf 03.08.3015 – 9 Sa 425/15

Zahlungsausfälle dürfen variable Entlohnung nicht beeinflussen

Eine Regelung, die bestimmt, dass sich die dem Mitarbeiter zustehende Provision nur an tatsächlich beglichenen Rechnungen orientiert, ist sittenwidrig.
Soweit dem Mitarbeiter eine solche Leistungsvergütung zusteht, darf diese nicht davon abhängig gemacht werden, dass die von dem Unternehmen gestellten Rechnungen auch bezahlt werden.
Das unternehmerische Risiko darf nicht dem Mitarbeiter aufgebürdet werden.
LAG Hamm 21.04.2015 – 14 Sa 1249/14

Wann können betriebliche Gründe einem Anspruch auf Teilzeittätigkeit entgegenstehen?

Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG hat der Arbeitgeber einem Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit diesem keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Ob dies der Fall ist, ist im Rahmen einer Dreistufenprüfung zu ermitteln.

Zuerst ist zu untersuchen, ob der vom Arbeitgeber für erforderlich gehaltenen Arbeitszeitregelung ein betriebliches Organisationskonzept zu Grunde liegt. Wenn dies zu bejahen ist, ist festzustellen, um welches Konzept es sich handelt.
Dem folgend ist auf der zweiten Stufe zu eruieren, inwieweit dieses der begehrten Arbeitszeitregelung tatsächlich entgegensteht.
Auf der dritten Stufe ist dann zu prüfen, welches Gewicht die entgegenstehenden betrieblichen Gründe haben, und ob die unternehmerische Aufgabenstellung und das Organisationskonzept durch die gewünschte Teilzeittätigkeit wesentlich beeinträchtigt werden.

Die Darlegungs- und Beweislast für das Entgegenstehen betrieblicher Gründe obliegt dem Arbeitgeber. In zeitlicher Hinsicht kommt es für das Vorliegen betrieblicher Gründe auf den Tag der Ablehnung des Arbeitszeitwunsches an.
BAG 20.01.2015 – 9 AZR 735/13

Neue BAG-Rechtsprechung: Bei Urlaubsabgeltung keine Kürzung des Urlaubs wegen Elternzeit

Scheidet ein Arbeitnehmer während oder zum Ende der Elternzeit aus dem Arbeitsverhältnis aus, ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, den Erholungsurlaub nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG zu kürzen.

Eine Kürzung ist nur dann möglich, wenn das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Elternzeit fortbesteht. Im Falle der Beendigung besteht hingegen ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung.

Die Surrogatstheorie, nach der sich der Umfang der Urlaubsabgeltung nach dem tatsächlich noch bestehenden Urlaubsanspruch richtet, wurde aufgegeben.
BAG 19.05.2015 – 9 AZR 725/13

Unwirksame Kündigung wegen AGG-Verstoß im Kleinbetrieb

Auch eine in einem Kleinbetrieb ausgesprochene Kündigung kann wegen Verstoßes gegen das in § 7 Abs. 1 AGG normierte Benachteiligungsverbot unwirksam sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn aufgrund dargelegter Indizien zu vermuten ist, dass eine Benachteiligung wegen des Lebensalters vorliegt und der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, diese zu widerlegen.
BAG 23.07.2015 – 6 AZR 457/14

Mindestlohn auch bei Krankheit, Feiertagsentlohnung und Urlaubsabgeltung

Der Anspruch auf den tariflichen Mindestlohn besteht auch im Falle einer Urlaubsabgeltung, bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie bei Entgeltzahlung an Feiertagen.

Es ist nicht erforderlich, dass die Mindestlohnregelung entsprechende Aussagen trifft.
BAG 13.05.2015 – 10 AZR 191/14

“Betriebs”-Begriff bei Massenentlassungen

Setzt sich ein Unternehmen aus mehreren Einheiten zusammen, ist der “Betrieb” im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie (vgl. § 17 KSchG) die Einheit, welcher die betroffenen Mitarbeiter zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung zugewiesen sind.

Die Regelung “mindestens 20” in Art. 1 der Massenentlassungsrichtlinie ist so zu verstehen, dass die Entlassungen in jedem Betrieb für sich genommen erfolgen müssen. Es kommt also nicht auf die Gesamtzahl der Entlassungen in allen Betrieben des Unternehmens an.
EuGH 30.04.2015 – C-80/14

Entscheidendes Kriterium für eine Betriebsrentenanpassung

§ 16 Abs. 1 BetrAVG bestimmt, dass es für die Frage, ob eine Betriebsrentenanpassung vorzunehmen ist, auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners ankommt.

Nicht entscheidend ist demnach, welche fiktive wirtschaftliche Lage bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären.
BAG 21.04.2015 – 3 AZR 729/13

Stichtagsregelung nur für Gewerkschaftsmitglieder zulässig

Sieht ein Haustarifvertrag vor, dass Leistungen zur Abmilderung wirtschaftlicher und sozialer Nachteile nur an Mitarbeiter bezahlt werden, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits Gewerkschaftsmitglieder waren, ist dies nicht zu beanstanden.

Insbesondere verstößt eine derartige Regelung weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen die negative Koalitionsfreiheit.
BAG 15.04.2015 – 4 AZR 796/13

Fristlose Kündigung wegen Anfertigung privater Raubkopien mit Arbeitsmitteln

Nutzt ein Arbeitnehmer seinen Dienstrechner dazu, um Bild- und Tonträger, die er sich privat besorgt hat, während der Arbeitszeit für sich selbst oder seine Kollegen auf dienstliche CD-Rohlinge zu kopieren, kann dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Unerheblich ist, ob er hierdurch zugleich gegen das Urheberrecht verstößt.
BAG 16.07.2015 – 2 AZR 85/15

Umschulungsteilnehmer und Geschäftsführer können unter den Arbeitnehmerbegriff des § 17 Abs. 1 KSchG fallen

Wesentlich für den Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des Massenentlassungsrichtlinie ist die Tatsache, ob eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringt. Demzufolge ist auch ein GmbH-Geschäftsführer, der keine eigenen Geschäftsanteile besitzt und nur zur gemeinschaftlichen Vertretung mit anderen Geschäftsführern berechtigt ist, bei der Ermittlung der in § 17 Abs. 1 KSchG normierten Schwellenwerte zu berücksichtigen. Auch Umschüler, die in einem Betrieb arbeiten, um Berufserfahrung zu sammeln oder ihre Kenntnisse zu vertiefen bzw. eine Ausbildung absolvieren, sind selbst dann Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie, wenn ihre Vergütung vollständig mit Hilfe von Fördermitteln erfolgt.
EuGH 09.07.2015 – C-229/14 (Balkaya)

Änderung des Kündigungsgrundes im Prozess möglich?

Ein Auswechseln der Kündigungsgründe im Rahmen eines am Arbeitsgericht anhängigen Kündigungsschutzverfahrens ist unzulässig, wenn die Kündigung dadurch einen völlig anderen Charakter erhält.
LAG Düsseldorf 24.06.2015 – 7 Sa 1243/14

Beschäftigte dürfen für personelle Verstärkung streiken

Der Streik des Pflegepersonals eines Krankenhauses für die Einstellung von mehr Beschäftigten ist zulässig. Er verstößt insbesondere nicht gegen die Friedenspflicht, wenn die Personalausstattung tarifvertraglich nicht geregelt ist.
BAG Berlin-Brandenburg 24.06.2015 – 26 SaGa 1059/15

Diskriminierungsschutz auch bei Scheinbewerbungen?

Das Bundesarbeitsgericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Entscheidung u.a. die Frage vorgelegt, ob auch derjenige Entschädigungsansprüche geltend machen kann, dessen Bewerbungsunterlagen zeigen, dass er nicht ernsthaft an einer Einstellung und Beschäftigung interessiert ist, sondern nur den Bewerberstatus erreichen will.
BAG 18.06.2015 – 8 AZR 848/13

Erfolgsaussichten einer Druckkündigung

Eine sog. „Druck“-Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich ein erheblicher Teil der Kollegen weigert, mit einem wegen Kindesmissbrauchs verurteilten Mitarbeiter zusammenzuarbeiten und deshalb die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung wiederholt verweigert hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betriebsablauf erheblich gestört ist und arbeitsrechtliche Sanktionen gegenüber den Kollegen aussichtslos erscheinen, um den Betriebsfrieden und das Vertrauensverhältnis wieder herzustellen.
LAG Bremen 17.06.2015 – 3 Sa 129/14

Auslegung einer sog. allgemeinen Erledigungsklausel im gerichtlichen Vergleich

Soll eine Ausgleichsklausel in einem gerichtlichen Vergleich ausdrücklich auch unbekannte Ansprüche erfassen, kann der Arbeitnehmer etwaige „Equal-Pay-Ansprüche“ nicht mehr geltend machen.
BAG 27.05.2015 – 5 AZR 137/14

Neue BAG-Rechtsprechung: Bei Urlaubsabgeltung keine Kürzung des Urlaubs wegen Elternzeit

Scheidet ein Arbeitnehmer während oder zum Ende der Elternzeit aus dem Arbeitsverhältnis aus, ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, den Erholungsurlaub nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG zu kürzen. Eine Kürzung ist nur dann möglich, wenn das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Elternzeit fortbesteht. Im Falle der Beendigung besteht hingegen ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Die Surrogatstheorie, nach der sich der Umfang der Urlaubsabgeltung nach dem tatsächlich noch bestehenden Urlaubsanspruch richtet, wurde aufgegeben.
BAG 19.05.2015 – 9 AZR 725/13

Mindestlohn auch bei Krankheit, Feiertagsentlohnung und Urlaubsabgeltung

Der Anspruch auf den tariflichen Mindestlohn besteht auch im Falle einer Urlaubsabgeltung, bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie bei Entgeltzahlung an Feiertagen. Es ist nicht erforderlich, dass die Mindestlohnregelung entsprechende Aussagen trifft.
BAG 13.05.2015 – 10 AZR 191/14

Kündigung wegen Sitzstreiks beim Vorgesetzten zur Durchsetzung einer Gehaltserhöhung

Versucht ein Mitarbeiter eine Erhöhung seiner Vergütung mit Hilfe eines Sitzstreiks im Büro seines Vorgesetzten durchzusetzen, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein. Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn der Mitarbeiter als Führungskraft des Unternehmens eine besondere Stellung genießt und jegliche Versuche des Vorgesetzten bis hin zur Androhung der Kündigung erfolglos blieben.
LAG Schleswig-Holstein 06.05.2015 – 3 Sa 354/14

“Betriebs”-Begriff bei Massenentlassungen

Setzt sich ein Unternehmen aus mehreren Einheiten zusammen, ist der “Betrieb” im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie (vgl. § 17 KSchG) die Einheit, welcher die betroffenen Mitarbeiter zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung zugewiesen sind. Die Regelung “mindestens 20” in Art. 1 der Massenentlassungsrichtlinie ist so zu verstehen, dass die Entlassungen in jedem Betrieb für sich genommen erfolgen müssen. Es kommt also nicht auf die Gesamtzahl der Entlassungen in allen Betrieben des Unternehmens an.
EuGH 30.04.2015 – C-80/14

Weiterhin kein unmittelbares Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher bei nicht nur vorübergehender Arbeitnehmerüberlassung

Das Bundesarbeitsgericht hält daran fest, dass auch dann nicht unmittelbar ein Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers mit dem Entleiher begründet wird, wenn die Arbeitnehmerüberlassung länger als nur vorübergehend im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG erfolgt.
BAG 29.04.2015 – 9 AZR 883/13

Entscheidendes Kriterium für eine Betriebsrentenanpassung

§ 16 Abs. 1 BetrAVG bestimmt, dass es für die Frage, ob eine Betriebsrentenanpassung vorzunehmen ist, auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners ankommt. Nicht entscheidend ist demnach, welche fiktive wirtschaftliche Lage bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären.
BAG 21.04.2015 – 3 AZR 729/13

Zahlungsausfälle dürfen variable Entlohnung nicht beeinflussen

Eine Regelung, die bestimmt, dass sich die dem Mitarbeiter zustehende Provision nur an tatsächlich beglichenen Rechnungen orientiert, ist sittenwidrig. Soweit dem Mitarbeiter eine solche Leistungsvergütung zusteht, darf diese nicht davon abhängig gemacht werden, dass die von dem Unternehmen gestellten Rechnungen auch bezahlt werden. Das unternehmerische Risiko darf nicht dem Mitarbeiter aufgebürdet werden.
LAG Hamm 21.04.2015 – 14 Sa 1249/14

Günstigkeitsvergleich bei Ansprüchen aus Tarifverträgen

Sind beide Arbeitsvertragsparteien tarifgebunden im Sinne des § 3 TVG und wurde arbeitsvertraglich ein weiterer Tarifvertrag in Bezug genommen, muss mit Hilfe eines Günstigkeitsvergleiches festgestellt werden, welcher Tarifvertrag zur Anwendung kommt. Dies geschieht nach § 4 Abs. 3 TVG an Hand eines sog. Sachgruppenvergleiches. Bleiben hierbei Zweifel, ob die individualvertragliche Regelung für den Arbeitnehmer tatsächlich vorteilhafter ist, gelten zwingend die tariflichen Bestimmungen.
BAG 15.04.2015 – 4 AZR 587/13

Stichtagsregelung nur für Gewerkschaftsmitglieder zulässig

Sieht ein Haustarifvertrag vor, dass Leistungen zur Abmilderung wirtschaftlicher und sozialer Nachteile nur an Mitarbeiter bezahlt werden, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits Gewerkschaftsmitglieder waren, ist dies nicht zu beanstanden. Insbesondere verstößt eine derartige Regelung weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen die negative Koalitionsfreiheit.
BAG 15.04.2015 – 4 AZR 796/13

Voraussetzungen für Entgeltfortzahlung bei Kuraufenthalt

Unterzieht sich ein Arbeitnehmer einer ambulanten Vorsorgekur hat er dann einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach §§ 9 Abs. 1, 3 Abs. 1 EFZG, wenn diese Maßnahme medizinisch erforderlich ist und durch einen Sozialversicherungsträger (hier: Krankenkasse) bewilligt wurde.
LAG Niedersachsen 27.03.2015 – 10 Sa 1005/14

Beginn des Sonderkündigungsschutzes bei künstlicher Befruchtung

Nach § 9 Abs. 1 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft unzulässig. Im Falle einer künstlichen Befruchtung in Form einer sog. Invitro-Fertilisation setzt dieser Sonderkündigungsschutz bereits in dem Zeitpunkt ein, in welchem die befruchtete Eizelle eingesetzt wird und nicht erst bei ihrer erfolgreichen Einnistung.
BAG 26.03.2015 – 2 AZR 237/14

Keine Nachweispflicht für Arbeitsbedingungen beim Entleiher

Der Verleiher muss dem Leiharbeitnehmer als sein Vertragsarbeitgeber im Sinne des § 2 Abs. 1 NachwG lediglich die Arbeitsbedingungen in dem mit ihm bestehenden Arbeitsverhältnis nachweisen. Dass er dem Leiharbeitnehmer auch die im Entleiherbetrieb geltenden Arbeitsbedingungen nachweist, sieht das AÜG nicht vor.
BAG 25.03.2015 – 5 AZR 368/13

Was bedeutet „in Vollzeit beschäftigt“?

Wird in einem mit einem durchschnittlichen Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrag ohne weitere Angaben vereinbart, dass dieser „in Vollzeit“ beschäftigt“ wird, ist die Regelung so zu interpretieren, dass die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden beträgt. Steht infolge freier Beweiswürdigung fest, dass der Mitarbeiter auf Veranlassung des Arbeitgebers Überstunden erbracht hat, darf das Gericht dann, wenn der Arbeitnehmer die ihm obliegende Darlegungs- und Beweislast nicht für jede Überstunde erfüllen kann, den Mindestumfang der geleisteten Überstunden nach § 287 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen.
BAG 25.03.2015 – 5 AZR 602/13

Umfang der Unfallversicherung in der Mittagspause

Grundsätzlich umfasst die gesetzliche Unfallversicherung die Absicherung des Arbeitnehmers nicht nur während der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern auch in den Pausen. Hierzu gehört die Zeit, in der der Mitarbeiter sein Mittagessen einnimmt. Erledigt er hingegen in der Mittagspause auch private Besorgungen (hier: Besuch der Wäschereinigung) ist er nicht versichert, wenn er auf dem Weg dorthin verunglückt.
LSG Hessen 24.03.2015 – L 3 U 225/10

Keine Besonderheiten bei Schadensersatz und Schmerzensgeld im Berufsausbildungsverhältnis

Hat ein Auszubildender infolge seines Verhaltens einen Beschäftigten desselben Betriebs verletzt, haftet er ohne Rücksicht auf sein Alter ebenso wie ein anderer Arbeitnehmer.
BAG 19.03.2015 – 8 AZR 67/14

Entgeltfortzahlungsanspruch bei rückfälliger Alkoholabhängigkeit

Wird ein Arbeitnehmer wegen seiner Alkoholabhängigkeit arbeitsunfähig, fehlt es auch bei einem Rückfall grundsätzlich an einem Verschulden im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Das heißt, der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG.
BAG 18.03.2015 – 10 AZR 99/14

Unwirksamkeit einer Klageverzichtsklausel

Findet sich in einem Aufhebungsvertag eine formularmäßige Klageverzichtsklausel, kann diese nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Aufhebungsvertrag zur Vermeidung des Ausspruchs einer angedrohten außerordentlichen Kündigung unterzeichnet wurde, die der Arbeitgeber nicht ernsthaft hätte in Erwägung ziehen dürfen.
BAG 12.03.2015 – 6 AZR 82/14

Keine Anrechnung von Urlaubs- oder Weihnachtsgeld auf den gesetzlichen Mindestlohn

Jährliche Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld dürfen nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn angrechnet werden. Die Anrechnung kann zudem auch nicht mittels Änderungskündigung erreicht werden.
ArbG Berlin 04.03.2015 – 54 Ca 14420/14

Umfang des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates bei Pausenregelung

Das in § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG normierte Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates erstreckt sich auch auf die Festlegung von Ruhepausen, die über die in § 4 ArbZG geregelten Mindestanforderungen hinausgehen.
BAG 25.02.2015 – 1 AZR 642/13

Auswirkungen der Pausenregelung in § 4 ArbZG

Während der gesetzlich vorgesehenen Mindestpausenregelungen ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, eine Arbeitsleistung des Arbeitnehmers anzunehmen. Zugleich ist der Arbeitnehmer in dieser Zeit im Sinne des § 297 BGB verhindert, eine Arbeitsleistung zu bewirken, das heißt gegen Entgelt zu erbringen. Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn besteht nur dann, wenn der Arbeitnehmer vorab gegen eine angeordnete Ruhepause protestiert hat und zu erkennen gegeben hat, dass er die Ruhepause an dem Arbeitstag unter Beachtung des § 4 ArbZG zu einem anderen Zeitpunkt bzw. mit kürzerer Dauer in Anspruch nehmen will.
BAG 25.02.2015 – 5 AZR 886/12

Verwendung von Videoaufnahmen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Bildnisse von Arbeitnehmern dürfen nach § 22 KUG nur mit deren Einwilligung verwendet werden. Hat der Arbeitnehmer die Einwilligung ohne Einschränkungen erteilt, erlischt sie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht automatisch. Ein Widerruf ist nur möglich, wenn hierfür ein plausibler Grund vorgetragen wird.
BAG 19.02.2015 – 8 AZR 1011/13

Entschädigungsanspruch bei Überwachung ohne konkrete Tatsachen für einen Verdacht

Beauftragt ein Arbeitgeber einen Detektiv mit der Überwachung eines Arbeitnehmers, weil er den Verdacht hat, dass dieser eine Arbeitsunfähigkeit nur vortäuscht, handelt er rechtswidrig, wenn es für den Verdacht an konkreten Tatsachen fehlt. Dem observierten Arbeitnehmer kann ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts zustehen.
BAG 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13

Grenzen für die Abberufung eines Vorstandsmitgliedes

Die Bestellung eines Vorstandsmitgliedes kann nur dann widerrufen werden, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt. Dies ist beispielsweise anzunehmen, wenn die weitere Tätigkeit des Vorstandsmitgliedes für das Unternehmen bis zum Ende der Amtszeit unzumutbar wäre.
OLG Frankfurt 17.02.2015 – 5 U 111/14

Verdachtskündigung erfasst auch Berufsausbildungsverhältnisse

Besteht der dringende Verdacht, dass ein Auszubildender eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen hat, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Erforderlich ist jedoch, dass dem Ausbildungsbetrieb die Fortsetzung des Berufsausbildungsverhältnisses wegen des Verdachts objektiv unzumutbar ist.
BAG 12.02.2015 – 6 AZR 845/13

Bestandteile des Mindestlohns bei Entsendung

Als Bestandteile des Mindestlohns sind auch Tagegelder und Wegzulagen anzusehen, welche die Arbeitnehmern nicht als Erstattung für infolge der Entsendung tatsächlich entstandene Kosten erhalten. Demgegenüber sind für Unterbringungskosten gezahlte Zulagen und die Bereitstellung von Essensgutscheinen, die den Arbeitnehmern gewährt werden, um ihnen infolge ihrer Entsendung entstandene Lebenshaltungskosten zu erstatten, keine Bestandteile des Mindestlohns.
EuGH 12.02.2015 – C-396/13

Weiterbeschäftigung eines Rentners durch Befristungsabrede möglich?

Soll ein Arbeitsverhältnis mit Hilfe einer Befristungsabrede für einen begrenzten Zeitraum nach Erreichen des Renteneintrittsalters fortgesetzt werden, ist Vorsicht geboten. Allein die Tatsache, dass der Mitarbeiter nun eine gesetzliche Rente beziehen kann, rechtfertigt keine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG. Möglich ist aber beispielsweise eine befristete Weiterbeschäftigung, wenn diese zum Zweck der konkreten Einarbeitung einer Nachwuchskraft erfolgt.
BAG 11.02.2015 – 7 AZR 17/13

Voraussetzungen für die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Erreichen des Rentenalters zur Einarbeitung eines Nachfolgers

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG kann eine bei oder nach Rentenbeginn getroffene Vereinbarung über die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wirksam sein. Erforderlich hierfür ist, dass der Mitarbeiter tatsächlich einen Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat, und dass die Befristungsabrede ursächlich für eine konkrete, im Zeitpunkt ihres Abschlusses bestehende Personalplanungsmaßnahme des Arbeitgebers ist.
BAG 11.02.2015 – 7 AZR 17/13

Urlaubsgewährung bei fristloser Kündigung

Wirkungslos ist der Hinweis in einem Kündigungsschreiben, dass der Arbeitnehmer dann, wenn nur die hilfsweise ausgesprochene Kündigung wirksam sein sollte, unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt ist. Der Urlaubsanspruch kann mit einer derartigen Regelung nicht erfüllt werden, weil Urlaub nur dann wirksam gewährt werden kann, wenn der Arbeitgeber auch eine Urlaubsvergütung bezahlt bzw. diese verbindlich zusagt.
BAG 10.02.2015 – 9 AZR 455/13

Umfang des Urlaubsanspruchs bei Wechsel in eine Teilzeittätigkeit

Im Anschluss an die Entscheidung des EuGH vom 13.06.2013 (C-415/12) hat nunmehr auch das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass bei einem Wechsel in eine Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen der noch offene Urlaubsanspruch aus der Vollzeittätigkeit nicht proportional gekürzt werden darf. Diese Rechtsprechungsänderung entspricht dem in § 4 TzBfG normierten Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter.
BAG 10.02.2015 – 9 AZR 53/14

Rückzahlungsklauseln hinsichtlich der Finanzierung eines dualen Hochschulstudiums sind wirksam

Ein Arbeitgeber kann mit einem Hochschulabsolventen wirksam vereinbaren, dass ihm dieser die externen Studienbeiträge zurück zu erstatten hat, wenn er im Anschluss an das Studium ein ihm angebotenes Arbeitsverhältnis nicht eingeht.
ArbG Gießen 03.02.2015 – 9 Ca 180/14

Anspruch auf Mindestabstand zur höchsten Tarifvergütung für AT-Angestellte

Für außertariflich beschäftigte Mitarbeiter besteht ein Anspruch auf Gehaltsanpassung, wenn ihr Arbeitsentgelt hinter dem eines Arbeitnehmers zurückbleibt, der in die höchste Tarifentgeltgruppe eingruppiert ist. Dies ergibt sich aus dem Status des AT Angestellten. Ohne eine Gehaltsanpassung würden die Arbeitsvertragsparteien von dem abweichen, was sie hinsichtlich Position und Aufgabenbereich gewollt haben.
ArbG Köln 29.01.2015 – 11 Ca 3810/14

Gewichtung Betriebszugehörigkeitsdauer gegenüber Unterhaltspflichten bei Sozialauswahl

Im Rahmen der vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung vorzunehmenden Sozialauswahl kann eine drei Jahre längere Betriebszugehörigkeit drei Unterhaltspflichten jedenfalls dann nicht aufwiegen, wenn auch der Unterhalt Leistende schon sechs Jahre beschäftigt ist.
BAG 29.01.2015 – 2 AZR 164/14

Wann können betriebliche Gründe einem Anspruch auf Teilzeittätigkeit entgegenstehen?

Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG hat der Arbeitgeber einem Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit diesem keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Ob dies der Fall ist, ist im Rahmen einer Dreistufenprüfung zu ermitteln. Zuerst ist zu untersuchen, ob der vom Arbeitgeber für erforderlich gehaltenen Arbeitszeitregelung ein betriebliches Organisationskonzept zu Grunde liegt. Wenn dies zu bejahen ist, ist festzustellen, um welches Konzept es sich handelt. Dem folgend ist auf der zweiten Stufe zu eruieren, inwieweit dieses der begehrten Arbeitszeitregelung tatsächlich entgegensteht. Auf der dritten Stufe ist dann zu prüfen, welches Gewicht die entgegenstehenden betrieblichen Gründe haben, und ob die unternehmerische Aufgabenstellung und das Organisationskonzept durch die gewünschte Teilzeittätigkeit wesentlich beeinträchtigt werden. Die Darlegungs- und Beweislast für das Entgegenstehen betrieblicher Gründe obliegt dem Arbeitgeber. In zeitlicher Hinsicht kommt es für das Vorliegen betrieblicher Gründe auf den Tag der Ablehnung des Arbeitszeitwunsches an.
BAG 20.01.2015 – 9 AZR 735/13

Keine Fortzahlung der Ausbildungsvergütung nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist bei Besuch der Berufsschule trotz Erkrankung

Nimmt ein erkrankter Auszubildender nur am Berufsschulunterricht teil, ohne im Ausbildungsbetrieb tätig zu werden, hat er nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist gegen den Ausbilder keinen Anspruch gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 BBiG auf Fortzahlung der Ausbildungsvergütung allein wegen des Schulbesuchs. Eine Teil-Ausbildungsfähigkeit gibt es nicht.
LAG Baden-Württemberg 14.01.2015 – 13 Sa 73/14

Änderung der gesetzlichen Altersgrenzen für den Rentenbezug kann Anspruch auf Betriebsrente beeinflussen

Sieht eine Vereinbarung über den Anspruch auf Zahlung einer Betriebsrente ab Erreichen einer bestimmten Altersgrenze vor, dass die Betriebsrente um Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen zu kürzen ist, kann dies so zu verstehen sein, dass eine Betriebsrente erst dann begehrt werden kann, wenn auch der gesetzliche Anspruch besteht.
BAG 13.01.2015 – 3 AZR 894/12

Facebook-Auftritt erfordert keine Betriebsratsbeteiligung

Will sich ein Unternehmen mit einem Facebook-Auftritt präsentieren, besteht insoweit kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Insbesondere scheidet eine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG auch dann aus, wenn über die Homepage Rückschlüsse auf Leistung oder Verhalten einzelner Mitarbeiter möglich sind.
ArbG Düsseldorf 12.01.2015 – 9 TaBV 51/14

Adipositas als Behinderung im Sinne der Gleichbehandlungs-Rili möglich

Eine Adipositas kann dann eine Behinderung im Sinne der Gleichbehandlungs-Rili darstellen, wenn mit ihr eine Einschränkung einhergeht, die auf einer dauerhaften physischen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung basiert. Zudem muss der Arbeitnehmer hierdurch gehindert sein, in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren vollständig und gleichberechtigt am Berufsleben teilnehmen zu können.
EuGH 18.12.2014 – C-354/13 (FOA)

Kein Anspruch auf Unterstützung durch einen Rechtsanwalt im BEM-Gespräch

Für Unternehmen besteht grundsätzlich keine Pflicht, dem Arbeitnehmer zu gestatten, dass ihn zu Gesprächen im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ein Rechtsanwalt begleiten kann. Dies gilt unabhängig davon, in welcher gesundheitlichen Verfassung sich der Arbeitnehmer befindet bzw. wie viele Personen auf der Arbeitgeberseite in den Prozess involviert sind. Einen Anspruch auf “Waffengleichheit” gibt es nicht.
LAG Rheinland-Pfalz 18.12.2014 – 5 Sa 518/14

Keine Reduzierung des Arbeitszeitkontos bei fehlender Einsatzmöglichkeit eines Leiharbeitnehmers

Aufgrund von § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG ist es Verleihern nicht gestattet, bei einer fehlenden Einsatzmöglichkeit des Leiharbeitnehmers ein Arbeitszeitguthaben zu reduzieren. Dies gilt auch dann, wenn der Leiharbeitnehmer dennoch die vereinbarte monatliche Vergütung in vollem Umfang erhält.
LAG Berlin-Brandenburg 17.12.2014 – 15 Sa 982/14

Kein Doppelurlaubsanspruch bei Arbeitgeberwechsel

Für den Arbeitnehmer besteht bei einem Arbeitgeberwechsel die Pflicht, seinen neuen Arbeitgeber darauf hinzuweisen, ob und in welchem Umfang der frühere Arbeitgeber seinen Jahresurlaubsanspruch bereits erfüllt hat. Hierfür hat der vormalige Arbeitgeber nach § 6 Abs. 2 BUrlG eine Urlaubsbescheinigung auszustellen.
BAG 16.12.2014 – 9 AZR 295/13

Anforderungen an Anfechtung eines Aufhebungsvertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage

Hat ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet, weil eine durch den Gläubigerausschuss manifestierte Stilllegungsabsicht bestand, wurde ihm aber zugleich deutlich gemacht, dass nach einem Investor gesucht wird, liegt grundsätzlich keine Täuschung über die tatsächliche Fortführung des Betriebes nach Abschluss des Aufhebungsvertrages vor. Voraussetzung für eine arglistige Täuschung ist, dass der Täuschende aus der Sicht eines objektiven Dritten durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst. Die Darlegungs- und Beweislast liegt beim Anfechtenden.
LAG Hamburg 16.12.2014 – 4 Sa 40/14

Veröffentlichung von Bildaufnahmen eines Arbeitnehmers bedarf seiner schriftlichen Einwilligung

Nach § 22 KUG muss der Arbeitgeber die schriftliche Einwilligung des Arbeitnehmers einholen, wenn er dessen Bildnisse veröffentlichen will.
BAG 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13

Keine Benachteiligung bei Vereinbarung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund voller Erwerbsminderung

Bestimmt ein Tarifvertrag, dass das Arbeitsverhältnis automatisch endet, wenn einem Mitarbeiter auf unbestimmte Dauer eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezahlt wird, ist hierin keine Benachteiligung wegen einer Behinderung des Arbeitnehmers zu sehen.
BAG 10.12.2014 – 7 AZR 1002/12

Rentennahe Jahrgänge können von Sozialplanabfindungen ausgenommen werden

In einem Sozialplan kann wirksam vereinbart werden, dass Mitarbeiter bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Abfindungsanspruch haben, wenn sie direkt nach dem Erhalt von Arbeitslosengeld I eine Altersrente beziehen können und zuvor die Weiterbeschäftigung an einem anderen Standort des Unternehmens abgelehnt haben.
BAG 09.12.2014 – 1 AZR 102/13

Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen gilt auch für Arbeiten nach Ladenschluss am vorangegangenen Werktag

Nach § 9 Abs. 1 ArbZG dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 Uhr bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden. Dies gilt auch hinsichtlich der Bedienung noch anwesender Kunden bei Ladenschluss um 24 Uhr am vorausgegangenen Werktag und bzgl. Abwicklungsarbeiten.
BVerwG 04.12.2014 – 8 B 66.14

Grenzen für Verlängerung von Sachgrundbefristungen

Die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages wegen vorübergehenden Bedarfs bis zum Abschluss eines Auswahlverfahrens zur Einstellung von planmäßigem Personal ist unwirksam, wenn kein genauer Zeitplan für den Abschluss des Auswahlverfahrens angegeben ist.
EuGH 26.11.2014 – C-22/13

Außerordentliche Kündigung bei sexueller Belästigung nicht immer möglich

Zwar stellt eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (hier: “Busengrabschen”) grundsätzlichen einen Grund für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund dar. Allerdings gilt dies bei einem steuerbaren Verhalten dann nicht, wenn davon auszugehen ist, dassmit Hilfe des Ausspruchs einer Abmahnung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst wird und keine Wiederholungsgefahr besteht.
BAG 20.11.2014 – 2 AZR 651/13

Darlegungs- und Beweislast im Kündigungsschutzprozess bei fehlendem BEM

Auch bei einer Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen muss der Arbeitgeber vor Kündigungsausspruch die Initiative zur Durchführung des gesetzlich vorgesehenen betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) ergreifen. Er muss den Arbeitnehmer insbesondere auf die Ziele des BEM sowie die Art und den Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinweisen. Unterlässt er dies, muss er im Kündigungsschutzprozess zum einen darlegen und beweisen, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten auch durch arbeitsplatzbezogene Maßnahmen im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG nicht hätten reduziert werden können. Zum anderen muss er aufzeigen, dass künftige Fehlzeiten durch gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen von Rehabilitationsträgern nicht hätten vermieden werden können.
BAG 20.11.2014 – 2 AZR 755/13

Abmahnung vor Kündigung wegen Einschlafens erforderlich

Schläft ein Arbeitnehmer während seines Dienstes für mehrere Stunden ein, rechtfertigt dies noch keine Kündigung. Vielmehr ist eine vorherige Abmahnung erforderlich. Eine frühere Abmahnung wegen Verschlafens des Dienstbeginns ist allerdings nicht ausreichend.
ArbG Köln 19.11.2014 – 7 Ca 2114/14

Darlegungs- und Beweislast bei Streitigkeiten über den Inhalt eines Arbeitszeugnisses

Will ein Arbeitnehmer in seinem Arbeitszeugnis eine bessere Beurteilung als die Note “befriedigend” (“zur vollen Zufriedenheit”) erreichen, muss er darlegen und beweisen, dass er bessere Leistungen, die eine Beurteilung mit der Note “gut” (“stets zur vollen Zufriedenheit”) bzw. “sehr gut” (“stets zur vollsten Zufriedenheit”) rechtfertigen, erbracht hat. Allein die Tatsache, dass sich aus einer Studie ergibt, dass in der betreffenden Branche in 90% der Fälle die Noten “gut” bzw “sehr gut” vergeben werden, begründet keinen entsprechenden Anspruch.
BAG 18.11.2014 – 9 AZR 584/13

Aufforderung zur Offenbarung einer Gewerkschaftszugehörigkeit kann unzulässig sein

Die Aufforderung des Arbeitgebers die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft kund zu tun, kann eine unzulässige Einschränkung der in Art. 9 Abs. 3 GG normierten Koalitionsbetätigungsfreiheit einer Gewerkschaft darstellen und daher unzulässig sein.
BAG 18.11.2014 – 1 AZR 257/13

Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Anbringung einer Kamera-Attrappe

Es ist nicht erforderlich die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen, wenn auf einem Firmengelände lediglich eine Kamera-Attrappe angebracht werden soll. Insbesondere besteht kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, weil die Attrappe ungeeignet ist, Arbeitnehmer zu überwachen.
LAG Mecklenburg-Vorpommern 12.11.2014 – 3 TaBV 5/14

Wann liegt eine Sachgrundbefristung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG vor?

Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG ist eine Befristung wirksam, wenn sie auf einem gerichtlichen Vergleich beruht. Erforderlich hierfür ist, dass der Vergleich zur Beilegung einer Streitigkeit über den Fortbestand oder die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geschlossen wird. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn Ziel des Arbeitnehmers die Fortführung seines Arbeitsverhältnisses durch den Abschluss eines Folgevertrages ist.
BAG 12.11.2014 – 7 AZR 891/12

Beabsichtigte Strafanzeige gegen Arbeitnehmer erfordert innerbetrieblichen Klärungsversuch

Will der Arbeitgeber gegen einen Arbeitnehmer aufgrund eines betrieblichen Verhaltens eine Strafanzeige erstatten, muss er zuvor versuchen, die Vorwürfe in einem persönlichen Gespräch auszuräumen. Tut er dies nicht, trägt er ggf. die Kosten für die anwaltliche Vertretung des Arbeitnehmers. Dies ergibt sich aus der dem Arbeitgeber obliegenden Fürsorgepflicht, wonach er dem Arbeitnehmer nicht grundlos einen Nachteil zufügen darf.
ArbG Köln 06.11.2014 – 11 Ca 3817/14

Kürzung der Kinderzulage bei Teilzeit zulässig

Es ist zulässig, eine Kinderzulage für Teilzeitbeschäftigte pro-rata-temporis im Verhältnis zu ihrer Arbeitszeit zu kürzen. Eine Diskriminierung im Sinne des § 4 TzBfG ist hierin nicht zu sehen, da die reduzierte Arbeitszeit ein objektives Kriterium darstellt, welches die proportionale Anspruchskürzung des Teilzeitbeschäftigten erlaubt.
EuGH 05.11.2014 – C-476/12

Anforderungen an außerordentliche Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit

Grundsätzlich kann ein Arbeitsverhältnis außerordentlich wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes gekündigt werden, wenn ein Arbeitnehmer während eine bestehenden Arbeitsverhältnisses eine Konkurrenztätigkeit erbringt. Allerdings muss im Rahmen der vor Kündigungsausspruch vorzunehmenden Interessenabwägung zu Gunsten des Mitarbeiters berücksichtigt werden, ob diese Tätigkeit durch eine frühere unwirksame Kündigung ausgelöst wurde, ob sie auf Dauer angelegt ist und ob dem Arbeitgeber durch diese Tätigkeit ein Schaden zugefügt wurde.
BAG 23.10.2014 – 2 AZR 644/13

Keine Altersdiskriminierung bei zusätzlichen Urlaubstagen für Ältere

Eine Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer ist nicht deshalb anzunehmen, weil älteren Kollegen mehr Urlaubstage gewährt werden. Die Ungleichbehandlung ist nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG gerechtfertigt, weil sie zum Schutz der Gesundheit geeignet, erforderlich und angemessen im Sinne des § 10 Satz 2 AGG ist. Dem Arbeitgeber steht hinsichtlich der konkreten Situation eine sog. Einschätzungsprärogative zu.
BAG 21.10.2014 – 9 AZR 956/12

Kein Anspruch auf Arbeitsentgelt bei sozialversicherungsrechtlich geprägtem Praktikantenverhältnis

Ein Arbeitsverhältnis und damit ein Anspruch auf Arbeitsentgelt entstehen nicht allein dadurch, dass ein Praktikant zum Teil reguläre Arbeitstätigkeiten erledigt. Insbesondere wird ein Arbeitsverhältnis dann nicht begründet, wenn die Tätigkeiten im Rahmen eines sozialversicherungsrechtlich geprägten Praktikantenverhältnisses erledigt werden und der Praktikant an einer berufsvorbereitenden Maßnahme der Agentur für Arbeit teilnimmt und von dieser während des Praktikums Leistungen erhält.
LAG Hamm 17.10.2014 – 1 Sa 664/14

Biometrischer Faktor kein Argument für Betriebsrentenanpassung

Bei der Anpassung von Betriebsrenten darf nicht zu Lasten der Anspruchsberechtigten berücksichtigt werden, dass diese durchschnittlich älter werden als Rentner, die gegenüber der Rentenversicherung Bund einen gesetzlichen Rentenanspruch haben. Die Minderung des Anpassungsbedarfs um einen biometrischen Faktor entspricht nicht billigem Ermessen.
BAG 30.09.2014 – 3 AZR 402/12

Anforderungen an Dienstkleidungsvorschriften

Will der Arbeitgeber eine unterschiedliche Ausstattung der Dienstkleidung für Arbeitnehmergruppen vorschreiben (hier: Tragen einer Dienstmütze nur für männliche Arbeitnehmer) bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Der Verweis auf das klassische Berufsbild bei Männern bzw. die Frisurgestaltung weiblicher Beschäftigter reicht zur Rechtfertigung der Differenzierung nicht aus.
BAG 30.09.2014 – 1 AZR 1083/12

“Haupternährerklausel” in einer Pensionszusage unwirksam

Enthält eine Pensionszusage, die in Form einer Allgemeinen Geschäftsbedingung abgefasste Klausel, dass die Gewährung einer Witwenrente voraussetzt, dass der Versorgungsberechtigte “den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat”, ist diese wegen Intransparenz nach § 307 Abs. 1 Satz, 1, 2 BGB unwirksam.
BAG 30.09.2014 – 3 AZR 930/12

Vereinbarung über Abrufarbeit bei fehlender Arbeitszeitabrede nicht unwirksam

Hat der Arbeitgeber mit einem Mitarbeiter keinen bestimmten Umfang für die wöchentliche bzw. tägliche Arbeitszeit vereinbart, macht dies eine Abrede, wonach die Arbeit (lediglich) auf Abruf erfolgen soll, nicht unwirksam. Vielmehr gelten in einem solchen Fall zum Schutz des Mitarbeiters die sich aus § 12 Abs. 1 Satz 3 und 4 TzBfG ergebenden gesetzlich fingierten Arbeitszeiten. D.h., es ist von einer wöchentlichen Arbeitszeit in Höhe von 10 Stunden auszugehen.
BAG 24.09.2014 – 5 AZR 1024/12

Zeitliche Grenze für Rüge gegen Entscheidung über Betriebsrentenanpassung

Ist ein Arbeitnehmer mit der Entscheidung über die Anpassung der betrieblichen Altersversorgung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG nicht einverstanden, muss er dies gegenüber seinem Arbeitgeber jedenfalls vor dem nächsten Anpassungsstichtag außergerichtlich rügen. Eine Klage, die zwar vor dem nächsten Anpassungsstichtag beim Gericht eingeht, aber dem Arbeitgeber erst nach dem Anpassungsstichtag zugestellt wird, reicht zur Fristwahrung nicht aus.
BAG 21.10.2014 – 3 AZR 690/12

Sonderrechte für Schwerbehinderte bestehen nur bei Hinweis auf Schwerbehinderteneigenschaft

Wenn sich ein schwerbehinderter Bewerber auf die für Schwerbehinderte geltenden Sondervorschriften (z.B. § 82 SGB IX) berufen will, muss er in seinen Bewerbungsunterlagen deutlich darauf hinweisen, dass er schwerbehindert ist. Die den Unterlagen beigelegte Kopie des Schwerbehindertenausweises reicht hierfür nicht aus. Zudem bedarf es des Hinweises auch bei einer erneuten Bewerbung bei demselben potentiellen Arbeitgeber.
BAG 18.09.2014 – 8 AZR 759/13

Statistische Erhebung kann für mittelbare geschlechtsbezogene Benachteiligung sprechen

Zum Beweis für eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts kann dann auf eine Statistik zurückgegriffen werden, wenn diese für die in Streit stehende Fallkonstellation gültig und somit aussagekräftig ist.
BAG 18.09.2014 – 8 AZR 753/13

Kündigungsfristen können nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelt werden

Es ist nicht altersdiskriminierend, wenn die Länge der Kündigungsfrist von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig ist. Eine derartige Differenzierung ist gerechtfertigt, weil damit länger beschäftigten und somit betriebstreuen Mitarbeitern ein verbesserter Kündigungsschutz zu Gute kommt.
BAG 18.09.2014 – 6 AZR 636/13

Auch nachwirkende Tarifverträge gelten bei Betriebsübergang fort

Von der Fortgeltung der “in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen” i.S. des Art. 3 Abs. 3 der Betriebsübergangsrichtlinie 2001/12/EG sind auch solche Arbeitsbedingungen erfasst, die trotz Kündigung dieses Vertrages weiter auf das Arbeitsverhältnis nachwirken. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Arbeitsbedingungen unmittelbar vor Erlöschen des Vertrages von diesem erfasst wurden. Die Nachwirkung findet erst dann ihr Ende, wenn ein neuer Kollektivvertrag wirksam an die Stelle des ersten tritt oder mit dem betroffenen Arbeitnehmer eine neue Einzelvereinbarung abgeschlossen wird.
EuGH 11.09.2014 – C-328/13

Sog. “Einheit des Verhinderungsfalls” gilt nicht, wenn eine medizinische Vorsorgemaßnahme und eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zusammentreffen

Schließt sich an eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit direkt eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge (z.B. Kuraufenthalt) an, ohne dass die Arbeitsunfähigkeit hierfür ursächlich ist, besteht für die Zeit der Vorsorgemaßnahme ein (neuer) Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dieser ergibt sich aus §§ 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 EFZG.
BAG 10.09.2014 – 10 AZR 651/12

Voraussetzungen für die Kündigung einer Homeoffice-Vereinbarung

Eine arbeitsvertragliche Abrede, nach der es möglich ist, die einem Arbeitnehmer gestattete teilweise Erbringung seiner Arbeitsleistung von einem Homeoffice aus ohne Vorliegen von Gründen wieder zu kündigen, ist unwirksam. Vielmehr müssen die Grenzen billigen Ermessens beachtet werden (§ 106 GewO).
LAG Düsseldorf 10.09.2014 – 12 Sa 505/14

Unterschiedliche Lebenserwartung von Männern und Frauen kein Differenzierungskriterium für Höhe von Entschädigungsleistungen

Die unterschiedliche Lebenserwartung von Männern und Frauen darf nicht dazu führen, dass Männern infolge eines Arbeitsunfalls eine geringere Entschädigungsleistung zusteht als Frauen in einer vergleichbaren Situation.
EuGH 03.09.2014 – C-318/13

Unbillige Versetzung muss nicht befolgt werden

Dem Arbeitnehmer kann kein Vorwurf gemacht werden, wenn er einer unbilligen Versetzung nicht nachkommt. Insbesondere kommt bei Nichtaufnahme der Arbeit an einem unzumutbaren Arbeitsort keine Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung in Betracht.
LAG Köln 28.08.2014 – 6 Sa 423/14

Während des Verbraucherinsolvenzverfahrens erworbener Abfindungsanspruch unterfällt Insolvenzbeschlag

Erwirbt ein Arbeitnehmer während eines Verbraucherinsolvenzverfahrens einen Abfindungsanspruch ist dieser als Neuerwerb dem Insolvenzbeschlag zuzuordnen. Das heißt, der Insolvenzverwalter ist berechtigt, eine Umschreibung des Titels und die Erteilung der Vollstreckungsklausel zu seinen Gunsten zu erwirken.
BAG 12.08.2014 – 10 AZB 8/14

Fristlose Kündigung auch bei Freistellung während der Altersteilzeit

Ein Arbeitsverhältnis kann auch noch während der Freistellungsphase der Altersteilzeit außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers erst in diesem Zeitraum bekannt werden. Im Rahmen der Interessenabwägung ist allerdings zu beachten, dass der Arbeitnehmer keine aktive Arbeitsleistung mehr zu erbringen hat.
LAG Niedersachsen 06.08.2014 – 17 Sa 893/13

Kandidaten für den Wahlvorstand genießen keinen Sonderkündigungsschutz

Mitarbeiter, die sich für eine anstehende Betriebsratswahl für das Amt des Wahlvorstandes bewerben, sind keine Wahlbewerber gemäß § 15 Abs. 3 KSchG. Folglich gilt für sie auch kein Sonderkündigungsschutz. Die fristlose Kündigung eines entsprechenden Kandidaten darf allerdings nicht darauf gestützt werden, dass dieser die Errichtung eines Betriebsrates empfiehlt, weil es diverse “Probleme” gibt.
BAG 31.07.2014 – 2 AZR 505/13

Anforderungen an betriebsbedingte Kündigung wegen zukünftigen Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs

Soll eine betriebsbedingte Kündigung mit dem zukünftigen Wegfall des Beschäftigungsbedarfs begründet werden, müssen zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers zur tatsächlichen Vornahme der Maßnahme schon abschließend ersichtlich sein.
BAG 31.07.2014 – 2 AZR 422/13

Weiterbeschäftigungsanspruch bei erfolgreicher Entfristungsklage

Ist ein Arbeitnehmer mit seiner Entfristungsklage vor dem Arbeits- oder Landesarbeitsgericht erfolgreich, ist der Arbeitgeber wegen des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs grundsätzlich verpflichtet, den Arbeitnehmer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterzubeschäftigen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer weder die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung beantragt hatte noch die Parteien eine ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung über eine Weiterbeschäftigung geschlossen haben. Kommt der Arbeitgeber der entsprechenden materiell-rechtlichen Verpflichtung nach und weist er den Arbeitnehmer darauf hin, dass er nur dessen Weiterbeschäftigungsanspruch erfüllt und weder das Arbeitsverhältnis über das Befristungsende hinaus fortsetzen noch ein neues Arbeitsverhältnis begründen will, hindert dies die Annahme einer vereinbarten Prozessbeschäftigung.
BAG 22.07.2014 – 9 AZR 1066/12

Auf Kindererziehungszeiten abstellende Ruhestandsregelungen können geschlechtsdiskriminierend sein

Bevorzugt eine Ruhestandsregelung einen Elternteil, wenn er sich mindestens für einen zusammenhängenden Zeitraum von zwei Monaten der Kindererziehung gewidmet hat, ist hierin eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts zu sehen. Die Begründung hierfür liegt darin, dass Frauen diese Anforderungen wegen der Mutterschutzfristen ohnehin bereits erfüllen.
EuGH 17.07.2014 – Rs. C-173/13 (Leone und Leone)

Widerrufsvorbehalt bezüglich Arbeitszeit unwirksam

Eine Reglung, nach der sich der Arbeitgeber das Recht vorbehält, die regelmäßige individuelle Wochenarbeitszeit eines Arbeitnehmers aus Auslastungsgründen, bei innerbetrieblicher Umstrukturierung oder wegen fehlender Einsatzmöglichkeiten widerrufen zu können mit der Folge, dass dann die betriebsübliche Arbeitszeit gilt, ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Dies gilt auch dann, wenn der Widerrufsvorbehalt auch zu Gunsten des Arbeitnehmers zur Anwendung kommen soll.
LAG München 26.06.2014 – 3 Sa 30/14

Betriebsratsmitglieder können nach Befristungsablauf Anspruch auf Folgevertrag haben

Steht fest, dass der Arbeitgeber das mit einem Betriebsratsmitglied sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis nur aufgrund von dessen Betriebsratstätigkeit nicht fortsetzt, ist von einer unzulässigen Benachteiligung im Sinne des § 78 Satz 2 BetrVG auszugehen. Dem Betriebsratsmitglied steht dann ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Abschluss eines Anschlussvertrages zu. Das Betriebsratsmitglied muss die unzulässige Benachteiligung grundsätzlich darlegen und beweisen.
BAG 25.06.2014 – 7 AZR 847/12

In der Freistellungsphase während der Altersteilzeit gelten Bestimmungen für Teilzeitbeschäftigte

Arbeitnehmer, die sich in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses befinden, sind so zu behandeln, als ob sie (in einem reduzierten Umfang) eine Arbeitsleistung erbracht hätten. Dementsprechend muss ihnen der Arbeitgeber die tariflichen Ansprüche gewähren, die er auch einem Teilzeitbeschäftigten mit vergleichbarer Arbeitszeit schuldet.
LAG Berlin-Brandenburg 18.06.2014 – 15 Sa 379/14

Betriebsrenten für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte können auf unterschiedlichen Wegen ermittelt werden

Es kann zulässig sein, die Betriebsrente für die gewerblichen Arbeitnehmer anders zu berechnen als für Angestellte. Dies kann sich bereits daraus ergeben, dass die Vergütung unterschiedlich strukturiert ist; insbesondere wenn die gewerblichen Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der ihnen zustehenden Zuschläge und Zulagen ein höheres pensionsfähiges Arbeitsentgelt erhalten und daher einen höheren gesetzlichen Rentenanspruch als die Angestellten derselben Entgeltgruppe haben.
BAG 17.06.2014 – 3 AZR 757/12

Adipositas kann Behinderung im Sinne der Antidiskriminierungsrichtlinie sein

Eine Adipositas ist eine Behinderung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG, wenn diese wegen Problemen bei der Mobilität, Belastbarkeit und Stimmung offenkundig ein Hindernis für die Teilhabe am Berufsleben darstellt. Hiervon ist bei einer schweren, extremen oder morbiden Adipositas auszugehen.
EuGH Schlussanträge des Generalanwalts vom 17.07.2014 – Rs. C-354/13 (Kaltoft)

EuGH kippt BAG-Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung im Todesfall

Nachdem das Bundesarbeitsgericht am 20.09.2011 (Az.: 9 AZR 416/10) noch entschieden hatte, dass die Erben eines Arbeitnehmers keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben, hat der EuGH nunmehr geurteilt, dass der Tod eines Mitarbeiters die Abgeltung des von ihm nicht genommenen Jahresurlaubs nicht ausschließen dürfe. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass der Anspruch auf bezahlten Urlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts sei und die Auszahlung von Resturlaub nach dem Tod daher die praktische Wirksamkeit des Urlaubsanspruchs sicherstelle.
EuGH 12.06.2014 – C-118/13

Schadensersatzanspruch bei nicht gewährtem Urlaub trotz fehlendem Urlaubsantrag

Entgegen der Rechtsprechung des BAG (15.09.2011 – 8 AZR 846/09) hat der Arbeitgeber dann, wenn er den Urlaubsanspruch im Übertragungszeitraum nicht von sich aus gewährt, Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub oder Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses zu gewähren. Dies gilt auch dann, wenn es der Mitarbeiter unterlassen hat, den Urlaub noch im Übertragungszeitraum zu beantragen.
LAG Berlin-Brandenburg 12.06.2014 – 21 Sa 221/14

AGG-Verstoß bei Kündigung wegen Fehlzeiten aufgrund einer künstlichen Befruchtung

Verlängert ein Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis wegen Fehlzeiten, die aufgrund einer künstlichen Befruchtung entstanden sind, nicht, ist hierin eine unmittelbare Geschlechterdiskriminierung zu sehen. Die Nichtverlängerungsmitteilung ist nach § 134 BGB in Verbindung mit §§ 1, 3, 7 Abs. 1 AGG unwirksam.
LAG Köln 03.06.2014 – 12 Sa 911/13

Anforderungen an Wahrung der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG

Will ein Arbeitnehmer Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche wegen Verstoßes gegen das AGG geltend machen, reicht es aus, wenn seine Klage innerhalb der in § 15 Abs. 4 AGG normierten Zweiwochenfrist bei dem zuständigen Arbeitsgericht eingeht. Dass auch der Arbeitgeber innerhalb dieser Frist bereits Kenntnis von den geltend gemachten Ansprüchen erlangt, ist nicht erforderlich.
BAG 22.05.2014 – 8 AZR 662/13

Berechnung des Urlaubsentgelts bei Provisionsanspruch

Setzt sich das einem Arbeitnehmer zustehende Arbeitsentgelt sowohl aus einem Grundgehalt als auch aus einer Provisionszahlung zusammen, deren Höhe sich nach den Verträgen bestimmt, welche das Unternehmen aufgrund der von dem Mitarbeiter getätigten Verkäufe geschlossen hat, steht dem Arbeitnehmer während seines bezahlten Jahresurlaubes nicht nur ein Anspruch auf das Grundgehalt zu.
EuGH 22.05.2014 – C-539/12

Haftung bei Einsatz von Leiharbeitnehmern

Ein Entleiher darf Arbeitnehmern, die vorübergehend an seinen Betrieb überlassen worden sind, keine Tätigkeiten übertragen, bei denen sie wegen fehlender berufsgenossenschaftlich vorgeschriebener Schutzmaßnahmen der Gefahr von Gesundheitsschäden ausgesetzt werden. Verletzt der Entleiher diese Pflicht und kommt es deswegen zu einem Arbeitsunfall, kann der zuständige Sozialversicherungsträger seine unfallbedingt an den Geschädigten geleisteten Aufwendungen nach § 110 Abs. 1 SGB VII vom Entleiher ersetzt verlangen, wenn dieser vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat.
OLG Koblenz 22.05.2014 – 2 U 574/12

Gewerkschaftsmitglieder dürfen bessergestellt werden

Eine tarifliche Regelung, wonach nur Gewerkschaftsmitgliedern bestimmte Zusatzleistungen zustehen, ist rechtens und verstößt nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
BAG 21.05.2014 – 4 AZR 120/13 u.a.

Fristlose Kündigung auch bei freigestelltem Altersteilzeitler denkbar

Verwirklicht ein im öffentlichen Dienst beschäftigter Mitarbeiter in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Straftatbestände mit dienstlichem Bezug, verstößt er derart gegen die ihm aus dem Dienstverhältnis obliegenden Treuepflichten, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein kann.
LAG Schleswig-Holstein 20.05.2014 – 6 Sa 410/14

Gesetzlicher Urlaubsanspruch besteht auch bei unbezahltem Sonderurlaub

Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von jährlich mindestens 24 Werktagen erfordert nur den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses und die einmalige Erfüllung der Wartezeit. Eine Kürzung des Urlaubsanspruches im Falle eines ruhenden Arbeitsverhältnisses ist gesetzlich grundsätzlich nicht vorgesehen (Ausnahme: Elternzeit, Wehrdienst). Folglich ist der Arbeitgeber zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubsanspruches insbesondere auch bei der Inanspruchnahme von Pflegezeit (§§ 3 f. PflegeZG) nicht berechtigt.
BAG 06.05.2014 – 9 AZR 678/12

Kündigung wegen erheblicher privater Internetnutzung auch ohne Abmahnung möglich

Surft ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit in erheblichem Umfang im Internet, ohne dass dies berufsbedingt erforderlich ist, kann eine verhaltensbedingte Kündigung auch ohne Abmahnung gerechtfertigt sein. Dies gilt auch dann, wenn es sich um einen langjährig beschäftigten Mitarbeiter handelt.
LAG Schleswig-Holstein 06.05.2014 – 1 Sa 421/13

Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Neuausschreibung, wenn eine Stelle erst nach sechs Monaten besetzt wird

Auch wenn in einer vom Betriebsrat geforderten Ausschreibung einer offenen Stelle ein Datum angegeben ist, ist keine weitere Ausschreibung erforderlich, wenn die Position innerhalb der nächsten sechs Monate besetzt wird.
BAG 30.04.2014 – 7 ABR 51/12

GmbH-Satzungen dürfen Abfindungszahlungen bei Interessensverletzungen nicht ausschließen

Es ist sittenwidrig und als Vertragsstrafe grundsätzlich unzulässig, wenn eine GmbH-Satzung vorsieht, dass bei Vorliegen einer (groben) Verletzung der Interessen der Gesellschaft oder einer Pflichtverletzung des Gesellschafters Abfindungszahlungen immer ausgeschlossen sind. Vielmehr muss jeweils einzelfallbezogen die Verhältnismäßigkeit der “Strafe” überprüft werden.
BGH 29.04.2014 – II ZR 216/13

Verjährung des Auskunftsanspruchs über die im Entleiherbetrieb geltenden Arbeitsbedingungen

Der in § 13 1. HS AÜG normierte Auskunftsanspruch des Leiharbeitnehmers über die im Betrieb des Entleihers für vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers geltenden Arbeitsbedingungen muss innerhalb der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist geltend gemacht werden. Er entsteht im Zeitpunkt der Überlassung.
BAG 24.04.2014 – 8 AZR 1081/12

Umstrukturierung kein wichtiger Grund für Abberufung eines Vorstandes

Nach § 84 Abs. 3 AktG muss für die Abberufung des Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft ein wichtiger Grund vorliegen. Allein eine geplante Umstrukturierung der Geschäftsfelder bzw. eine beabsichtigte Verschlankung des Vorstandes reichen hierfür nicht aus. Erforderlich ist, dass die Fortführung des Vorstandsamtes für die AG schwere wirtschaftliche Nachteile zur Folge hätte, die ihr aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar sind.
LG Frankfurt/Main 22.04.2014 – 3-05 O 8/14

Keine Anpassung der Betriebsrente bei negativer Wirtschaftslage

Unternehmen sind berechtigt, die in § 16 BetrAVG vorgesehene Anpassung der Betriebsrente zu versagen, wenn hierdurch ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet wird und die Anpassung zu einer übermäßigen Belastung führen würde. Hiervon ist auszugehen, wenn es dem Unternehmen nicht möglich ist, den Teuerungsausgleich bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen.
BAG 15.04.2014 – 3 AZR 51/12

Schwarzarbeit zum “Nulltarif”

Verstößt ein Unternehmer wissentlich gegen die Vorschriften des SchwarzArbG, kann er für die von ihm erbrachten Leistungen keine Bezahlung verlangen. Sinn und Zweck des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes lassen keine Ausnahmen zu.
BGH 10.04.2014 – VII ZR 241/13

Kein Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung bei fiktiver Testbewerbung

Schickt ein Bewerber dem potentiellen Arbeitgeber neben seiner eigenen Bewerbung auch eine Bewerbung einer fiktiven jüngeren Person und wird nur Letztere zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, kann allein hierauf noch kein Entschädigungsanspruch gestützt werden. Derartige Tests sind nur dann geeignet, einen entsprechenden Anspruch zu begründen, wenn sie einen Auslöser haben, die Strafgesetze beachtet werden und nicht rechtsmissbräuchlich sind.
LAG Schleswig-Holstein 09.04.2014 – 3 Sa 401/13

Jubiläumsgeld ist auch zu bezahlen, wenn das Arbeitsverhältnis endet

Ein Mitarbeiter hat auch dann einen Anspruch auf die Zahlung eines Jubiläumsgeldes “bei Vollendung” einer bestimmten Beschäftigungszeit, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den Vollendungszeitpunkt hinaus fortgesetzt wird. Dies ergibt sich daraus, dass mit dem Jubiläumsgeld allein die bisherige Betriebstreue honoriert werden soll.
BAG 09.04.2014 – 10 AZR 635/13

Gegenleistung des Arbeitgebers steht wirksamem Verzicht auf Kündigungsschutzklage nicht entgegen

Die Vereinbarung eines Klageverzichts ist nicht unwirksam, wenn der Arbeitgeber dem gekündigten Mitarbeiter im Gegenzug eine angemessene Kompensation (hier: gutes Arbeitszeugnis) zusagt.
LAG Niedersachsen 27.03.2014 – 5 Sa 1099/13

Anspruch auf Vergütung auch bei einem “Schnupperpraktikum”

Soweit ein Praktikant in erheblichem Umfang wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistungen erbringt und nicht der Ausbildungsgedanke im Fokus steht, hat er Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt, welches branchenüblich ist.
ArbG Bochum 25.03.2014 – 2 Ca 1482/13

Anforderungen an eine “Low Performer”-Kündigung

Die personenbedingte Kündigung eines Mitarbeiters wegen Minderleistung ist nur dann gerechtfertigt, wenn zwischen der erbrachten Arbeitsleistung und den berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers ein derart großes Missverhältnis besteht, dass es dem Arbeitgeber unzumutbar ist, an dem Arbeitsvertrag festzuhalten. Der Arbeitgeber muss den Mitarbeiter allerdings vor Kündigungsausspruch grundsätzlich auf das erhebliche Leistungsdefizit hinweisen.
LAG Rheinland-Pfalz 25.03.2014 – 6 Sa 357/13

Arbeitsvertrag auch bei fehlenden Sprachkenntnissen des Unterzeichners wirksam

Der Arbeitgeber darf die Unterschrift unter einem in der deutschen Sprache verfassten Arbeitsvertrag auch dann als Annahmeerklärung verstehen, wenn der Arbeitnehmer die deutsche Sprache nicht oder nicht in genügendem Umfang beherrscht.
BAG 19.03.2014 – 5 AZR 252/12 (B)

Kein Veto-Recht des Betriebsrates bei Versetzung der Tür zum Betriebsratsbüro

Der Betriebsrat hat auch dann kein Mitbestimmungsrecht für eine Umbaumaßnahme, wenn sich hierdurch seine Wege verlängern (hier: Verlängerung des Wegs zur Damentoilette um 200 Meter).
LAG Hessen 03.03.2014 – 16 TaBVGa 214/13

Ggf. muss auch ein Personalleiter Bevollmächtigung zum Kündigungsausspruch vorlegen

Ist nicht unternehmensbekannt, dass der Personalleiter zum Ausspruch von Kündigungen berechtigt ist, so muss dieser dem an einen Arbeitnehmer gerichteten Kündigungsschreiben eine Vollmachtsurkunde im Original beifügen. Allein die Stellung als Personalleiter reicht nicht aus, um der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB und damit der Unwirksamkeit der Kündigung zu entgehen.
LAG Schleswig-Holstein 25.02.2014 – 1 Sa 252/13

Keine Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer auf Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG

Wird zwischen dem ehemaligen Entleiher und einem früher bei ihm eingesetzten Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis begründet, sind die Vorbeschäftigungszeiten des Leiharbeitnehmers nicht auf die in § 1 Abs. 1 KSchG normierte Wartezeit anzurechnen.
BAG 20.02.2014 – 2 AZR 859/11

Anforderung an die Wirksamkeit einer Ausschlussfrist

Eine Ausschlussfrist im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen, deren Beginn in erster Stufe sowohl an die “Entstehung” als auch an die “Fälligkeit” des Anspruchs anknüpfen soll, ohne klarzustellen, wann die Frist frühestens zu laufen beginnt, ist wegen Intransparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB rechtlich ohne Bedeutung.
BAG 19.02.2014 – 5 AZR 700/12

Vorsicht bei betrieblicher Altersversorgung über Pensionskasse

Vorsicht ist geboten, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt hat, welche von einer Pensionskasse nach deren Satzung zu erbringen sind. Bleiben diese von der Pensionskasse zu erbringenden, auf Arbeitgeberbeiträgen basierenden Leistungen bei Eintritt des Versorgungsfalles im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers hinter dem nach § 2 Abs. 1 BetrAVG errechneten arbeitgeberfinanzierten Teil zurück, muss der Arbeitgeber nach § 2 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG den Differenzbetrag zu den von der Pensionskasse erbrachten Leistungen bezahlen, wenn er nicht die sog. versicherungsrechtliche Lösung nach § 2 Abs. 3 Satz 2 und 3 BetrAVG verlangt hat.
BAG 18.02.2014 – 3 AZR 542/13

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Krankenrückkehrgesprächen denkbar

Verfolgt ein Unternehmen mit der Durchführung von Krankenrückkehrgesprächen nicht nur das Ziel, zukünftige Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz auszuschließen, sondern auch um Informationen über die Fehlzeiten zu erlangen, um individualrechtliche Maßnahmen bis hin zur Beendigung des mit dem Mitarbeiter bestehenden Arbeitsverhältnisses ergreifen zu können, können die Voraussetzungen für ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG vorliegen.
LAG München 13.02.2014 – 3 TaBV 84/13

Auf tarifliche Ansprüche kann auch nach einem Betriebsübergang nicht wirksam verzichtet werden

Ein Betriebsübergang ändert an der Tatsache, dass auf tariflich begründete Ansprüche nicht verzichtet werden kann, nichts. Das heißt, ein einzelvertraglicher Verzicht auf Ansprüche, die sich aus einem Tarifvertrag ergeben, ist wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 TVG auch dann nichtig, wenn er erst nach dem Betriebsübergang erklärt wird.
BAG 12.02.2014 – 4 AZR 317/12

Richtiger Anspruchsgegner bei AGG-widriger Stellenausschreibung

Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG, der wegen einer Nichteinstellung aufgrund einer gegen das Altersdiskriminierungsverbot verstoßenden Stellenausschreibung geltend gemacht wird, kann nur gegen den potentiellen Arbeitgeber gerichtet werden. Gegen einen von dem Arbeitgeber eingesetzten Personalvermittler besteht kein derartiger Anspruch.
BAG 23.01.2014 – 8 AZR 118/13

Keine Aufklärungspflicht des Arbeitgebers im Hinblick auf Entgeltumwandlung

Für den Arbeitgeber besteht keine Verpflichtung, seine Mitarbeiter bezüglich des Anspruchs auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aufzuklären. Folglich besteht auch kein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer von der Entgeltumwandlungsmöglichkeit mangels Kenntnis keinen Gebrauch macht.
BAG 21.01.2014 – 3 AZR 807/11

Anforderungen an die Verbindlichkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes

Hat der Arbeitgeber im Rahmen der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes die Höhe der Karenzentschädigung in sein Ermessen gestellt, ohne einen Mindestbetrag im Sinne des § 74 Abs. 2 HGB anzugeben, ist das Wettbewerbsverbot für den Arbeitnehmer unverbindlich.
BAG 15.01.2014 – 10 AZR 243/13

Kein Anspruch auf kostenlose Parkplatznutzung aufgrund betrieblicher Übung

Es besteht kein Anspruch eines Arbeitnehmers auf kostenlose Nutzung eines Betriebsparkplatzes aus betrieblicher Übung, wenn der Arbeitgeber den bisherigen Parkplatz beseitigt hat und unter erheblichen Aufwendungen eine neue Parkplatzfläche errichtet hat.
LAG Baden-Württemberg 13.01.2014 – 1 Sa 17/13

Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats bei Einsatz eines Leiharbeitnehmers trotz dauerhaft anfallenden Beschäftigungsbedarfs

Der befristete Einsatz eines Leiharbeitnehmers verstößt gegen das in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG geregelte Gebot, Arbeitnehmerüberlassung nur vorübergehend betreiben zu dürfen, wenn tatsächlich ein dauerhaft anfallender Beschäftigungsbedarf besteht. Der Betriebsrat kann daher die Zustimmung zur Beschäftigung (“Einstellung”) des Leiharbeitnehmers verweigern.
LAG Schleswig-Holstein 08.01.2014 – 3 TaBV 43/13

Bei Steuerhinterziehung droht Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kann dann gerechtfertigt sein, wenn ein Arbeitnehmer veranlasst, dass die von ihm erbrachte Arbeitsleistung über einen geringfügig beschäftigten Kollegen abgerechnet wird. Dies gilt auch dann, wenn sein Vorgesetzter hiervon Kenntnis hatte.
ArbG Kiel 07.01.2014 – 2 Ca 1793a/13

AGG-Verstoß bei Kündigung aufgrund einer HIV-Infektion

Eine aufgrund einer HIV-Infektion in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses ausgesprochene Kündigung ist grundsätzlich diskriminierend und unwirksam, da hier eine Behinderung im Sinne des AGG vorliegt. Etwas gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, den Arbeitnehmer nach Umorganisation trotz seiner Behinderung einzusetzen.
BAG 19.12.2013 – 6 AZR 190/12

Keine Altersdiskriminierung bei Arbeitsplatzabbau nach Altersgruppenbildung im Insolvenzverfahren

Es liegt grundsätzlich kein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung vor, wenn im Rahmen der Sanierung eines insolventen Unternehmens zur Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur Altersgruppen gebildet werden. Die Altersgruppenbildung im konkreten Interessenausgleich muss jedoch gemäß § 10 AGG gerechtfertigt und zur Sanierung erforderlich sein. Der kündigende Insolvenzverwalter trägt hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
BAG 19.12.2013 – 6 AZR 790/12

Bei fehlendem Vertrauen keine Pflicht zur Einladung eines schwerbehinderten Bewerbers

Ein schwerbehinderter Bewerber muss entgegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden, wenn aufgrund von Vorfällen im Rahmen der Auflösung eines früheren Arbeitsverhältnisses kein Vertrauen mehr besteht.
LAG Hamm 19.12.2013 – 17 Sa 1158/13

Reichweite einer nachträglich vereinbarten Ausschlussfrist

Eine wirksame Änderungsvereinbarung, mit welcher die Arbeitsvertragsparteien nachträglich Ausschlussfristen vereinbaren, erfasst auch alle bis zur Änderungsvereinbarung entstandenen Ansprüche. Die Frist beginnt allerdings erst mit dem Zeitpunkt der erstmaligen Vereinbarung der Ausschlussfrist zu laufen.
LAG Nürnberg 13.12.2013 – 6 Sa 1324/12

AGG-Entschädigungsanspruch bei Kündigung einer Schwangeren

Kündigt der Arbeitgeber das mit einer Schwangeren bestehende Arbeitsverhältnis ohne die Zustimmung der zuständigen Behörde einzuholen, ist hierin nicht nur ein Verstoß gegen § 9 MuSchG, sondern auch eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG zu sehen. Der Arbeitnehmerin kann daher ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zustehen.
BAG 12.12.2013 – 8 AZR 838/12

Wann endet die Dynamik einer Bezugnahmeklausel in einem Altvertrag?

Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen, die vor dem 01. Januar 2002 abgeschlossen wurden, sind aus Vertrauensschutzgründen weiterhin als Gleichstellungsabreden nach der früheren Rechtsprechung des BAG auszulegen. D.h., die in einer solchen Klausel geregelte Dynamik endet grundsätzlich mit dem Wegfall der normativen Tarifgebundenheit des Arbeitgebers. Hiervon ist z.B. auszugehen, wenn der Arbeitgeber ohne Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes zu sein, nur mittels Anerkennungstarifvertrages an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebunden war.
BAG 11.12.2013 – 4 AZR 473/12

Rechtsfolge einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung

Wenn ein Arbeitgeber die erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzt, wird zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer auch dann kein Arbeitsverhältnis begründet, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers nicht nur vorübergehend im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ist.
BAG 10.12.2013 – 9 AZR 51/13

Mindestaltersgrenze für Anspruch auf Invalidenrente zulässig

Es ist möglich, den Anspruch auf Zahlung einer Invalidenrente bei Berufsunfähigkeit in einer Pensionsordnung davon abhängig zu machen, dass der Arbeitnehmer bei Eintritt des Versorgungsfalles das 50. Lebensjahr bereits vollendet hat. Diese Mindestaltersgrenze ist nicht altersdiskriminierend.
BAG 10.12.2013 – 3 AZR 796/11

Verhaltensbedingte Kündigung bei sexueller Belästigung

Fragt ein langjährig Beschäftigter eine Auszubildende nach der Echtheit ihrer Oberweite und berührt er anschließend ihre Brüste stellt dies ein sexuelle Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 4 AGG dar, welche den Arbeitgeber auch ohne vorherige Abmahnung zum Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung berechtigt.
LAG Niedersachsen 06.12.2013 – 6 Sa 391/13

Stichtag 31.12. bei Sonderzahlung mit Mischcharakter unzulässig

Wird in AGBs der Anspruch auf eine Sonderzahlung mit Mischcharakter geregelt, nach welcher der Arbeitnehmer zumindest auch für bereits erbrachte Arbeitsleistung vergütet werden soll, darf diese nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde.
BAG 13.11.2013 – 10 AZR 848/12

Stichtagsregelung bei Gratifikationen mit Mischcharakter unwirksam

Sonderzahlungen, die neben der Betriebstreue auch für die im abgelaufenen Kalenderjahr erbrachte Arbeitsleistung gewährt werden sollen, dürfen nicht davon abhängig gemacht werden, dass das Arbeitsverhältnis am Jahresende noch besteht. Unterjährig ausscheidenden Arbeitnehmern steht daher ein anteiliger Anspruch zu.
BAG 13.11.2013 – 10 AZR 848/12

Höchstaltersgrenze für Leistungen der Unterstützungskasse rechtmäßig

Regelt eine Unterstützungskasse in ihrem Leistungsplan, dass Betriebsrentenansprüche dann nicht mehr begründet werden können, wenn ein Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres begründet, liegt hierin weder eine Benachteiligung wegen des Alters noch eine solche wegen des Geschlechts.
BAG 12.11.2013 – 3 AZR 356/12

Wann ist ein gerichtlicher Vergleich Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses?

Entgegen dem BAG (BAG 15.02.2012 – 7 AZR 734/10) kann ein gerichtlicher Vergleich auch dann ein Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG sein, wenn er auf schriftlichen Vergleichsvorschlägen der Parteien beruht. Auf die explizite Mitwirkung des Gerichtes bei den Vergleichsverhandlungen kommt es nicht an.
LAG Niedersachsen 05.11.2013 – 1 Sa 489/13

Keine Anwendbarkeit tariflicher Ausschlussfristen bei Rückzahlungsansprüchen des Insolvenzverwalters

Hat ein Arbeitnehmer infolge einer Zwangsvollstreckung in den letzten drei Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens rückständiges Arbeitsentgelt erlangt, kann der Insolvenzverwalter dieses als Rückzahlung zur Masse zurückverlangen. Tarifliche Ausschlussfristen finden keine Anwendung, da § 146 InsO als abschließende Sonderregelung vorrangig gilt.
BAG 24.10.2013 – 6 AZR 466/12

Auswahlrichtlinie kann durch Interessenausgleich mit Namensliste geändert werden

Haben Betriebsrat und Arbeitgeber eine Auswahlrichtlinie im Sinne des § 1 Abs. 4 KSchG vereinbart, können sie hiervon auch durch einen Interessenausgleich mit Namensliste wieder abweichen. Die Namensliste genießt in diesem Fall auch dann den Vorrang, wenn sie nicht der Auswahlrichtlinie entspricht.
BAG 24.10.2013 – 8 AZR 854/11

Umfang des Direktionsrecht und Berechtigung zum Entzug einer tätigkeitsgebundenen Zulage

Wird durch eine vertragliche Regelung das Direktionsrecht des Arbeitgebers in zulässiger Weise erweitert, berechtigt dies nicht zur Entziehung höherwertiger Aufgaben und einer Vorgesetztenposition. Eine vorformulierte Vertragsklausel, nach welcher dem Arbeitnehmer eine Zulage nur für die Dauer des Fortbestandes der Prokura gewährt wird, ist unwirksam, da sie von wesentlichen Grundgedanken der Regelung in § 52 Abs. 1 HS 2 HGB abweicht, ohne dass hierfür ein Rechtsfertigungsgrund ersichtlich ist.
LAG Hamburg 23.10.2013 – 6 Sa 29/13

Faktisches Arbeitsverhältnis bei Widerspruch gegen Betriebsübergang

Widerspricht ein Arbeitnehmer zeitlich nach einem Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber, gelten zwischen Betriebserwerber und Arbeitnehmer die Grundsätze des faktischen Arbeitsverhältnisses. Danach bestehen gegen den Betriebserwerber keine Ansprüche auf Leistungen, die allein an den Bestand des Arbeitsverhältnisses und nicht an die Erbringung der Arbeitsleistung anknüpfen, da der Arbeitnehmer weiterhin in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsveräußerer steht und insofern nicht schutzbedürftig ist. Dies gilt zumindest dann, wenn zum Zeitpunkt des Widerspruchs die Leistungen noch nicht erbracht waren und daher auch keine Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen können.
LAG Berlin-Brandenburg 20.11.2013 – 21 Sa 866/13

Wann verwirkt das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB?

§ 613a Abs. 6 BGB regelt, dass der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats, nachdem er über den Betriebsübergang schriftlich unterrichtet wurde, gegenüber seinem bisherigen Arbeitgeber widersprechen kann. Macht er hiervon Gebrauch, geht das Arbeitsverhältnis nicht auf den Erwerber über. Eine Verwirkung dieses Widerrufsrechts kann dadurch eintreten, dass der Arbeitnehmer nach dem Betriebsübergang eine Klage einreicht, die darauf gerichtet ist, dass festgestellt wird, dass ein Arbeitsverhältnis zu dem Betriebserwerber besteht. Dies gilt auch dann, wenn er sich mit dem Betriebserwerber im Verfahren gütlich über den Bestand/Nichtbestand des Arbeitsverhältnisses einigt.
BAG 17.10.2013 – 8 AZR 974/12

Unberechtigtes Zurückbehaltungsrecht kann fristlose Kündigung rechtfertigen

Nimmt ein Mitarbeiter im Rahmen eines Streits über die Berechnung des ihm zustehenden Arbeitsentgelts unberechtigt ein Zurückbehaltungsrecht an, kann die beharrliche Arbeitsverweigerung einen verhaltensbedingten Grund zur außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung darstellen. Der Arbeitnehmer trägt das Irrtumsrisiko.
LAG Schleswig-Holstein 17.10.2013 – 5 Sa 111/13

Verbreitung eines Streikaufrufs im Intranet unzulässig

Es ist einem Arbeitnehmer nicht gestattet, den vom Arbeitgeber für dienstliche Zwecke zur Verfügung gestellten personenbezogenen E-Mail-Account für die betriebsinterne Verbreitung eines Streikaufrufs seiner Gewerkschaft an die Belegschaft zu nutzen. Rechtsgrundlage für den entsprechenden Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers ist § 1004 BGB.
BAG 15.10.2013 – 1 ABR 31/12

Wirksamkeit der sog. “Spätehenklausel” in Versorgungsordnungen

Enthält die Versorgungsordnung einer Unterstützungskasse eine Regelung die vorsieht, dass eine Hinterbliebenenvorsorge nur beansprucht werden kann, wenn die Ehe geschlossen wurde, bevor der Versorgungsfall eingetreten ist, ist dies nicht zu beanstanden. Insbesondere ist in dieser sog. “Spätehenklausel” kein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung bzw. den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz bzw. eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB zu sehen.
BAG 15.10.2013 – 3 AZR 294/11

Pflicht zur innerbetrieblichen Ausschreibung von Arbeitsplätzen bei beabsichtigtem Leiharbeitnehmereinsatz

Nach § 93 BetrVG ist der Arbeitgeber grundsätzlich auch dann zur innerbetrieblichen Ausschreibung von Arbeitsplätzen verpflichtet, wenn diese mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen. Etwas anders gilt nur dann, wenn feststeht, dass mit Bewerbungen von im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern auf die vakanten Positionen offenkundig nicht zu rechnen ist.
BAG 15.10.2013 – 1 ABR 25/12

Anwendbarkeit des TV BZ ME

Der seit dem 01.11.2012 geltende Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME) gilt auch für Leiharbeitnehmer, die in einem Unternehmen eingesetzt werden, das Montagearbeiten (hier: Motorenmontage) verrichtet.
ArbG Köln 02.10.2013 – 14 Ca 2242/13 u.a.

Kein AGG-Verstoß bei Altersgrenzenregelung im freien Mitarbeiterverhältnis

Ebenso wie im “normalen” Arbeitsverhältnis ist es auch in einem freien Mitarbeiterverhältnis zulässig, das Vertragsende an das Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze zu koppeln.
ArbG Bonn 02.10.2013 – 3 Ca 685/13

Doch keine zeitliche Beschränkung des “Zuvor-Beschäftigungsverbotes” bei sachgrundlosen Befristungen?

Am 06.04.2011 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass länger als drei Jahre zurückliegende Vorbeschäftigungszeiten bei demselben Arbeitgeber dem Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses nicht entgegenstehen. Dieser einschränkenden Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit Verweis auf den entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers und dem Hinweis darauf, dass das BAG die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschritten habe, eine Absage erteilt. Die Revision wurde zugelassen.
LAG Baden-Württemberg 26.09.2013 – 6 Sa 28/13

BAG hält an Kriterien zur Abgrenzung von Arbeits- und Werkverträgen fest

Nach § 631 BGB wird der Unternehmer durch einen Werkvertrag zur Herstellung des versprochenen Werkes verpflichtet. D.h., Gegenstand eines Werkvertrages ist die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg. Gegenstand eines Dienstvertrages ist hingegen die Tätigkeit als solche. Bei einem Arbeitsverhältnis wird die vereinbarte Tätigkeit weisungsgebunden, also in persönlicher Abhängigkeit geleistet. Welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung alle maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu klären. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, kommt es auf Letztere an.
BAG 25.09.2013 – 10 AZR 282/12

Anweisung der Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signaturkarte ist rechtens

Ein Arbeitnehmer kann von seinen Mitarbeitern im Rahmen des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts (§ 106 GewO) grundsätzlich verlangen, dass diese eine qualifizierte elektronische Signatur beantragen und eine elektronische Signaturkarte verwenden. Hierin liegt zumindest dann keine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, wenn die Nutzung der elektronischen Signatur für die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung erforderlich und zumutbar ist.
BAG 25.09.2013 – 10 AZR 270/12

Anforderungen an Schriftform der Befristungsabrede bei mehrteiligem Arbeitsvertrag

Setzt sich ein Arbeitsvertrag aus einem Hauptteil, der die Befristung enthält und vier Anlagen zusammen, wahrt die alleinige Unterschrift des Arbeitnehmers unter der letzten Anlage (Hier: Dienstwagenregelung) nicht die nach § 14 Abs. 4 TzBfG erforderliche Schriftform. Die Verknüpfungen zwischen Anlagen und Hauptteil lassen nicht zweifelsfrei darauf schließen, dass die Unterschrift unter der letzten Anlage auch die Befristungsabrede im Hauptteil umfassen soll.
LAG Düsseldorf 18.09.2013 – 12 Sa 602/13

Keine Geschlechtsdiskriminierung bei Kündigung einer Schwangeren ohne Kenntnis der Schwangerschaft

Hat ein Arbeitgeber bei Ausspruch einer Probezeitkündigung keine Kenntnis von der Schwangerschaft einer Beschäftigten, liegt kein Indiz für eine Geschlechtsdiskriminierung vor. Dies gilt auch dann, wenn er nach Mitteilung der Schwangerschaft an der Kündigung festhält. Folglich besteht allein aufgrund der Kündigung auch kein Entschädigungsanspruch im Sinne des § 15 Abs. 2 AGG.
BAG 17.10.2013 – 8 AZR 742/12

Zuordnung eines betriebsratslosen Betriebsteils bei Teilnahme an Betriebsratswahl im Hauptbetrieb

Beteiligt sich die Belegschaft eines betriebsratslosen Betriebsteils (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) nach Durchführung einer entsprechenden Abstimmung an der Betriebsratswahl im Hauptbetrieb, verliert der Betriebsteil seine gesetzlich fingierte Eigenständigkeit und wird Teil des Hauptbetriebes.
BAG 17.09.2013 – 1 ABR 21/12

Kein genereller Auskunftsanspruch des Betriebsrates bei Abmahnungen

Hinsichtlich des Inhalts und der Erteilung von Abmahnungen hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht. Er hat auch keinerlei Anspruch auf Auskunft über alle erteilten bzw. zukünftig beabsichtigten Abmahnungen. Erst bei der Durchführung des in § 102 Abs. 1 BetrVG normierten Unterrichtungsverfahrens entsteht ein Mitwirkungsrecht.
BAG 17.09.2013 – 1 ABR 26/12

Anspruch auf Wiedereinstellung

Hat ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer im Rahmen der Ausgliederung eines Geschäftsbereiches und eines Betriebsteilübergangs auf einen anderen Inhaber unter gewissen Voraussetzungen ein Rückkehrrecht eingeräumt, muss er sich an eine Neubegründung des Arbeitsverhältnisses halten lassen, wenn die in der Rückkehrzusage genannten Bedingungen erfüllt sind.
BAG 15.10.2013 – 9 AZR 564/12

Unsichere Prognose reicht für Befristung wegen vorübergehenden Bedarfs nicht aus

Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG kommt eine Sachgrundbefristung in Betracht, wenn an der Arbeitsleistung lediglich ein vorübergehender betrieblicher Bedarf besteht. Hierfür reicht es nicht aus, wenn dem Arbeitgeber dauerhaft anfallende sozialstaatliche Aufgaben vorerst nur zeitweise übertragen wurden und die Aufgabe möglicherweise wieder entfällt.
BAG 11.09.2013 – 7 AZR 107/12

Hundeverbot im Büro rechtens

Arbeitgeber können einem Mitarbeiter verbieten, seinen Hund mit ins Büro zu bringen. Dies gilt auch dann, wenn Kollegen ihren Hund mitnehmen dürfen. Entscheidend ist, ob sich andere Mitarbeiter durch den Hund bedroht fühlen und dieser deshalb die Arbeitsabläufe stört. Ob von dem Hund tatsächlich eine Gefahr ausgeht, spielt keine Rolle.
ArbG Düsseldorf 04.09.2013 – 8 Ca 7883/12

Fristlose Kündigung bei nur geringfügiger Konkurrenztätigkeit nicht immer gerechtfertigt

Übt ein Arbeitnehmer eine nur geringfügige Konkurrenztätigkeit für einen Wettbewerber seines Arbeitgebers aus, ist eine fristlose Kündigung zumindest dann nicht gerechtfertigt, wenn die Interessen des Arbeitgebers nur minimal tangiert sind und der Arbeitnehmer nicht in der Absicht handelt, seinen Arbeitgeber zu schädigen.
LAG Düsseldorf 04.09.2013 – 4 TaBV 15/13

Freie Arbeitsplätze im Ausland tangieren betriebsbedingte Kündigung nicht

Grundsätzlich ist eine betriebsbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG unwirksam, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen freien Arbeitsplatz in Betracht kommt. Arbeitsplätze im Ausland sind insoweit unbeachtlich. Der erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes ist nur auf in Deutschland gelegene Betriebe anwendbar.
BAG 29.08.2013 – 2 AZR 809/12

Besondere Anforderungen bei Ablehnung eines schwerbehinderten Bewerbers

Bei der Entscheidung über die Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen muss der Arbeitgeber nach § 81 Abs. 1 SGB IX stets die Schwerbehindertenvertretung beteiligen. Dies gilt auch dann, wenn die Vertrauensperson der Schwerbehinderten ebenfalls zu den Bewerbern gehört. Ein Verstoß gegen die Beteiligungspflicht kann ein Indiz für die Benachteiligung des Bewerbers sein.
BAG 22.08.2013 – 8 AZR 574/12

Anspruch auf Höhergruppierung kann auch nur bei gelegentlicher Übernahme von Sonderaufgaben bestehen

Ein Mitarbeiter im öffentlichen Dienst (hier: Sozialarbeiter) erfüllt die Merkmale für eine tarifliche Höhergruppierung nicht nur dann, wenn er mindestens zur Hälfte seiner Arbeitszeit die Tarifmerkmale verwirklicht. Es reicht bereits aus, wenn die in der Tarifnorm aufgeführten Aufgaben in rechtlich erheblichem Ausmaß anfallen. Dies ist der Fall, wenn ein sinnvolles Arbeitsergebnis ohne das Erfüllen des tariflichen Merkmals nicht erzielt werden kann.
BAG 21.08.2013 – 4 AZR 933/11

Arbeitnehmer haften bei fahrlässiger Verletzung ihres Kollegen durch betriebsfremde Tätigkeiten

§ 105 Abs. 1 SGB VII bestimmt, dass Arbeitnehmer und Auszubildende für Verletzungen, die sie einem Kollegen bei der Arbeit zufügen, nur für Vorsatz haften. Diese Haftungsprivilegierung setzt allerdings voraus, dass die Verletzung durch eine “betriebliche Tätigkeit” verursacht worden ist. Hieran mangelt es, wenn ein Arbeitnehmer einen gefährlichen Gegenstand in Richtung eines Kollegen wirft und dieser dadurch verletzt wird.
LAG Hessen 20.08.2013 – 13 Sa 269/13

Umfang der Bindung des Arbeitgebers an Attest des Betriebsarztes

Hat der Betriebsarzt des eigenen medizinischen Dienstes des Arbeitgebers für einen Arbeitnehmer eine zeitlich befristete Einsatzbeschränkung ausgesprochen, verhält sich der Arbeitgeber grundsätzlich ermessensfehlerhaft, wenn er sich hierüber hinwegsetzt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ihm die Einschränkung seines Direktionsrechts aus triftigen sachlichen Gründen nicht zumutbar ist, oder er ebensolche sachlichen Indizien dafür vorbringen kann, dass die Entscheidung des Betriebsarztes ungerechtfertigt erscheint.
LAG Köln 14.08.2013 – 7 Ta 243/13

Schädiger muss bei unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit auch Anteil des Urlaubsentgelts ersetzen

Derjenige, der infolge eines Unfalls die Arbeitsunfähigkeit des Geschädigten verursacht, muss nicht nur den entgangenen Verdienst aus abhängiger Arbeit, sondern grundsätzlich auch den auf den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit entfallenden Anteil des Urlaubsentgelts ersetzen. Dieser Anspruch steht nach § 6 Abs. 1 EFZG dem Arbeitgeber zu, soweit er dem Geschädigten für die Zeit seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit Urlaub gewährt hat.
BGH 13.08.2013 – VI ZR 389/12

Weiterbildungskosten – Wann ist eine Rückzahlungsklausel transparent genug?

Eine Klausel in einem Formularvertrag über die Erstattung von Weiterbildungskosten genügt dem in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB normierten Transparenzgebot nur dann, wenn sie keine vermeidbaren Unklarheiten hinsichtlich der ggf. zu erstattenden Kosten dem Grunde und der Höhe nach enthält und für den Arbeitgeber keine ungerechtfertigten Beurteilungs- und Gestaltungspielräume entstehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die Art und die Berechnungsgrundlagen der ggf. zu erstattenden Kosten nicht angibt und die einzelnen Positionen wie Fahrtkosten, Lehrgangsgebühren, etc. nicht detailliert und abschließend aufführt.
BAG 06.08.2013 – 9 AZR 442/12

Achtung: Begründung eines Arbeitsverhältnisses bei Scheinwerkverträgen

Für die Differenzierung zwischen Werk-/Dienstverträgen und Arbeitnehmerüberlassung ist insbesondere maßgebend, ob ein Arbeitnehmer in den Betrieb des Dritten eingegliedert ist und von ihm arbeitsvertragliche Weisungen erhalten hat. Die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Dritten und dem vermeintlichen Werkunternehmer sind bedeutungslos, wenn das Vertragsverhältnis tatsächlich anders gelebt wurde.
LAG Baden-Württemberg 01.08.2013 – 2 Sa 6/13

Folgen einer andauernden Arbeitnehmerüberlassung

Eine sechs Jahre dauernde Arbeitnehmerüberlassung ist nicht mehr nur vorübergehend im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, sondern auf Dauer angelegt. Damit ist sie nicht mehr von der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers gedeckt. Folge dieses Rechtsverstoßes ist, dass der Arbeitsvertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer unwirksam geworden ist und ein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher als zustande gekommen gilt; § 10 AÜG.
LAG Baden-Württemberg 31.07.2013 – 4 Sa 18/13 u.a.

Verbotene Arbeitnehmerüberlassung statt Werkvertrag

Überlässt ein Reinigungsunternehmen einen Mitarbeiter an ein anderes Unternehmen, anstatt ihn dort auf der Grundlage eines Werkvertrages einzusetzen, liegt eine verbotene Arbeitnehmerüberlassung vor. Dies hat zur Folge, dass zwischen dem Mitarbeiter und dem Entleiher ein Arbeitsverhältnis entsteht. Entscheidend dafür, ob ein Werk- oder ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vorliegt ist der Geschäftsinhalt, welcher an Hand der Vereinbarungen der Vertragsparteien und der praktischen Vertragsdurchführung ermittelt wird.
LAG Hamm 24.07.2013 – 3 Sa 1749/12

Entgeltfortzahlungsanspruch besteht auch bei selbstverschuldeter Verletzung

Schlägt ein Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz vor Wut und Erregung gegen ein Schild und bricht sich dabei die Hand, steht ihm dennoch ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu. Wenn der Arbeitnehmer aus Wut und Erregung die erforderliche Kontrolle über sein Handeln verliert, ist dies zwar leichtfertig, aber nicht derart schuldhaft, dass eine besondere Leichtfertigkeit oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt, die den Entgeltfortzahlungsanspruch ausschließen würde.
LAG Hessen 23.07.2013 – 4 Sa 617/13

Dynamische Bezugnahmeklausel auf Tarifverträge bindet den Erwerber beim Betriebsübergang nicht immer

Ist in einem Arbeitsvertrag vereinbart, dass ein Tarifvertrag in seiner jeweils geltenden Fassung zur Anwendung kommen soll (sog. dynamische Bezugnahme), ist der nicht tarifgebundene Betriebserwerber hieran bei einem Betriebsübergang nicht immer gebunden. Es gehen zwar alle Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis auf den Betriebserwerber über. Dieser darf aber nicht dynamisch zur Erfüllung tariflicher Ansprüche verpflichtet sein, wenn er keine Möglichkeit hat, an den Tarifverhandlungen mitzuwirken.
EuGH 18.07.2013 – C-426/11

Möglichkeit der Sicherung von Altersteilzeitguthaben gegen Insolvenz

Der Arbeitgeber kann die sich aus § 8a AltTZG ergebende Verpflichtung zur Insolvenzsicherung von Altersteilzeitguthaben grundsätzlich auch durch Vereinbarung einer sog. Doppeltreuhand mit einem Treuhänder erfüllen. Hierbei wird das Treugut dem Treuhänder im Rahmen einer uneigennützigen Verwaltungstreuhand übertragen. Zusätzlich wird eine Sicherungstreuhand begründet, welche der Treuhänder zur Insolvenzsicherung des Altersteilzeitguthabens zwischen dem Arbeitgeber und dem Altersteilzeitarbeitnehmer vermittelt.
BAG 18.07.2013 – 6 AZR 47/12

Auswahlentscheidung bei Versetzungsprozess erfordert billiges Ermessen

Sollen Arbeitnehmer aus dienstlichen Gründen versetzt werden, muss der Arbeitgeber bei der Auswahl der zu versetzenden Mitarbeiter die Grundsätze billigen Ermessens beachten. Das heißt, er darf seine Auswahlentscheidung nicht auf ausschließlich bislang befristet beschäftigte Mitarbeiter beschränken. Tut er dies dennoch, ist die Versetzung unwirksam.
BAG 10.07.2013 – 10 AZR 915/12

Unwirksamkeit von Betriebsratsbeschlüssen bei fehlender Mitteilung der Tagesordnung?

§ 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG verlangt, dass die Ladung zu einer Betriebsratssitzung auch die Mitteilung der Tagesordnung beinhalten muss. Nach der bisherigen einhelligen Rechtsprechung des BAG führte ein Verstoß hiergegen zur Unwirksamkeit aller in der Sitzung gefassten Beschlüsse, wenn nicht alle Betriebsratsmitglieder anwesend waren. Der Erste Senat des BAG hat in einem Beschluss mitgeteilt, dass er beabsichtigt, diese Auffassung aufzugeben und eine entsprechende Anfrage an den Siebten Senat des BAG gestellt, der sich in der Vergangenheit ebenfalls mit dieser Thematik befasst hat, ob er hiermit einverstanden ist. Nach Ansicht des Ersten Senats soll es zur Wirksamkeit eines Beschlusses nunmehr ausreichen, wenn sämtliche Mitglieder des Betriebsrates rechtzeitig geladen wurden, der Betriebsrat nach § 33 Abs. 2 BetrVG beschlussfähig ist und die anwesenden Betriebsratsmitglieder der Änderung der Tagesordnung einstimmig zugestimmt haben.
BAG 09.07.2013 – 1 ABR 2/13

Rechtsweg bei Streit über Arbeitgeberdarlehen

Bei Rechtsstreitigkeiten über ein Arbeitgeberdarlehen ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 4a ArbGG der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. Ein unmittelbar wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis liegt insbesondere dann vor, wenn das Darlehen durch entsprechende Lohneinbehalte des Arbeitnehmers zurückgezahlt werden soll.
LAG Schleswig-Holstein 08.07.2013 – 5 Ta 110/13

Anforderungen an Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche bei Benachteiligung wegen der Weltanschauung

Nach §§ 15 i.V.m. 7 und 1 AGG kann ein Arbeitnehmer Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche geltend machen, wenn er wegen seiner Weltanschauung oder wegen einer bei ihm vermuteten Weltanschauung benachteiligt wird. Dies setzt jedoch voraus, dass der Arbeitnehmer nach § 22 AGG wenigstens Indizien dazu vorträgt bzw. bewiesen hat, die auf eine solche Benachteiligung hindeuten. Zu beachten ist, dass allein persönliche Einstellungen, Sympathien oder Haltungen (wie die besondere Nähe zu einem bestimmten Regime) keine “Weltanschauung” i.S.v. § 1 AGG sind.
BAG 20.06.2013 – 8 AZR 482/12

Ausschluss-/Verfallsklauseln gelten grundsätzlich nicht für Ansprüche aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen

Eine arbeitsvertragliche Ausschlussklausel, wonach alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden, ist grundsätzlich so auszulegen, dass sie Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung (wie Mobbing, sexuelle Belästigung, etc.) nicht erfasst. Bei anderem Verständnis wäre die Klausel nach §§ 202 Abs. 1, 276 Abs. 3 BGB unwirksam. Auf tarifliche Ausschlussklauseln ist diese Rechtsprechung nicht übertragbar.
BAG 20.06.2013 – 8 AZR 280/12

Kündigung “zum nächstmöglichen” Termin ist bei Hinweis auf die gesetzlichen Fristenregelungen ausreichend

Die Bestimmtheitsanforderungen an eine Kündigungserklärung sind hinsichtlich der Angabe des Beendigungsdatums auch dann erfüllt, wenn die Kündigung zum “nächstmöglichen Termin” ausgesprochen wird und der Kündigende zugleich auf die maßgeblichen gesetzlichen Fristenregelungen (hier: § 622 BGB bzw. § 113 InsO) hinweist. Entscheidend ist, dass der Kündigungsempfänger aufgrund der Angaben unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll.
BAG 20.06.2013 – 6 AZR 805/11

Anforderungen an die Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung im Leiharbeitsverhältnis

Auch bei der Kündigung von Leiharbeitnehmern ist die Sozialauswahl auf Arbeitnehmer desselben Betriebs beschränkt. Zum Betrieb eines Verleihers gehören alle unter einer einheitlichen Leitung zusammengefassten, zu dem Zweck ihrer Überlassung an Dritte beschäftigten Arbeitnehmer. Der Betrieb umfasst nicht nur die einsatzfreien, sondern zusätzlich die sich im Einsatz befindlichen Arbeitnehmer. Soweit das Recht des Verleihers zum Austausch der eingesetzten Leiharbeitnehmer nicht vertraglich oder nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen ist, sind in die Sozialauswahl im Entleiherbetrieb grundsätzlich auch diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die Unternehmen zur Arbeitsleistung auf vergleichbaren Arbeitsplätzen überlassen sind.
BAG 20.06.2013 – 2 AZR 271/12

Verwertungsverbot von heimlich erlangten Beweismitteln

Beweismittel, die der Arbeitgeber aus einer in Abwesenheit und ohne Einwilligung des Arbeitnehmers durchgeführten Kontrolle von dessen Schrank erlangt hat, sind wegen Heimlichkeit der Durchsuchung prozessual nicht verwertbar.
BAG 20.06.2013 – 2 AZR 546/12

Verkürzung der Arbeitszeit auf weniger Wochenarbeitstage darf nicht zum Wegfall von bislang noch nicht genommenen Urlaubstagen führen

Eine Änderung der Verteilung der Arbeitszeit auf weniger Arbeitstage in der Kalenderwoche während eines laufenden Kalenderjahres darf nicht dazu führen, dass die Anzahl der Tage bezahlten Jahresurlaubs, die ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer im Bezugszeitraum nicht in Anspruch nehmen konnte, wegen des Übergangs dieses Arbeitnehmers zu einer Teilzeitbeschäftigung entsprechend dem Verhältnis gekürzt wird, in dem die von ihm vor diesem Übergang geleistete Zahl der wöchentlichen Arbeitstage zu der danach geleisteten Zahl steht.
EuGH 13.06.2013 – C-415/12

Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge der Metallindustrie Ba-Wü verpflichtet den Arbeitgeber auch zur Umsetzung der Inhaltsnormen des ERA-TV

Ein Arbeitgeber, der mit einem Arbeitnehmer die Anwendung der Tarifverträge für die Metallindustrie in Baden-Württemberg arbeitsvertraglich vereinbart hat, ist aufgrund dieser Bezugnahmeklausel gegenüber dem Arbeitnehmer auch verpflichtet, die Inhaltsnormen des zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Entgeltrahmentarifvertrages (ERA-TV) umzusetzen. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, dass er rechtlich gehindert sei, das ERA-Entgeltsystems einzuführen, weil dieses auch betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Normen enthalte, die nur betriebseinheitlich umsetzbar seien. Hat der Arbeitgeber die bereits am 29.02.2008 abgelaufene Umsetzungsfrist versäumt, kann der Arbeitnehmer die Zahlung tarifvertraglich vereinbarter Einmalzahlungen (“Strukturkomponenten”) verlangen.
BAG 12.06.2013 – 4 AZR 969/11

Anspruch auf Teilzeit – Rechtsmissbrauch

Nach § 8 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 TzBfG hat ein Arbeitnehmer unter den dort genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit und auf die von ihm gewünschte Verteilung der reduzierten Arbeitszeit. Die Vorschriften enthalten keine Vorgaben bezüglich des Umfangs der zulässigen Vertragsänderung, insbesondere kein Mindestmaß für die Verringerung. Ein Arbeitnehmer, der nur eine verhältnismäßig geringfügige Verringerung seiner Arbeitszeit und eine bestimmte Verteilung der reduzierten Arbeitszeit verlangt, handelt nicht von vornherein rechtsmissbräuchlich. Besondere Umstände des Einzelfalls, die darauf schließen lassen, dass der Arbeitnehmer die ihm nach § 8 TzBfG zustehenden Rechte zweckwidrig dazu nutzen wolle, unter Inkaufnahme einer unwesentlichen Verringerung der Arbeitszeit und der Arbeitsvergütung eine blockweise Freistellung durchzusetzen, können allerdings die Annahme eines Rechtsmissbrauchs rechtfertigen.
BAG 11.06.2013 – 9 AZR 786/11

Risiko einer außerordentlichen Kündigung bei Entgegennahme von nicht geschuldeten Zusatzleistungen

Nimmt ein Spitzenmanager von seinem Arbeitgeber Leistungen entgegen, auf die er wohlwissend keinen Anspruch hat, kann dies den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Leistungen einen hohen wirtschaftlichen Wert haben.
LAG Baden-Württemberg 11.07.2013 – 3 Sa 129/12

Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates bei geplantem Dauereinsatz von Leiharbeitnehmern

§ 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG verlangt, dass der Einsatz von Leiharbeitnehmern bei dem Entleiher nur vorübergehend erfolgt. Damit wird zum einen der Schutz der Leiharbeitnehmer bezweckt. Zum anderen soll mit dieser Vorschrift eine dauerhafte Aufspaltung der Belegschaft im Entleiherbetrieb verhindert werden. Plant der Entleiher dennoch eine nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung, kann der Betriebsrat des Entleiherbetriebs die Zustimmung zum Einsatz des betreffenden Leiharbeitnehmers nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern.
BAG 10.07.2013 – 7 ABR 91/11

Anforderungen an Rückzahlungsklauseln von Fortbildungskosten

Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Rückzahlung von Ausbildungskosten für jeden Fall einer vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung vorsehen, ohne Kündigungen des Arbeitnehmers auszunehmen, die aus Gründen erfolgen, die der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen sind, benachteiligen den Arbeitgeber unangemessen und sich nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Arbeitgeber kann in diesem Fall die Erstattung der Ausbildungskosten grundsätzlich auch nicht nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) verlangen.
BAG 28.05.2013 – 3 AZR 103/12

Keine weitere Anhörung des Arbeitnehmers bei Nachschieben von Kündigungsgründen für eine Verdachtskündigung

Streiten die Parteien um die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung, kommt es nicht nur auf die dem Arbeitgeber bei Kündigungsausspruch tatsächlich bekannten Umstände an. Vielmehr können auch nachträglich bekannt gewordene Umstände, die bei Kündigungszugang objektiv bereits vorlagen und den ursprünglichen Verdacht stärken oder schwächen, herangezogen werden. Zusätzlich können auch solche Tatsachen in den Prozess eingeführt werden, die den Verdacht eines neuen (eigenständigen) Kündigungssachverhalts rechtfertigen. In beiden Fällen bedarf es keiner erneuten vorherigen Anhörung des Arbeitnehmers. Seine Rechte sind dadurch gewahrt, dass er sich im Kündigungsverfahren gegen den neuen Verdacht verteildigen kann. Die Einführung der neu bekannt gewordenen, bei Kündigungsausspruch aber objektiv bereits vorliegenden Gründe in den Prozess ist auch nach Ablauf der in § 626 BGB geregelten Zwei-Wochen-Frist noch möglich.
BAG 23.05.2013 – 2 AZR 102/12

Fristlose Kündigung bei Einsatz einer Firmen-Gutschrift für den Betriebssport gerechtfertigt

Verwendet ein Mitarbeiter (hier: Betriebsratsvorsitzender) eine Gutschrift, die ein Lieferant des Unternehmens gewährt hatte, für die Ausstattung einer Betriebssportgruppe mit neuen Sportanzügen, rechtfertigt dies eine fristlose Kündigung. Die Nutzung einer solchen Gutschrift für private Zwecke stellt eine gegen das Vermögen des Arbeitgebers gerichtete Handlung dar, die typischerweise mit einem Vertrauensmissbrauch verbunden ist.
ArbG Hamburg 22.05.2013 – 26 BV 31/12

Arbeitnehmerüberlassung – Equal-Pay-Anspruch erfasst auch Weihnachtsgeld

Der sich aus § 10 Abs. 4 AÜG ergebende Equal-Pay-Anspruch erfasst auch Sonderleistungen wie das Weihnachtsgeld. Besteht eine Stichtagsregelung kann der Leiharbeitnehmer allerdings nur dann einen Anspruch haben, wenn er zum maßgeblichen Zeitpunkt noch bei dem entsprechenden Entleiher eingesetzt war.
LAG Schleswig-Holstein 21.05.2013 – 2 Sa 398/12

Identische Haftungsgrundsätze für Schein-Handwerker und Arbeitnehmer

Verursacht ein Handwerker einen Schaden, kann er sich auf die für Arbeitnehmer geltenden Haftungsprivilegien berufen, wenn er tatsächlich als arbeitnehmerähnliche Person oder als Arbeitnehmer tätig wird. Das heißt, für ihn kommen selbst bei grober Fahrlässigkeit Haftungserleichterungen in Betracht, wenn sein Verdienst in einem deutlichen Missverhältnis zum Risiko seiner Tätigkeit steht.
LAG Hessen 17.05.2013 – 13 Sa 857/12

Schwerbehindertenrechtliche Ausgleichsabgabe gilt auch für Beschäftigungsgesellschaften (sog. BQG’s)

Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften, welche auf weniger als fünf Prozent ihrer “Arbeitsplätze” schwerbehinderte oder ihnen gleichgestellte Menschen beschäftigen, müssen grundsätzlich gemäß § 77 SGB IX eine Ausgleichsabgabe entrichten.
BVerwG 16.05.2013 – 5 C 20/12

Bei Kündigung kein Wahlrecht zwischen Bestandsschutz und Schadensersatz

Will ein Arbeitnehmer eine ihm ausgesprochene Kündigung gerichtlich für unwirksam erklären lassen, muss er innerhalb der in § 4 Satz 1 KSchG normierten Dreiwochenfrist klagen. Nach Ablauf dieser Frist gilt die Kündigung als wirksam, § 7 KSchG. Der Arbeitnehmer kann dann auch keine finanziellen Entschädigungsleistungen mehr verlangen.
LAG Rheinland-Pfalz 16.05.2013 – 10 Sa 39/13

Verzicht auf Urlaubsabgeltung möglich

Ist das Arbeitsverhältnis beendet und hat der Arbeitnehmer nach § 7 Abs. 4 BUrlG einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, kann er auf diesen grundsätzlich verzichten. Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG kann von § 7 Abs. 4 BUrlG zwar nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Diese Regelung hindert aber nur einzelvertragliche Abreden, die das Entstehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen ausschließen.
BAG 15.05.2013 – 9 AZR 844/11

Dauer der Arbeitszeit bei fehlender ausdrücklicher Vereinbarung

Fehlt in einem Arbeitsvertrag eine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit, gilt die betriebsübliche Arbeitszeit als vereinbart. Nach der betriebsüblichen Arbeitszeit bemessen sich dann auch die Pflichten des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeitsleistung und des Arbeitgebers zur Zahlung der Vergütung. Diese Grundsätze gelten ebenfalls für außertariflich Angestellte. Das heißt, die Vergütung eines AT-Angestellten darf gekürzt werden, wenn er die betriebsübliche Arbeitszeit unterschreitet.
BAG 15.05.2013 – 10 AZR 325/12

Gilt die dreiwöchige Klagefrist, wenn nur die Nichteinhaltung der objektiv unrichtigen Kündigungsfrist gerügt werden soll?

Ob bei einer ordentlichen Kündigung die Nichteinhaltung der objektiv richtigen Kündigungsfrist mit der fristgebundenen Klage nach § 4 Satz 1 KSchG geltend gemacht werden muss, ist davon abhängig, ob die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist zur Unwirksamkeit der Kündigungserklärung führt. Dies ist dann der Fall, wenn sich die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nicht als eine solche mit der rechtlich gebotenen Frist auslegen lässt. Eine vom Arbeitgeber mit fehlerhafter Kündigungsfrist zu einem bestimmten Datum erklärte Kündigung mit dem Zusatz “fristgemäß zum” kann als solche zum richtigen Kündigungszeitpunkt ausgelegt werden, wenn es dem Arbeitgeber, für den Arbeitnehmer erkennbar, wesentlich um die Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist ging und sich das in das Kündigungsschreiben aufgenommene Datum lediglich als das Ergebnis einer fehlerhaften Berechnung der zutreffenden Kündigungsfrist erweist.
BAG 15.05.2013 – 5 AZR 130/12

Keine sachgrundlose Befristung bei rechtsmissbräuchlicher Umgehung des “Zuvor-Beschäftigungsverbotes”

Eine sachgrundlose Befristung kann nicht auf § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG gestützt werden, wenn der Arbeitgeber den Vertrag in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem bisherigen Arbeitgeber des Arbeitnehmers ausschließlich deshalb vereinbart, um das in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG normierte “Zuvor-Beschäftigungsverbot” zu umgehen. Bei einer solchen rechtsmissbräuchlichen Vertragsgestaltung kommt aber kein unbefristeter Arbeitsvertrag mit dem letzten Arbeitgeber zustande.
BAG 15.05.2013 – 7 AZR 525/11

Anspruch auf Ersatzurlaub bei Verzug mit der Urlaubsgewährung

Hat der Arbeitgeber einen vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um. Der Arbeitgeber ist rechtlich nicht gehindert, einem Arbeitnehmer in einem nicht wirksam gekündigten und deshalb fortbestehenden Arbeitsverhältnis vorbehaltlos bezahlten Urlaub zu gewähren.
BAG 14.05.2013 – 9 AZR 760/11

Anforderungen an die Bestimmtheit eines Änderungsangebotes bei Altersteilzeit

Der Antrag des Arbeitnehmers, sein Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortzuführen, ist ein Angebot, welches auf den Abschluss eines Änderungsvertrages gerichtet ist. Ein solches Angebot muss grundsätzlich so konkret formuliert sein, dass es mit einem einfachen “ja” angenommen werden kann. Ob das Angebot des Arbeitnehmers diesen Anforderungen genügt, ist unter Berücksichtigung der sich aus §§ 133, 157 BGB ergebenden Auslegungsgrundsätze zu beurteilen.
BAG 14.05.2013 – 9 AZR 664/11

Allgemeine Erledigungsklausel erfasst grundsätzlich auch die Abgeltung gesetzlichen Mindesturlaubs

Hatte ein Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich die Möglichkeit, die Abgeltung des ihm zustehenden gesetzlichen Mindesturlaubs in Anspruch zu nehmen, und schließt er einen Vergleich mit einer Ausgleichsklausel, nach der sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis “erledigt” sind, erfasst diese grundsätzlich auch den Urlaubsabgeltungsanspruch. Der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung stehen weder § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG noch Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie entgegen.
BAG 14.05.2013 – 9 AZR 844/11

Staffelung der Kündigungsfristen impliziert keine Altersdiskriminierung

§ 622 Abs. 2 BGB knüpft die Länge der Kündigungsfristen an die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Hierin ist weder eine Altersdiskriminierung noch ein Verstoß gegen EU-Recht zu sehen.
LAG Hessen 13.05.2013 – 7 Sa 511/12

Zeitliche Gültigkeit einer neu geregelten (bislang zu kurz bemessenen) Ausschlussfrist

Die vertragliche Neuregelung einer bislang zu kurz bemessenen Ausschlussfrist, die an die Fälligkeit eines Anspruchs anknüpft, erfasst ab ihrem Inkrafttreten sowohl die bereits fällig gewordenen als auch die noch fällig werdenden Ansprüche.
LAG Nürnberg 08.05.2013 – 4 Sa 565/12

Kostentragung trotz Obsiegens in der Berufungsinstanz wegen unterlassenen Tatsachenvortrags in erster Instanz

Wer einen Rechtsstreit in der zweiten Instanz nach verlorener erster Instanz nur deshalb gewinnt, weil er Tatsachen vorträgt, die er auch schon in erster Instanz hätte vortragen können, hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
LAG Berlin-Brandenburg 03.05.2013 – 10 Sa 1293/12

Nur mittelbar betroffenes Betriebsratsmitglied nicht an Beschlussfassung gehindert

Betriebsratsmitglieder können von der Beschlussfassung des Betriebsrates über den Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zur Versetzung eines Arbeitnehmers nicht allein deshalb ausgeschlossen werden, weil sie sich ebenfalls auf die Stelle beworben haben. Von einer unmittelbaren und individuellen Betroffenheit des Betriebsratsmitgliedes ist grundsätzlich nur dann auszugehen, wenn das Betriebsratsmitglied gerade die Person ist, auf die sich das Zustimmungsersuchen des Arbeitgebers unmittelbar richtet.
BAG 24.04.2013 – 7 ABR 82/11

Rechtsprechungsänderung: Außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze führt nicht automatisch zu einer höheren Betriebsrente

Die Auslegung einer bis zum 31.12.2002 geschlossenen Versorgungsvereinbarung mit sog. “gespaltener Rentenformel” führt nicht dazu, dass die Betriebsrente so zu berechnen ist, als hätte es die 2003 erfolgte außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze nicht gegeben. Der Arbeitgeber darf zur Ermittlung des die Beitragsbemessungsgrenze übersteigenden Einkommensanteils, für den höhere Rentenleistungen erbracht werden müssen, auch auf die 2003 erfolgte außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze abstellen. Eine Korrektur zugunsten des ehemaligen Arbeitnehmers kommt nur nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Betracht. Hierfür muss ihm aber eine Festhalten an der seinerzeit getroffenen Vereinbarung unzumutbar sein.
BAG 23.04.2013 – 3 AZR 475/11

Dienstwagenbesteuerung – Rechtsprechungsänderung

Ist dem Arbeitnehmer die private Nutzung des ihm zur Verfügung gestellten Dienstwagens arbeitsvertraglich oder aufgrund einer konkludent getroffenen Nutzungsvereinbarung gestattet, muss er diese zukünftig unter Anwendung der 1%-Regelung in jedem Fall versteuern. Bislang konnte ein Arbeitnehmer die Steuerpflicht umgehen, wenn er mit Hilfe der akribischen Führung eines Fahrtenbuches nachwies, dass er den Dienstwagen tatsächlich ausschließlich beruflich nutzte.
BFH 18.04.2013 – VI R 23/12; BFH 21.03.2013 – VI R 31/10 u.a.

Freiwilligkeitsvorbehalt und Unklarheitenregel

Die Regelung in einem Arbeitsvertrag, dass “die Zahlung eines 13. Gehalts eine freiwillige Leistung der Firma ist, die anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann”, genügt nicht, um den Anspruch auf die Leistung auszuschließen. Vielmehr ist eine solche Klausel unklar formuliert (§ 305c Abs. 2 BGB) und begründet einen Zahlungsanspruch.
BAG 17.04.2013 – 10 AZR 281/12

Keine Anfechtbarkeit bei einem um einen Tag zu lang sachgrundlos befristetem Arbeitsvertrag

Überschreitet die sachgrundlose Befristung in einem Arbeitsvertrag die in § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehene maximale Befristungsmöglichkeit von 2 Jahren um nur einen Tag, besteht das Arbeitsverhältnis unbefristet fort. Der Arbeitgeber kann die Befristung nicht erfolgreich mit der Begründung anfechten, dass er sich beim Datum verschrieben habe. Insoweit würde es sich nicht um einen Erklärungs- oder Inhaltsirrtum, sondern um einen unbeachtlichen Kalkulationsirrtum handeln.
LAG Mecklenburg-Vorpommern 17.04.2013 – 2 Sa 237/12

Berechnung des pfändbaren Einkommens nach der Nettomethode

Bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens gemäß § 850e Nr. 1 Satz 1 ZPO gilt die sog. Nettomethode. Das heißt, die der Pfändung nach § 850a ZPO entzogenen Bezüge sind mit ihrem Bruttobetrag vom Gesamteinkommen abzuziehen. Ein erneuter Abzug der auf diesen Bruttobetrag entfallenden Steuern und sozialrechtlichen Abgaben erfolgt nicht.
BAG 17.04.2013 – 10 AZR 59/12

Wann beginnt die tarifvertragliche Ausschlussfrist bei einem Widerspruch gegen einen Betriebsübergang?

Widerspricht ein Arbeitnehmer im Rahmen eines Betriebsübergangs dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber, beginnt die tarifliche Ausschlussfrist zur Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber, die von dem Widerspruch abhängen, grundsätzlich erst mit Zugang des Widerspruchs.
BAG 16.04.2013 – 9 AZR 731/11

Günstigkeitsvergleich bei kürzerer Arbeitszeit zu höherem Arbeitsentgelt und insgesamt niedrigerer Vergütung

Es ist für einen Arbeitnehmer günstiger i.S.d. § 4 Abs. 3 TVG, eine kürzere Wochenarbeitszeit zu einem höheren Stundensatz als nach dem Tarifvertrag zu leisten, auch wenn sein Monatseinkommen dadurch insgesamt geringer ausfällt.
LAG Berlin-Brandenburg 12.04.2013 – 6 Sa 2000/12

Lang andauernde Krankheiten ebenfalls vom Verbot der Diskriminierung wegen Behinderung erfasst

Das Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung bezieht sich nicht nur auf angeborene oder von Unfällen herrührende Behinderungen. Vielmehr können auch Krankheiten eine Behinderung im Sinne der Gleichbehandlungsrichtlinie darstellen, wenn sie eine physische, geistige oder psychische Einschränkung mit sich bringen, welche von langer Dauer ist und eine volle und wirksame Teilhabe am Berufsleben verhindert. Unerheblich ist, ob die Krankheit heilbar ist.
EuGH 11.04.2013 – C-335/11 und 337/11

Fehlverhalten des Ehepartners rechtfertigt keine Kündigung

Beleidigt und bedroht der Ehepartner eines Mitarbeiters dessen Vorgesetzte, rechtfertigt dies ohne vorherige Abmahnung grundsätzlich keine verhaltensbedingte Kündigung. Dies gilt zumindest dann, wenn der Mitarbeiter keine Möglichkeit hatte, die Äußerungen zu verhindern und eine Abmahnung nicht von vornherein aussichtslos erscheint.
LAG Berlin-Brandenburg 05.04.2013 – 10 Sa 2339/12

Einsatzzeit als Leiharbeitnehmer ist nicht auf Wartezeit für Anwendbarkeit des KSchG anrechenbar

Wird ein Leiharbeitnehmer von einem Entleiher in ein Arbeitsverhältnis übernommen, wird die Zeit der Beschäftigung als Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb nicht auf die in § 1 Abs. 1 KSchG normierte Wartefrist angerechnet. Dies gilt auch dann, wenn der (Leih-)Arbeitnehmer ununterbrochen auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt war.
LAG Niedersachsen 05.04.2013 – 12 Sa 50/13

Alleinige Zurverfügungstellung von Personal ist Arbeitnehmerüberlassung und kein Werkvertrag

Stellt ein Unternehmen für den Besucher- und Veranstaltungsservice eines anderen Unternehmens lediglich Personal zur Verfügung, ohne die Aufgaben in eigener Verantwortung zu erfüllen, liegt ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und kein Dienst- oder Werkvertrag vor. Fehlt es in einem solchen Fall an einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis entsteht ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Personal und dem Entleiher.
ArbG Berlin 04.09.2013 – 33 Ca 5347/13

Angespanntes Arbeitsklima reicht für Mobbing-Vorwurf nicht aus

Unter Mobbing versteht man das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren durch Kollegen oder Vorgesetzte. Hierfür ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig. Ein länger andauernder Konflikt reicht grundsätzlich nicht aus, um von Mobbing zu sprechen. Gleiches gilt für eine – vom Direktionsrecht gedeckte – Zuweisung unliebsamer Tätigkeiten oder drastische Kritik des Vorgesetzten.
LAG Düsseldorf 26.03.2013 – 17 Sa 602/12

Differenzierung zwischen rentennahen und -fernen Arbeitnehmern bei Sozialplanabfindungen impliziert keine Altersdiskriminierung

Bei der Bemessung von Sozialplanabfindungen darf berücksichtigt werden, dass Arbeitnehmer eine vorgezogene gesetzliche Altersrente beziehen können. Die hiermit verbundene Unterscheidung zwischen rentenfernen und rentennahen Arbeitnehmern stellt keine unzulässige Altersdiskriminierung dar und verstößt deshalb auch nicht gegen den in § 75 Abs. 1 BetrVG normierten betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
BAG 26.03.2013 – 1 AZR 813/11

Keine Altersdiskriminierung bei altersabhängiger Sozialplanabfindung

Die Regelung in einem Sozialplan, wonach sich die Abfindungshöhe nach der Formel Bruttomonatsvergütung x Betriebszugehörigkeit x Faktor bestimmt und die vorsieht, dass Arbeitnehmer nach Vollendung des 62. Lebensjahres statt dessen eine Mindestabfindung von zwei Bruttomonatsgehältern erhalten, verstößt nicht gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters.
BAG 26.03.2013 – 1 AZR 857/11

Kein Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber nach Ablehnung der Bewerbung

Wer sich erfolglos beworben hat, kann von dem potentiellen Arbeitgeber nicht verlangen, dass dieser ihm Auskunft darüber erteilt, ob ein anderer Bewerber eingestellt wurde bzw. aufgrund welcher Kriterien die Einstellung erfolgt ist.
BAG 25.04.2013 – 8 AZR 287/08

Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates bei Neueinstellung von Teilzeitbeschäftigten

Beschäftigt ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter nur in Teilzeit und lehnt er es gleichzeitig grundsätzlich ab, die wöchentliche Arbeitszeit der aufstockungswilligen Beschäftigten zu erhöhen, kann der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung neuer Teilzeitkräfte nach § 99 BetrVG wegen einer Benachteiligung der aufstockungswilligen Beschäftigten verweigern. Der Arbeitgeber unterläuft mit einer solchen Organisationsentscheidung den Anspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit nach § 9 TzBfG, wonach teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Verlängerung ihrer Arbeitszeit haben.
LAG Baden-Württemberg 21.03.2013 – 6 TaBV 9/12

Kein besonderer Kündigungsschutz bei Bewerbung für den Wahlvorstand

Im Hinblick auf eine Betriebsratsgründung ist zu beachten, dass der sich aus § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG i.V.m. § 103 Abs. 1 BetrVG ergebende besondere Kündigungsschutz zwar für Mitglieder eines Wahlvorstandes und Wahlbewerber gilt, nicht aber für Bewerber für das Amt des Wahlvorstandes.
LAG Hamm 15.03.2013 – 13 Sa 6/13

Ankündigung einer Krankheit rechtfertigt Kündigung nicht immer

Kündigt ein Mitarbeiter an, am nächsten Tag arbeitsunfähig erkrankt zu sein, kann hierin eine Pflichtverletzung liegen. Besteht dann aber tatsächlich objektiv eine Erkrankung, stellt das Verhalten ohne vorherige Abmahnung keinen Kündigungsgrund dar. Die Behauptung des Arbeitnehmers, er sei bereits zum Zeitpunkt der Ankündigung krank gewesen, muss der Arbeitgeber widerlegen.
LAG Berlin-Brandenburg 15.03.2013 – 10 Sa 2427/12

Rechtsprechungsänderung: Leiharbeitnehmer sind bei den Schwellenwerten des § 9 BetrVG im Entleiherbetrieb zu berücksichtigen

Bei den sich aus § 9 BetrVG ergebenden Schwellenwerten, die für die Größe des Betriebsrates maßgeblich sind, sind die im Entleiherbetrieb in der Regel beschäftigten Leiharbeitnehmer grundsätzlich zu berücksichtigen. Auf die Wahlberechtigung der Leiharbeitnehmer kommt es dabei jedenfalls bei einer Betriebsratsgröße von mehr als 100 Arbeitnehmern nicht an.
BAG 13.03.2013 – 7 ABR 69/11

Grundsätze zur Geltendmachung von “equal-pay”-Ansprüchen im Leiharbeitsverhältnis nach § 10 Abs. 4 AÜG

Der “equal-pay”-Anspruch besteht für den Zeitraum, in dem der Leiharbeitnehmer bei einem Entleiher eingesetzt wird. Die Berechnung des Anspruchs basiert auf einem Gesamtvergleich aller Entgelte im Überlassungszeitraum. Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer erstattet wurden, bleiben unberücksichtigt, wenn es sich nicht um “verschleiertes” und damit steuerpflichtiges Arbeitsentgelt handelt. “Equal-pay”-Ansprüche werden zu dem arbeitsvertraglich für die Vergütung vereinbarten Zeitpunkt fällig und unterliegen insoweit auch wirksam mit dem Zeitarbeitsunternehmen vereinbarten Ausschlussfristen. Wird in dem Arbeitsvertrag zusätzlich auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag verwiesen, ohne dass ersichtlich ist, welches der tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen Vorrang haben soll, ist die Klausel wegen Intransparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.
BAG 13.03.2013 – 5 AZR 954/11, 146/12, 242/12, 294/12 und 424/12

Darlegungslast bei Geltendmachung des “Equal Pay”-Anspruchs

Der Leiharbeitnehmer kann der ihm für die Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt (§ 10 Abs. 4 AÜG) obliegenden Darlegungslast zunächst dadurch genügen, dass er sich auf eine Auskunft nach § 13 AÜG beruft und diese in den Prozess einführt. Stützt sich der Leiharbeitnehmer nicht auf eine Auskunft nach § 13 AÜG, muss er zur Darlegung des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt alle für dessen Berechnung erforderlichen Tatsachen vortragen. Dazu gehören vorrangig die Benennung des vergleichbaren Stammarbeitnehmers und das diesem vom Entleiher gewährte Arbeitsentgelt. Beruft sich der Leiharbeitnehmer auf ein allgemeines Entgeltschema, hat er nicht nur dessen Inhalt, sondern auch darzulegen, dass ein solches im Betrieb des Entleihers im Überlassungszeitraum tatsächlich Anwendung fand und wie er danach fiktiv einzugruppieren gewesen wäre.
BAG 13.03.2103 – 5 AZR 146/12

Entstehung und Fälligkeit des “Equal Pay”-Anspruchs nach § 10 Abs. 4 AÜG

Der Anspruch eines Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG entsteht mit der Überlassung und wird zu dem im Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig. Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vom Entleiher gewährten Arbeitsentgelts des vergleichbaren Stammarbeitnehmers (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeitsverhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG “dem Grunde nach” ausreicht.
BAG 13.03.2013 – 5 AZR 954/11

Unwirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung bei Massenentlassung ohne die in § 17 Abs. 2 KSchG vorgeschriebene Konsultation des Betriebsrates

Ist vor Ausspruch einer Kündigung ein nach § 17 Abs. 2 KSchG erforderliches Konsultationsverfahren nicht durchgeführt worden, ist die Kündigung wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB rechtsunwirksam. Für Equal-Pay-Anspruch Gesamtvergleich des Arbeitsentgelts entscheidend Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs eines Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 10 Abs. 4 AÜG ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen. Dabei ist Arbeitsentgelt jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund von Entgeltfortzahlungstatbeständen gewährt werden muss. Echter Aufwendungsersatz ist weder Arbeitsentgelt noch eine wesentliche Arbeitsbedingung im Sinne des § 10 Abs. 4 AÜG. Aufwendungsersatz ist ausnahmsweise nur dann zu berücksichtigen, wenn es sich als “verschleiertes” und somit steuerpflichtiges Arbeitsentgelt darstellt.
BAG 13.03.2013 – 5 AZR 294/12

Ersatz von in Bezug auf die Arbeitsausführung notwendigen Aufwendungen des Arbeitnehmers

Ein Arbeitnehmer, der in Bezug auf die Arbeitsausführung Aufwendungen hatte, kann hierfür in entsprechender Anwendung von § 670 BGB vom Arbeitgeber Aufwendungsersatz verlangen. Der Anspruch setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Aufwendungen für erforderlich halten durfte. Zudem dürfen die Aufwendungen nicht bereits durch das Arbeitsentgelt abgegolten sein. Die Tatsache, dass der Arbeitnehmer die Aufwendungen als Werbungskosten steuermindernd gelten machen könnte, steht dem Erstattungsanspruch nicht entgegen.
BAG 12.03.2013 – 9 AZR 455/11

Betriebsvereinbarungen dürfen Altersgrenzen für Beendigung des Arbeitsverhältnisses regeln

Eine Regelung in einer Betriebsvereinbarung, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Kalendermonats endet, in dem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht, ist wirksam. Hierin liegt keine unzulässige Altersdiskriminierung.
BAG 05.03.2013 – 1 AZR 417/12

Arbeitsunfähige Arbeitnehmer dürfen an Bewerbungsgesprächen teilnehmen

Die Teilnahme an einem Bewerbungsgespräch während einer Krankschreibung rechtfertigt nicht ohne weiteres eine Kündigung. Arbeitsunfähig erkrankte Mitarbeiter müssen sich bemühen schnellstmöglich wieder gesund zu werden. Das heißt aber nicht, dass sie die Wohnung nicht verlassen dürfen. Es ist einzelfallabhängig, welche Tätigkeiten einem Arbeitnehmer während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit untersagt sind.
LAG Mecklenburg-Vorpommern 05.03.2013 – 5 Sa 106/12

Keine betriebsbedingte Kündigung bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung

Beruft sich der Arbeitgeber zur Rechtfertigung einer Kündigung darauf, dass der Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers weggefallen ist, weil seine Tätigkeiten fremdvergeben wurden, liegt eine unzulässige Austauschkündigung vor, wenn die Fremdvergabe nicht in selbstständiger Erledigung durch den Dritten erfolgt, sondern dieser in den Arbeitsbetrieb des (kündigenden) Arbeitgebers eingegliedert wird.
LAG Berlin-Brandenburg 05.03.2013 – 12 Sa 1624/12

Arbeitnehmer kann sich nach Jahren nicht auf Schriftformklausel berufen, wenn er auf eigenen Wunsch ausgeschieden ist

Wenn ein Arbeitnehmer mittels mündlichen Aufhebungsvertrages aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, weil er schnellstmöglich und unbedingt zu einem anderen Arbeitgeber wechseln will, kann er sich grundsätzlich nicht Jahre später darauf berufen, dass das Arbeitsverhältnis nach § 623 BGB nur schriftlich hätte beendet werden können. Die Berufung auf das Schriftformerfordernis ist in diesem Fall treuwidrig.
LAG Hessen 26.02.2013 – 13 Sa 845/12

Genereller Verzicht auf Kündigungsschutz ist unwirksam

Eine Klausel in einem Anstellungsvertrag, wonach der Arbeitgeber berechtigt ist, dass Arbeitsverhältnis jederzeit gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern zu kündigen und die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ausgeschlossen ist, ist unwirksam. Das Recht, sich gegen unberechtigte Kündigungen zur Wehr zu setzen, kann nicht einseitig zugunsten des Arbeitgebers gekürzt werden. Dies gilt auch im Profifußball.
Arbeitsgericht Aachen 22.02.2013 – 6 Ca 3662/12

Auch Schwerbehinderte müssen für Benachteiligung im Bewerbungsverfahren Indizien vortragen

Auch schwerbehinderte Bewerber, die sich auf eine Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) berufen, müssen Indizien dafür vortragen, dass ihre schlechtere Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Sie haben zudem grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Auskunft, aus welchen Gründen er die Bewerbung abgelehnt hat. Etwas anderes kann aber nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX gelten, wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen nicht hinreichend nachgekommen ist.
BAG 21.02.2013 – 8 AZR 180/12

Freiwilliges Weihnachtsgeld?

Allein die Bezeichnung eines Weihnachtsgeldes im Arbeitsvertrag als “freiwillige soziale Leistung” genügt für sich genommen nicht, um einen Rechtsanspruch auszuschließen. Wenn Sonderleistungen des Arbeitgebers in einem Formulararbeitsvertrag nach Voraussetzungen und Höhe präzise festgelegt werden, legt dies das Bestehen eines vertraglichen Anspruchs nahe. In der Kombination eines solchen vertraglichen Anspruchs mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt liegt grundsätzlich ein zur Unwirksamkeit des Vorbehalts führender Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
BAG 20.02.2013 – 10 AZR 177/12

Keine Anrechnung von einvernehmlicher Arbeitszeitverringerung während der Elternzeit auf den Anspruch nach § 15 Abs. 6 BEEG

§ 15 Abs. 5 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) regelt, dass Mitarbeiter während der Elternzeit eine Verringerung der Arbeitszeit verlangen können und sich die Arbeitsvertragsparteien hierauf innerhalb von vier Wochen einigen. Sofern keine Einigung gefunden wird, kann der Mitarbeiter unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BEEG während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit beanspruchen (§ 15 Abs. 6 BEEG). Einvernehmliche Verringerungen der Arbeitszeit während der Elternzeit sind auf diesen Anspruch auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit nach § 15 Abs. 6 BEEG nicht anzurechnen.
BAG 19.02.2013 – 9 AZR 461/11

Umfang der gerichtlichen Prüfung bei einer Befristung mit Sachgrund

Die Gerichte dürfen sich bei der Befristungskontrolle nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrundes beschränken. Vielmehr müssen sie zusätzlich alle Umstände des Einzelfalls prüfen und dabei namentlich die Gesamtdauer und die Zahl der mit derselben Person zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge berücksichtigen, um auszuschließen, dass der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreift. Werden innerhalb von sechseinhalb Jahren 13 befristete Verträge mit demselben Mitarbeiter abgeschlossen, kann eine Missbrauchskontrolle veranlasst sein.
BAG 13.02.2013 – 7 AZR 225/11

Keine unzulässige Diskriminierung durch das Erfordernis einer bestimmten Wartezeit in einer betrieblichen Versorgungsordnung

In einer vom Arbeitgeber geschaffenen Versorgungsordnung kann als Voraussetzung für einen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung eine mindestens 15-jährige Betriebszugehörigkeit vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorgesehen werden. Eine solche Anforderung verstößt weder gegen das im AGG enthaltene Verbot der Altersdiskriminierung noch gegen das Verbot der Geschlechterdiskriminierung.
BAG 12.02.2013 – 3 AZR 100/11

Höchstaltersgrenze bei betrieblicher Altersversorgung zulässig

Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist die Festsetzung von Altersgrenzen in betrieblichen Versorgungssystemen grundsätzlich zulässig. Allerdings muss die in der jeweilligen Versorgungsregelung bestimmte konkrete Altersgrenze im Sinne des § 10 Satz 2 AGG angemessen sein. Hiervon ist beispielsweise dann auszugehen, wenn die Versorgungsregelung eine Mindestbetriebszugehörigkeit von 15 Jahren bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung festlegt. Hierin ist weder eine Diskriminierung wegen des Alters noch wegen des Geschlechts zu sehen.
BAG 12.02.2013 – 3 AZR 100/11

Leistungsort für das Arbeitszeugnis

Ein Zeugnis ist am Ende des Arbeitsverhältnisses im Betrieb abzuholen, sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände dieses unzumutbar machen. Wer ohne Abholversuch ein Zeugnis einklagt, hat deshalb in aller Regel die Kosten für das Gerichtsverfahren zu tragen.
LAG Berlin-Brandenburg 06.02.2013 – 10 Ta 31/13

Tarifwechselklausel im Arbeitsvertrag unzulässig

Die einzelvertragliche Ermächtigung des Arbeitgebers, einseitig den im Arbeitsverhältnis maßgeblichen Tarifvertrag zu ändern, stellt eine unzulässige Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und ist gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.
LAG Niedersachsen 25.01.2013 – 6 Sa 737/12

Altersdiskriminierung bei Ausschreibung einer Trainee-Stelle für Berufsanfänger

Sucht ein Arbeitgeber in einer an Berufsanfänger gerichteten Stellenausschreibung für ein Traineeprogramm einen Hochschulabsolventen und lehnt er einen grundsätzlich geeigneten 36-jährigen Bewerber mit Berufserfahrung ab, liegt hierin grundsätzlich eine Benachteiligung dieses Bewerbers wegen seines Alters. Der Arbeitgeber kann dies jedoch widerlegen, wenn er darlegt, dass der Bewerber wegen seiner im Vergleich zu den Mitbewerbern schlechteren Examensnote nicht in die Bewerberauswahl einbezogen worden ist.
BAG 24.01.2013 – 8 AZR 429/11

Leiharbeitnehmer zählen für die Anwendbarkeit des KSchG

Für die Ermittlung der Größe eines Betriebes im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG kommt es auch auf die dort beschäftigen Leiharbeitnehmer an. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ihr Einsatz auf einem “in der Regel” vorhandenen Personalbedarf beruht.
BAG 24.01.2013 – 2 AZR 140/12

Löschen der auf dem Dienst-Laptop gespeicherten Daten nicht strafbar

Arbeitnehmer, die kurz vor ihrem Ausscheiden die auf ihrem dienstlichen Laptop gespeicherten Daten löschen, machen sich nicht wegen Datenveränderung nach § 303a Abs. 1 StGB strafbar. Da sie die Speicherung der Daten selbst unmittelbar bewirkt haben, steht ihnen grundsätzlich auch die Datenverfügungsbefugnis zu. Dies gilt zumindest solange, wie sie die Daten dem Arbeitgeber noch nicht ausgehändigt haben.
OLG Nürnberg 23.01.2013 – 1 Ws 445/12

Betriebsrat kann keinen externen Internetanschluss beanspruchen

Der Betriebsrat kann von dem Arbeitgeber zwar einen Internetzugang verlangen. Hierfür reicht aber ein Anschluss über das firmeninterne Netzwerk aus. Ein Anspruch auf einen Anschluss über einen externen Provider, der zusätzliche Kosten verursacht, besteht nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Betriebsrat sein Begehren lediglich mit allgemeinen Sicherheitsbedenken oder der Sorge vor Überwachung rechtfertigt, ohne dass es insoweit konkrete Anhaltspunkte gibt.
LAG Baden-Württemberg 23.01.2013 – 13 TaBV 8/12

Im Geldtransport-Gewerbe beschäftigte Arbeitnehmer dürfen Geld auch nicht zum Spaß in eigene Tasche stecken

Sicherheitsmitarbeiter, die im Geld- und Werttransportgewerbe tätig sind, riskieren eine fristlose Verdachtskündigung, wenn sie Geldscheine der Kundschaft ihres Arbeitgebers in die Hosentasche stecken. Ein solches Verhalten zerstört regelmäßig das Vertrauen des Arbeitgebers in die Zuverlässigkeit und Redlichkeit des Arbeitnehmers. Auch der Vortrag, dass es sich beim Einstecken des Geldes lediglich um einen Scherz gehandelt habe, kann den Arbeitnehmer nicht entlasten.
LAG Rheinland-Pfalz 17.01.2013 – 10 Sa 381/12

Fristlose Kündigung bei eigenen Geschäften mit Kunden des Arbeitgebers

Wer für Kunden seines Arbeitgebers auf eigene Rechnung tätig wird, riskiert eine fristlose Kündigung wegen unerlaubter Konkurrenztätigkeit. Arbeitnehmer dürfen im Marktbereich ihres Arbeitgebers keine eigenen Leistungen und Dienste anbieten. Eine fristlose Kündigung kann in einem solchen Fall selbst dann noch ausgesprochen werden, wenn der Arbeitgeber erst Jahre später von dem Vorgehen des Mitarbeiters erfährt, da die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB erst mit der Kenntnis von der Pflichtverletzung beginnt.
LAG Hessen 28.01.2013 – 16 Sa 593/12

Der Arbeitnehmer darf auch dann keine Konkurrenzgeschäfte tätigen, wenn sicher ist, dass der Arbeitgeber den vom Arbeitnehmer betreuten Bereich oder die betreffenden Kunden nicht erreichen wird. Die Darlegungs- und Beweislast für eine Einwilligung des Arbeitgebers trägt der Arbeitnehmer.
BAG 16.01.2013 – 10 AZR 560/11

Wahrung einer Ausschlussfrist durch Geltendmachung des Anspruchs vor seiner Entstehung ausnahmsweise möglich

Eine tarifliche Ausschlussfrist kann ausnahmsweise durch Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung gewahrt werden. Dies gilt etwa dann, wenn die Erfüllung von konkreten gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf einer bestimmten Berechnungsgrundlage verlangt wird und nur diese zwischen den Parteien streitig ist.
BAG 16.01.2013 – 10 AZR 863/11

Abordnung einer Stammkraft als Sachgrund für eine Befristung

Die Abordnung einer Stammkraft kann die befristete Einstellung eines Arbeitnehmers nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nur dann rechtfertigen, wenn dieser die Stammkraft unmittelbar oder mittelbar vertritt. Für die Rechtsfigur der “gedanklichen Zuordnung” ist in diesem Fall kein Raum.
BAG 16.01.2013 – 7 AZR 662/11

Betriebliche Altersvorsorge – Zulässigkeit des Eingriffs in bestehende Anwartschaften

Wird bei der Ablösung von Versorgungsregelungen durch den Abschluss einer neuen Betriebs- oder Dienstvereinbarung in bereits erworbene Anwartschaften eingegriffen, ist dies nur unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zulässig. Insoweit ist das von BAG entwickelte dreistufige Prüfungsschema anzuwenden.
BAG 15.01.2013 – 3 AZR 169/10

Leistungsort für Rückgabe eines Dienstwagens während der Arbeitsunfähigkeit

Während einer Arbeitsunfähigkeit ist ein Arbeitnehmer nicht verpflichtet, einen Dienstwagen im Betrieb abzuliefern. Leistungsort ist in diesem Fall der Wohnort des Arbeitnehmers.
LAG Berlin-Brandenburg 10.01.2013 – 10 Sa 1809/12

Teilzeitanspruch auch für Schichtarbeiter

Ein Anspruch auf Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG kann auch für Arbeitnehmer bestehen, die in einem Drei-Schicht-System beschäftigt sind. Allein der Schichtbetrieb und die damit einhergehenden erforderlichen Schichtübergaben sind kein ausreichender betrieblicher Grund im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG, der dem Teilzeitanspruch entgegensteht. Vielmehr handelt es sich insoweit lediglich um gesetzesimmanente organisatorische Anstrengungen, die mit jeder Einrichtung von Teilzeitarbeit verbunden sind.
LAG Köln 10.01.2013 – 7 Sa 766/12

Entleiher wird durch dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung zum Arbeitgeber

Wird ein Leiharbeitnehmer anders als dies § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG vorsieht, nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer überlassen, wird ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer begründet (§ 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG), da die auf Dauer angelegte Arbeitnehmerüberlassung nicht von der erforderlichen Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gedeckt ist.
LAG Berlin-Brandenburg 09.01.2013 – 15 Sa 1635/12

Ohne Abmahnung keine fristlose (Eigen-)Kündigung des Arbeitnehmers

Auch eine fristlose Eigenkündigung des Arbeitnehmers aus wichtigem Grund (§ 626 Abs. 1 BGB) wegen Vertragsverletzung des Arbeitgebers setzt grundsätzlich dessen vorherige vergebliche Abmahnung voraus. Dies ergibt sich aus § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Abmahnung ist selbst bei monatelanger Heranziehung zu Überstunden in einem Umfang, der die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes überschreitet, nicht ohne weiteres entbehrlich.
Arbeitsgericht Berlin 04.01.2013 – 28 Ca 16836/12

iGZ: Keine Zweifel an der Tariffähigkeit der DGB-Gewerkschaften in der Zeitarbeit

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat keine vernünftigen Zweifel an der Tariffähigkeit der Mitgliedsgewerkschaften der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit.
BAG 19.12.2012 – 1 AZB 72/12

Arbeitgeber dürfen Dauerarbeitsplätze nicht mit Leiharbeitnehmern besetzen

Die Einstellung eines Leiharbeitnehmers auf einem Dauerarbeitsplatz verstößt gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, da hiernach die Arbeitnehmerüberlassung nur vorübergehend erfolgen darf. Der Betriebsrat kann daher die nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG erforderliche Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers verweigern.
LAG Berlin-Brandenburg 19.12.2012 – 4 TaBV 1163/12

Betriebsrat darf Anhörung zur Kündigung nicht wegen fehlenden Vollmachtnachweises verweigern

Ein Bote oder Stellvertreter des Arbeitgebers muss dem an den Betriebsrat gerichteten Anhörungsschreiben zu einer beabsichtigten Kündigung keine Vollmachtsurkunde beifügen. Die Anhörung ist formlos möglich. Sie kann auch mündlich oder telefonisch erfolgen. Hat der Betriebsrat Zweifel an der Boten- oder Vertreterstellung, kann er sich nach dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit unmittelbar gegenüber dem Arbeitgeber äußern.
BAG 13.12.2012 – 6 AZR 348/11

Keine Diskriminierung in Rente gehender Arbeitnehmer durch Stichtagsregelung für Jahressonderzahlung

Eine tarifliche Regelung, die einen Anspruch auf Jahressonderzahlung nur für die Arbeitnehmer vorsieht, die zum 1.12. in einem Arbeitsverhältnis stehen, verstößt nicht gegen das AGG. Hierin liegt insbesondere keine Altersdiskriminierung von Arbeitnehmern, die kurz vor dem Stichtag wegen Erreichens des gesetzlichen Rentenalters aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden.
BAG 12.12.2012 – 10 AZR 718/11

Abgrenzung von Tätigkeit im Werkvertrag und verdeckter Arbeitnehmerüberlassung

Ob Fremdarbeiter in einem Betrieb Erfüllungsgehilfen eines Werkunternehmers oder Leiharbeitnehmer mit einem Anspruch auf “Equal-Pay” sind, bestimmt sich danach, ob sie weisungsgebunden sind und in welchem Umfang die Eingliederung in die Betriebsorganisation erfolgt. Fehlt es an einer abgrenzbaren Leistung spricht dies für eine Arbeitnehmerüberlassung. Das gilt zumindest dann, wenn der Auftraggeber durch seine Anweisungen den Gegenstand der zu erbringenden Leistungen überhaupt erst bestimmt.
LAG Berlin-Brandenburg 12.12.2012 – 15 Sa 1217/12

Nächtlicher Bereitschaftsdienst und Zusatzurlaub für Nachtarbeit

Nächtlicher Bereitschaftsdienst ist ausgleichspflichtige Nachtarbeit im Sinne des § 6 Abs. 5 ArbZG. Eine Tarifnorm, die einen Ausgleich für nächtlichen Bereitschaftsdienst ausschließt, ohne selbst einen tariflichen Ausgleich zu bestimmen, verstößt gegen § 6 Abs. 5 ArbZG.
BAG 12.12.2012 – 10 AZR 192/11

Kein Anspruch auf Korrektur der Dankesformel im Arbeitszeugnis

Für Arbeitgeber besteht keine Verpflichtung, in ein Zeugnis eine Schlussformel aufzunehmen, mit der sie sich bei dem Arbeitnehmer bedanken, sein Ausscheiden bedauern oder ihm alles Gute für die Zukunft wünschen. Demzufolge haben Arbeitnehmer auch keinen Anspruch auf die Korrektur einer solchen Schlussformel. Sie können lediglich verlangen, dass der Arbeitgeber die Schlussformel komplett aus dem Zeugnis streicht.
BAG 11.12.2012 – 9 AZR 227/11

Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses mit einem Betriebsratsmitglied

Ein nach § 14 Abs. 2 TzBfG sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis mit einem Betriebsratsmitglied endet ebenso wie dasjenige eines anderen Arbeitnehmers mit Ablauf der vereinbarten Befristung. Der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 TzBfG ist nicht aus unionsrechtlichen Gründen teleologisch zu reduzieren.
BAG 05.12.2012 – 7 AZR 698/11

Schicksal der Ausschlussfrist bei Verweisung auf unwirksamen Tarifvertrag

Die in einem unwirksamen Tarifvertrag enthaltene Ausschlussfrist wird auch durch arbeitsvertragliche Bezugnahme auf diesen Tarifvertrag nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages. Die Arbeitsvertragsparteien wollen einen Tarifvertrag regelmäßig nur so in Bezug nehmen, wie er auch tarifrechtlich gilt.
LAG Hannover 28.11.2012 – 2 Sa 76/12

Zugangsnachweis bei Bewerbung per E-Mail

Eine E-Mail geht zu, wenn sie in der Mailbox des Empfängers oder der des Providers abrufbar gespeichert wird. Die Beweislast kommt demjenigen zu, der sich auf den Zugang beruft. Für den Zugang einer E-Mail kann möglicherweise eine Eingangs- oder Lesebestätigung einen Nachweis erbringen. Ein Ausdruck der E-Mail ohne Eingangs- oder Lesebestätigung reicht für den Anscheinsbeweis nicht aus. Ein Nachweis des ersten Anscheins für den Eingang in die Mailbox des Empfängers ergibt sich auch nicht bereits dann, wenn der Erklärende die Absendung der E-Mail beweisen kann.
LAG Berlin-Brandenburg 27.11.2012 – 15 Ta 2066/12

Unwirksame Massenentlassungsanzeige führt zur Nichtigkeit der Kündigung

Eine Kündigung ist nach § 134 BGB nichtig, wenn im Zeitpunkt ihres Zugangs die nach § 17 Abs. 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige nicht wirksam erstattet ist.
BAG 22.11.2012 – 2 AZR 371/11

Voraussetzungen für eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist bei Alterssicherung

Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit unter Umständen noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde. Ein wichtiger Grund kann sich auch für eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung aus dem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund innerbetrieblicher Maßnahmen ergeben. Die einer solchen Maßnahme zugrundliegende unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Berechtigung oder Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss in der Regel auch dann nicht von einer Fremdvergabe der Tätigkeiten absehen, wenn dadurch einer größeren Zahl ordentlich nicht mehr kündbarer Arbeitsverhältnisse die Grundlage entzogen wird.
BAG 22.11.2012 – 2 AZR 673/11

Wirksamkeit der nachträglichen Vereinbarung einer Befristung auf einen Zeitpunkt nach Erreichen des Renteneintrittsalters

Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien die nachträgliche Befristung eines zuvor langjährig unbefristet bestehenden Arbeitsverhältnisses, nachdem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze erreicht und Anspruch auf gesetzliche Altersrente hat, ist die Befristung aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nach § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG gerechtfertigt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Parteien das Erreichen der Regelaltersgrenze zum Anlass für die Befristungsvereinbarung nehmen und den nach § 41 Satz 2 SGB VI möglichen Beendigungstermin hinausschieben. Die Gründe für die Zulässigkeit der Vereinbarung von Altersgrenzen bezogen auf das Erreichen der Regelaltersgrenze gelten in einem solchen Falle gleichermaßen.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg 20.11.2012 – 12 Sa 1303/12

Arbeitszeiten sind zeitnah zu dokumentieren, sonst droht Arbeitszeitbetrug

Ein zur außerordentlichen Kündigung berechtigender Arbeitszeitbetrug setzt bei Arbeitnehmern, die ihre Arbeitszeit selbst erfassen müssen, nicht zwingend voraus, dass sie ihre Arbeitszeit mit bedingtem Vorsatz falsch dokumentieren. Vielmehr reicht bedingter Vorsatz aus. Dieser liegt bereits dann vor, wenn der Arbeitnehmer die abgeleistete Arbeitszeit nicht zeitnah erfasst, da er damit Fehleintragungen billigend in Kauf nimmt.
LAG Rheinland-Pfalz 15.11.2012 – 10 Sa 270/12

Frage an Stellenbewerber nach eingestellten Ermittlungsverfahren unzulässig

Arbeitgeber dürfen Stellenbewerber grundsätzlich nicht nach bereits eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren fragen. Dies gilt auch für sensible Bereiche (hier: Lehrereinstellung). Entsprechende Fragen verstoßen gegen Datenschutzrecht und die Wertentscheidungen des § 53 Bundeszentralregistergesetz und sind daher unzulässig. Beantwortet der Stellenbewerber eine solche in unzulässiger Weise gestellte Frage des Arbeitgebers wahrheitswidrig, nimmt er sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung wahr. Auf die wahrheitswidrige Beantwortung der Frage kann eine spätere Kündigung des Arbeitsverhältnisses somit nicht gestützt werden.
BAG 15.11.2012 – 6 AZR 339/11

Arbeitnehmerhaftung bei Trunkenheitsfahrt

Verursacht ein Arbeitnehmer grob fahrlässig einen Schaden, so hat er grundsätzlich den gesamten Schaden zu ersetzen. Eine allgemeine Haftungsbeschränkung auf drei Bruttomonatsgehälter des Arbeitnehmers besteht nicht.
BAG 15.11.2012 – 8 AZR 705/11

Ärztliches Attest darf bereits ab dem ersten Krankheitstag verlangt werden

Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG dürfen Arbeitgeber von ihren Arbeitnehmern bereits am ersten Tag einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung verlangen. Die Ausübung dieses Rechts ist nicht an besondere Voraussetzungen geknüpft und steht im Ermessen des Arbeitgebers. Insbesondere ist kein Verdacht erforderlich, dass der Arbeitnehmer die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nur vortäuscht.
BAG 14.11.2012 – 5 AZR 886/11

Anspruch auf Arbeitszeitverringerung im Leiharbeitsverhältnis

Der Teilzeitanspruch nach § 8 Abs. 1 TzBfG steht auch einem Arbeitnehmer zu, der bereits in einem Teilzeitarbeitsverhältnis beschäftigt wird. Der Arbeitgeber kann die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit nur dann ablehnen, wenn der Verringerung betriebliche Gründe entgegenstehen (§ 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG). Allein die Arbeitszeitbestimmungen in einem zwischen dem Arbeitgeber und dem Entleiher abgeschlossenen Überlassungsvertrag, wonach ausschließlich Arbeitnehmer mit einer gewissen Arbeitszeit überlassen werden, berechtigt den Arbeitgeber nicht, den Verringerungswunsch des Leiharbeitnehmers abzulehnen. Der Arbeitgeber muss vielmehr darlegen und beweisen, dass dem Teilzeitverlangen bei allen arbeitsvertraglich möglichen Einsätzen betriebliche Gründe entgegenstehen.
BAG 13.11.2012 – 9 AZR 259/11

Kürzung des Urlaubs bei Kurzarbeit zulässig

Eine Regelung in einem Sozialplan, wonach der Anspruch eines Kurzarbeiters auf bezahlten Jahresurlaub im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung gekürzt wird, verstößt nicht gegen das Unionsrecht. Dieses gewährt zwar jedem Arbeitnehmer selbst bei einer Langzeiterkrankung einen Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub von vier Wochen. Kurzarbeiter sind aber weniger mit erkrankten Arbeitnehmern als mit Teilzeitbeschäftigten vergleichbar, bei denen der Urlaubsanspruch ebenfalls anteilig gekürzt werden kann.
EuGH 08.11.2012 – C-229/11

Darlegungs- und Beweislast bei Arbeitszeugnissen

Verlangt der Arbeitnehmer, dass seine Leistungen im Zeugnis mit “gut” anstatt mit “befriedigend” bewertet werden, muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, was einer “guten” Bewertung entgegensteht. Zwar tragen nach der Rechtsprechung des BAG die Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für eine überdurchschnittliche Beurteilung. Eine “gute” Bewertung kann aber nicht (mehr) als überdurchschnittlich angesehen werden, da mittlerweile in über 85 Prozent aller Zeugnisse “gute” oder bessere Leistungen bescheinigt werden.
ArbG Berlin 26.10.2012 – 28 Ca 18230/11

Darlegungslast bei Kündigung wegen Verdachts einer Straftat

Die strafrechtliche Bewertung einer Pflichtverletzung, derer ein Arbeitnehmer verdächtig ist, ist für ihre kündigungsrechtliche Beurteilung nicht maßgebend. Entscheidend sind der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundenen Vertrauensbruch. Der wegen eines dringenden Tatverdachts kündigende Arbeitgeber hat im Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen konkrete Tatsachen darzulegen, die als solche unmittelbar den Schluss zulassen, der Arbeitnehmer sei eines bestimmten, die Kündigung rechtfertigenden Verhaltens dringend verdächtig. Er darf sich zwar Ermittlungsergebnisse der Strafverfolgungsbehörden zu Eigen machen, muss diese aber im Arbeitsgerichtsprozess – zumindest durch Bezugnahme – als eigene Behauptungen vortragen. Es genügt nicht, anstelle von unmittelbar verdachtsbegründenden Tatsachen den Umstand vorzutragen, auch die Strafverfolgungsbehörden gingen von einem Tatverdacht aus.
BAG 15.10.2012 – 2 AZR 700/11

Anforderungen an Schadensersatzanspruch wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens

Wirbt ein Unternehmen in wettbewerbswidriger Schädigungsabsicht Mitarbeiter eines anderen Unternehmens ab, kann es sich schadensersatzpflichtig machen. Das geschädigte Unternehmen muss hinsichtlich der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs allerdings greifbare Anhaltspunkte für die Höhe des erlittenen Schadens vortragen, damit das zuständige Gericht eine Schadensschätzung vornehmen kann. Eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens lässt § 287 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht zu. Eine Schätzung darf daher nicht vollkommen “in der Luft hängen”.
BAG 26.09.2012 – 10 AZR 370/10

Zweistufige tarifliche Ausschlussfrist – Annahmeverzugsvergütung

Ein Arbeitnehmer macht mit Erhebung einer Bestandsschutzklage (Kündigungsschutz- oder Befristungskontrollklage) die von deren Ausgang abhängigen Vergütungsansprüche “gerichtlich geltend” und wahrt damit die zweite Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist.
BAG 19.09.2012 – 5 AZR 627/11

Betriebliche Altersversorgung – Änderung einer Anpassungsregelung

Eine arbeitsvertragliche Regelung, wonach der Arbeitnehmer Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach einer vom Arbeitgeber geschaffenen Versorgungsanordnung in der jeweils geltenden Fassung erhält, ist wirksam. Sie verstößt weder gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB noch gegen § 308 Nr. 4 BGB. § 17 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG eröffnet den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit, in Tarifverträgen von § 16 BetrAVG abweichende Regelungen zuungunsten der Arbeitnehmer zu vereinbaren. Dies setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien von ihrer Befugnis zur Regelung der betrieblichen Altersversorgung Gebrauch machen. Überlassen sie die Regelung der betrieblichen Altersversorgung den Betriebspartnern, den Partnern einer Dienstvereinbarung oder dem Arbeitgeber, sind diese nicht befugt, ausschließlich eine von § 16 BetrAVG abweichende Bestimmung zuungunsten der Arbeitnehmer zu vereinbaren.
BAG 18.09.2012 – 3 AZR 415/10

Widerruf einer noch nicht unverfallbaren Anwartschaft auf Direktversicherung

Hat ein Arbeitgeber zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung eine Direktversicherung abgeschlossen und muss er Insolvenz anmelden, kann der Insolvenzverwalter das Bezugsrecht des Arbeitnehmers widerrufen, wenn die gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist noch nicht abgelaufen ist. Anderslautende arbeitsrechtliche Vereinbarungen sind insoweit unbeachtlich. Ein Verstoß hiergegen kann jedoch einen auf Ausgleich des Versorgungsschadens gerichteten Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers begründen.
BAG 18.09.2012 – 3 AZR 176/10

E-Mails von Ex-Mitarbeitern dürfen nicht ungefragt gelöscht werden

Wird im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses von einer Partei für die andere ein E-Mail-Account angelegt, dessen Nutzung zu privaten Zwecken gestattet ist, darf dieser nach Kündigung des Vertrages solange nicht gelöscht werden, wie nicht feststeht, dass der Nutzer für die auf dem Account abgelegten Daten keine Verwendung mehr hat. Die Verletzung dieser Pflicht kann einen Schadensersatzanspruch begründen.
OLG Dresden 05.09.2012 – 4 W 961/12

Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung auch bei Nichtbesetzung der Stelle

Nach § 11 AGG darf eine Stellenausschreibung nicht gegen das Diskriminierungsverbot des § 7 AGG verstoßen. Eine Stellenausschreibung, die den Hinweis enthält, dass nur Mitarbeiter eines bestimmten Alters (hier: zwischen 25 und 35 Jahren) gesucht werden, verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung und kann daher die Vermutung begründen, dass ein älterer Stellenbewerber wegen seines Alters benachteiligt wurde. Stützt ein älterer Stellenbewerber seine Klage auf angemessene Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG auf diese Vermutung, kann die Klage nicht allein deshalb abgewiesen werden, weil der Arbeitgeber auf Grund der Ausschreibung keinen anderen neuen Mitarbeiter eingestellt hat. Es ist vielmehr zu prüfen, ob der Stellenbewerber für die ausgeschriebene Stelle objektiv geeignet war, und ob eine Einstellung wegen seines Alters unterblieben ist.
BAG 23.08.2012 – 8 AZR 285/11

Anforderungen an die Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsverträgen

Eine Klausel über die Erstattung von Ausbildungskosten genügt dem in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB normierten Transparenzgebot nur dann, wenn die entstehenden Kosten dem Grunde und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren angegeben sind. Ist eine Vertragsklausel über die Rückzahlung von Fortbildungskosten wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam, hat der Verwender der Klausel grundsätzlich keinen Anspruch auf Erstattung der Fortbildungskosten nach §§ 812 ff. BGB.
BAG 21.08.2012 – 3 AZR 698/10

Regelung der sachgrundlosen Befristung durch Tarifvertrag

Durch einen wirksamen Tarifvertrag können sowohl die Höchstdauer als auch die Anzahl der zulässigen Verlängerungen eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages abweichend von den gesetzlichen Vorschriften in § 14 Abs. 2 TzBfG geregelt werden.
BAG 15.08.2012 – 7 AZR 184/11

Betriebsratstätigkeit während des Urlaubs ist freiwilliges “Privatvergnügen”

Während ihres Urlaubs sind Betriebsratsmitglieder von allen Amtspflichten suspendiert und zeitweilig verhindert iSd § 25 BetrVG. Sie können die zeitweilige Verhinderung zwar durch rechtzeitige Anzeige gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden aufheben. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass der bewilligte Urlaub unterbrochen wird. Das Betriebsratsmitglied opfert vielmehr in einem solchen Fall freiwillig einen Urlaubstag für die Betriebsratsarbeit.
ArbG Cottbus 15.08.2012 – 2 CA 147/12

Urlaubsansprüche verfallen bei Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres

Nunmehr hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass Urlaubsansprüche auch in einem ruhenden Arbeitsverhältnis entstehen, der Urlaub aber 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt, wenn er wegen einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit oder während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses für die Zeit einer Erwerbsminderungsrente nicht genommen werden kann. Damit passte das BAG seine Rechtsprechung an die geänderten Vorgaben des EuGH an.
BAG 07.08.2012 – 9 AZR 353/10

Unwirksamkeit von “Kettenbefristungen”

Befristungen in Arbeitsverträgen können auch bei Vorliegen eines Sachgrundes wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise rechtsmissbräuchlich und somit unwirksam sein. Für einen solchen Rechtsmissbrauch können insbesondere eine sehr lange Gesamtdauer des Arbeitsvertrages oder eine außergewöhnlich hohe Anzahl von aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen mit demselben Arbeitgeber sprechen.
BAG 18.07.2012 – 7 AZR 783/10

Kein Annahmeverzugslohn bei Streikteilnahme

Arbeitnehmer, die eine fristlose Kündigung erhalten haben und die später in einem deshalb geführten Kündigungsschutzprozess gewinnen, haben für die Zeit vom Zugang der Kündigung bis zur Verkündung des Urteils keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn, wenn sie sich in diesem Zeitraum an einem Streik beteiligen. Schließlich sind sie wegen ihrer Streikteilnahme leistungsunwillig im Sinne des § 297 BGB.
BAG 17.07.2012 – 1 AZR 563/11

Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in ausländischem Betrieb berührt Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung nicht

Einer betriebsbedingten Kündigung steht nicht entgegen, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem im Ausland gelegenen Betrieb des Arbeitgebers besteht. Das heißt, Arbeitgeber müssen in einem solchen Fall dem Arbeitnehmer keine Weiterbeschäftigung im ausländischen Betrieb anbieten bzw. vorrangig eine diesbezügliche Änderungskündigung aussprechen.
LAG Düsseldorf 05.07.2012 – 15 Sa 485/12

Auch Befristungen zur Vertretung eines bereits jahrelang erkrankten Arbeitnehmers zulässig

Grundsätzlich kann eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG zur Vertretung eines jahrelang erkrankten Arbeitnehmers zulässig sein. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der erkrankte Arbeitnehmer vor Abschluss des befristeten Vertrages verbindlich erklärt, dass er die Arbeit nicht wieder aufnehmen werde. Arbeitgeber sind auch nicht verpflichtet, eine – rechtlich mögliche – krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen, um eine unbefristete Stelle zu schaffen.
LAG Rheinland-Pfalz 05.07.2012 – 11 Sa 26/12

Im Jahresurlaub erkrankte Arbeitnehmer dürfen Urlaub nachholen

Ein Arbeitnehmer, der während seines Jahresurlaubs arbeitsunfähig wird, ist berechtigt, später eine der Dauer seiner Krankheit entsprechende Urlaubszeit in Anspruch zu nehmen. Dieses Recht wird unabhängig davon gewährt, wann die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist.
EuGH 21.06.2012 – C-78/11

Equal-pay-Klagen: Vortrag zur Vergütung des Entleihers kann nicht mit Nichtwissen bestritten werden

Macht ein Arbeitnehmer, in dessen Arbeitsvertrag auf die CGZP-Tarifverträge Bezug genommen worden war, Ansprüche auf “equal-pay” geltend, kann der Arbeitgeber dessen Vorbringen zu den Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer im Betrieb des Entleihers nicht zulässig mit Nichtwissen bestreiten. Zeitarbeitsfirmen trifft insoweit eine Erkundigungspflicht, da die fraglichen Informationen nach § 12 Abs. 1 AÜG bereits in den Verträgen zwischen ihnen und dem Entleiher enthalten sein müssen.
LAG Düsseldorf 21.06.2012 – 13 Sa 319/12

Urlaubsabgeltung muss nicht im laufenden Urlaubsjahr geltend gemacht werden

Urlaubsabgeltung muss nicht im laufenden Urlaubsjahr geltend gemacht werden
Die bisherige Rechtsprechung, wonach der Urlaubsabgeltungsanspruch Surrogat des Urlaubsanspruchs ist, und damit grundsätzlich im laufenden Urlaubsjahr geltend gemacht werden muss, wird auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist, aufgegeben. Die im Bundesurlaubsgesetz geregelten Fristen finden damit auf diesen Anspruch keine Anwendung mehr.
BAG 19.06.2012 – 9 AZR 652/10

Prüfungszeitraum für Ermittlung des Kaufkraftverlustes und der Nettolohnentwicklung hinsichtlich Betriebsrentenanpassung identisch

Die Anpassung von Betriebsrenten richtet sich grundsätzlich nach dem seit Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlust, wobei der Anpassungsbedarf durch die Nettolohnentwicklung der aktiven Arbeitnehmer begrenzt wird. Insoweit gilt derselbe Prüfungszeitraum. Dieser erstreckt sich vom individuellen Rentenbeginn bis zum aktuellen Anpassungsstichtag.
BAG 19.06.2012 – 3 AZR 464/11

Urlaubsabgeltung muss nicht im laufenden Urlaubsjahr geltend gemacht werden

Die bisherige Rechtsprechung, wonach der Urlaubsabgeltungsanspruch Surrogat des Urlaubsanspruchs ist, und damit grundsätzlich im laufenden Urlaubsjahr geltend gemacht werden muss, wird auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist, aufgegeben. Die im Bundesurlaubsgesetz geregelten Fristen finden damit auf diesen Anspruch keine Anwendung mehr.
BAG 19.06.2012 – 9 AZR 652/10

Arbeitgeber haften für Leistungskürzungen der Pensionskasse

Hat eine Pensionskasse von ihrem satzungsmäßigen Recht Gebrauch gemacht, Fehlbeträge durch Herabsetzung ihrer Leistungen auszugleichen, muss der Arbeitgeber die Leistungskürzung gegenüber dem Arbeitnehmer ausgleichen. Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG, der bestimmt, dass der Arbeitgeber auch dann für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen einzustehen hat, wenn die Durchführung über einen externen Versorgungsträger erfolgt.
BAG 19.06.2012 – 3 AZR 408/10

GmbH-Geschäftsführer müssen Übersicht über Finanzen organisieren

Ob der Geschäftsführer einer GmbH seiner Pflicht zur laufenden Beobachtung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und näheren Überprüfung im Fall krisenhafter Anzeichen hinreichend nachgekommen ist, kann nur unter umfassender Berücksichtigung der für die Gesellschaft wirtschaftlich relevanten Umstände beurteilt werden, die dem Geschäftsführer bekannt waren oder bekannt sein mussten. Er muss auf jeden Fall für eine Organisation sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht.
BGH 19.06.2012 – II ZR 243/11

Arbeitgeber dürfen Ort für Betriebsversammlung festlegen

Arbeitgeber dürfen festlegen, in welchem Raum Betriebsversammlungen abgehalten werden können. Der vorgeschlagene Raum muss lediglich den konkreten Erfordernissen des Betriebsrates genügen. Ist dies der Fall, kann die Betriebsversammlung dort stattfinden, selbst wenn ein anderer, vom Betriebsrat vorgeschlagener Raum noch besser geeignet sein sollte. Das Entscheidungsrecht des Arbeitgebers folgt daraus, dass er Eigentümer der Räumlichkeiten ist, und damit unmittelbar aus seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
LAG Hessen 12.06.2012 – 16 TaBVGa 149/12

Altersteilzeitvereinbarung beendet Arbeitsverhältnis nicht vorzeitig

Ein Arbeitsverhältnis endet durch den Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung nicht automatisch vorzeitig. Die in einem Altersteilzeitvertrag enthaltene Klausel, wonach das Arbeitsverhältnis nach Abschluss der Altersteilzeit endet, ist nach § 41 Satz 2 SGB VI dahingehend auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis bis zum Eintritt in die gesetzliche Rente fortdauert.
BAG 22.05.2012 – 9 AZR 453/10

Kein Anspruch gegen Erwerber bei Inkrafttreten eines Tarifvertrages (erst) nach Betriebsübergang

Tritt ein Tarifvertrag nicht mit seinem Abschluss, sondern erst einige Jahre später in Kraft, und kommt es in der Zwischenzeit zu einem Betriebsübergang, können die Arbeitnehmer nach Inkrafttreten des Tarifvertrages hieraus keine Ansprüche gegen den Erwerber herleiten. Die tariflichen Regelungen gehören in diesem Fall noch nicht zu den Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, die gemäß § 613a BGB auf den Erwerber übergehen. Auch eine Bezugnahmeklausel führt nicht dazu, dass der Erwerber die tariflichen Ansprüche erfüllen muss.
BAG 16.05.2012 – 4 AZR 320/10

Mündlich vereinbarte pauschale Überstundenabgeltung ist wirksam

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ausschließlich die Vergütung von Überstunden, nicht aber die Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers zur Leistung von Überstunden regelt, ist als Hauptleistungsabrede von der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgenommen. Das gilt auch für eine mündliche Abrede, wonach die ersten 20 Überstunden bereits mit dem monatlichen Grundgehalt abgegolten sind. Eine solche Vereinbarung ist zudem weder intransparent noch überraschend.
BAG 16.05.2012 – 5 AZR 331/11

Anspruch auf Vereinbarung eines Versorgungsrechts aus betrieblicher Übung

Bietet der Arbeitgeber vorbehaltlos über Jahre hinweg seien Arbeitnehmern bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen den Abschluss eines Versorgungsvertrages an, der u.a. eine Versorgung nach beamtenähnlichen Grundsätzen vorsieht, ist er aufgrund betrieblicher Übung verpflichtet, allen anderen Arbeitnehmern, die die Voraussetzungen erfüllen, den Abschluss eines inhaltsgleichen Vertrages anzubieten.
BAG 15.05.2012 – 3 AZR 128/11

Haftung im Arbeitsverhältnis bei der Entgegennahme und Zahlung von Schmiergeldern

Ein Arbeitnehmer hat empfangene Schmiergelder nach §§ 667, 681, 687 Abs. 2 BGB an den Arbeitgeber/Auftraggeber herauszugeben. Mit der Annahme von Schmiergeld führt der Arbeitnehmer ein fremdes Geschäft als eigenes. Die gegen diesen Herausgabeanspruch gerichteten Einwände, die im Ergebnis allein einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers/Auftraggebers bei Schmiergeldannahme zulassen wollen, greifen nicht durch. Von den Personen, welche an einen Arbeitnehmer Schmiergeld entrichten, kann der Arbeitgeber/Auftraggeber Schadensersatz verlangen. Dies setzt voraus, dass deswegen bei ihm ein Schaden eingetreten ist. Regelmäßig wird dies nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises in Höhe des bezahlten Schmiergeldes anzunehmen sein. Dies gilt aber dann nicht, wenn der Schmiergeldbetrag relativ gering ist und maximal 5% der Gesamtauftragssumme ausmacht. Dann ist nicht auszuschließen, dass Schmiergeldzahler diesen Betrag von ihrem Gewinn abgezweigt haben.
LAG München 08.05.2012 – 6 Sa 957/11

Haftung im Arbeitsverhältnis bei der Entgegennahme und Zahlung von Schmiergeldern

Ein Arbeitnehmer hat empfangene Schmiergelder nach §§ 667, 681, 687 Abs. 2 BGB an den Arbeitgeber/Auftraggeber herauszugeben. Mit der Annahme von Schmiergeld führt der Arbeitnehmer ein fremdes Geschäft als eigenes. Die gegen diesen Herausgabeanspruch gerichteten Einwände, die im Ergebnis allein einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers/Auftraggebers bei Schmiergeldannahme zulassen wollen, greifen nicht durch. Von den Personen, welche an einen Arbeitnehmer Schmiergeld entrichten, kann der Arbeitgeber/Auftraggeber Schadensersatz verlangen. Dies setzt voraus, dass deswegen bei ihm ein Schaden eingetreten ist. Regelmäßig wird dies nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises in Höhe des bezahlten Schmiergeldes anzunehmen sein. Dies gilt aber dann nicht, wenn der Schmiergeldbetrag relativ gering ist und maximal 5% der Gesamtauftragssumme ausmacht. Dann ist nicht auszuschließen, dass Schmiergeldzahler diesen Betrag von ihrem Gewinn abgezweigt haben.
LAG München 08.05.2012 – 6 Sa 957/11

Beiderseitige Kündigungsfrist von 18 Monaten kann zulässig sein

Eine Vereinbarung in einem formularmäßigen Arbeitsvertrag, wonach sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer eine Kündigungsfrist von 18 Monaten gilt, kann zulässig sein. Hierin liegt jedenfalls dann keine gegen Art. 12 GG verstoßende unverhältnismäßig lange Bindung des Arbeitnehmers an den Betrieb, wenn er eine herausgehobene Stellung innehat und erst nach Ablauf der langen Kündigungsfrist über keine den geschäftlichen Erfolg des Arbeitgebers gefährdenden Insiderkenntnisse mehr verfügt.
ArbG Heilbronn 08.05.2012 – 5 Ca 307/11

EU-Vorgaben zum Mindesturlaub

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, wonach allen Arbeitnehmern ein Mindesturlaub zusteht, auch für Beamte gilt. Zudem wurde festgestellt, dass der Urlaub dann, wenn er vor Eintritt in den Ruhestand krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommen werden konnte, finanziell abzugelten ist. Dies gilt allerdings nur für den Mindesturlaub von vier Wochen im Jahr und nicht für darüber hinaus gewährte Urlaubsansprüche.
EuGH 03.05.2012 – C-337/10

Urlaubsgeld fällt nicht in die Insolvenzmasse

Urlaubsgeld fällt nicht in die Insolvenzmasse, soweit es den Rahmen des Üblichen in gleichartigen Unternehmen nicht übersteigt. Dies gilt auch dann, wenn das Urlaubsgeld in den vorgegebenen Grenzen eine erhebliche Höhe erreicht.
BGH 26.04.2012 – XI ZB 239/10

“Stalking” rechtfertigt außerordentliche Kündigung

Ignoriert ein Mitarbeiter hartnäckig den Wunsch einer Kollegin, nichtdienstliche Kontakte mit ihr zu unterlassen, kann dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Ob es zuvor einer einschlägigen Abmahnung bedarf, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Gegen das Erfordernis einer Abmahnung kann etwa sprechen, dass der Arbeitnehmer schon einmal einer (anderen) Kollegin nachgestellt hat und vom Arbeitgeber aufgefordert wurde, die zukünftig zu unterlassen.
BAG 19.04.2012 – 2 AZR 258/11

Diskriminierung bei Auskunftsverweigerung gegenüber erfolglosen Bewerbern

Erfolglosen Bewerbern, die eine Diskriminierung vermuten, steht zwar aus dem EU-Recht kein Auskunftsanspruch gegen den potentiellen Arbeitgeber über den eingestellten Bewerber und die Auswahlkriterien zu. Die Verweigerung jedes Zugangs zu Informationen kann jedoch das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen und damit zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Arbeitgebers führen.
EuGH 19.04.2012 – C-415/10

Anrechnung von Tarifentgelterhöhungen

Ob eine Tarifentgelterhöhung individualrechtlich auf eine übertarifliche Vergütung angerechnet werden kann, hängt von der zugrundeliegenden Vergütungsabrede ab. Haben die Arbeitsvertragsparteien darüber eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gilt diese. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, sofern dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbstständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist. Da sich durch die Anrechnung einer Tarifentgelterhöhung auf eine Zulage – anders als durch den Widerruf einer Zulage – die Gesamtgegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung nicht verringert, ist dem Arbeitnehmer die mit einer Anrechnung verbundene Veränderung der Zulagenhöhe regelmäßig zumutbar. Ein darauf gerichteter ausdrücklicher Anrechnungsvorbehalt hielte einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB stand.
BAG 19.04.2012 – 6 AZR 691/10

Auswirkungen arbeitsrechtlicher Abfindungen bei Bemessung des Kindesunterhalts

Für die Heranziehung einer arbeitsrechtlichen Abfindung zur Aufstockung des für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs minderjähriger Kinder maßgeblichen Einkommens des Unterhaltsverpflichteten gelten grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie beim Ehegattenunterhalt. Allerdings sind bei der Behandlung einer Abfindung Besonderheiten zu beachten, die sich daraus ergeben, dass es sich um Einkommen im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses handelt.
BGH 18.04.2012 – XII ZR 66/10

Abmahnungserfordernis und Anhörung bei einer Verdachtskündigung wegen Arbeitszeitbetrugs

Auch bei einem Arbeitszeitbetrug einer langjährig Beschäftigten bedarf es grundsätzlich zunächst einer Abmahnung. Die Einladung zur Anhörung vor Ausspruch einer Verdachtskündigung muss den Gegenstand des Gesprächs beinhalten und den Mitarbeiter in die Lage versetzen, eine Vertrauensperson hinzuzuziehen.
LAG Berlin-Brandenburg 30.03.2012 – 10 Sa 2272/11

Langzeiterkrankung: Tarifliche Beschränkung des Urlaubsübertragungszeitraums auf 15 Monate zulässig

Eine tarifliche Regelung, wonach das Ansammeln von Urlaubsansprüchen aus vergangener Zeit auf einen Übertragungszeitraum von maximal 15 Monaten beschränkt ist, ist nach dem Urteil des EuGH vom 22.11.2011 (C-214/10) wirksam. Soweit ein Tarifvertrag keine eigenständigen Regelungen für den Verfall des übergesetzlichen Urlaubs enthält, beträgt der Übertragungszeitraum in richtlinienkonformer Fortbildung des BUrlG 18 Monate.
LAG Hamm 22.03.2012 – 16 Sa 1176/09

Langzeiterkrankung: Tarifliche Beschränkung des Urlaubsübertragungszeitraums auf 15 Monate zulässig

Eine tarifliche Regelung, wonach das Ansammeln von Urlaubsansprüchen aus vergangener Zeit auf einen Übertragungszeitraum von maximal 15 Monaten beschränkt ist, ist nach dem Urteil des EuGH vom 22.11.2011 (C-214/10) wirksam. Soweit ein Tarifvertrag keine eigenständigen Regelungen für den Verfall des übergesetzlichen Urlaubs enthält, beträgt der Übertragungszeitraum in richtlinienkonformer Fortbildung des BUrlG 18 Monate.
LAG Hamm 22.03.2012 – 16 Sa 1176/09

Stellungnahme des Betriebsrats zu Massenentlassung kann auch im Interessenausgleich ohne Namensliste enthalten sein

Ein Arbeitgeber bzw. Insolvenzverwalter muss einer Massenentlassungsanzeige nicht zwingend eine separate Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Die Stellungnahme kann auch in einem Interessenausgleich – auch in einem solchen ohne Namensliste – enthalten sein. Hieraus muss sich lediglich eindeutig ergeben, dass die Kündigungen auch nach Auffassung des Betriebsrats unentbehrlich sind.
BAG 21.03.2012 – 6 AZR 596/10

Arbeitszeitguthaben darf nur bei ausdrücklicher Ermächtigung mit Minusstunden verrechnet werden

Arbeitgeber dürfen das auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesene Guthaben eines Mitarbeiters nur dann mit Minusstunden verrechnen, wenn dies in der Vereinbarung, die der Führung des Arbeitszeitkontos zu Grunde liegt, vereinbart wurde. Als Ermächtigungsgrundlage kommen insoweit tarifliche Regelungen, Betriebsvereinbarungen oder Bestimmungen in einem Arbeitsvertrag in Betracht.
BAG 21.03.2012 – 5 AZR 676/11

Reinigungskräfte haben keinen Anspruch auf Lohn für arbeitsfreie Zwischenzeiten

Reinigungskräfte haben keinen Anspruch auf Vergütung der zwischen dem Ende der Reinigung eines Objektes und dem Beginn der Reinigung eines Folgeobjektes liegenden arbeitsfreien Zeit (sog. Zwischenzeit). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und der Auslegung des für allgemeinverbindlich erklärten Rahmentarifvertrages für das Gebäudereinigerhandwerk.
LAG Schleswig-Holstein 21.03.2012 – 3 Sa 440/11

Keine sofortige Rückgabe des Dienstwagens nach Kündigung und Freistellung

Arbeitgeber können sich zwar wirksam vorbehalten, das Recht des Arbeitnehmers zur privaten Dienstwagennutzung im Fall der Kündigung und Freistellung zu widerrufen. Eine solche Klausel hält der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB stand. Gemäß § 315 BGB muss die Ausübung des Widerrufsrechts aber billigem Ermessen entsprechen. Dies ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen im laufenden Monat sofort zurückgeben soll.
BAG 21.03.2012 – 5 AZR 651/10

Altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer kann unwirksam sein

Eine Regelung, die vorsieht, dass Arbeitnehmern nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr Urlaubstage zustehen als jüngeren Mitarbeitern verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Eine solche Urlaubsstaffelung lässt sich insbesondere nicht mit dem Argument rechtfertigen, dass hierdurch dem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung getragen wird. Rechtsfolge des Verstoßes ist eine Anpassung des Urlaubsanspruches für jüngere Arbeitnehmer “nach oben”.
BAG 20.03.2012 – 9 AZR 529/10

“Whistleblowing” rechtfertigt Auflösung des Arbeitsverhältnisses

Hat ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber angezeigt, ohne zuvor mit ihm eine Klärung versucht zu haben, kann das Arbeitsverhältnis gerichtlich gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen sein. In einem solchen Fall ist eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien grundsätzlich nicht mehr zu erwarten. Insoweit ist es auch nicht erforderlich, dass die Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft gerichtet ist. Stattdessen ist es ausreichend, dass die Anzeige bei einer Behörde zu Ermittlungen gegen den Arbeitgeber führt.
LAG Schleswig-Holstein 20.03.2012 – 2 Sa 331/11

Zweimonatige Frist für Geltendmachung von AGG-Ansprüchen

Arbeitnehmer können Ansprüche auf Entschädigung oder Schadensersatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nach § 15 Abs. 4 AGG nur innerhalb von zwei Monaten geltend machen. Diese Frist ist wirksam und verstößt insbesondere nicht gegen europarechtliche Vorgaben. Bei Ablehnung einer Bewerbung beginnt die Frist zu laufen, sobald der Bewerber von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
BAG 15.03.2012 – 8 AZR 160/11

AGG-Diskriminierung ist innerhalb von zwei Monaten geltend zu machen

Arbeitnehmer können Ansprüche auf Entschädigung oder Schadensersatz nach dem AGG gemäß § 15 Abs. 4 AGG nur innerhalb von zwei Monaten geltend machen. Diese Frist ist wirksam und verstößt insbesondere nicht gegen europarechtliche Vorgaben. Bei Ablehnung einer Bewerbung beginnt die Frist zu laufen, sobald der Bewerber von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
BAG 15.03.2012 – 8 AZR 160/11

Arbeitgeber dürfen nicht auf Dateien des Betriebsrats zugreifen

Arbeitgebern ist es nicht gestattet, auf Dateien, die sich auf dem Betriebsratslaufwerk des betrieblichen EDV-Systems befinden, zuzugreifen. Dies gilt auch dann, wenn der Verdacht besteht, dass ein nicht freigestelltes Betriebsratsmitglied einen auf dem Betriebsratslaufwerk abgespeicherten Text unzulässigerweise während der Arbeitszeit verfasst hat. Auf die Eigentumsverhältnisse an den Datenlaufwerken kommt es nicht an.
LAG Düsseldorf 07.03.2012 – 4 TaBV 87/11 u.a.

Innerbetriebliche Stellenausschreibungen müssen keine Angaben zu einer etwaigen Befristung der Stelle enthalten

Der Betriebsrat kann die Zustimmung zu der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers nicht mit der Begründung ablehnen, dass der Arbeitgeber in der internen Stellenausschreibung nicht auf die Befristung hingewiesen habe. Die Angabe, ob eine Stelle befristet oder unbefristet besetzt werden soll, ist nicht notwendiger Bestandteil einer Ausschreibung. Es muss sich nur ergeben, um welchen Arbeitsplatz es sich handelt und welche Anforderungen der Bewerber erfüllen muss.
LAG Schleswig-Holstein 06.03.2012 – 2 TaBV 37/11

Arbeitgeber dürfen Smartphones und Software steuerfrei überlassen

Die private Nutzung von Computer-Software des Arbeitgebers wird für die Arbeitnehmer steuerfrei gestellt. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Datenverarbeitungsgeräte wie Smartphones oder Tablets überlässt.
Beschluss des Finanzausschusses vom 29.02.2012

Schwangere darf bei kritischen Äußerungen über Kunden des Arbeitgebers nicht gekündigt werden

Kritisiert eine schwangere Mitarbeiterin auf ihrem privaten facebook-Account einen wichtigen Kunden ihres Arbeitgebers, rechtfertigt dies grundsätzlich keine Ausnahme von dem in § 9 Abs. 3 MuSchG normierten Kündigungsverbot. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um rein private Äußerungen handelt, die die Grenze der Schmähkritik nicht überschreiten. Insoweit gilt das Grundrecht der freien Meinungsäußerung.
VGH Bayern 29.02.2012 – 12 C 12.264

Anspruch auf Überstundenabgeltung jedenfalls für Geringverdiener

Eine Arbeitsvertragsklausel, die Geringverdiener ohne besondere Vergütung zur Erbringung von Mehrarbeit verpflichtet, ist nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Intransparenz unwirksam. Die Vergütung richtet sich in diesem Fall nach § 612 Abs. 1 BGB. Das heißt, es besteht ein zusätzlicher Vergütungsanspruch, wenn die Mehrarbeit den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Eine entsprechende Vergütungserwartung ist grundsätzlich zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer kein herausgehobenes Entgelt bezieht.
BAG 22.02.2012 – 5 AZR 765/10

Haustarifvertrag kann vertragliche Vereinbarung oder Bezugnahme nicht ablösen

Ein (Haus-)Tarifvertrag kann selbst bei beiderseitiger Tarifgebundenheit eine Vereinbarung in einem Arbeitsvertrag nicht ablösen. Dies gilt auch für eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR Caritas). Für das Verhältnis der einzelvertraglichen und tarifvertraglichen Ansprüche zueinander gilt das in § 4 Abs. 3 TVG geregelte Günstigkeitsprinzip.
BAG 22.02.2012 – 4 AZR 24/10

Neue Urlaubsrechtsprechung gilt nicht für tariflichen Mehrurlaub

Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH und des BAG entfällt der Urlaubsanspruch eines langzeiterkrankten Arbeitnehmers entgegen § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG zwar nicht schon am 31. März des Folgejahres. Das gilt aber grundsätzlich nur für den gesetzlichen Mindesturlaub. Für hierüber hinausgehende Urlaubsansprüche können die Tarifvertragsparteien Abweichendes regeln. § 26 TVöD, wonach der Urlaubsanspruch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Mai des Folgejahres angetreten werden muss, stellt eine solche abweichende Regelung dar.
BAG 22.05.2012 – 9 AZR 575/10

Kein doppelter Urlaubsanspruch bei Doppelarbeitsverhältnis wegen unwirksamer Kündigung

Hat ein Arbeitnehmer nach Erhalt einer Kündigung ein neues Arbeitsverhältnis begründet und hat seine Kündigungsschutzklage anschließend Erfolg, steht ihm im Umfang des von seinem neuen Arbeitgeber gewährten Urlaubs grundsätzlich kein Ersatzurlaubsanspruch gegen seinen alten Arbeitgeber zu. Dies gilt jedenfalls dann, wenn er seine Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen nicht gleichzeitig erfüllen könnte.
BAG 21.02.2012 – 9 AZR 487/10

Doppelarbeitsverhältnis – Anrechnung von gewährtem Urlaub

Der Regelungsbereich des § 6 Abs. 1 BUrlG, wonach der Anspruch auf Urlaub nicht besteht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist, erfasst keine Doppelarbeitsverhältnisse. Steht ein Arbeitnehmer in zwei Arbeitsverhältnissen und kann er die Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen nebeneinander erfüllen, wird der in einem Arbeitsverhältnis gewährte Urlaub nicht auf den Urlaubsanspruch im anderen Arbeitsverhältnis angerechnet. Geht ein Arbeitnehmer nach einer Kündigung ein Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber ein, und kann er die Pflichten aus diesem neuen Arbeitsverhältnis nur erfüllen, weil er nach Ablauf der Kündigungsfrist vom bisherigen Arbeitgeber nicht mehr beschäftigt wird, muss er sich, wenn die Unwirksamkeit der Kündigung später festgestellt wird, den vom neuen Arbeitgeber gewährten Urlaub auf den im gekündigten Arbeitsverhältnis entstandenen Urlaub anrechnen lassen.
BAG 21.02.2012 – 9 AZR 487/10

Auskunftsanspruch des Betriebsrates über erteilte Abmahnungen

Der Betriebsrat kann nach § 80 Abs. 2 BetrVG einen Anspruch auf Auskunft über erteilte Abmahnungen haben, wenn diese einen Bezug zu Mitbestimmungsrechten haben. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass er bei der Erteilung der Abmahnung selbst kein Mitbestimmungsrecht hat. Datenschutzrechtliche Belange stehen dem Auskunftsverlangen ebenfalls nicht entgegen.
LAG Hamm 17.02.2012 – 10 TaBV 63/11

Anforderungen an Entschädigungsanspruch für schwerbehinderte Bewerber

Nach § 82 Satz 2 SGB IX muss ein öffentlicher Arbeitgeber einen schwerbehinderten Menschen, der sich auf eine ausgeschriebene Stelle unter Mitteilung seiner Schwerbehinderteneigenschaft beworben hat, grundsätzlich zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn diesem offensichtlich die fachliche Eignung für die Stelle fehlt. Eine unterbliebene Einladung ist ein Indiz für die durch den Arbeitgeber wiederlegbare Vermutung, der Bewerber sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden.
BAG 16.02.2012 – 8 AZR 697/10

Frage nach Schwerbehinderung nach Ablauf von sechs Monaten zulässig

Jedenfalls nach Ablauf von sechs Monaten, das heißt nach dem Erwerb des Sonderkündigungsschutzes für behinderte Menschen ist die Frage des Arbeitgebers nach einer Schwerbehinderung zulässig. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Ausspruch von Kündigungen.
BAG 16.02.2012 – 6 AZR 553/10

Keine Arbeitgeberhaftung für Gehaltseinbußen bei variabler Vergütung nach Organisationsänderungen

Wurde zwischen den Arbeitsvertragsparteien neben einem Fixgehalt auch eine variable Vergütungskomponente vereinbart, ist der Arbeitgeber ohne besondere vertragliche Vereinbarung nicht verpflichtet, den Betrieb so zu organisieren, dass die Höhe der erfolgsabhängigen Vergütung konstant bleibt. Es entspricht vielmehr gerade dem Wesen einer variablen Vergütung, dass deren Höhe von den jeweiligen Marktbedingungen bzw. der jeweiligen Vertriebsorganisation des Arbeitgebers abhängig ist.
BAG 16.02.2012 – 8 AZR 98/11

Anforderungen an die Wirksamkeit einer Provisionsvereinbarung

Die Vereinbarung eines auf den Geschäftsabschluss bezogenen erfolgsabhängigen Entgelts ist auch im Arbeitsverhältnis grundsätzlich möglich. Eine solche Provisionsvereinbarung muss aber mit höherrangigem Recht vereinbar sein. Eine Provisionsvereinbarung verstößt dann gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), wenn es im Einzelfall dem Arbeitnehmer nicht möglich ist, durch vollen Einsatz seiner Arbeitskraft ein ausreichendes Einkommen oder die geforderten Umsätze zu erzielen. Ebenso ist eine sittenwidrige Vereinbarung anzunehmen, wenn ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliegt. Ein jährlich zu erzielendes Mindesteinkommen von 100.000 EUR verstößt nicht gegen die guten Sitten. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, an einem bestimmten Vertriebssystem festzuhalten oder dieses unverändert im bisherigen Umfang fortzuführen, besteht nur dann, wenn dieses Inhalt des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien geworden ist. Aus der allgemeinen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitnehmers (§ 241 Abs. 2 BGB) kann jedoch die Pflicht, ein bestimmtes Vertriebssystem unverändert beizubehalten oder zu unterhalten, grundsätzlich nicht abgeleitet werden.
BAG 16.02.2012 – 8 AZR 242/11

Aufwendungen für arbeitsgerichtliche Vergleiche sind Werbungskosten

Entstehen dem Arbeitnehmer Aufwendungen für aus dem Arbeitsverhältnis folgende zivil- und arbeitsrechtliche Streitigkeiten, so spricht regelmäßig eine Vermutung dafür, dass diese Aufwendungen einen den Werbungskostenabzug rechtfertigenden hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu den Lohneinkünften aufweisen. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleiches einigen.
BFH 09.02.2012 – VI R 23/10

Mitteilungspflicht gegenüber Betriebsrat bei Durchführung eines BEM

Dem Arbeitgeber kann die Pflicht obliegen, seinem Betriebsrat mitzuteilen, welche Arbeitnehmer für ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) in Betracht kommen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine solche Informationspflicht in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist. Eine Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer in die Weitergabe ihrer Namen ist in diesem Fall nicht erforderlich. Ihrer namentlichen Benennung stehen auch weder datenschutzrechtliche Gründe noch das Unionsrecht entgegen.
BAG 07.02.2012 – 1 ABR 46/10

Außerordentliche Kündigung von ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern bei Outsourcing

Will ein Arbeitgeber bestimmte Tätigkeiten (hier: Reinigungsarbeiten) nicht mehr durch eigene Mitarbeiter erledigen lassen, sondern fremd vergeben, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres eine außerordentliche Kündigung von Arbeitnehmern, die ordentlich unkündbar sind. Eine solche Kündigung ist auch in derartigen Fallkonstellationen nur wirksam, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, beispielsweise dann, wenn die Auslagerung der Tätigkeiten aus betriebswirtschaftlichen Gründen unumgänglich war.
LAG Berlin-Brandenburg 07.02.2012 – 7 Sa 2164/11

Unterlassungsanspruch des Betriebsrates bei der Anordnung von Arbeit während festgelegter Pausenzeiten

Ordnet der Arbeitgeber an, dass Arbeitnehmer während der Pausenzeiten, die in einem unter Beteiligung des Betriebsrats abgeschlossenen Dienstplan festgelegt sind, zu arbeiten haben, kann der Betriebsrat nach §§ 23 Abs. 3 in Verbindung mit 87 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG vom Arbeitgeber verlangen, diese Anordnung künftig zu unterlassen. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber duldet, dass Arbeitnehmer während der dienstplanmäßig festgelegten Pausenzeiten arbeiten.
BAG 07.02.2012 – 1 ABR 77/10

Bei fehlenden Deutschkenntnissen muss Arbeitsvertrag nicht unaufgefordert übersetzt werden

Versteht ein ausländischer Arbeitnehmer kein Deutsch, obliegt es ihm, vor Unterzeichnung des Formulararbeitsvertrages auf dessen Übersetzung zu bestehen, oder sich eine Übersetzung zu besorgen. Unterlässt er dies und unterschreibt er den Vertrag “blind”, muss er dessen Regelungen (hier: Verfallsfristen) gegen sich gelten lassen. Dies gilt auch dann, wenn die Vertragsverhandlungen in seiner Muttersprache geführt wurden, und der Arbeitgeber daher wusste, dass er der deutschen Sprache nicht mächtig ist.
LAG Rheinland-Pfalz 02.02.2012 – 11 Sa 569/11

Wirksame Befristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG auch bei ständigem Vertretungsbedarf

Die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge kann auch dann durch einen Vertretungsbedarf gerechtfertigt sein, wenn sich dieser Bedarf als wiederkehrend oder sogar ständig erweist. Der Einsatz dieser aufeinanderfolgenden befristeten Verträge kann jedoch ggf. unter Berücksichtigung ihrer Anzahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Verträge einer Missbrauchskontrolle unterzogen werden.
EuGH 26.01.2012 – C-586/10

Sprechbehinderte Bewerber dürfen nicht wegen “fehlender Kommunikationsstärke” abgelehnt werden

Wird ein Bewerber mit Sprechstörung wegen fehlender Kommunikationsstärke abgelehnt, kann die Vermutung gerechtfertigt sein, dass eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vorliegt. Der einstellende Arbeitgeber muss diesen Vermutungstatbestand gemäß § 22 AGG entkräften. Wäre die Stelle allerdings auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht mit dem behinderten Bewerber besetzt wurden, kann dieser lediglich eine Entschädigung in Höhe von maximal drei Monatsgehältern verlangen.
LAG Köln 26.01.2012 – 9 Ta 272/11

Weigerung der Zusammenarbeit mit einem “low performer” rechtfertigt keine Druckkündigung

Verweigern Mitarbeiter die weitere Zusammenarbeit mit einem Kollegen wegen dessen schlechter Arbeitsleistung, rechtfertigt dies grundsätzlich keine Druckkündigung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Arbeitgeber in einem solchen Fall eine Vielzahl von Möglichkeiten unterhalb der Schwelle der Kündigung haben, um für Entlastung zu sorgen.
ArbG Magdeburg 25.01.2012 – 3 Ca 1917/11

Daten ausgeschiedener Mitarbeiter müssen umgehend von Homepage gelöscht werden

Scheidet ein Arbeitnehmer aus dem Betrieb aus, muss der Arbeitgeber auf seiner Homepage veröffentlichte Daten des Arbeitnehmers (wie Name, Foto, etc.) umgehend löschen. Tut er dies nicht, verletzt er das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Die Pflicht zur Löschung der Daten besteht nicht nur für Mitarbeiterprofile, sondern auch für Nachrichten, etwa darüber, dass der Mitarbeiter zukünftig einen bestimmten Unternehmensbereich verstärkt.
LAG Hessen 24.01.2012 – 19 SaGa 1480/11

Schadensersatzanspruch gegen Kollegen wegen Mobbings erfordert sozialinadäquates Verhalten

Ein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbings gegen einen Kollegen besteht nur dann, wenn die beanstandeten Handlungen die Grenzen sozial- und rechtsadäquaten Verhaltens in üblichen Konfliktsituationen überschreiten. Im Arbeitsleben übliche Auseinandersetzungen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, erfüllen daher nicht die Voraussetzungen.
LAG Hamm 19.01.2012 – 11 Sa 722/10

Verspätete Krankmeldung kann fristlose Kündigung rechtfertigen

Eine Regelung in einem Arbeitsvertrag, wonach der Arbeitnehmer eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits am ersten Tag der Erkrankung anzeigen und durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachweisen muss, ist wirksam. Verstößt der Mitarbeiter gegen diese Vereinbarung kann dies bei erschwerenden Umständen eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Von einem solchen Fall ist beispielsweise dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer auch auf eine Abmahnung keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einreicht.
LAG Rheinland-Pfalz 19.01.2012 – 10 Sa 593/11

Tarifliche Altersgrenzen unwirksam

Wegen Altersdiskriminierung ist die für Piloten geregelte tarifliche Altersgrenze von 60 Jahren unwirksam. (Erfolgreich war zuvor auch die Klage einer Flugbegleiterin, die sich gegen eine tarifliche Altersgrenze von 55 bzw. 60 Jahren wandte.)
BAG 18.01.2012 – 7 AZR 112/08

Weihnachtsgeldanspruch kann ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzen

Eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach der Anspruch auf Weihnachtsgeld ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zum Auszahlungszeitpunkt voraussetzt, hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich stand. Dies gilt auch dann, wenn die Klausel nicht danach differenziert, wer das Arbeitsverhältnis gekündigt hat. Der Eintritt der Bedingung gilt jedoch nach § 162 Abs. 2 BGB als nicht erfolgt, wenn der Arbeitgeber diesen treuwidrig herbeigeführt hat.
B AG 18.01.2012 – 10 AZR 667/10

Arbeitszeitgesetz gilt auch für Pflegepersonal im Privathaushalt

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gilt auch für ausländische Pflegekräfte, die in Privathaushalten arbeiten. Damit sind für Pflegekräfte aus dem Ausland, die nach Deutschland entsandt wurden, ebenfalls die im ArbZG geregelten Höchstarbeitszeiten zu beachten. Die werktägliche Arbeitszeit darf somit im Durchschnitt acht Stunden nicht überschreiten. Außerdem muss eine Ruhezeit von mindestens elf ununterbrochenen Stunden eingehalten werden.
BT-Drs. 17/8373 vom 18.01.2012

Voraussetzungen für Anspruch auf Weihnachtgeld bei gekündigtem Arbeitsverhältnis

Steht eine Sonderzuwendung im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung und ist sie vom Arbeitnehmer durch die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung verdient worden, kann ihre Zahlung in AGBs nicht vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen abhängig gemacht werden. Dient eine Sonderzuwendung nicht der Vergütung geleisteter Arbeit, sondern anderen Zwecken und knüpft sie nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an, kann ihre Zahlung von der Erbringung einer angemessenen Betriebstreue abhängig gemacht werden. Eine Weihnachtsgratifikation, die an den Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpft und nicht der Vergütung geleiteter Arbeit dient, kann vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt abhängig gemacht werden, ohne dass danach differenziert werden muss, wer die Kündigung ausgesprochen hat und ob sie auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers liegen.
BAG 18.01.2012 – 10 AZR 667/10

Kündigung wegen HIV-Infektion verstößt nicht zwingend gegen AGG

Besteht für den Bereich eines Betriebes (hier: Medikamentenherstellung) die Festlegung, keine erkrankten Arbeitnehmer einzusetzen, kann der Arbeitgeber einem HIV erkrankten Arbeitnehmer in der Probezeit grundsätzlich problemlos kündigen. Eine derartige Kündigung ist weder treuwidrig noch sittenwidrig oder willkürlich. Hierin liegt auch keine entschädigungspflichtige Diskriminierung im Sinne des AGG. LAG Berlin-Brandenburg 13.01.2012 – 6 Sa 2159/11

Diskriminierung bei Auskunftsverweigerung gegenüber abgelehntem Bewerber

Erfolglose Bewerber, die eine Diskriminierung vermuten, können vom potentiellen Arbeitgeber zwar keine Auskunft darüber verlangen, ob und aufgrund welcher Kriterien dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat. Die Auskunftsverweigerung kann aber eine Diskriminierung vermuten lassen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn zur Auskunftsverweigerung weitere Umstände hinzutreten, wie beispielsweise die offensichtliche Eignung des Bewerbers und eine wiederholt unterbliebene Einladung zum Vorstellungsgespräch. EuGH-Generalanwalt 12.01.2012 – C-415/10

Betriebsratsanhörung muss sich auch auf Interessenabwägung erstrecken

Vor einer Kündigung wegen Diebstahls oder des Verdachts eines Diebstahls muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht nur die von ihm festgestellten Fakten mitteilen. Die Anhörung muss zudem auch Informationen über den Verlauf des Arbeitsverhältnisses und zur Interessenabwägung enthalten. Etwaige für die Kündigung maßgebliche Abmahnungen muss der Arbeitgeber selbst dann schildern, wenn der Betriebsrat Kenntnis von deren Existenz hat.
LAG Schleswig-Holstein 10.01.2012 – 2 Sa 305/11

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Umfang der Freistellung eines Arbeitnehmers
Die vertragliche Arbeitspflicht eines Arbeitnehmers erlischt nur durch den Abschluss eines Erlassvertrages im Sinne des § 397 Abs. 1 ZPO oder durch den Abschluss eines Änderungsvertrages. Die Freistellung eines Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht bedeutet als solche nur einen Verzicht auf das Angebot der Arbeitsleistung. Mit der Freistellung tritt damit Annahmeverzug des Arbeitgebers mit den Rechtsfolgen des § 615 BGB ein. Will der Arbeitgeber hingegen den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Vergütung und ohne Anrechnung anderweitigen Verdienstes von der Arbeit freistellen, muss diese Regelung der Freistellungserklärung eindeutig zu entnehmen sein.
LAG Schleswig-Holstein 22.12.2011 – 5 Sa 297/11

Annahmeverzug – böswilliges Unterlassen bei anderweitigem Erwerb
Der Arbeitnehmer unterlässt böswillig anderweitigen Erwerb auch dann, wenn er eine zumutbare Arbeit beim bisherigen Arbeitgeber ablehnt. Das Fehlen dringender Gründe für das Angebot des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses nicht mit der arbeitsvertraglich geschuldeten, sondern einer anderen Tätigkeit zu beschäftigen, schließt böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs im Sinne von § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG nicht aus.
BAG 17.11.2011 – 5 AZR 564/10

Diskriminierung bei Vergütung nach dem Lebensalter
Die (in einem Tarifvertrag geregelte) Vergütung nach Lebensaltersstufen verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung wegen Alters und stellt eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 RL 2000/78 dar, die nicht gerechtfertigt ist. Der Verstoß kann nur beseitigt werden, indem das Entgelt der wegen ihres Alters diskriminierten Arbeitnehmer in der Art und Weise “nach oben” angepasst wird, dass diese Arbeitnehmer Anspruch auf die Vergütung der höchsten Lebensaltersstufe ihrer Vergütungsgruppe haben.
BAG 10.11.2011 – 6 AZR 481/09

Vorangegangene Berufsausbildung steht einer sachgrundlosen Befristung nicht entgegen
Ein Berufsausbildungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis im Sinne des in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG normierten Vorbeschäftigungsverbotes. BAG 21.09.2011 – 7 AZR 375/10 Keine Anrechnung von Arbeitslosengeld auf Karenzentschädigung Arbeitslosengeld ist keine anderweitig erworbene Leistung im Sinne des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB, so dass auch keine Anrechnung auf die Karenzentschädigung erfolgt.
BAG 14.09.2011 – 10 AZR 198/10

Mitteilungspflicht gegenüber Betriebsrat bei Durchführung eines BEM
Dem Arbeitgeber kann die Pflicht obliegen, seinem Betriebsrat mitzuteilen, welche Arbeitnehmer für ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) in Betracht kommen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine solche Informationspflicht in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist. Eine Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer in die Weitergabe ihrer Namen ist in diesem Fall nicht erforderlich. Ihrer namentlichen Benennung stehen auch weder datenschutzrechtliche Gründe noch das Unionsrecht entgegen.
BAG 07.02.2012 – 1 ABR 46/10

Wirksame Befristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG auch bei ständigem Vertretungsbedarf
Die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge kann auch dann durch einen Vertretungsbedarf gerechtfertigt sein, wenn sich dieser Bedarf als wiederkehrend oder sogar ständig erweist. Der Einsatz dieser aufeinanderfolgenden befristeten Verträge kann jedoch ggf. unter Berücksichtigung ihrer Anzahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Verträge einer Missbrauchskontrolle unterzogen werden.
EuGH 26.01.2012 – C-586/10

Schadensersatzanspruch gegen Kollegen wegen Mobbings erfordert sozialinadäquates Verhalten
Ein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbings gegen einen Kollegen besteht nur dann, wenn die beanstandeten Handlungen die Grenzen sozial- und rechtsadäquaten Verhaltens in üblichen Konfliktsituationen überschreiten. Im Arbeitsleben übliche Auseinandersetzungen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, erfüllen daher nicht die Voraussetzungen.
LAG Hamm 19.01.2012 – 11 Sa 722/10

Weihnachtsgeldanspruch kann ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzen
Eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach der Anspruch auf Weihnachtsgeld ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zum Auszahlungszeitpunkt voraussetzt, hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich stand. Dies gilt auch dann, wenn die Klausel nicht danach differenziert, wer das Arbeitsverhältnis gekündigt hat. Der Eintritt der Bedingung gilt jedoch nach § 162 Abs. 2 BGB als nicht erfolgt, wenn der Arbeitgeber diesen treuwidrig herbeigeführt hat.
B AG 18.01.2012 – 10 AZR 667/10

Tarifliche Altersgrenzen unwirksam
Wegen Altersdiskriminierung ist die für Piloten geregelte tarifliche Altersgrenze von 60 Jahren unwirksam. (Erfolgreich war zuvor auch die Klage einer Flugbegleiterin, die sich gegen eine tarifliche Altersgrenze von 55 bzw. 60 Jahren wandte.)
BAG 18.01.2012 – 7 AZR 112/08

Kündigung wegen HIV-Infektion verstößt nicht zwingend gegen AGG
Besteht für den Bereich eines Betriebes (hier: Medikamentenherstellung) die Festlegung, keine erkrankten Arbeitnehmer einzusetzen, kann der Arbeitgeber einem HIV erkrankten Arbeitnehmer in der Probezeit grundsätzlich problemlos kündigen. Eine derartige Kündigung ist weder treuwidrig noch sittenwidrig oder willkürlich. Hierin liegt auch keine entschädigungspflichtige Diskriminierung im Sinne des AGG. LAG Berlin-Brandenburg 13.01.2012 – 6 Sa 2159/11

Diskriminierung bei Auskunftsverweigerung gegenüber abgelehntem Bewerber
Erfolglose Bewerber, die eine Diskriminierung vermuten, können vom potentiellen Arbeitgeber zwar keine Auskunft darüber verlangen, ob und aufgrund welcher Kriterien dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat. Die Auskunftsverweigerung kann aber eine Diskriminierung vermuten lassen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn zur Auskunftsverweigerung weitere Umstände hinzutreten, wie beispielsweise die offensichtliche Eignung des Bewerbers und eine wiederholt unterbliebene Einladung zum Vorstellungsgespräch. EuGH-Generalanwalt 12.01.2012 – C-415/10

Auch Urlaubsansprüche von Dauerkranken gehen spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres unter
§ 7 Abs. 3 BUrlG ist so zu interpretieren, dass Urlaubsansprüche bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres untergehen und bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten sind.
LAG Baden-Württemberg 21.12.2011 – 10 Sa 19/11

Keine Diskriminierung bei Berücksichtigung des Alters im Rahmen der Sozialauswahl
Nach § 1 Abs. 3 KSchG ist vor Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen im Rahmen der Sozialauswahl unter anderem das Alter der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Dabei kann die Sozialauswahl zur Sicherung einer ausgewogenen Altersstruktur auch innerhalb von Altersgruppen vorgenommen werden. Dieser Regelungskomplex verstößt nicht gegen das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung. Eine hiermit verbundene Schlechterstellung jüngerer Arbeitnehmer ist durch rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik und Arbeitsmarkt gerechtfertigt.
BAG 15.12.2011 – 2 AZR 42/10

Minderjähriger Azubi – Kündigungszugang bei Einwurf in Briefkasten der Eltern
Soll das Ausbildungsverhältnis mit einem Minderjährigen in der Probezeit beendet werden, muss die Kündigung seinem gesetzlichen Vertreter (grundsätzlich den Eltern) zugehen. Hierfür ist ausreichend, dass die Kündigung vor Ablauf der Probezeit in den Hausbriefkasten der Familie eingeworfen wird. Die Kündigung geht den Eltern in diesem Fall selbst dann zu, wenn sie gerade verreist sind.
BAG 08.12.2011 – 6 AZR 354/10

Inhalt des Arbeitsvertrages bei der Zuweisung höherwertiger Tätigkeiten
Wird ein Arbeitnehmer nach den arbeitsvertraglichen Bestimmungen mit einer Tätigkeit betraut, die einer bestimmten, tarifvertraglich geregelten Wertigkeit entspricht (hier: Redakteur C der Gruppe 16 des geltenden Gehaltstarifvertrages), werden ihm jedoch zum vertraglich vorgesehenen Zeitpunkt des Inkrafttretens der arbeitsvertraglichen Regelung ohne Einschränkung Aufgaben zugewiesen, die einer höherwertigen Tätigkeit entsprechen (hier: Redaktionsleitung), wird diese Tätigkeit zum Inhalt des Arbeitsvertrages. Die Frage der Beschränkung des Direktionsrechts des Arbeitgebers stellt sich in diesem Fall nicht.
LAG München 04.11.2011 – 3 Sa 322/11

Arbeitsvertragliche Regelung der Abgeltung von Urlaub
Die Vertragsfreiheit erlaubt es den Parteien des Arbeitsvertrages nicht, gesetzlich zwingende Urlaubsbestimmungen abzubedingen oder zum Nachteil des Arbeitnehmers zu modifizieren (§ 13 Abs. 1 BUrlG). Das Gesetzesrecht des BUrlG schließt es aber nicht aus, dass die Parteien neben den gesetzlichen Rechten vertragliche Ansprüche begründen. Den Parteien des Arbeitsvertrages steht es frei, eine Vereinbarung zu treffen, die den Arbeitgeber verpflichtet, Urlaub, der bereits verfallen ist, nachzugewähren. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die nicht die (Nach-)Gewährung verfallenen Urlaubs, sondern dessen Abgeltung vorsieht.
BAG 18.10.2011 – 9 AZR 303/10

Anfechtung des Arbeitsvertrages bei Täuschung über gesundheitliche Eignung
Täuscht ein Arbeitnehmer den Arbeitgeber bei Abschluss des Arbeitsvertrages bewusst über persönliche Eigenschaften, die für das Arbeitsverhältnis von Bedeutung sind, rechtfertigt dies die Anfechtung des Arbeitsvertrages und damit die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ein solcher Fall liegt beispielsweise dann vor, wenn ausdrücklich Beschäftigte für die Nacht- und Wechselschicht gesucht werden und der Arbeitnehmer im Bewerbungsgespräch verschweigt, dass er aus gesundheitlichen Gründen nachts nicht arbeiten darf.
LAG Hessen 21.09.2011 – 8 Sa 109/11

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung darf ab dem ersten Krankheitstag verlangt werden
Arbeitgeber sind berechtigt, schon ab dem ersten Krankheitstag des Arbeitnehmers die Vorlage eines ärztlichen Attestes zu verlangen. Es bedarf hierfür weder einer Begründung noch ist die Aufforderung des Arbeitgebers vom Gericht auf “billiges Ermessen” zu überprüfen. Es muss insbesondere kein Sachverhalt vorliegen, der auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers hindeutet.
LAG Köln 14.09.2011 – 3 Sa 597/11

Unwirksamkeit einer Vertragsklausel bei Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt
In der Kombination eines Freiwilligkeitsvorbehaltes mit einem Widerrufsvorbehalt liegt regelmäßig ein zur Unwirksamkeit der Klausel führender Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrer Entstehung erfasst, benachteiligt den Arbeitnehmer grundsätzlich unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB und ist deshalb unwirksam.
BAG 14.09.2011 – 10 AZR 526/10

Umfang von Ausgleichsklauseln
Ausgleichsklauseln, in denen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erklären sollen, dass Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, nicht bestehen, sind nicht nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht entzogen. Ausgleichsklauseln, die einseitig nur Ansprüche des Arbeitnehmers erfassen und dafür keine entsprechende Gegenleistung gewähren, sind unangemessen benachteiligend im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und demzufolge unwirksam.
BAG 21.06.2011 – 9 AZR 203/10

Urlaubsanspruch für Langzeiterkrankte darf auf 15 Monate beschränkt werden
Eine tarifliche Regelung, nach welcher Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub bei Langzeiterkrankung nicht zeitlich unbegrenzt angesammelt werden können, sondern 15 Monate nach Ablauf des Bezugszeitraums erlöschen, ist wirksam. Erforderlich ist lediglich, dass der Übertragungszeitraum die Dauer des Bezugszeitraums deutlich überschreitet.
EuGH 22.11.2011 – C-214/10

Anforderungen an Grundsatz der Klarheit von Arbeitszeugnissen
Die Zeugnisformulierung “Wir haben Herrn … als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennengelernt” verstößt nicht gegen den in § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO geregelten Grundsatz der Zeugnisklarheit. Sie erweckt aus Sicht des objektiven Empfängerhorizontes nicht den Eindruck, der Arbeitgeber attestiere dem Arbeitnehmer in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation.
BAG 15.11.2011 – 9 AZR 386/10

Arbeitnehmer können Pflegezeit nicht mehrmals in Anspruch nehmen
§ 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG, wonach Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen für die Pflege eines nahen Angehörigen von der Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen sind, stellt ein einmaliges Gestaltungsrecht dar. Wird es erstmalig in Anspruch genommen, erlischt es. Dies gilt auch dann, wenn die gesetzlich geregelte Pflegezeithöchstdauer von sechs Monaten unterschritten wird. Diese sechs Monate können nicht auf mehrere Pflegezeiten verteilt werden.
BAG 15.11.2011 – 9 AZR 348/10

Strenge Voraussetzung für Rücktritt vom Aufhebungsvertrag bei Nichtzahlung der Abfindung
Ein Vertrag, wonach das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgehoben werden soll, ist zwar ein gegenseitiger Vertrag, von dem der Arbeitnehmer grundsätzlich nach § 323 Abs. 1 BGB zurücktreten kann, wenn der Arbeitgeber die Abfindung nicht bezahlt. Voraussetzung hierfür ist aber unter anderem, dass die Forderung durchsetzbar ist. Hieran fehlt es, wenn der Arbeitgeber wegen Insolvenz nicht leisten muss oder darf.
BAG 10.11.2011 – 6 AZR 357/10

Schicksal des befristeten Arbeitsverhältnisses eines Betriebsratsmitgliedes
Die Anwendung von § 14 Abs. 2 TzBfG auf befristete Arbeitsverhältnisse von Betriebsratsmitgliedern verstößt nicht gegen Art. 7 der Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der europäischen Gemeinschaft. Der von Art. 7 der Richtlinie 2002/14/EG insoweit geforderte Mindestschutz für Arbeitnehmervertreter ist im deutschen Recht durch § 78 Satz 2 BetrVG und § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ausreichend gewährleistet.
ArbG Berlin 01.09.2011 – 33 Ca 5877/11

Betriebsräte können Schulung zum Thema “Burnout” verlangen
Betriebsräte können vom Arbeitgeber die bezahlte Freistellung eines Mitgliedes zur Teilnahme an einer Schulung zum Thema “Burnout im Unternehmen” sowie die Übernahme der Schulungskosten verlangen. Das gilt jedenfalls dann, wenn Beschäftigte den Betriebsrat schon mehrfach auf eine bestehende Überforderungssituation angesprochen haben. In diesem Fall ist die Schulung selbst dann im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlich, wenn der Arbeitgeber bereits eine telefonische Beratungsstelle zum Thema “Burnout” eingerichtet hat.
ArbG Essen 30.06.2011 – 3 BV 29/11

Kein Anspruch für Betriebsratsmitglieder auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis
Unterbreitet der Arbeitgeber einem befristet beschäftigten Betriebsratsmitglied anders als anderen Arbeitnehmern kein Übernahmeangebot, liegt hierin nur dann eine nach § 78 BetrVG verbotene Benachteiligung, wenn das Betriebsratsmitglied allein wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht übernommen wird. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn der Arbeitgeber andere Betriebsratsmitglieder in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen hat.
LAG Berlin-Brandenburg 04.11.2011 – 13 Sa 1549/11

Verlängerung der Elternzeit nur bei Zustimmung durch den Arbeitgeber
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Elternzeit in Anspruch nehmen wollen, müssen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG gegenüber dem Arbeitgeber erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Eine bereits festgelegte Elternzeit kann nach § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG nur verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt.
BAG 18.10.2011 – 9 AZR 315/10

Leiharbeitnehmer können bei Schwellenwertbestimmung des § 111 Satz 1 BetrVG zu berücksichtigen sein
Nach § 111 Satz 1 BetrVG müssen Arbeitgeber bei Betriebsänderungen in Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich beraten. Bei der Berechnung dieses Schwellenwertes sind auch Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, sofern sie länger als drei Monate im Unternehmen eingesetzt sind. Unterbleibt die Beratung mit dem Betriebsrat haben alle im Zuge der Betriebsänderung gekündigten Arbeitnehmer gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG einen Anspruch auf Nachteilsausgleich.
BAG 18.10.2011 – 1 AZR 335/10

Auch private Arbeitgeber müssen Besetzung freier Stellen mit Schwerbehinderten prüfen
Gemäß § 81 Abs. 1 SGB IX müssen Arbeitgeber prüfen, ob sie freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen können. Um auch arbeitslose oder arbeitssuchend gemeldete schwerbehinderte Menschen berücksichtigen zu können, müssen sie zudem frühzeitig mit der Agentur für Arbeit Kontakt aufnehmen. Dies gilt auch für private Arbeitgeber. Wird diese Pflicht verletzt, kann ein abgelehnter schwerbehinderter Bewerber einen Entschädigungsanspruch wegen Benachteiligung haben.
BAG 13.10.2011 – 8 AZR 608/10

Keine Überstundenvergütung trotz unwirksamer Pauschalabgeltung
Die Klausel in einem Anstellungsvertrag, wonach durch die Vergütung eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten ist, ist wegen Intransparenz unwirksam. Enthält der Anstellungsvertrag eines Rechtsanwaltes eine solche unwirksame Klausel, ergibt sich aber dennoch nicht unbedingt ein Anspruch auf Überstundenvergütung. Insbesondere bei Diensten höherer Art existiert kein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist.
BAG 17.08.2011 – 5 AZR 406/10

Erben haben keinen Urlaubsabgeltungsanspruch
Endet das Arbeitsverhältnis mit einem zuvor lange Zeit arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer mit dessen Tod, so erlischt der Urlaubsanspruch. Er wandelt sich dann nicht mehr nach § 7 Abs. 4 BUrlG in einen Abgeltungsanspruch um, der auf die Erben übergehen könnte. Hieran hat sich auch durch die neuen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts zur Abgeltung des Urlaubs bei Langzeiterkrankten nichts geändert.
BAG 20.09.2011 – 9 AZR 416/10

Entschädigungsanspruch – Stellenanzeige “Geschäftsführer gesucht” benachteiligt Frauen
Eine Stellenanzeige mit der Überschrift “Geschäftsführer gesucht” verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des AGG, wenn sie keinen Zusatz “/in” bzw. “m/w” enthält oder den männlichen Begriff im weiteren Kontext der Anzeige nicht relativiert. Frauen, die sich ohne Erfolg um eine solche Stelle bewerben, können daher eine Entschädigung verlangen. Diese muss so hoch bemessen sein, dass sie für die Zukunft eine anschreckende Wirkung entfaltet (im Fall wurden 13.000 EUR als angemessen erachtet).
OLG Karlsruhe 13.09.2011 – 17 U 99/10

Umfang des Weiterbeschäftigungsanspruchs
Dem Anspruch des Kundenberaters einer deutschlandweit agierenden Warenhauskette, der erstinstanzlich im Kündigungsschutzprozess obsiegt und dabei eine Titulierung seines Anspruches auf vorläufige Weiterbeschäftigung nach den Grundsätzen des BAG (Großer Senat – GS 1/84) erwirkt hat, kann im Vollstreckungsverfahren (§ 888 Abs. 1 ZPO) gegenüber dem Wunsch nach möglichst wohnortnahen Arbeitseinsatz nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, eine solche Beschäftigung sei nicht möglich, weil in den betreffenden Standorten eine “freie Stelle nicht vorhanden” sei. Es gehört im Lichte des allgemeinen Rücksichtnahmegebots (§ 241 Abs. 2 BGB) zum Pflichtenkreis des Arbeitgebers auch im Vollstreckungsverfahren, dem Anspruchsteller objektiv vermeidbare Belastungen zu ersparen. Bei der sich hiernach ergebenden Rechtsanwendung ist auch den grundrechtlichen Bezügen effektiven Kündigungsschutzes Rechnung zu tragen. Der Anspruchsteller kann daher nicht darauf verwiesen werden, sein Recht auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zur Erledigung des Kündigungsrechtsstreits statt in rund 3, 18, 19 oder auch 35 Kilometern Entfernung von seiner Wohnung allenfalls an einem Standort des Arbeitgebers in 237 Kilometern Entfernung von seiner Wohnung wahrzunehmen.
LAG Berlin 04.08.2011 – 28 Ca 923/11

Private Trunkenheitsfahrt von Kraftfahrern rechtfertigt Kündigung
Wird bei einem Kraftfahrer bei einer privaten Autofahrt eine Blutalkoholkonzentration von 1,36 Promille ermittelt und verliert er daraufhin seinen Führerschein, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich kündigen. Die mit der Trunkenheitsfahrt verbundene (zeitweise) Entziehung der Fahrerlaubnis kann sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies gilt auch, wenn hierbei kein Schaden entstanden ist. Hierauf kommt es für die Bewertung der Pflichtverletzung nicht an.
LAG Hessen 01.07.2011 – 10 Sa 245/11

Wann liegt eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses vor?
Die Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Satz 2 TzBfG setzt nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz keine Vereinbarung der Parteien voraus, die Befristung auf diese Rechtsgrundlage stützen zu wollen. Ausreichend ist, dass die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG bei Vertragsschluss objektiv vorlagen. Die Arbeitsvertragsparteien können die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung vertraglich ausschließen. Allein die Benennung eines Sachgrundes im Arbeitsvertrag führt aber nicht dazu, dass davon auszugehen ist, dass die Parteien keine sachgrundlose Befristungsabrede treffen wollten.
BAG 29.06.2011 – 7 AZR 774/09

Nachholung der Unterrichtung des Betriebsrates
In Fällen, in denen der Betriebsrat auf eine unvollständige Unterrichtung hin seine Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme i. S. des § 99 Abs. 1 BetrVG verweigert hat, kann der Arbeitgeber auch noch im Zustimmungsersetzungsverfahren die fehlenden Informationen nachholen. Mit der Nachholung der Unterrichtung und der Vervollständigung der Informationen wird die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Gang gesetzt. Eine nicht den Tatsachen entsprechende Unterrichtung über die personelle Maßnahme setzt die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht in Lauf. Der Arbeitgeber kann seine Angaben grundsätzlich auch noch im Zustimmungsersetzungsverfahren korrigieren und unzutreffende Tatsachen richtigstellen. Es muss dann aber für den Betriebsrat – und sei es aufgrund der Umstände der Informationskorrektur – deutlich werden, dass der Arbeitgeber mit der richtiggestellten Mitteilung seiner Verpflichtung zur Unterrichtung genügen will und diese Verpflichtung nunmehr als erfüllt ansieht. Anders ist dies nur bei unrichtigen Angaben über Tatsachen und Umstände zu sehen, die offensichtlich keinen Bezug zu einem möglichen Zustimmungsverweigerungsgrund haben und über die der Betriebsrat demzufolge von vornherein nicht zu unterrichten wäre.
BAG 01.06.2011 – 7 ABR 18/10

Pauschalabgeltung von Reisezeiten unwirksam
Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers enthaltene Klausel “Reisezeiten sind mit der Bruttomonatsvergütung abgegolten” ist intransparent, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag nicht ergibt, welche “Reisetätigkeit” von ihr in welchem Umfang erfasst werden soll.
BAG 20.04.2011- 5 AZR 200/10

Anforderungen an leitenden Angestellten
Nach § 14 Abs. 2 KSchG muss ein leitender Angestellter zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt sein. Die entsprechende Befugnis darf nicht nur im Innenverhältnis bestehen, sondern muss auch nach außen ersichtlich sein. Von einer Berechtigung zur selbstständigen Einstellung kann nicht die Rede sein, wenn der Angestellte informellen Einfluss ausüben kann, aber letztlich auf die Befugnis beschränkt ist, Vorschläge zu unterbreiten. Der leitende Angestellte im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG muss die Rechtsmacht haben, den Arbeitgeber selbstständig zu verpflichten. Das Gebot der Rechtssicherheit verbietet ein über den Wortlaut hinausgehendes Verständnis des § 14 Abs. 2 KSchG. Die formelle Berechtigung zum Abschluss von Arbeitsverträgen und zum Ausspruch von Kündigungen ist regelmäßig leicht festzustellen, während eine zuverlässige rechtliche Gewichtung informeller Einflüsse auf Personalentscheidungen schwierig sein wird.
BAG 14.04.2011 – 2 AZR 167/10

Beginn der Klagefrist einer Bedingungskontrollklage bei einem schwerbehinderten Arbeitnehmer
Die Klagefrist für die Bedingungskontrollklage nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG beginnt nicht, wenn der Arbeitgeber weiß, dass der Arbeitnehmer schwerbehindert ist, und das Integrationsamt der erstrebten Beendigung durch auflösende Bedingung nicht zugestimmt hat. Das folgt aus einer Analogie zu § 4 Satz 4 KSchG.
BAG 09.02.2011 – 7 AZR 221/10

Tarifliche Altersgrenze für Piloten von 60 Jahren verstößt gegen EU-Recht
Ein Verbot für Piloten, über das vollendete 60. Lebensjahr hinaus ihrer Tätigkeit nachzugehen, stellt eine Diskriminierung wegen des Alters dar. Eine entsprechende tarifliche Regelung verstößt gegen Unionsrecht. Ab Vollendung des 60. Lebensjahres kann zwar das Recht, eine Maschine zu fliegen, beschränkt werden; ein vollständiges Verbot geht aber über das zum Schutz der Flugsicherheit Erforderliche hinaus.
EuGH 13.09.2011 – C-447/09

Urlaubsanspruch kann bei EU-rechtswidriger Regelung nicht unmittelbar gegenüber dem Arbeitgeber durchgesetzt werden
Wenn eine nationale Regelung hinsichtlich des Anspruchs auf Jahresurlaub gegen das Unionsrecht verstößt, kann der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch nicht unmittelbar gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen, sondern lediglich eine Staatshaftungsklage gegen den insoweit vertragsbrüchigen Mitgliedsstaat erheben.
EuGH (Generalanwältin) 08.09.2011 – C-282/10

Wechsel in eine BQG vor Betriebsübergang darf nicht die Unterbrechung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bezwecken
Schließen Arbeitnehmer vor einem Betriebsübergang einen dreiseitigen Vertrag, mit dem sie von dem Betriebsveräußerer in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG) wechseln, ist diese Vereinbarung wirksam, wenn sie auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet ist. Die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer verstößt jedoch gegen zwingendes Recht, wenn dadurch bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes die Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bezweckt wird.
BAG 18.08.2011 – 8 AZR 312/10

Probezeitkündigung wegen HIV-Infektion
Die Kündigung des mit einem HIV-infizierten Chemisch-Technischen Assistenten bestehenden Arbeitsverhältnisses während der Probezeit/Wartezeit ist grundsätzlich wirksam. Die Kündigung kann nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung hin überprüft werden, weil der Arbeitnehmer noch keine sechs Monate beschäftigt gewesen ist und das Kündigungsschutzgesetz daher keine Anwendung findet. Die Kündigung ist auch nicht willkürlich ausgesprochen worden, weil die vom Arbeitgeber angeführten Gründe nachvollziehbar sind. Der Arbeitgeber hat den Mitarbeiter auch nicht wegen einer Behinderung diskriminiert und muss daher auch keine Entschädigung zahlen. Die bloße HIV-Infektion führt nicht zu einer Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit und stellt daher keine Behinderung im Rechtssinne dar.
ArbG Berlin 21.07.2011 – 17 Ca 1102/11

Eintragen der Parkplatzsuche als Arbeitszeit kann fristlose Kündigung rechtfertigen
Die Arbeitszeit beginnt grundsätzlich erst mit dem Betreten des Dienstgebäudes. Erfasst ein Arbeitnehmer abweichend davon schon die Zeit der Parkplatzsuche auf dem Firmengelände als Arbeitszeit, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Täuschung über die Arbeitszeit heimlich und vorsätzlich erfolgt. Vor Ausspruch der Kündigung ist dann auch keine Abmahnung erforderlich.
BAG 09.06.2011 – 2 AZR 381/10

Kein Anspruch auf Spind für gesamte Dienstkleidung
Müssen Mitarbeiter Dienstkleidung tragen, ist es ausreichend, wenn ihnen der Arbeitgeber für die Aufbewahrung ihrer Kleidung einen Dienstspind und eine offene Garderobe zur Verfügung stellt. Sie haben keinen Anspruch darauf, dass der Dienstspind so groß ist, dass sie ihre komplette Dienstkleidung darin verstauen können.
LAG Hessen 31.05.2011 – 19 Sa 1753/10

Anforderungen an Entschädigungsanspruch für schwerbehinderten Bewerber
Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch eines abgelehnten schwerbehinderten Stellenbewerbers, der sich auf eine unzulässige Diskriminierung beruft, ist, dass er sich mit dem eingestellten Bewerber in einer vergleichbaren Situation befand. Dies ist nur dann der Fall, wenn er für die zu besetzende Stelle objektiv geeignet war. Maßgeblich für die objektive Eignung ist dabei nicht das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, sondern sind die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderte Qualifikation des Stelleninhabers frei entscheiden. Durch das Stellen von Anforderungen an den Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung aufgrund der Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten.
BAG 07.04.2011 – 8 AZR 679/09

Klagefrist bei Streit über den Eintritt einer auflösenden Bedingung
Die dreiwöchige Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG gilt entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Senats nicht nur für die Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit der Bedingungsabrede, sondern auch für den Streit über den Eintritt einer auflösenden Bedingung. Eine solche liegt beispielsweise im Fall der Verweisung auf den BAT und der Zahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor.
BAG 06.04.2011 – 7 AZR 704/09

Höhe des versicherungsmathematischen Abschlags bei vorgezogener Betriebsrente
Sieht eine Versorgungsordnung einen “versicherungsmathematischen Abschlag” für den Fall vor, dass ein Arbeitnehmer seine Betriebsrente vorgezogen in Anspruch nimmt, ohne diesen Abschlag der Höhe nach festzulegen, darf der Arbeitgeber pauschal einen Abschlag von 0,5% pro Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme ansetzen. Etwas anderes kann gelten, wenn im Betrieb allgemein bekannt ist, dass der Arbeitgeber den Abschlag nach der Barwertmethode jeweils im Einzelfall berechnen will. In diesem Fall kommt eine individuelle Berechnung des versicherungsmathematischen Abschlags in Betracht. BAG 08.03.2011 – 3 AZR 666/09 Ordentliche Kündigung bei verspäteter Krankmeldung Die wiederholte Meldepflicht bei Erkrankung rechtfertigt nach erfolgloser Abmahnung die ordentliche Kündigung. Die Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit ergibt sich aus dem Gesetz. Sie besteht unabhängig von der Pflicht zur Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
LAG Hessen 18.01.2011 – 12 Sa 522/10

Urlaubsabgeltungsansprüche unterliegen einzel- und tarifvertraglichen Ausschlussfristen
Ein Anspruch auf Abgeltung des bestehenden Urlaubs entsteht auch bei über das Arbeitsverhältnis hinausreichender Arbeitsunfähigkeit nach § 7 Abs. 4 BUrlG mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird sofort fällig. Er ist nicht Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern reine Geldforderung und unterliegt damit wie andere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis einzel- und tarifvertraglichen Ausschlussfristen.
BAG 09.08.2011 – 9 AZR 352/10

Befristung von Urlaubsansprüchen
Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden; eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden.
BAG 09.08.2011 – 9 AZR 425/10

Arbeitnehmer haften grundsätzlich nicht für Gewinneinbußen des Arbeitgebers infolge einer Strafanzeige
Erstatten Arbeitnehmer oder deren nahe Angehörige Strafanzeige gegen den Arbeitgeber, haften sie grundsätzlich nicht für Imageschäden oder Gewinneinbußen, die dadurch entstehen, dass der Sachverhalt an die Öffentlichkeit gerät. Insoweit fehlt es an der Ursächlichkeit eines pflichtwidrigen Verhaltens für den Schaden.
LAG Hamm 21.07.2011 – 11 Sa 2248/10

Anspruch auf Erstattung von Detektivkosten eingeschränkt
Deckt ein vom Arbeitgeber beauftragter Detektiv auf, dass der Arbeitnehmer während des laufenden Kündigungsschutzverfahrens einer anderen Beschäftigung nachgegangen ist, muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Detektivkosten nicht in jedem Fall erstatten. Eine Erstattung scheidet etwa dann aus, wenn sich die Überwachung durch den Detektiv auf einen Zeitraum erstreckte, für den der Arbeitnehmer keine Ansprüche geltend gemacht hat.
LAG Hamm 20.07.2011 – 4 Sa 3422/11

Diffamierende “Büro-Romane” rechtfertigen keine Kündigung
Schreibt ein Arbeitnehmer einen sog. “Büro-Roman”, der deutliche Parallelen zum Unternehmen und den dort beschäftigten Mitarbeitern aufweist, rechtfertigt dies grundsätzlich nicht den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung. Der Arbeitnehmer kann sich insoweit auf die in Art. 5 Abs. 3 GG normierte Kunstfreiheit berufen. Dies gilt auch dann, wenn der Roman beleidigende oder sexistische Äußerungen in Bezug auf Romanfiguren enthält, die als tatsächlich existierende Personen identifizierbar sind.
LAG Hamm 15.07.2011 – 13 Sa 436/11

Auch stellvertretender Betriebsratsvorsitzender kann Empfänger des Anhörungsschreibens nach § 102 Abs. 1 BetrVG sein
Der Arbeitgeber muss das Anhörungsschreiben zu der beabsichtigten Kündigung eines Arbeitnehmers zwar grundsätzlich dem Betriebsratsvorsitzenden übergeben. Ist dieser auf der maßgeblichen Versammlung aber nicht anwesend, kommt auch eine Übergabe an den stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden in Betracht. Dies ergibt sich aus § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, wonach im Fall der Verhinderung des Vorsitzenden dessen Stellvertreter zur Entgegennahme von Erklärungen, die dem Betriebsrat gegenüber abzugeben sind, berechtigt ist.
BAG 07.07.2011 – 6 AZR 248/10

Erhebliches Überziehen der Pausen kann fristlose Kündigung rechtfertigen
Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung kann angenommen werden, wenn ein Arbeitnehmer Pausenzeiten erheblich überzieht. Dies gilt insbesondere dann, wenn er seine Anwesenheitszeiten falsch dokumentiert und durch das Überschreiten der Pausenzeiten ein Sicherheitsrisiko entsteht, wie etwa bei Fluglotsen, wenn der Tower während des Überschreitens der Pausenzeit nicht vorschriftsmäßig besetzt ist.
LAG Hessen 24.11.2010 – 8 Sa 492/10

Voraussetzungen für Anfechtung des Arbeitsvertrages bei Täuschung im Bewerbungsgespräch
Beantwortet ein Bewerber eine zulässige Frage im Bewerbungsgespräch falsch, kann dies den Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung berechtigen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Täuschung für den Abschluss des Arbeitsvertrages ursächlich war. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber in der Klageerwiderung erklärt, er hätte den Arbeitnehmer unabhängig von der Antwort auf die Frage (hier: nach einer etwaigen Schwerbehinderung) eingestellt.
BAG 07.07.2011 – 2 AZR 396/10

Anspruch langzeiterkrankter Arbeitnehmer kann auf 18 Monate beschränkt werden
Die mit der Rechtssache “Schulte” befasste Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat darauf hingewiesen, dass nach der “Schultz-Hoff”-Entscheidung des EuGH Arbeitnehmer zwar auch bei jahrelanger Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben, hieraus aber nicht folge, dass eine zeitlich unbegrenzte Ansammlung von Urlaubs- bzw. Vergütungsansprüchen unionsrechtlich geboten sei. Vielmehr kann der Übertragungszeitraum – in Anlehnung an das Übereinkommen Nr. 132 der IAO – auf 18 Monate beschränkt werden.
EuGH 07.07.2011 – C-214/10 “Schulte”

Sicherung tariflicher Ansprüche auch durch Gewerkschaftsbeitritt während der Nachbindung möglich
Auch wenn ein Arbeitgeber nach seinem Austritt aus dem Arbeitgeberverband nur noch im Wege der Nachbindung an die Tarifverträge gebunden ist, kann ein Arbeitnehmer in die tarifschließende Gewerkschaft eintreten und so noch die Anwendung der tariflichen Regelungen auf sein Arbeitsverhältnis erreichen. Die Tarifgebundenheit hält solange an, bis die Tarifverträge jeweils enden. Nachteiligere vertragliche Regelungen, die vor dem Eintritt in die Gewerkschaft vereinbart worden sind, werden durch die normative Wirkung der Tarifverträge verdrängt.
BAG 06.07.2011 – 4 AZR 424/09

Anspruch auf Entschädigung bei geschlechtsspezifischer Benachteiligung im Rahmen einer Beförderungsentscheidung
Besetzt der Arbeitgeber eine Führungsposition mit einem männlichen Bewerber anstatt mit einer schwangeren Bewerberin, kann hierin eine geschlechtsspezifische Benachteiligung zu sehen sein. Der Arbeitgeber hat eine Entschädigung zu zahlen, wenn er bestehende Indizien für eine Benachteiligung nicht widerlegen kann. Von einem derartigen Indiz ist etwa dann auszugehen, wenn der Arbeitgeber die Absage mit der Bemerkung kommentiert, dass sich die Arbeitnehmerin auf ihr Kind freuen solle.
LAG Berlin-Brandenburg 28.06.2011 – 3 Sa 917/11

Abmahnung nach verweigertem Deutschkursbesuch verstößt nicht gegen AGG
Fordert der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer zum Besuch eines Deutschkurses auf, um arbeitsnotwendige Sprachkenntnisse zu erlangen, stellt dies, ebenso wie wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Fall der Weigerung abmahnt, keine nach dem AGG unzulässige Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft dar. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer den Deutschkurs außerhalb seiner Arbeitszeit absolvieren und selbst bezahlen soll.
BAG 22.06.2011 – 8 AZR 48/10

Unfall bei Rufbereitschaft – Einstandspflicht des Arbeitgebers für Schaden am arbeitnehmereigenen Pkw
Verunglückt ein Arbeitnehmer im Rahmen der Rufbereitschaft bei der Fahrt zur Arbeitsstätte mit seinem privaten Pkw muss ihm der Arbeitgeber grundsätzlich den am Pkw entstandenen Schaden ersetzen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer die Benutzung seines Fahrzeuges nicht für erforderlich halten durfte. Die Höhe des Ersatzanspruches bestimmt sich nach den im Arbeitsrecht geltenden Grundsätzen zum innerbetrieblichen Schadensausgleich.
BAG 22.06.2011 – 8 AZR 102/10

Anforderungen an Betriebsratsanhörung bei Probezeitkündigung
Die bloße Mitteilung des Arbeitgebers an den Betriebsrat, dass er das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit beenden möchte, stellt keine ordnungsgemäße Anhörung im Sinne des § 102 Abs. 1 BetrVG dar. Dem Betriebsrat ist mitzuteilen, was zum Kündigungsentschluss geführt hat.
LAG Hessen 14.03.2011 – 16 Sa 1477/11

Keine Verrechnung von Minusstunden mit restlicher Vergütung
Ruft der Arbeitgeber aufgrund eines geltenden Tarifvertrages die Arbeitszeit flexibel ab, ohne zuvor die Verteilung der Jahresarbeitszeit wirksam bekannt gegeben zu haben, kann die geleistete Vergütung nicht als Vorschuss mit späteren Minusstunden verrechnet werden.
BAG 26.01.2011 – 5 AZR 819/09

Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers bei Überstunden
Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich einen Anspruch auf Auskunft über den Inhalt der beim Arbeitgeber geführten Stundenlisten, um eine Zahlungsklage beziffern zu können. Er kann die Auskunft und den daraus resultierenden Zahlungsanspruch im Rahmen einer Stufenklage verfolgen.
LAG Schleswig-Holstein 20.01.2011 – 4 Sa 494/10

Festlegung einer durchschnittlichen Stundenzahl pro Monat kann unwirksam sein
Sieht die Arbeitszeitregelung in einem Formulararbeitsvertrag eine durchschnittliche Stundenzahl pro Monat vor, muss auch angegeben werden, innerhalb welchen Zeitraums der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in diesem Umfang beschäftigen muss. Andernfalls ist die Regelung wegen Intransparenz unwirksam, da der Arbeitnehmer über den Umfang seiner Beschäftigung im Unklaren bleibt.
BAG 21.06.2011 – 9 ARZ 236/10

Vor Kündigungsausspruch keine Anhörung des Entleiherbetriebsrates erforderlich
Grundsätzlich ist der Betriebsrat nach § 102 BetrVG vor jeder Kündigung anzuhören. Dies gilt auch dann, wenn die Betriebsratswahl angefochten wurde und später für ungültig – nicht aber für nichtig – erklärt wird. Bei einer Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG oder einem gleichartigen Fall der Personalgestellung, muss vor einer Kündigung allerdings lediglich der Betriebsrat des Vertragsarbeitgebers (Verleihers) und nicht der des Einsatzbetriebes angehört werden.
BAG 09.06.2011 – 6 AZR 132/10

Fristlose verhaltensbedingte Kündigung auch bei Schuldunfähigkeit des Arbeitnehmers möglich
Eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung setzt zwar grundsätzlich ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers voraus. Ausnahmsweise kann aber eine fristlose Kündigung auch bei schuldunfähigen Arbeitnehmern in Betracht kommen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein manisch-depressiver Arbeitnehmer durch sexuell gefärbte grobe Beleidigungen eine erhebliche Störung des Betriebsfriedens verursacht.
LAG Schleswig-Holstein 09.06.2011 – 5 Sa 509/10

Kündigungsübergabe an Ehepartner außerhalb der Wohnung möglich
Eine Kündigung geht dem Arbeitnehmer grundsätzlich auch dann zu, wenn der Arbeitgeber das Kündigungsschreiben dessen Ehepartner übergibt, da dieser Empfangsbote des Arbeitnehmers sein kann. Dies gilt auch dann, wenn das Schreiben außerhalb der Wohnung übergeben wird. Maßgebend für den Zugang ist lediglich, ob und wann unter normalen Umständen mit der Weitergabe des Schreibens an den Arbeitnehmer zu rechnen ist.
BAG 09.06.2011 – 6 AZR 687/09

Empfänger einer Erwerbsminderungsrente dürfen von Sozialplanabfindung ausgeschlossen werden
Arbeitgeber und Betriebsrat können in einem Sozialplan wirksam vereinbaren, dass Arbeitnehmer, die eine Erwerbsminderungsrente beziehen und auf absehbare Zeit ihre Arbeitsfähigkeit nicht wiedererlangen werden, keine Sozialplanabfindung erhalten. Hierin liegt keine unzulässige Benachteiligung der erwerbsgeminderten Arbeitnehmer wegen ihrer Behinderung, da sie sich nicht in einer mit den vom Sozialplan begünstigten Arbeitnehmern vergleichbaren Lage befinden.
BAG 07.06.2011 – 1 AZR 34/10

Arbeitgeber darf bei Anhörung zur Verdachtskündigung entlastende Umstände nicht verschweigen
Arbeitgeber dürfen der Mitarbeitervertretung im Rahmen der Anhörung zu einer beabsichtigten Verdachtskündigung mildernde und damit den Arbeitnehmer entlastende Umstände nicht verschweigen. Hierzu gehört auch der Umstand, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nach Kenntnis eines Teils der zur Kündigung führenden Umstände zunächst fortgesetzt hat. Dies ist bei einer späteren Kündigung zumindest im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen.
ArbG Düsseldorf 11.05.2011 – 14 Ca 8029/10

Kündigung aufgrund rücksichtsloser Durchsetzung der eigenen Interessen im Rahmen eines Kollegen-Streits möglich
Wer bei einem Streit mit einem Kollegen vor Kunden ohne hinreichenden Anlass die Polizei ruft und zugleich seinen Arbeitgeber beschimpft, muss auch bei langer Beschäftigungsdauer mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen. Ein derartiges Verhalten birgt die Gefahr, dass der Arbeitnehmer bei nächster Gelegenheit erneut rücksichtslos seine vermeintlich berechtigten Interessen öffentlichkeitswirksam verfolgt.
LAG Berlin-Brandenburg 06.05.2011 – 6 Sa 2558/10

Zurückweisung einer Kündigung wegen fehlender Vollmachterteilung
Durch § 174 BGB soll der Erklärungsempfänger vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen. Darum muss das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB ein gleichwertiger Ersatz für das fehlende Vorlegen einer Vollmachtsurkunde sein. Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht es für ein Inkenntnissetzen im Sinne des § 174 Satz 2 BGB nicht allein aus, dass der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat. Die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, reicht demnach nicht aus, um den Arbeitnehmer von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Arbeitnehmer vor Zugang der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen. Dabei muss der Kündigungsberechtigte nicht zwingend im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet sein. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen im Sinne des § 174 Satz 2 BGBG ist auch, wenn der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung jederzeit unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist.
BAG 14.04.2011 – 6 AZR 727/09

Kündigung bei geringfügiger Manipulation von Zeiterfassungsdaten unrechtmäßig
In der systematischen Manipulation von Zeiterfassungsdaten ist eine schwerwiegende Pflichtverletzung zu sehen, die grundsätzlich den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertigt. Eine verhältnismäßig geringfügige Verletzung (hier: wenn der Arbeitnehmer einen Auszubildenden anweist, sich für eine einminütige Mitarbeiter nicht in das Zeiterfassungssystem einzustempeln) kann jedoch regelmäßig nicht mit einer Kündigung geahndet werden.
LAG Schleswig-Holstein 29.03.2011 – 2 Sa 533/10

Kündigung wegen qualitativer Minderleistung setzt aussagekräftigen Vergleichszeitraum voraus
Eine ordentliche Kündigung wegen qualitativer Minderleistung setzt grundsätzlich voraus, dass die “Durchschnittsleitung” vergleichbarer Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum dargestellt wird, damit festgestellt werden kann, ob die durchschnittliche Fehlerhäufigkeit beim gekündigten Arbeitnehmer über längere Zeit hinweg erheblich überschritten wird. Liegt eine solche Überschreitung vor, kann dies je nach Fehlerzahlt, Art, Schwere und Folgen der fehlerhaften Arbeitsleistung ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht vorwerfbar verletzt.
LAG München 03.03.2011 – 3 Sa 764/10

Innerbetriebliche Ausschreibung bei Einsatz von Leiharbeitnehmern
Der Betriebsrat kann die Ausschreibung von Arbeitsplätzen verlangen, die vom Arbeitgeber dauerhaft für die Besetzung mit Leiharbeitnehmern vorgesehen sind. § 93 BetrVG soll es dem Betriebsrat im Interesse der von ihm vertretenen Belegschaft ermöglichen, durch die Bekanntmachung der freien Beschäftigungsmöglichkeiten den innerbetrieblichen Arbeitsmarkt zu aktivieren, und die Besetzung von im Betrieb vorhandenen Arbeitsplätzen transparent auszugestalten. Für diesen Regelungszweck ist es ohne Bedeutung, ob der Arbeitgeber mit dem einzustellenden Arbeitnehmer durch einen Arbeitsvertrag verbunden ist oder die Besetzung des Arbeitsplatzes mit einem Leiharbeitnehmer erfolgt. Die Pflicht des Arbeitgebers zur Durchführung einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung ist allein von der Äußerung eines entsprechenden Verlangens durch den Betriebsrat abhängig.
BAG 01.02.2011 – 1 ABR 79/09

Kürzung des Urlaubsanspruches bei Elternzeit nur im gesetzlich vorgesehenen Umfang zulässig
Arbeitgeber dürfen den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers in der Elternzeit nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG lediglich um ein Zwölftel für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit kürzen. Das heißt, hat der Arbeitnehmer die Elternzeit im bereits laufenden Monat begonnen oder beendet, scheidet für diese beiden Monate eine Urlaubskürzung aus, da es sich hierbei jeweils nicht um einen “vollen Kalendermonat” im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG handelt.
BAG 17.05.2011 – 9 AZR 197/10

Gleichbehandlung bei der Entgelterhöhung
Die Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die Gründe der von ihm vorgenommenen Differenzierung dem Arbeitgeber (vorprozessual) mitgeteilt hat. Ob der Arbeitgeber einen “nachgeschobenen” Differenzierungsgrund nur “vorschiebt” ist keine Frage der Präklusion, sondern der Tatsachenfeststellung. Hat der Arbeitgeber bei der Gewährung einer freiwilligen Entgelterhöhung Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedlich behandelt, ist er im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast verpflichtet, sowohl sämtliche Zwecke seiner freiwilligen Leistung als auch die Grundsätze ihrer Verteilung substantiiert offenzulegen.
BAG 23.02.2011 – 5 AZR 84/10

Betriebliche Übung und Freiwilligkeitsvorbehalt bei Weihnachtsgeld
Der Arbeitnehmer kann die mehrjährige, regelmäßig im November eines Jahres erfolgende Zahlung von Weihnachtsgeld unter Berücksichtigung der Einzelumstände nach Treu und Glauben dahin auffassen, dass sich der Arbeitgeber auf Dauer zu einer Sonderzahlung verpflichtet. Wesentliche Umstände sind die Häufigkeit und die Höhe der Leistung sowie etwaige die Zahlung begleitende Erklärungen des Arbeitgebers. Bei dreimaliger vorbehaltloser Leistung eines Weihnachtsgeldes erwächst grundsätzlich ein Rechtsanspruch für die Zukunft. Der Vorbehalt kann auch in einer Bezugnahme auf arbeitsvertragliche Regelungen liegen. Ein klar und verständlich formulierter Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag kann das Entstehen eines Rechtsanspruches auf eine zukünftige Sonderzahlung verhindern. Es bleibt dahingestellt, ob mit der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt im Arbeitsvertrag stets eine mehrdeutige und damit intransparente Klausel im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB formuliert wird. Jedenfalls führt eine solche Verknüpfung dazu, dass für den Vertragspartner nicht hinreichend deutlich wird, bei einer mehrfachen, ohne weitere Vorbehalte erfolgenden Sonderzahlung solle der Rechtsbindungswille des Arbeitgebers für die Zukunft ausgeschlossen bleiben.
BAG 08.12.2010 – 10 AZR 671/09

Personenbedingte Kündigung bei mehrjähriger Freiheitsstrafe
Beruht die Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers auf einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe, kann hierin ein personenbedingter Grund zur Kündigung des Arbeitnehmers zu sehen sein. Allerdings kann nicht jede Freiheitsstrafe ohne Rücksicht auf ihre Dauer und ihre Auswirkungen zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Da der Arbeitgeber im Fall der haftbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers typischerweise von der Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts befreit ist, hängt es von Art und Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen ab, ob die Inhaftierung geeignet ist, eine Kündigung zu rechtfertigen. Jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungszeitpunkt noch eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren zu verbüßen hat und ein Freigängerstatus oder seine vorzeitige Entlassung aus der Haft vor Ablauf von zwei Jahren nicht sicher zu erwarten ist, braucht der Arbeitgeber den Arbeitsplatz für ihn nicht freizuhalten.
BAG 25.11.2010 – 2 AZR 984/08

Einvernehmlicher Austritt aus dem Arbeitgeberverband auch ohne Einhaltung einer Frist möglich
Sieht die Satzung eines Arbeitgeberverbandes für die Kündigung der Mitgliedschaft bestimmte Fristen vor, schließt dies eine frühere Beendigung der Mitgliedschaft durch Aufhebungsvereinbarung grundsätzlich nicht aus. Von der Frage der satzungsrechtlichen Wirksamkeit des Verbandsaustrittes ist allerdings die der tarifrechtlichen Wirksamkeit eines solchen “Blitzaustrittes” zu unterscheiden.
BAG 18.05.2011 – 4 AZR 457/09

Gewerkschaften haben bei tarifwidrigen Betriebsvereinbarungen nur einen Unterlassungsanspruch
Weicht eine Betriebsvereinbarung im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers zum Nachteil der Mitarbeiter von einer tariflichen Bestimmung ab, hat die tarifschließende Gewerkschaft gegenüber dem Arbeitgeber zwar einen Unterlassungsanspruch. Sie hat aber keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber Entgeltnachteile ausgleicht, die den Arbeitnehmern aufgrund der tarifwidrigen Betriebsvereinbarung entstanden sind.
BAG 17.05.2011 – 1 AZR 473/09

Verfall von Urlaubstagen bei Freistellung nach Kündigungsausspruch muss eindeutig formuliert sein
Kündigt ein Arbeitgeber und stellt er den Arbeitnehmer mit sofortiger Wirkung von der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung unter Anrechnung von Urlaub frei, muss für den Arbeitnehmer eindeutig erkennbar sein, in welchem Umfang die Urlaubsansprüche erfüllt werden sollen. Zweifel gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Erstreckt sich der Freistellungsanspruch über den Jahreswechsel hinaus, muss klar sein, ob der volle Urlaubsanspruch für das neue Jahr erfüllt werden soll oder nur der auf die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist entfallende Teilurlaubsanspruch.
BAG 17.05.2011 – 9 AZR 189/10

Lebenspartner haben Anspruch auf Zusatzversorgungsbezüge für Verheiratete
Zusätzlich Versorgungsbezüge für verheiratete Arbeitnehmer stehen auch Arbeitnehmern zu, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Ein Ausschluss “verpartnerter” Arbeitnehmer verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung. Betroffene können für die Zeit ab dem 03. Dezember 2003 Nachzahlungen verlangen, da ab diesem Zeitpunkt die Umsetzungsfrist für die Richtlinie 2000/78 ablief.
EuGH 10.05.2010 – C-147/08

Heimliche Videoüberwachung setzt konkreten Tatverdacht voraus
Die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes ist nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber tatsächliche, nachprüfbare und konkrete Anhaltspunkte für einen Straftatsverdacht bezüglich bestimmter Personen sowie einer bestimmte Tat hat. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist ein im Kündigungsschutzprozess eingeführter Videobeweis, der die Tatbegehung belegt, nicht verwertbar.
ArbG Düsseldorf 03.05.2011 – 11 Ca 7326/10

Mutterschutzzeiten sind bei der betrieblichen Zusatzversorgung zu berücksichtigen
Gewährt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern erst nach Ablauf einer Wartezeit eine betriebliche Altersversorgung, sind Mutterschutzzeiten bei der Berechnung der Wartezeit voll zu berücksichtigen. Dies gilt jedenfalls für öffentliche Arbeitgeber, die unmittelbar an die Beachtung des Gleichheitsgrundrechts (Art. 3 GG) gebunden sind. Dabei ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber für den Zeitraum des Mutterschutzes eine Umlage bezahlt hat oder nicht.
BVerfG 28.04.2011 – 1 BvR 1409/10

Abmahnung einer Straftat schließt Kündigung wegen derselben Pflichtverletzung aus
Mahnt der Arbeitgeber einen Mitarbeiter wegen einer Straftat (hier: Verletzung des Dienstgeheimnisses) ab, kann er nach Verurteilung des Arbeitnehmers wegen der Straftat keine Kündigung mehr aussprechen. Dies gilt auch dann, wenn die Pflichtverletzung geeignet gewesen wäre, eine Kündigung zu rechtfertigen. Mit Ausspruch der Abmahnung verzichtet der Arbeitgeber auf ein diesbezügliches Kündigungsrecht.
LAG Berlin 28.04.2011 – 25 Sa 2684/10

Anspruch auf Entgeltumwandlung bei nichttarifgebundenen Arbeitnehmern nicht einfach abdingbar
Nach § 17 Abs. 3 BetrAVG kann von dem sich aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ergebenden Anspruch auf Entgeltumwandlung durch Tarifvertrag auch zu Ungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden. Sind die Arbeitsvertragsparteien nicht tarifgebunden, gilt dies nur, wenn die Anwendung der “einschlägigen” tariflichen Bestimmungen vereinbart wurde. Dies setzt voraus, dass der Tarifvertrag in Bezug genommen wird, der bei Tarifgebundenheit der Parteien räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich gelten würde.
BAG 19.04.2011 – 3 AZR 154/09

Rechtsweg bei Klage auf Entschädigung im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung
Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher aus dem Leiharbeitsverhältnis, wie bei der Klage auf Entschädigung nach §§ 15 Abs. 2, 7 Abs. 1 AGG, ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. Dies ergibt sich daraus, dass das Arbeitsgerichtsgesetz den Zweck verfolgt, alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die in greifbarer Beziehung zu einem Arbeitsverhältnis stehen, auch prozessual im Rahmen der Arbeitssachen zu erfassen. Der gespaltenen Arbeitgeberstellung bei der Arbeitnehmerüberlassung zwischen Verleiher und Entleiher ist insoweit Rechnung zu tragen.
BAG 15.03.2011 – 10 AZB 49/10

Unangemessene Benachteiligung durch Stichtagsklausel bei Bonuszahlung
Teilt der Arbeitgeber mit, dass Teile eines Bonus erst 18, 30 bzw. 42 Monate nach dem Ende der Bonusperiode ausbezahlt werden und knüpft er die Auszahlung zugleich an die Voraussetzung, dass das Arbeitsverhältnis im Auszahlungszeitpunkt noch besteht, stellt dies eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.
LAG München 10.02.2011 – 2 Sa 718/10

Pflicht zur Herausgabe des Dienstwagens bei Kündigung
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich oder außerordentlich, ist der Arbeitnehmer unabhängig von der Frage, ob die Kündigung wirksam ist, auf Verlangen des Arbeitgebers zur Herausgabe des ihm überlassenen Pkw verpflichtet. Etwas anderes gilt in Anlehnung an den Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung nur dann, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Verweigert der Arbeitnehmer die Herausgabe des Fahrzeugs, kann dies einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen. Im Einzelfall kann eine vorherige Abmahnung geboten sein.
LAG Nürnberg 25.01.2011 – 7 Sa 521/10

§ 613a BGB gilt auch bei Übergang eines Betriebsteils
Die gesetzlichen Regelungen des § 613a BGB finden auch Anwendung, wenn nicht der gesamte Betrieb, sondern nur ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft erworben wird. Dies setzt voraus, dass die erworbenen Elemente schon bei dem Betriebsveräußerer eine Einheit dargestellt haben und diese vom Erwerber identitätswahrend fortgeführt wird. Damit ein Arbeitsverhältnis auf den Betriebserwerber übergeht, muss der Arbeitnehmer der Einheit zugeordnet sein.
BAG 07.04.2011 – 8 AZR 730/09

Anforderungen an den Sachgrund der Vertretung im Sinne des § 14 Abs. 1, Satz 2 Nr. 3 TzBfG
Der Sachgrund der Vertretung für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses liegt nicht vor, wenn dem zur Vertretung eingestellten Arbeitnehmer eine Tätigkeit übertragen ist, die der Arbeitgeber der vertretenen Stammkraft im Falle ihrer Anwesenheit aus rechtlichen Gründen nicht übertragen könnte. An der rechtlichen Möglichkeit der Übertragung der Tätigkeit auf den Vertretenen fehlt es, wenn ihm gegenüber die Zuweisung der dem Vertreter übertragenen Aufgaben nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist und einer Vertragsänderung bedürfte.
BAG 12.01.2011 – 7 AZR 194/09

Nach Altersstufen gestaffelte Sozialplanabfindungen verstoßen nicht gegen EU-Recht
Bei der Bemessung der Höhe von Sozialplanabfindungen dürfen Altersstufen gebildet werden, weil ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt regelmäßig schlechtere Chancen haben als jüngere. Dies ergibt sich aus § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG. Diese Vorschrift ist mit dem Verbot der Altersdiskriminierung im Recht der Europäischen Union vereinbar und erlaubt es auch, die höchste Abfindung bereits ab Vollendung des 40. Lebensjahres zu gewähren.
BAG 12.04.2011 – 1 AZR 764/09

Umfang einer Ausgleichsklausel im Prozessvergleich
Regelt ein Prozessvergleich zur Beilegung eines Kündigungsschutzprozesses noch Ansprüche des Arbeitnehmers auf Abrechnung des Arbeitsverhältnisses bis zum Beendigungszeitpunkt, wird ein Anspruch auf eine Sonderzahlung von einer Ausgleichsklausel nicht erfasst. LAG Berlin 19.01.2011 – 15 Sa 2348/10

Haftung des Arbeitgebers für Gesundheitsschäden wegen Arbeiten an asbesthaltigen Bauteilen nur bei Vorsatz
Hat ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer angewiesen, ohne Schutzmaßnahmen mit asbesthaltigem Material zu arbeiten, kann er zwar grundsätzlich für mögliche spätere Gesundheitsschäden haftbar gemacht werden. Dies gilt aber nur dann, wenn er die Gesundheitsschädigung des Mitarbeiters zumindest bewusst in Kauf genommen hat.
BAG 28.04.2011 – 8 AZR 769/09

Widerruf einer in AGBs geregelten Zulage
Der Widerruf einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen versprochenen Leistung des Arbeitgebers darf nicht grundlos erfolgen. Seit dem 01.01.2002 müssen die Widerrufsgründe in der Vertragsklausel angegeben werden. Fehlt diese Angabe, ist die Klausel nach §§ 308 Nr. 4, 307 BGB unwirksam. Die hierdurch entstandene Vertragslücke kann in vor dem 01.01.2002 vereinbarten Klauseln im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden. Dabei ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in der gesetzlichen Übergangsfrist bis zum 31.12.2002 eine Anpassung der Klausel an den strengen Rechtszustand angetragen hat.
BAG 20.04.2011 – 5 AZR 191/10

Ankündigungsfrist bei Kurzarbeit
Eine vom Arbeitgeber vorformulierte Vereinbarung über die einseitige Einführung von Kurzarbeit durch den Arbeitgeber verstößt gegen § 307 BGB, wenn Kurzarbeit ohne Einhaltung einer Ankündigungsfrist angeordnet werden kann.
LAG Berlin 19.01.2011 – 17 Sa 2153/10

BAG lockert “Zuvor-Beschäftigungsverbot” bei sachgrundlosen Befristungen
§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, wonach eine sachgrundlose Befristung unzulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand, ist einschränkend auszulegen: Eine “Zuvor-Beschäftigung” im Sinne dieser Vorschrift liegt nach ihrem Zweck und unter Berücksichtigung der Berufswahlfreiheit der Arbeitnehmer nicht vor, wenn ein früheres Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt.
BAG 06.04.2011 – 7 AZR 716/09

Überlassene Kredit- und Tankkarten des Arbeitgebers dürfen Arbeitnehmer nicht zu privaten Zwecken nutzen
Überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Kredit- und Tankkarten, darf dieser damit grundsätzlich nur Ausgaben für dienstliche Zwecke tätigen. Dies gilt selbst dann, wenn hierüber nicht ausdrücklich gesprochen wurde. Eine Berechtigung zur Nutzung der Karten auch für private Zwecke muss der Arbeitnehmer im Streitfall darlegen und beweisen.
LAG Schleswig-Holstein 15.03.2011 – 2 Sa 526/10

Arbeitsunfähigkeit bei Mobbing
Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 1 (3) MB/KT 94 liegt auch dann vor, wenn sich der Versicherte an seinem Arbeitsplatz einer tatsächlichen oder von ihm als solcher empfundenen Mobbingsituation ausgesetzt sieht, hierdurch psychisch oder physisch erkrankt und infolgedessen seinem bisher ausgeübten Beruf in seiner konkreten Ausprägung nicht nachgehen kann.
BGH 09.03.2011 – IV ZR 137/10

Darlegungslast des Arbeitgebers bei Abbau einer Hierarchieebene
Sind Organisationsentscheidung und Kündigungsentschluss des Arbeitgebers praktisch deckungsgleich, greift die ansonsten berechtigte Vermutung, die Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen. Vielmehr muss der Arbeitgeber in diesem Fall konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Möglichkeiten eines Einsatzes des Arbeitnehmers auswirkt. Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene, verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben hinaus, muss der Arbeitgeber genau erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die Tätigkeiten für den Arbeitnehmer zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten von dem verbliebenen Personal ohne Mehrarbeit erledigt werden können.
BAG 16.12.2010 – 2 AZR 770/09

Verdachtskündigung – keine Aussetzung bei Strafverfahren
Die strafrechtliche Bewertung einer Pflichtverletzung ist für die kündigungsrechtliche Beurteilung nicht maßgebend. Entscheidend sind allein der Verstoß gegen vertragliche Haupt- und Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch. Es besteht grundsätzlich keine Rechtfertigung für die Aussetzung eines Kündigungsschutzprozesses bis zur rechtskräftigen Erledigung eines Strafverfahrens, in dem der Kündigungsvorwurf unter dem Gesichtspunkt des Strafrechts geprüft wird, zumal die Aussetzung zu einer bedenklichen, für die Parteien mit erheblichen wirtschaftlichen Risiken verbundenen Verzögerung des Kündigungsschutzprozesses führen kann.
BAG 25.11.2010 – 2 AZR 801/09

Recht auf Einsicht in die Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Der Arbeitnehmer hat auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Einsicht in seine vom ehemaligen Arbeitgeber weiter aufbewahrte Personalakte. Dies ergibt sich aus der nachwirkenden arbeitgeberseitigen Schutz- und Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Der Arbeitnehmer kann seine über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus fortbestehenden Rechte auf Beseitigung oder Korrektur unrichtiger Daten in seiner Personalakte nur geltend machen, wenn er von deren Inhalt Kenntnis hat. Schon das begründet sein Einsichtsrecht. Aus § 34 BDSG lässt sich der Anspruch für Personalakten, die in Papierform geführt werden, derzeit nicht herleiten. Nach § 32 Abs. 2 BDSG ist nur § 32 Abs. 1 BDSG auf personenbezogene Daten, die nicht “in oder aus einer nicht automatisierten Datei verarbeitet, genutzt oder für die Verarbeitung oder Nutzung in einer solchen Datei erhoben werden”, anzuwenden, nicht aber der gesamte Dritte Abschnitt des BDSG, in dem auch § 34 BDSG zu finden ist.
BAG 16.11.2010 – 9 AZR 573/09

Kündigung wegen mehrjähriger Freiheitsstrafe
Die Verbüßung einer mehrjährigen Freiheitsstrafe ist grundsätzlich geeignet, eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Hat der der strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde liegende Sachverhalt keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis, kommt regelmäßig nur eine personenbedingte Kündigung in Betracht. Sowohl bei den Anforderungen an den Kündigungsgrund als auch bei der einzelfallbezogenen Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer die Unmöglichkeit der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung und damit die Störung des Arbeitsverhältnisses selbst zu vertreten hat. Dem Arbeitgeber sind deshalb zur Überbrückung der Fehlzeit typischerweise geringere Anstrengungen und Belastungen zuzumuten als bei einer Verhinderung des Arbeitnehmers beispielsweise wegen Krankheit. Zudem ist die voraussichtliche Dauer der Leistungsunmöglichkeit zu berücksichtigen. Jedenfalls dann, wenn gegen den Arbeitnehmer rechtskräftig eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verhängt worden ist, kann der Arbeitgeber den Arbeitsplatz in der Regel dauerhaft neu besetzen.
BAG 24.03.2011 – 2 AZR 790/09

Kürzung einer Anwesenheitsprämie über den Rahmen von § 4a EFZG hinaus unzulässig
Eine Regelung, wonach eine Anwesenheitsprämie nur denjenigen Arbeitnehmern zusteht, die in dem laufenden Kalenderjahr keinen krankheitsbedingten Fehltag aufzuweisen hatten, ist unwirksam. Folge der Unwirksamkeit ist, dass auch Arbeitnehmer mit Krankheitszeiten die Prämie in voller Höhe beanspruchen können.
LAG Hamm 13.01.2011 – 16 Sa 1521/09

Amt des Datenschutzbeauftragten darf nicht einfach “outgesourct” werden
Bei der erstmaligen Bestellung eines Datenschutzbeauftragten sind Arbeitgeber zwar in ihrer Entscheidung frei, ob sie das Amt intern oder extern vergeben wollen. Wenn sie aber einen internen Datenschutzbeauftragten bestellen, können sie dessen Bestellung nicht allein mit der Begründung widerrufen, dass sie nunmehr die Position extern besetzen wollen. Eine solche Organisationsentscheidung stellt keinen wichtigen Grund im Sinne des § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG i. V. m. § 626 BGB dar.
BAG 23.03.2011 – 10 AZR 62/09

Ausschlussfristen im Entleiherbetrieb gelten nicht für “Equal Pay”-Ansprüche von Leiharbeitnehmern
Leiharbeitnehmer müssen ihren “Equal Pay -/Equal Treatment”-Anspruch gegenüber ihrem Vertragsarbeitgeber (=Verleiher) nicht innerhalb der im Entleiherbetrieb zur Anwendung kommenden Ausschlussfristen geltend machen. Ausschlussfristen gehören nicht zu den “wesentlichen Arbeitsbedingungen” im Sinne des § 10 Abs. 4 AÜG, die der Verleiher den als Leiharbeitnehmern beschäftigten Mitarbeitern “gewähren” muss.
BAG 23.03.2011 – 5 AZR 7/10

Tarifliche “Spannsicherungsklauseln” unwirksam
Eine tarifliche Regelung, wonach der Arbeitgeber Sonderleistungen an Arbeitnehmer, die Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft sind, nicht durch Leistungen an nicht organisierte Arbeitnehmer ausgleichen darf, sondern Gewerkschaftsmitgliedern immer einen entsprechenden “Vorsprung” gewähren muss (sog. Spannsicherungsklausel), ist unwirksam. Hierdurch wird die Tarifmacht der Koalition überschritten.
BAG 23.03.2011 – 4 AZR 366/09

Welches Arbeitsrecht gilt bei grenzüberschreitender Tätigkeit?
Ein LKW-Fahrer mit Wohnsitz in Osnabrück wurde von einer luxemburgischen Transportfirma für Fahrten im grenzüberschreitenden Warenverkehr eingestellt. Die Lieferorte befanden sich vor allem in Deutschland und anderen EU-Ländern. Sitz der Gesellschaft hingegen war Luxemburg. Nach dem Arbeitsvertrag war die luxemburgische Gerichtsbarkeit zuständig. 2001 gründeten Beschäftigte der Transportfirma einen Betriebsrat in Deutschland, in den auch der Kläger gewählt wurde. Als man ihm 2001 kündigte, wandte er sich zunächst an deutsche Arbeitsgerichte – seine Klagen wurden jedoch mangels Zuständigkeit zurückgewiesen. Daraufhin klagte er in Luxemburg, wo in mehreren Instanzen entschieden wurde, dass auf den Arbeitsvertrag ausschließlich luxemburgisches Recht anwendbar sei. Der Kläger jedoch wollte eine Miteinbeziehung des deutschen Arbeitsrechts erwirken, da seine Kündigung – auf Grund seiner Betriebsratszugehörigkeit – in Deutschland unwirksam gewesen wäre. Deshalb verklagte er den Staat Luxemburg wegen fehlerhafter Anwendung des Übereinkommens von Rom (ÜVR 98/C 27/01) auf Schadenersatz. Der entscheidende Punkt war, ob Schutzvorschriften des deutschen Arbeitsrechts zum Vorteil des Arbeitnehmers nach luxemburgischem Recht angewendet werden können. Der EuGH bejahte dies und verwies in seinem Urteil auf die Möglichkeit, die Schutzvorschriften des Staates anzuwenden, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeit “gewöhnlich verrichtet”. Hierfür seien alle Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die die Tätigkeit kennzeichneten. Das Ortskriterium sei im Hinblick auf Arbeitnehmerschutzvorschriften weit auszulegen (Rn. 47), was eine Anwendung der deutschen Schutzvorschriften nicht zwangsläufig ausschließe.
EuGH 15.03.2011 – C-29/10

Auslegung von § 14 Abs. 3 TzBfG
Dürfen Arbeitsverträge ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes immer wieder befristet werden, nur weil der Arbeitnehmer ein bestimmtes Lebensalter vollendet hat? § 14 Abs. 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) räumt diese Möglichkeit unter gewissen Voraussetzungen ein. Gilt das auch, wenn ein “enger sachlicher Zusammenhang” zwischen dem gegenwärtigen (befristeten) Arbeitsverhältnis und dem ursprünglichen Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber besteht? Diese Frage musste der EuGH auf Vorlage des Bundesarbeitsgerichts beantworten. Klägerin war eine Flugbegleiterin, die zwanzig Jahre für die Gesellschaft PanAmerican tätig war. Als die Deutsche Lufthansa AG Teile der PanAmerican aufkaufte, wurde die Klägerin zur Angestellten der Lufthansa. Ihr Arbeitsverhältnis bei der Lufthansa wurde seitdem immer wieder aufs Neue zeitlich befristet. § 5 Nr. 1 der europäischen Rahmenvereinbarung über befristete Verträge (im Anhang zur Richtlinie 1999/70/EG) schreibt eine Festlegung von sachlichen Gründen vor, um einem Missbrauch von Befristungen vorzubeugen. Die Lufthansa hingegen verwies auf § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG: Er erlaube Befristungen, wenn der Arbeitnehmer das 52. Lebensjahr vollendet hat und zuvor nicht bei “demselben Arbeitgeber” in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stand. Deshalb war die entscheidende Frage, ob die PanAmerican in diesem Fall als “derselbe Arbeitgeber” betrachtet werden könne. Die Richter bejahten dies, da ein “enger sachlicher Zusammenhang” zwischen dem Arbeitsverhältnis bei der PanAmerican und dem der Lufthansa vorliege. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis sei für die Fortsetzung derselben Tätigkeit maßgeblich gewesen. Letztendlich ist es nun die Aufgabe des BAG, die innerstaatlichen Vorschriften im Sinne der Rahmenvereinbarung auszulegen.
EuGH 10.03.2011 – C-109/09

Haushaltsbefristungen der Bundesagentur für Arbeit unwirksam
§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ist dahingehende verfassungskonform auszulegen, dass eine wirksame Haushaltsbefristung nur dann vorliegt, wenn das den Haushaltsplan aufstellende Organ und der Arbeitgeber nicht identisch sind. Danach kann sich die Bundesagentur für Arbeit zur Rechtfertigung einer Befristung nicht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG stützen, da bei ihr eine solche Identität besteht. BAG 09.03.2011 – 7 AZR 728/09 Kostenübernahme für die Schulung von Betriebsratsmitgliedern in deren Muttersprache Arbeitgeber können verpflichtet sein, die Kosten einer in der Muttersprache des Betriebsratsmitglieds durchgeführten Schulung zu tragen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Betriebsratsmitglied nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und die Teilnahme an der Schulung für die ordnungsgemäße Durchführung der Betriebsratstätigkeit erforderlich ist.
ArbG Berlin 03.03.2011 – 24 BV 15046/10

Entschädigungsanspruch für schwerbehinderte Bewerber um Richteramt bei Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch
Wurde für die Besetzung von Richterstellen nicht vorab ein bestimmtes Notenniveau bindend festgelegt, müssen alle schwerbehinderten Bewerber mit Befähigung zum Richteramt zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Dies ergibt sich aus § 82 Satz 2 und 3 SGB IX. Ein Verstoß gegen diese Pflicht lässt vermuten, dass eine Diskriminierung wegen der Behinderung vorliegt. Kann der Arbeitgeber diese Vermutung nicht widerlegen, muss er dem schwerbehinderten Bewerber nach § 15 AGG eine Entschädigung zahlen.
BVerwG 03.03.2011 – 5 C 15 und 16.10

Arbeitnehmer muslimischen Glaubens können Anspruch auf alkoholfreien Arbeitsplatz haben
Arbeitnehmer muslimischen Glaubens können berechtigt sein, Arbeiten, die mit alkoholischen Getränken im Zusammenhang stehen, zu verweigern. Eine Kündigung darf ihnen deshalb nur dann ausgesprochen werden, wenn ihnen im Rahmen der betrieblichen Organisation keine andere Tätigkeit zugewiesen werden kann, die sie ohne Religionskonflikt verrichten können. Die Mitarbeiter müssen in einem solchen Fall allerdings konkret aufzeigen, an welchen Tätigkeiten sie sich aus religiösen Gründen gehindert sehen, damit der Arbeitgeber prüfen kann, ob er sie auf einem anderen freien Arbeitsplatz einsetzen kann.
BAG 24.02.2011 – 2 AZR 636/09

Tarifliche Altersgrenze von 65 Jahren ist wirksam
Eine tarifliche Altersgrenze, wonach das Arbeitsverhältnis endet, wenn der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet hat, ist wirksam. Die hierin liegende Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze ist nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG gerechtfertigt. Eine entsprechende tarifliche Regelung verstößt auch nicht gegen § 10 AGG.
LAG Hamburg 22.02.2011 – 4 Sa 76/10

Versetzung ins Ausland während der Elternzeit rechtsmissbräuchlich
Ist vereinbart, dass die Arbeitnehmerin während der Elternzeit 30 Stunden/Woche arbeitet und zwar drei Tage zu Hause und zwei Tage “im Büro”, kann der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin regelmäßig nicht anweisen, an den Bürotagen nicht mehr im wohnortnahen Frankfurt am Main zu arbeiten, sondern in die Konzernzentrale nach London zu kommen. Eine solche Weisung kommt einer unzulässigen “Strafversetzung” gleich, gegen die sich die Arbeitnehmerin im einstweiligen Verfügungsverfahren zur Wehr setzen kann.
LAG Hessen 15.02.2011 – 13 SaGa 1934/10

Tarifliche Vorruhestandsregelungen können Frauen benachteiligen
Eine tarifliche Regelung, wonach Übergangsgeld gezahlt wird, bis der Empfänger der Leistung vorzeitig Altersrente in Anspruch nehmen kann, kann Frauen benachteiligen und daher nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam sein. Denn soweit Frauen bereits mit 60 Jahren – und damit drei Jahre eher als Männer – vorzeitig Altersrente beanspruchen können, bekommen sie weniger lang Übergangsgeld. Die Tarifvertragsparteien können diesen Nachteil aber beseitigen, indem sie für die kürzere Bezugsdauer einen finanziellen Ausgleich schaffen.
BAG 15.02.2011 – 9 AZR 584/09

Kündigung des Vorgesetzten bei Übergriff auf Schutzbefohlene nicht immer gerechtfertigt
Kommt es in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung zu Misshandlungen der Kinder durch ihre Betreuer, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres die Kündigung des zuständigen Bereichsleiters. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Vorgesetzte die Geschäftsleitung unverzüglich nach positiver Kenntnis von den Vorfällen hierüber informiert hat. Daneben kann zwar eine Verletzung der Kontrollpflicht vorliegen. Eine Kündigung wäre aber insoweit erst nach Ausspruch einer Abmahnung gerechtfertigt.
LAG Düsseldorf 15.02.2011 – 16 Sa 1016/10

Arbeitnehmer dürfen Arbeitgeber bei Beleidigung zurechtweisen
Wenn der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer beleidigt, stellt es grundsätzlich eine zulässige und nicht zu beanstandende Reaktion des Arbeitnehmers dar, wenn er daraufhin antwortet: “Pass auf, was Du sagst, Junge.” Arbeitnehmer dürfen in einem solchen Fall unmissverständlich deutlich machen, dass sie eine Fortsetzung oder weitere Verbreitung derartiger Beleidigungen nicht hinnehmen würden.
LAG Köln 30.12.2010 – 5 Sa 825/10

Anforderungen an die Anhörung vor Ausspruch einer Verdachtskündigung
Ein Verdacht, der sich auf eine “Summe” von in den Einzelheiten allerdings nicht abgegrenzten Taten bezieht, reicht nicht aus. Wird der Arbeitnehmer zur Teilnahme an einem Anhörungsgespräch zu einer Verdachtskündigung unter dem Vorwand eingeladen, es handele sich um ein Gespräch über die Übernahme zusätzlicher Schichten, ist die für die Wirksamkeit der Verdachtskündigung konstitutive Anhörung nicht ordnungsgemäß erfolgt und demzufolge die Kündigung unwirksam. Eine Anhörung ist auch dann nicht ordnungsgemäß, wenn sie unter Umständen stattfindet, die dem Charakter der Anhörung nicht entsprechen.
LAG Berlin-Brandenburg 16.12.2010 – 2 Sa 2022/10

Außerordentliche Kündigung bei eigenmächtigem Urlaubsantritt nicht immer gerechtfertigt
Eine eigenmächtige Selbstbeurlaubung stellt zwar eine schwere Pflichtverletzung dar. Sie rechtfertigt aber nicht in jedem Fall eine fristlose Kündigung. Es kann Fälle geben, in denen dem Arbeitgeber die Beschäftigung des Arbeitnehmers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist, beispielsweise dann, wenn der Arbeitnehmer lange Zeit arbeitsunfähig erkrankt war, sich nicht sicher ist, ob er wiedervollständig genesen ist und subjektiv meint, zur endgültigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit eines Urlaubs zu bedürfen.
LAG Berlin-Brandenburg 26.11.2010 – 10 Sa 1823/10

Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Urlaubsabgeltung
Ruht der Anspruch des Arbeitslosen auf Arbeitslosengeld, weil er einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat und zahlt die Arbeitsagentur im Ruhenszeitraum dennoch nach § 143 Abs. 3 SGB III Arbeitslosengeld (Gleichwohlgewährung), geht der Anspruch auf Urlaubsabgeltung in Höhe des gezahlten Arbeitslosengeldes auf die Arbeitsagentur nach § 115 Abs. 1 SGB X über. Der Ruhenszeitruam beginnt mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses (§ 143 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Er verschiebt sich nicht, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Krankengeld nach § 44 SGB V und kein Arbeitslosengeld bezieht. Es kommt deshalb zu keinem Forderungsübergang nach § 115 Abs. 1 SGB X, wenn die Arbeitsagentur nach Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit Arbeitslosengeld zahlt und zu diesem Zeitpunkt die Zeit des abgegoltenen Urlaubs bereits verstrichen ist.
BAG 17.11.2010 – 10 AZR 649/09

Kenntnis der Nichtschuld bei Rückzahlung überzahlter Vergütung
Das Erfordernis der positiven Kenntnis des Leistenden von der Nichtschuld im Sinne des § 814 BGB kann nicht durch die Zurechnung des Wissens Anderer entsprechend § 166 Abs. 1 BGB ersetzt werden.
BAG 13.11.2010 – 5 AZR 648/09

Erstattungsanspruch des Arbeitnehmers bei Einsatz des eigenen Pkw
In entsprechender Anwendung des § 670 BGB muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer an dessen Fahrzeug entstandene Unfallschäden ersetzen, wenn das Fahrzeug mit Billigung des Arbeitgebers in dessen Betätigungsbereich eingesetzt worden ist. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer zur Abdeckung des Unfallschadenrisikos eine besondere Vergütung erhält. Eine Erstattungspflicht entfällt, wenn der Arbeitnehmer den Unfall grob fahrlässig verursacht hat. Bei mittlerer Fahrlässigkeit ist der Schaden grundsätzlich anteilig unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu verteilen. Der Arbeitnehmer, der einen Anspruch auf volle Erstattung des erlittenen Unfallschadens geltend macht, hat darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er den Unfall nicht grob fahrlässig verursacht hat.
BAG 28.10.2010 – 8 AZR 647/09

Tarifliche Ausschlussfrist bei überzahlter Vergütung
Die Berufung des Arbeitnehmers auf den Verfall des Anspruchs auf die Rückzahlung überzahlter Vergütung aufgrund tariflicher Ausschlussfristen ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Arbeitnehmer in Kenntnis des Irrtums des Arbeitgebers diesem Informationen vorenthalten hat, die dem Arbeitgeber die Einhaltung der Ausschlussfrist ermöglicht hätten. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs steht dem Verfall des Rückzahlungsanspruchs nur solange entgegen, wie der Arbeitgeber aufgrund des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Arbeitnehmers von der Einhaltung der Ausschlussfrist abgehalten wird. Erhält der Arbeitgeber anderweitig Kenntnis vom Überzahlungstatbestand, muss er seinen Rückzahlungsanspruch innerhalb einer angemessenen Frist, deren Länge sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet, in der nach dem Tarifvertrag vorgesehenen Form geltend machen. Er muss nach Kenntnis von der Überzahlung ohne schuldhaftes Zögern Schritte zur Rückforderung einleiten und den Sachverhalt zügig, jedoch ohne Hast aufklären. Der Arbeitgeber hat dazu im Prozess vorzutragen, wie er nach Kenntniserlangung vorgegangen ist, welche Einzelschritte er wann unternommen hat und aus welchen Gründen diese wie lange gedauert haben.
BAG 13.10.2010 – 5 AZR 648/09

“Urlaubsgeld” als saisonale Sonderleistung
Allein die Bezeichnung einer Leistung als Urlaubsgeld rechtfertigt es nicht, einen zwingenden Sachzusammenhang zum Erholungsurlaub anzunehmen. Es ist anhand der Leistungsvoraussetzungen, das heißt der Anforderungen und Ausschlussgründe zu ermessen, ob das Urlaubsgeld von den Regelungen zum Urlaub abhängig ist oder bloß eine saisonale Sonderleistung darstellt. Zahlt der Arbeitgeber im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer das Urlaubsgeld abweichend von vertraglichen Bestimmungen, liegt hierin eine Stundungsvereinbarung, durch die die Fälligkeit des Anspruchs hinausgeschoben wird.
BAG 12.10.2010 – 9 AZR 522/09

Keine Benachteiligung bei bereits besetzter Stelle
Geht die Bewerbung um eine Stelle erst nach deren Besetzung ein, kommt eine Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 AGG grundsätzlich von vornherein nicht in Betracht. In diesem Fall kann kein späterer Bewerber mehr berücksichtigt werden. Es würde jede Person in der Lage des Bewerbers, unabhängig von Diskriminierungsmerkmalen wie Alter, Geschlecht, etc. abgelehnt werden.
LAG Köln 01.10.2010 – 4 Sa 796/10

Auflösungsantrag des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber kann nicht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit einer für unwirksam erkannten außerordentlichen Kündigung beantragen. § 13 Abs. 1 Satz 3 KSchG sieht für diesen Fall ausschließlich das Antragsrecht des Arbeitnehmers vor. Dabei verbleibt es, wenn das Recht des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen, tariflich ausgeschlossen ist. Dies gilt nicht nur für die außerordentliche und zugleich fristlose Kündigung. Ein Antragsrecht des Arbeitgebers analog § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommt auch im Zusammenhang mit einer für unwirksam erkannten außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist grundsätzlich nicht in Betracht.
BAG 30.09.2010 – 2 AZR 160/09

Auslegung einer Verweisungsklausel auf Tarifverträge
Eine arbeitsvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf bestimmte Tarifverträge eines konkret bezeichneten Gewerbes in ihrer jeweils gültigen Fassung verweist, ist im Regelfall dahingehend auszulegen, dass die Tarifverträge gerade dieses Gewerbes in der jeweiligen Fassung zur Anwendung kommen sollen, und dass diese Anwendung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien in vergleichbarer Weise ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind.
BAG 22.09.2010 – 4 AZR 98/09

Keine Vertragsstrafe für Nichtantritt der Probezeit
Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Vertragsstrafenregelung benachteiligt den Arbeitnehmer grundsätzlich nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB, wenn sie für den Fall, dass der Arbeitnehmer sein befristetes Probearbeitsverhältnis nicht antritt, die Vereinbarung einer Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes vorsieht und die Kündigungsfrist während der Probezeit einen Monat beträgt.
BAG 19.08.2010 – 8 AZR 645/09

Vergütung bei faktischem Arbeitsverhältnis
Die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf hat nach § 4 Abs. 2 BBiG grundsätzlich in einem Berufsausbildungsverhältnis zu erfolgen. Möglich ist ferner der Erwerb der dazu notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten in einem Arbeitsverhältnis. Der Abschluss eines anderen Vertragsverhältnisses ist nach § 26 BBiG unzulässig. Schließen die Parteien trotz Ausbildung keinen Berufsausbildungsvertrag, sondern begründen ein anderes Vertragsverhältnis im Sinne des § 26 BBiG auf der Grundlage eines “Anlernvertrages”, ist dieser nach § 4 Abs. 2 BBiG i. V. m. § 134 BGB nichtig. Auf das Rechtsverhältnis sind die Regelungen über das fehlerhafte (faktische) Arbeitsverhältnis anzuwenden. Das heißt der vermeintlich Auszubildende hat einen Anspruch auf die übliche Arbeitnehmer-Vergütung.
BAG 27.07.2010 – 3 AZR 317/08

Anforderungen an Tatsachenvortrag bei Benachteiligung einer Schwangeren bezüglich Beförderung
Bewirbt sich eine schwangere Arbeitnehmerin um eine höhere Position im Unternehmen und besetzt der Arbeitgeber, dem die Schwangerschaft bekannt ist, diese Stelle mit einem Mann, hat die Arbeitnehmerin eine geschlechtsspezifische Benachteiligung dann glaubhaft gemacht, wenn sie außer der Schwangerschaft weitere Tatsachen vorträgt, welche eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechtes vermuten lassen. An diesen weiteren Tatsachenvortrag sind keine strengen Anforderungen zu stellen.
BAG 27.01.2011 – 8 AZR 483/09

Für behinderte, aber nicht schwerbehinderte Menschen, kein Schutz nach SGB IX, sondern nur nach AGG
Wer behindert, aber nicht schwerbehindert oder einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, kann sich zur Abwehr einer Benachteiligung wegen Behinderung lediglich auf das AGG berufen. Eine (entsprechende) Anwendung der Schutzvorschriften des SGB IX kommt seit der mit dem AGG erfolgten Umsetzung der Rahmenrichtlinie 2000/78/EG in deutsches Recht nicht mehr in Betracht.
BAG 27.01.2011 – 8 AZR 580/09

Frist zur Geltendmachung des Fortsetzungsverlangens gegenüber einem Betriebserwerber
Ein Arbeitnehmer, der von einem Betriebserwerber die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses verlangt, weil dieser infolge des Betriebsübergangs sein neuer Arbeitgeber ist, muss die Fristen beachten, die er für einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses einzuhalten hätte. Über einen Betriebsübergang müssen Betriebsveräußerer bzw. Betriebserwerber die betroffenen Arbeitnehmer gemäß § 613a Abs. 5 BGB unterrichten. Erfolgt eine solche Unterrichtung überhaupt nicht, so beginnt weder die in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB geregelte Monatsfrist für den Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses zu laufen, noch eine Frist, binnen derer der Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegen den Betriebserwerber gerichtet werden muss. Die entsprechenden Erklärungen können allerdings unter Umständen verwirkt sein.
BAG 27.01.2011 – 8 AZR 326/09

Anforderungen an Klauseln über die Rückzahlung von Weiterbildungskosten
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der ein Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber übernommenen Kosten einer Weiterbildung zurückzahlen muss, wenn er auf eigenen Wunsch vor Abschluss der Weiterbildung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, ist wirksam, wenn die erfolgreiche Weiterbildung für den Arbeitnehmer von geldwertem Vorteil ist. Dies gilt auch dann, wenn die Weiterbildung nicht kontinuierlich, sondern in mehreren zeitlich voneinander getrennten Ausbildungsabschnitten erfolgt.
BAG 19.01.2011 – 3 AZR 621/08

Nach Lebensalter gestaffelte Urlaubsansprüche verstoßen gegen Verbot der Altersdiskriminierung
Sieht ein Tarifvertrag nach dem Lebensalter gestaffelte Urlaubsansprüche vor, stellt dies eine unzulässige Altersdiskriminierung dar. Betroffene Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Angleichung nach oben und damit auf Urlaub entsprechend der höchsten Staffel. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der effektiven und wirksamen Durchsetzung von EU-Rechtsvorgaben.
LAG Düsseldorf 18.01.2011 – 8 Sa 1274/10

Zu kurzfristig gestelltes Teilzeitverlangen nicht unwirksam; Kein Zwang für Teilzeitbeschäftigte zur Nachmittagsarbeit
Wird die in § 8 Abs. 2 TzBfG normierte Ankündigungsfrist von drei Monaten nicht berücksichtigt, ist das Teilzeitverlangen nicht unwirksam. Vielmehr kann mit der Teilzeittätigkeit erst drei Monate nach dem Verlangen begonnen werden. Werden in einem Unternehmen sowohl in der Vormittags- als auch in der Nachmittagsschicht Arbeitnehmer eingesetzt, rechtfertigt dies allein noch nicht die Ablehnung eines Teilzeitarbeitsantrags nur für den Vormittag. Der Arbeitgeber muss vielmehr konkret darlegen, dass ein ausschließlicher Einsatz am Vormittag weder durch eine zumutbare Änderung der Betriebsabläufe noch durch den Einsatz einer nachmittags tätigen Ersatzkraft ermöglicht werden kann.
LAG Schleswig-Holstein 15.12.2010 – 3 SaGa 14/10

Kein Anspruch auf Weiternutzung des Dienstwagens bei Dauererkrankung
Die Berechtigung des Arbeitnehmers, einen ihm überlassenen Dienstwagen auch zu privaten Zwecken zu nutzen, endet bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit mit Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraumes. Die Überlassung des Dienstwagens ist Teil des Arbeitsentgelts. Da dieses nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraumes nicht mehr geschuldet ist, kann der Dienstwagen in diesem Fall zurückverlangt werden, ohne dass der Arbeitgeber eine Kompensation bezahlen muss.
BAG 14.12.2010 – 9 AZR 631/09

Energiekostenbeihilfe für Betriebsrentner darf nicht einfach eingestellt werden
Haben Betriebsrentner nach einer Betriebsvereinbarung einen Anspruch auf die Erstattung von Energieverbrauchskosten, kann es sich insoweit um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handeln. Ist dem so und soll diese Leistung durch eine spätere Betriebsvereinbarung reduziert oder ganz ausgeschlossen werden, ist dies nur unter Beachtung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zulässig.
BAG 14.12.2010 – 3 AZR 799/08

Vorsicht bei Freiwilligkeitsvorbehalt für Weihnachtsgeld
Eine arbeitsvertragliche Klausel, mit der sich ein Arbeitgeber die Freiwilligkeit der Weihnachtsgeldzahlung vorbehalten will, muss klar und verständlich im Sinne des § 307 BGB formuliert sein. Ansonsten kann das Entstehen eines zukünftigen Anspruchs nicht verhindert werden. Eine Klausel, wonach die Gewährung von gesetzlich oder tarifvertraglich nicht vorgeschriebenen Leistungen freiwillig sowie ohne jede rechtliche Verpflichtung erfolgt und die Leistungen daher jederzeit widerrufbar sind, reicht nicht aus.
BAG 08.12.2010 – 10 AZR 671/09

Möglichkeit der Anrechnung gesetzlicher Rente auf die Betriebsrente
Ist in einer Versorgungsordnung geregelt, dass die Hälfte der gesetzlichen Rente auf die Betriebsrente angerechnet wird, und Rentenabschläge aufgrund eines vorzeitigen Renteneintritts durch das Unternehmen nicht ausgeglichen werden (also voll zu Lasten des Arbeitnehmers gehen), gilt bei einem vorzeitigen Renteneintritt Folgendes: Bei der Berechnung der Betriebsrente ist nicht die tatsächlich gezahlte, sondern die abschlagsfreie gesetzliche Rente zu Grunde zu legen, die der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er die Rente erst bei Erreichen der Regelaltersgrenze in Anspruch genommen hätte.
BAG 30.11.2010 – 3 AZR 747/08

Missbräuchliche Unternehmerentscheidung
Eine bei der Prüfung einer betriebsbedingten Kündigung anzunehmende “Missbräuchlichkeit” einer Unternehmerentscheidung kann auch dann vorliegen, wenn sich aus einer Mehrzahl von ineinander greifenden unternehmerischen Einzelentscheidungen, die für sich genommen sämtlichst dem Spektrum von möglichen Reorganisationsentscheidungen zuzuordnen sind, ergibt, dass Ziel der Gesamtheit dieser Maßnahmen es allein ist, eine bestimmte Stelle zum Wegfall zu bringen und den Stelleninhaber betriebsbedingt zu kündigen, ohne dass dem ein irgendwie gearteter “betriebswirtschaftlicher Erfolg” zur Seite stehen würde. Der Primat der kündigungsrechtlich anzuerkennenden unternehmerischen Entscheidungsfreiheit mit seinen von den Arbeitsgerichten hinzunehmenden Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses bezieht sich auf das unternehmerische Handeln selbst, auf die Stellung des Unternehmens am Markt; er führt – wegen des sich aus Art. 12 GG ergebenden Mindestbestandsschutzes für den Arbeitnehmer – nicht zu einer kündigungsrechtlichen “Freistellung” schlechthin.
LAG Berlin 25.11.2010 – 2 Sa 707/10

Regelung über pauschale Abgeltung von Überstunden kann unwirksam sein
Arbeitnehmer müssen bereits bei Vertragsschluss erkennen können, welche Leistungen sie für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen müssen. Daher ist eine AGB-Klausel, wonach erforderliche Überstunden mit dem Monatsgehalt abgegolten sind, wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam, wenn sich der Umfang der danach ohne zusätzliche Vergütung zu leistenden Überstunden nicht hinreichend deutlich aus dem Arbeitsvertrag ergibt.
BAG 01.09.2010 – 5 AZR 517/09

Vorgaben des Arbeitgebers zum Aussehen der Mitarbeiter müssen verhältnismäßig sein
Arbeitgeber können zwar grundsätzlich Vorgaben zum Aussehen der Mitarbeiter machen. Diese sind aber nur wirksam, wenn sie unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verhältnismäßig sind. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn ein Arbeitgeber von im Bereich der Fluggastkontrolle tätigen Arbeitnehmerinnen verlangt, dass sie ihre Fingernägel nur einfarbig lackieren dürfen. Gleiches gilt für die an männliche Mitarbeiter gerichtete Aufforderung, bei Haarfärbungen nur natürlich wirkende Farben zu benutzen und keine Toupets zu tragen.
LAG Köln 18.08.2010 – 3 TaBV 15/10

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